John Tomac entwickelte mit Kenda in den frühen 2000er-Jahren den legendären Nevegal-Reifen, der jahrelang als „der“ Downhillreifen galt und Kenda auf den Radarschirm vieler Biker holte. Nach einigen Jahren der Ruhe sind die US-Amerikaner nun nicht nur im Downhill-Worldcup, sondern auch im Trail- und Enduro-Bereich zurück.

Hier findest du alles, was du über Reifen wissen musst: Der beste Mountainbike-Reifen im Test – Wir hatten sie alle!

Karkasse

Bei den Karkassen von Kenda gibt der Name den Einsatzzweck des Reifens vor – von Trail über Enduro bis hin zu Gravity. Im Vergleich zu einigen anderen Herstellern liegen die Modelle in Sachen Pannenschutz enger beieinander und lassen vor allem Enduro-Bikern viele Auswahlmöglichkeiten.

Advanced Trail Casing (ATC)

Kendas Advanced Trail Casing bildet mit der Continental ProTection-Karkasse die Gruppe der leichtesten Karkassen im Testfeld. Das geringe Gewicht spiegelt sich aber auch im geringen Pinch-Flat-Schutz wider; für schwere Fahrer mit aggressivem Fahrstil eignet sich die ATC-Karkasse daher nicht. Im Vergleich zu MAXXIS’ EXO- oder Schwalbes Apex-Karkasse kommen bei der ATC-Karkasse sowohl an der Seitenwand als auch unter den Mittelstollen dünne Schutzgewebe zum Einsatz. Dadurch sind aufgeschlitzte Seiten oder Laufflächen mit ihr seltener.

Advanced Enduro Casing (AEC)

Beim Advanced Enduro Casing setzt Kenda im Unterschied zur ATC-Karkasse auf deutlich robustere und schwerere Schutzeinlagen. Die Vector Shield genannten Gewebe unter der Lauffläche und auf der Seitenwand sollen fast dreimal mehr Schnittschutz bieten als die Gewebe in der ATC-Karkasse. In puncto Pinch-Flat-Schutz liegt die AEC-Karkasse nur knapp unter dem Niveau von MAXXIS’ Doubledown und eignet sich für fast alle Enduro-Bikes. Auch beim Gewicht erzielt die Karkasse gute Werte und ist noch einmal ein gutes Stück leichter als die Doubledown von MAXXIS oder die Super Gravity aus dem Hause Schwalbe.

Advanced Gravity Casing (AGC)

Unter den spezifischen Downhillkarkassen im Test ist Kendas AGC-Karkasse die schwächste beim Widerstand gegen Pinch-Flats. Dafür ist sie mit großem Abstand aber auch die leichteste. Mit Ausnahme von schweren Downhill-Bikern wird kaum einer diese Karkasse platt kriegen. Den zusätzlichen Schutz im Vergleich zur AEC-Karkasse erreicht Kenda nicht etwa durch die Erhöhung der Karkassengewebelagen, sondern durch den Zusatz eines 20 mm breiten Apex am Reifenwulst.

Gummimischungen

Ein Blick in den Kenda-Katalog genügt, um von all den kryptischen Abkürzungen Kopfschmerzen zu bekommen. Wer dennoch genauer hinschaut, stellt fest, dass für den Trail- und Enduro-Einsatz hauptsächlich zwei Compounds infrage kommen: RSR Dual Layer (RSRDL) und Enduro Dual Tread Compound (EN-DTC).

RSR Dual Layer (RSRDL)

RSRDL ist die neueste Gummimischung von Kenda, wenn es um maximalen Grip im Downhill geht. Anders als bei vielen anderen Dual-Compounds bestehen sowohl die Seiten- als auch die Mittelstollen aus dem weichsten Gummi von Kenda. Das härtere Material kommt darunter zum Einsatz, um den Reifen zu versteifen und den Verschleiß zu minimieren. Trotz des harten Materials kann der RSRDL bei trockenen Bedingungen mit schier endloser Präzision und Traktion glänzen. Auch bei strömenden Regen liefert er noch immer eine solide Performance in Sachen Grip ab, liegt aber nicht ganz auf dem Level des Schwalbe ADDIX Super Soft oder der Seitenstollen der MAXXIS 3C MaxxGrip. Wer mit dem Enduro viele Höhenmeter aus eigener Kraft erklimmt, sollte RSRDL nur am Vorderrad einsetzen.

Enduro Dual Tread Compound (EN-DTC)

Beim Enduro Dual Tread Compound setzt Kenda auf den klassischen zweilagigen Aufbau. Der Rollwiderstand hält sich dank der härteren Mischung an den Mittelstollen in Grenzen. Dennoch liefert der EN-DTC genug Bremstraktion, ohne zu schnell zu verschleißen. Sobald Reifen mit EN-DTC in die Kurve gelehnt werden, liefern sie viel Traktion auf nahezu jedem Untergrund. Bei feuchten Bedingungen zeigt sich aber ein großer Performance-Unterschied zwischen RSRDL und EN-DTC: Der RSRDL ist in seinem Element, der EN-DTC ist innerlich schon bei der Planung für den nächsten Sommerurlaub.

