Nach einer kurzen und arbeitsreichen Off-Season startete der sympathische Kiwi die neue EWS Saison in seinem Heimatland beim ersten Stop in Rotorua, Neuseeland. Wie es ihm dort erging und wie seine Off-Season aussah erfahrt ihr in seinem persönlichen Renntagebuch:

Bei solch technischen und abwechslungsreichen Stages wie in Rotorua galt es besonders aufmerksam zu trainieren.
Bei solch technischen und abwechslungsreichen Stages wie beim EWS Auftakt in Rotorua war im Training besondere Aufmerksamkeit geboten.

Ich war schon immer der Meinung, dass die Wettkampfpause zu kurz war. Dieses Jahr habe ich sie aber fast nicht wahrgenommen, da ich im Moment ein Haus baue und der erste Durchgang der EWS schon im März programmiert war. Nach einer emotionsgeladenen Saison 2014 kam die Wettkampfpause gerade gelegen. Mit meiner Frau Tory und meinem Sohn Luca hatte ich vor, Christchurch bis Weihnachten zu verlassen und in unser neues noch nicht fertiges Haus in der Nähe von Blenheim, wo ich groß geworden bin, einzuziehen. Der Bau war schon ziemlich fortgeschritten, aber es gab trotzdem noch viel zu tun. Während mehrerer Wochen tauschte ich Fahrrad und Leistungsmesser gegen Hammer und Bohrmaschine ein!

Außerdem wollte ich mich auch körperlich erholen. Mit Unterstützung meines Coachs sowie des Ärzteteams der All Blacks arbeitete ich daran, meine Verletzungen, die ich seit Ende der letzten Saison mit mir herumschleppte, auszuheilen. Dann war es aber auch schon wieder Zeit, auf das Fahrrad zu steigen. Rotorua kam näher und ich hatte noch einen Haufen Arbeit vor mir!

Nach einer arbeitsreichen Off-Season hat Justin rechzeitig zum Rennen in Rotorua seinen Rennspeed gefunden.
Nach einer arbeitsreichen Off-Season hat Justin rechzeitig zum Rennen in Rotorua seinen Rennspeed gefunden.

Es gelang mir aber trotzdem, ein gutes Trainingsprogramm zu absolvieren. Allerdings drohte eine Wadenverletzung infolge eines schweren Sturzes ein paar Wochen vor Rotorua alles über den Haufen zu werfen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als die Vorbereitungsrennen auszulassen und mich auf meine physiotherapeutische Behandlung zu konzentrieren. Auf dieses Problem hätte ich gerne verzichten können, aber das kann in unserem Sport nun mal vorkommen und das ist auch nichts Neues für mich.

Hinsichtlich des Rennens in Rotorua beschloss ich, mit meinem 29er zu fahren. Ich entschied mich außerdem für einen Gabelfederweg von 160 mm anstatt der 150 mm von letztem Jahr. Leider hatte ich erfahren, dass mein Freund Jared Graves wegen einer Verletzung das Handtuch werfen musste. Es ist immer wieder eine Enttäuschung, wenn ein Favorit auf den Sieg nicht an den Start gehen kann. Es tat mir leid für ihn, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Die ersten Wertungsprüfungen waren die schwierigsten und gefährlichsten.
Die ersten Wertungsprüfungen waren die schwierigsten und gefährlichsten.

Am Morgen des Rennens war ich ganz aufgeregt. Zum ersten Mal gastierte die EWS “bei mir zu Hause” in Neuseeland und meine Frau und mein Sohn waren da, um mich zu unterstützen.

Ich nahm mir also vor, zu Beginn des Wettkampfes eher vorsichtig zu fahren und kein unnötiges Risiko einzugehen. Leichter gesagt als getan. Mein erster Run war alles andere als ruhig. Ich beendete ihn mit der viertbesten Zeit, was eine große Überraschung war. Die darauf folgende Transferteilstrecke war kurz. Ganz im Gegensatz zu meinen guten Vorsätzen am Morgen ging ich die zweite Wertungsprüfung mit Vollgas an. Ich fühlte mich richtig gut auf meinem Fahrrad, was sich durch mein Ergebnis bestätigen sollte: Bestzeit! Das beste Mittel, ein gutes Endergebnis zu erzielen, ist Konstanz. Demzufolge gab ich mir Mühe, keine großen Fehler zu begehen. Ich fühlte mich gut und die Wertungsprüfungen 3 und 4 verliefen problemlos. Die Wertungsprüfung 5 war kompliziert. Sie war zwar kurz aber mit vielen tückischen Wurzeln übersät. Bei der Erkundungsfahrt kam ich eigentlich ganz gut durch, aber dieses Mal hatte ich das Glück nicht auf meiner Seite. Ich stürzte schwer und verlor dadurch kostbare Zeit. Ich war aber trotz allem froh, mit ein paar Kratzern davon gekommen zu sein. Ich hatte mich für meinen Integralhelm entschieden und mein Full Face hatte mich wieder einmal gerettet. Ich habe schnell wieder den Visor nach oben gestoßen und meine Goggle zurechtgerückt – perfekte Sicht ist wichtig bei einem so schnellen Sport. Kurz noch den Bremshebel gerichtet und dann konnte ich die Wertungsprüfung zu Ende fahren.

Für das Rennen entschied sich Justin für den Fullface, was sich als die richtige Wahl herausstellen sollte.
Für das Rennen entschied sich Justin seinen Fullface zu tragen, was sich als die richtige Wahl herausstellen sollte.

Es blieben mir noch zwei Wertungsprüfungen, um meinen Rückstand wieder aufzuholen. Die 6. war eine DH-typische Strecke, die ich gut im Griff hatte. Die allerletzte Wertungsprüfung war eine gute Mischung mit einem sehr technischen oberen Teil und einem ausgeprägten DH-Teil im Anschluss. Sie wurde live im TV übertragen und endete vor dem Crankworx-Publikum, was den Druck bei diesem Rennen noch etwas erhöhte.

Die erste ausgabe des Crankworx Rotorua bot perfekte Rahmenbedingungen für den Auftakt der EWS Saison 2015.
Die erste Ausgabe des Crankworx Rotorua bot die perfekten Rahmenbedingungen für den Auftakt der EWS Saison 2015.

Ich fuhr heftig los, aber das Gelände brachte mich rasch wieder auf den Boden der Tatsachen und verordnete mir Vorsicht. Ich kam problemlos mit einem sauberen Run durch den ersten Teil. Dann ging es an den DH-Teil der Strecke. In der Zwischenzeit hatten sich meine Schuhplatten gelöst, aber es war zu spät, um noch irgendetwas daran zu ändern. Nachdem ich einige Schrecksituationen überstanden hatte, musste ich allerdings auf den Schlusssprung verzichten. Das Risiko war zu hoch, dass mein Fahrrad und ich den Sprung nicht gemeinsam beenden. Ich wurde 3. auf dieser letzten Wertungsprüfung und 4. in der Gesamtwertung, nur eine Sekunde hinter Wyn Masters, der zum ersten Mal bei der EWS auf das Siegerpodest fuhr.

Am Schluss war Justin sichtlich zufrieden mit seinem Ergebnis.
Am Schluss war Justin sichtlich zufrieden mit seinem Ergebnis.

Und wieder einmal war das Wettkampfniveau unglaublich hoch. Es war eine Schlacht um Sekunden auf einem sehr anspruchsvollen Gelände. Überleben war schon eine Meisterleistung. Ich war hochzufrieden mit meinem Ergebnis.

Bis zum zweiten Rennen in Irland!

Text: Justin Leov | Fotos: Ale Di Lullo


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