Light-Assist-Bikes sind E-Mountainbikes mit leichtem Antrieb und viel Gefühl – sie schieben mit, ohne zu übernehmen. Kein klobiges Unterrohr, kein Shuttle-Gefühl, kein Ballast. Stattdessen: sportliches Fahrverhalten, schlanke Optik – und eine Unterstützung, die so unaufdringlich ist, dass man sie manchmal fast vergisst.

Wer regelmäßig Trails zerlegt, kennt das Spiel: Hausrunde, Feierabendrunde, Lieblingsrunde. Und am Ende? Doch wieder rechts rum, wie immer. Nicht aus Mangel an Lust – sondern aus Effizienz. Weil wir wissen, was geht. Und wie lange die Beine halten.
Ein Light-Assist-Bike verändert das nicht radikal – aber es verschiebt die Grenzen in eine neue Richtung. Es macht uns nicht besser. Aber es gibt uns mehr Spielraum. Mehr Reserven für die Höhenmeter nach der eigentlichen Tour. Mehr Motivation, das Schneefeld nicht zu umfahren. Und mehr Mut, auch mal anders abzubiegen.



Innsbruck und die Sache mit der Extratour
Unsere Halbtagestour rund um Innsbruck ist das beste Beispiel: 1.400 Höhenmeter, gute 40 Kilometer, teils brutales Gelände, Tragepassagen und Schneefelder inklusive. Neue Möglichkeiten an jeder Abzweigung. Mit einem motorlosen Bike? Eher ein Projekt. Mit einem Full-Power-E-MTB? Solide, aber halt mit Akku-Klotz und viel Watt. Mit Light-Assist-Bikes wie dem Canyon Spectral:ONfly und dem Trek Slash+ – beide mit TQ-Antrieb? Genau richtig! So leicht, dass wir’s locker schultern können. So dezent, dass wir’s unterwegs fast vergessen. Und so effizient, dass am Ende sogar noch genug Energie bleibt – für eine Extrarunde, oder um einfach mal mit dem Wirt auf der entfernten Alm ins Gespräch zu kommen. Der war anfangs übrigens eher Kategorie „grantig“, taute dann aber bei Hopfenkontakt spürbar auf. Am Ende gab’s Getränke aufs Haus – vielleicht auch, weil wir gängige Klischees von klassischen E-Bikern einfach gar nicht erfüllt haben und das Durchschnittsalter auf der Hütte quasi halbiert haben – danke, cooler Wirt!



Zwischen den Welten – und genau richtig
„Moment mal!“, werden die Sherlocks unter euch jetzt vielleicht einwenden. „Habt ihr nicht kürzlich erst das Ende der Light-E-MTBs proklamiert?“ Haben wir – und dazu stehen wir auch. Klassische Light-Assist-Bikes mit kleinen Akkus und reduzierter Motorpower (Prinzip: leicht um jeden Preis) werden in Zukunft ein Nischendasein führen. Das bestätigt auch die jüngste Trendumfrage unseres Schwestermagazins E-MOUNTAINBIKE: Über 40 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen sagen, sie brauchen kein Light-Bike mehr – weil Full-Power-E-MTBs inzwischen leicht genug sind.



Aber: Gleichzeitig – und das ist gar kein Widerspruch – will die Mehrheit eben auch nicht stupide „immer mehr, immer fetter, immer krasser“, sondern ein Bike, dessen Gesamtkonzept zu ihren persönlichen Bedürfnissen und ihrem Fitnesslevel passt. Und das bedeutet: möglichst leicht, agil, verspielt und nicht zwangsweise der leistungsstärkste Motor. Weil sie ohnehin selten im höchsten Modus fahren. Aber nicht, weil sie es nicht könnten – sondern weil sie es nicht brauchen.


Mag also das altbekannte Light-Assist-Bike an sich tot sein, erfreut sich das Light-Assist-Prinzip nach wie vor einer – zumeist fitten – Fangemeinde. Aber es hat sich klar emanzipiert. Heraus aus der alten Schublade als Ermöglicher eines “immer leichter” – hinein in moderne Bikes, die leicht, leistungsfähig und spaßorientiert zugleich sind.
Über die Bikes
Auf unserer Tour rund um Innsbruck hatten wir zwei echte Musterknaben im Gepäck – Bikes, die sinnbildlich für das stehen, was moderne Light-Assist-Bikes heute ausmacht.
Das Trek Slash+ 2025 – High-Pivot-Biest mit Feinsinn