Profile

Bei Kenda bietet sich für den Einsatz am Trail- oder Enduro-Bike auf weicheren Untergründen vor allem der grobstollige Hellkat an, der seine Wurzeln im Downhill-Sport hat. Neu im Programm ist der in Zusammenarbeit mit Aaron Gwin entwickelte Pinner Pro, der sich vor allem an Gravity-orientierte Biker richtet und für harten Untergrund – z. B. im Bikepark – gedacht ist. Der etwas flacher profilierte Nevegal 2 funktioniert auf vielen Böden vor allem am Hinterrad hervorragend. Außerdem hat Kenda mit dem Helldiver einen Semi-Slick im Programm.

Hellkat Pro

Der Hellkat ist der grobstolligste Reifen in Kendas Sortiment. Das Profil wurde maßgeblich vom Polygon UR Team um Mick und Tracey Hannah gestaltet. Mit großen Abständen zwischen den Profilblöcken ist die Selbstreinigung des Reifens auch bei schwerem, klebrigem Schlamm gegeben. Die nahezu quadratischen Seitenstollen beißen sich im Schräghang oder in offenen Kurven im Untergrund fest, ohne in Anliegern schwammig oder undefiniert zu sein. Top! Die massiven Mittelstollen sind auf der Bremse eine Macht, treiben aber auch den Rollwiderstand in die Höhe. Obwohl der Hellkat nur einige wenige Transitionsstollen hat, gelingt der Übergang von den Mittel- auf die Seitenstollen intuitiv und problemlos. Am Enduro ist er vorne immer eine Top-Wahl! Wer viel mit dem Lift unterwegs ist, kann ihn auch am Hinterrad einsetzen – bergauf aus eigener Kraft muss man dann aber einige Kompromisse eingehen.


Helldiver

Der Helldiver ist die Lösung, wenn der Hellkat am Hinterrad einfach zu viel Rollwiderstand erzeugt. Die minimalistischen Mittelstollen des Semislick reduzieren den Rollwiderstand im Vergleich zum Hellkat, je nach Gummimischung, enorm. Wie alle Semislicks kann auch er bei matschigen Bedingungen keine Bremstraktion generieren und hat außerdem nichts am Vorderrad verloren. Als 27,5”-Reifen gibt es ihn in vielen Karkassen und Gummimischungen. 29er-Fahrer müssen sich leider mit der dünnen ATC-Karkasse begnügen.


Nevegal 2

Bei der Neuauflage des Nevegal hat Kenda keinen Profilblock über dem anderen gelassen! Der Nevegal 2 rollt jetzt deutlich besser und liegt genau zwischen Hellkat und Helldiver. Die relativ flachen Stollen sorgen für geringes Gewicht, niedrigen Rollwiderstand und direktes Fahrgefühl auf hartem Untergrund. Ähnlich wie Schwalbes Hans Dampf ist der Nevegal 2 nur so mit Übergangsstollen übersät. Driften? Sehr gerne, und zwar sehr kontrolliert! Am besten eingesetzt ist er als Hinterreifen am Enduro, oder vorne sowie hinten am Trail-Bike. Bei sehr zähem Matsch kann er sich im Vergleich mit dem Hans Dampf schnell zusetzen, reinigt sich aber deutlich besser als der MAXXIS Aggressor.


Pinner Pro

Der Pinner Pro ist der neueste Reifen im Portfolio von Kenda. In Zusammenarbeit mit Aaron Gwin wurde der Reifen speziell für den harten Einsatz auf Bikepark- und Downhill-Strecken entwickelt. So ist er eine top Ergänzung zum Hellkat, der vor allem auf weicheren Untergründen gut funktioniert. Die massiven Seitenstollen des Pinner Pro sind sehr gut abgestützt und brechen auch in den härtesten Anliegern nicht weg, was den Reifen auch bei Highspeed mit heftigen Kompressionen sehr berechenbar macht. Die Mittelstollen des Pinner Pro sind im Vergleich zum Hellkat deutlich in die Länge gezogen, stärker angefasst und liegen enger beieinander. Dadurch rollt der Pinner um einiges schneller, kommt beim Bremsen oder bei schlammigen Bedingungen aber nicht an die Performance des Hellkat ran. Die Kombination mit Pinner am Hinterrad und Hellkat an der Front bietet sich vor allem im Sommer am Enduro-Bike an, wenn ihr nicht nur mit dem Lift unterwegs seid. Obwohl der Pinner Pro ein Top-Reifen ist, hat er ein Problem: Es gibt ihn nur in der schweren AGC- oder der ATC-Karkasse, die für den Einsatzzweck zu pannenanfällig ist. Hoffentlich legt Kenda bald ein Modell mit dem Advanced Enduro Casing (AEC) nach.

Unsere Empfehlung

Enduro – Vollgas (v/h): Hellkat, AEC, RSRDL / Pinner, AGC, RSRDL
Trail – Grip (v/h): Hellkat, ATC, EN-DTC / Nevegal 2, ATC, EN-DTC
Trail – leicht rollend (v/h): Nevegal 2, ATC, EN-DTC / Nevegal 2, ATC, EN-DTC


Mehr Informationen findet ihr unter kendatire.com

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Text: Fotos: Valentin Rühl