Fabien Barel – wo soll man anfangen? Nach 17 äußerst erfolgreichen Jahren als Downhill-Racer, inklusive zweier Weltmeistertitel, wechselt er zum Enduro und
macht da weiter, wo er aufgehört hat: an der Spitze. Dann erleidet er einen extrem schweren, potentiell nicht nur karriere- sondern auch lebensbedrohlichen Sturz, und ist noch im selben Jahr rechtzeitig zum letzten Rennen der Saison zurück – und gewinnt! In diesem Jahr hat Fabien seinen Rückzug aus dem Renngeschäft angekündigt und erlebte nun einen sehr emotionalen Abschied in Finale, nachdem er dort noch auf den zweiten Platz gefahren ist. Doch mal abgesehen von seinem sportlichen Erfolgen – wie ist der echte Fabien so drauf? Der Mann ist äußerst umtriebig, hochintelligent und sehr professionell, aber hat immer einen Scherz auf den Lippen und ist für jeden Spaß zu haben. Wir hatten Gelegenheit, uns in Finale Ligure mit Fabien zu unterhalten, bevor er sich zum letzten Mal über die Stages hermachte.
Fünf Fragen an Fabien:
Also Fabien, dieses Wochenende fährst du dein letztes Rennen- wie fühlst du dich dabei, was geht dir durch den Kopf?
Also jetzt so kurz vor dem letzten Rennen meiner Karriere, nach all den Jahren, natürlich bin ich da sehr emotional. Aber es ist auch etwas, was ich lange geplant habe. Ich habe eine Menge Projekte anstehen, ich werde weiterhin auf dem Bike und in der Branche sein, es ist also nicht so, dass ich einfach verschwinde, eher so als ob ich eine Brücke überquere und etwas Neues anfange.
Du blickst auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurück – kannst du uns deine persönlichen Highlights und schwierigsten Momente nennen?
Nun, die größten Highlights sind natürlich immer die Siege, dabei erlebt man die stärksten Emotionen, aber es gab auch unglaubliche Momente zum Beispiel bei meinem humanitären Engagement mit Urge Events, und auch einfach sehr viele schöne gemeinsame Momente mit einer Menge Leute. Als ich die Downhill-WM in meinem eigenen Land gewann, war das natürlich auch fantastisch, und ebenso, als ich nach meinem Wirbelbruch im letzten Jahr zurückkehrte und hier in Finale gewann, das war sehr beeindrucken und emotional. Ich hatte insgesamt viele Höhen und Tiefen und auch viele Verletzungen. Ich denke, meine Karriere und mein Charakter beruhen darauf, dass ich mit dem Schlimmsten genauso umgehen kann wie mit dem Besten.
Du hast gerade dein erstaunliches Comeback letztes Jahr in Finale erwähnt – spielte diese Verletzung eine Rolle bei deiner Entscheidung, den Helm an den Nagel zu hängen?
Nein, das spielte nicht wirklich eine Rolle. Ich hatte viele Verletzungen, diese war auf jeden Fall eine der schlimmsten, aber ich weiß, dass das einfach ein Teil
des Spiels ist, so sind die Regeln des Mountainbikens – wenn man Risiken eingeht, dann hat man eben manchmal Pech und stürzt, also nein, das hatte nichts mit meinem Rückzug aus dem aktiven Sport zu tun. Es war nur so, als ich den Vertrag unterschrieb, um in den Enduro-Sport zu wechseln, da war das für drei Jahre – und dabei bleibe ich.
Über die Zukunft des Enduro wird ja viel gesprochen – wie würdest du dir das wünschen, in welche Richtung soll es gehen?
Es ist viel passiert in den letzten drei Jahren, verschiedene Veranstalter, Locations, unterschiedlichste Leute sind beteiligt, doch die Wurzeln des Sports sind noch da und werden bleiben, und für mich bestehen die vor allem darin, dass man Spaß auf dem Bike hat, eine gewisse Weitsicht bei der Fahrt behält, und sich konzentrieren und trotzdem spielerisch fahren kann – das ist für die Amateure genauso wichtig wie für die Profis. Ich glaube, hierin liegt die Balance, die bleiben muss, ebenso wie die fröhliche Atmosphäre und die gesellige Stimmung, die zwischen den Pros und den Amateuren herrscht. Das ist etwas, das wir unbedingt erhalten sollten, denn das ist etwas Besonderes, nicht wie bei Cross Country oder Downhill, was die UCI zwar super managt, aber Enduro und die EWS, das ist etwas anderes, und ich denke, näher an den Leuten. Und es wächst mit den Bedürfnissen der Industrie und den Bedürfnissen der Kunden, was das Training angeht. Ich denke, das sind die Wurzeln, die wir erhalten müssen, und ich weiß, dass das ganze EWS-Team und die Leute aus der Enduro-Szene überall auf der Welt genau das tun.
Hast du Pläne für die Zukunft?
Ich bin schon seit längerem in verschiedenen Bereichen der Branche tätig, und wie ihr wisst, war ich früher Teil des Kona-Teams, und für fünf Jahre im Mondraker Werksteam, und nun bin ich bei Canyon in verschiedenen R&D-Bereichen und im Management. Ich liebe Mountainbiken in all seinen Aspekten, natürlich Racing, das ist es, woher ich komme und was meine Leidenschaft ist, aber eben auch Entwicklung, Management, Produktkommunikation. All das sind Dinge, die mich interessieren, und ich möchte den Zugang für die Leute zu unserem Sport weiterentwickeln, dabei geht es um Sicherheit, um Spaß, und ich glaube auch, dass es sehr ‚demokratischer‘ Sport sein kann. So wie Skifahren ein typischer Wintersport ist, kann Mountainbiken ein verbreiteter Sommersport sein, und Radfahren allgemein geht in diese Richtung. Ich möchte definitiv dazu beitragen, dass die Leute auf großartigen Bikes und großartigem Terrain fahren können, und für die Industrie wird es super sein, noch mehr große Eventprojekte auf die Beine zu stellen, die genauso eine fröhliche Atmosphäre haben wie die EWS.
Text: Ross Bell Bilder: Manne Schmitt/Ross Bell
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