20,9 kg in Größe L | 11.999,00 € | Hersteller-Website
Trek macht Ernst mit dem Thema Light-Assist: Das neue Slash+ kombiniert 170 mm Enduro-Fahrwerk, TQ-HPR50-Motor und erstmals einen 580-Wh-Akku – optional erweiterbar auf 740 Wh. Ergebnis: ein Bike fürs Grobe, mit einem Motor, der sich angenehm zurückhält. Der High-Pivot-Hinterbau sorgt für viel Laufruhe und satten Grip, während das intuitive Handling sofort Vertrauen aufbaut. Zwar wiegt das Bike stolze 20,9 kg, liefert dafür aber bergab Performance satt – und oben drauf ein erstaunlich leises Fahrgefühl. Wer enduro-lastig unterwegs ist, aber nicht auf Shuttle oder Lift angewiesen sein will, bekommt hier ein stimmiges Gesamtkonzept. Kleiner Bonus: Es ist in der Top-Version sogar etwas günstiger als sein analoges Pendant. Wenn ihr mehr wissen wollt, checkt unseren ausführlichen Testbericht zum Trek Slash+ 2025.
Das Canyon SpectralON:fly 2025 – leicht, verspielt, leistungsfähig

19,6 kg in Größe M mit Range Extender | 8.999,00 € | Hersteller-Website
Mit dem Spectral:ONfly hat Canyon ein sportliches Light-Assist-Bike für Trail-Fans im Programm – 160/150 mm Federweg, Vollcarbonrahmen, TQ-HPR50-Motor mit 360-Wh-Akku und optionalem 160-Wh-Range Extender. In der Top-Variante wiegt es nur 18,6 kg (ohne den Range Extender) und glänzt durch clevere Details wie dem K.I.S.-Lenkstabilisator und der Canyon Connected App für das passende Setup. Auf dem Trail begeistert es mit intuitivem Handling, viel Sicherheit und einem natürlichen, leisen Antrieb. Es ist kein Shuttle-Ersatz, sondern richtet sich an Bikerinnen und Biker, die gern pedalieren. Ein starkes Gesamtpaket mit verspieltem Charakter, das flowige Trails genauso gut kann wie ruppige Abfahrten. In unserem ausführlichen Testbericht zum Canyon Spectral:ONfly 2025 seht ihr auch, dass man damit richtig ballern kann.
Zwischen Schweigen und Singen
Wer schon einmal ein richtig gutes Light-Assist-Bike gefahren ist, kennt das Gefühl: Es ist da – aber drängt sich nicht auf. Kein Brummen, kein Schieben, kein „Ich übernehme das jetzt mal“. Der Motor hält sich zurück wie ein guter Wingman: Er gibt uns Raum, wenn wir ihn brauchen, aber er klaut uns nie die Show. Genau das ist die Magie dahinter: Wir fahren fast wie immer. Nur öfter. Und doch anders. Das Bike singt, es heult nicht. Statt uns das Gefühl zu geben, wir hätten einen Aufzug unter dem Sattel, ist es eher, als hätten wir einfach einen verdammt guten Tag erwischt – mit Rückenwind, Beinkraft und Laune auf Anschlag.



Beim Klettern? Kommt uns der Trail kürzer vor. Beim Tragen? Ist das Gewicht kein großes Thema. Und bergab? Ist eh alles beim Alten (einige finden dabei gar Gefallen an ein paar Extrakilos im Vergleich zum motorlosen Bike) – nur dass wir vielleicht woanders runterfahren als sonst, weil wir vorher halt ganz woanders hochgekommen sind.

Das Bike macht also nichts an unserer Stelle, aber es stellt uns besser auf. Es macht uns mehr möglich. Zwar ersetzt ein Light-Assist-Bike nicht die Notwendigkeit, selbst zu arbeiten. Aber es pusht an den richtigen Stellen. Und das, ohne unser Setup in einen Akku-Panzer zu verwandeln, bei dem wir uns nach jeder Kehre fragen, ob das Ding wirklich noch „Bike“ im Namen tragen darf.
Es gibt sie, diese Momente auf dem Trail, wo wir gewöhnlich ins Zögern kommen: Da zweigt ein Pfad ab, den wir noch nie gefahren sind. Einer, der vielleicht weiter, steiler oder einfach unvernünftiger aussieht als der geplante. Und wir denken: „Ach nee, heute nicht.“ Ein Light-Assist-Bike sagt in genau diesem Moment: „Warum eigentlich nicht?“ Nicht laut, nicht aufdringlich – sondern wie ein leichtes Nicken. Und ohne viel nachzudenken, biegen wir einfach mal links ab.
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Text: Jonny Grapentin Fotos: Peter Walker