Das Liv Intrigue Advanced Pro 1 wurde für die neue Saison gründlich überarbeitet. Es besitzt jetzt weniger Federweg und hat große 29”-Laufräder. Wir waren sehr gespannt, wie es sich auf dem Trail schlägt und ob das Konzept auch bei kleinen Fahrerinnen aufgeht.

Liv Intrigue Advanced Pro 1 | 140/125 mm (v/h)
12,94 kg in Größe S | 4.999 € | Hersteller-Website

Manchmal ist weniger ja bekanntlich mehr. Weniger Zeit am Smartphone bedeutet mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben. Weniger mit dem Auto zur Arbeit fahren, heißt mehr für die Fitness tun. Aber kann weniger Federweg bei einem Bike auch mehr Fahrspaß bedeuten? In den letzten Jahren kann man eher einen gegenteiligen Trend beobachten. Umso gespannter waren wir, ob das Konzept der Frauen-Bike-Marke Liv beim neuen Intrigue Advanced Pro 1 aufgeht. Das Bike besitzt 140 mm Federweg in Front, die von 125 mm am Heck unterstützt werden. 29” große Laufräder sollen dafür sorgen, dass das Intrigue Hindernisse einfacher überrollt und gleichzeitig auf langen Touren in Kombination mit einer speziell abgestimmten Geometrie eine komfortable Sitzposition bietet. Typisch für Liv besitzt auch das Intrigue einen Maestro-Hinterbau. Dieser soll bergab super feinfühlig ansprechen und gleichzeitig bergauf effizient arbeiten. Der Carbon-Hauptrahmen bietet genug Platz für eine Trinkflasche im Rahmendreieck. Die Züge werden intern geführt und extra Protektoren schützen das schicke Bike vor Lackschäden und versprechen, nerviges Geklapper effektiv zu unterdrücken.

Die Ausstattung des Liv Intrigue Advanced Pro 1

Das Liv Intrigue ist in zwei Alu-Varianten für 2.999 € bzw. 3.999 € sowie in zwei Carbon-Optionen erhältlich. Letztere erkennt man am Namenszusatz Advanced. Unser Test-Bike, das Liv Intrigue Advanced Pro 1, kostet 4.999 €, das Topmodell mit elektronischen FOX Live Valve-System, das das Fahrwerk automatisch an den Untergrund anpasst, geht mit 8.299 € über den Tresen.

Richtig schick!
Daumen hoch für die schicke Lackierung des Liv Intrigue Advanced Pro 1.
Gut, aber nicht perfekt
Für den Großteil des Einsatzbereich des Liv Intrigue Advanced passen die G2-Bremsen gut. Wer allerdings öfter steilere Trails fährt, wünscht sich ein standfesteres Modell.
Unnötig
Theoretisch könnte man die Geometrie des Liv Intrigue mit Hilfe des Flip-Chip im Umlenkhebel verstellen. Wir haben das nie gemacht.
Da wäre noch Platz
Durch das lange Sitzrohr in Kombination mit der kurzen Teleskopsattelstütze wird die Bewegungsfreiheit leider unnötig limitiert. Das geht auf Kosten des Fahrspaß und der Sicherheit. Schade!

Liv Intrigue Advanced Pro 1

4.999 €

Specifications

Fork Fox 36 Performance Elite 140 mm
Rear Shock Fox Float DPS Performance 125 mm
Seatpost GIANT Contact Switch Vario 100-150 mm
Brakes SRAM G2 R 200/180 mm
Drivetrain SRAM GX Eagle 1x12
Stem GIANT Contact SL 35 50 mm
Handlebar GIANT Contact SLR TR35 Carbon 750 mm
Wheelset GIANT TRX 2 29 Carbon 29"
Tires MAXXIS Minion DHF EXO/ MAXXIS Dissector EXO 2,5"/ 2,4"

Technical Data

Size S M L
Weight 12,94


Das Konzept geht auf.
Kleiner Rahmen, große Laufräder. Häufig haben wir 29er für kleine Fahrerinnen kritisiert. Beim Liv Intrigue geht das Konzept aber auf. Man steht super integriert und sicher zwischen den Rädern und hat dennoch volle Kontrolle.

Optisch macht das Intrigue Advanced Pro1 mit seiner „chameleon mars“ genannten Lackierung einiges her. Der Carbon-Rahmen besitzt eine sehr fließende Linienführung, die Lackierung wirkt hochwertig. Bei der Ausstattung setzt Liv auf ein FOX-Fahrwerk mit hervorragender Performance Elite-Federgabel und einem FLOAT DPS-Dämpfer. Geschalten wird mit einer SRAM GX-Schaltung mit einem 30er-Kettenblatt vorn und einer 10–52er-Kassette. So lassen sich auch steile Uphills easy bewältigen. Um das Gesamtgewicht niedrig zu halten, sind GIANT TRX2 Carbon-Laufräder verbaut – bei diesem Preispunkt keine Selbstverständlichkeit. Auch die MAXXIS-Reifenkombination mit Minion DHF am Vorderrad und DISSECTOR am Hinterrad weiß zu überzeugen. Leichte Fahrerinnen werden mit der SRAM G2 vermutlich keine Probleme haben, wer jedoch etwas schwerer ist oder aus Unsicherheit viel bremst, der wünscht sich hier ein noch kraftvolleres Modell. Apropos Unsicherheit: Schade, dass Liv bei Rahmengröße S nur eine Sattelstütze mit 100 mm Hub verbaut. Grund dafür ist der Knick im Sitzrohr, der bei sehr kleinen Fahrerinnen die Versenkbarkeit limitiert. Das Cockpit passt mit einem 750 mm breiten Lenker und 50 mm langen Vorbau perfekt für kleine Fahrerinnen. Das Gewicht ist mit 12,94 kg in Anbetracht der robusten und breiten Reifen angenehm gering.

Sexy!
Das Liv Intrigue ist ein echter Hingucker!

Die Geometrie des Liv Intrigue im Detail

Bei der Geometrie setzt Liv auf eine moderne Geometrie mit 415 mm Reach in Größe Small und einem mit 65,8° gemäßigten Lenkwinkel. Der Sitzwinkel fällt mit 77° angenehm steil aus. Die Kettenstreben sind 438 mm lang und das Tretlager um satte 40 mm abgesenkt. All diese Daten beziehen sich auf das Low-Setting, welches via Flip-Chip am Umlenkhebel gewählt werden kann. Wer mit den Werten nichts anfangen kann, muss sich keinen Kopf machen. Wie das Rad fährt, verrät unser Fahreindruck. Negativ fällt das mit 425 mm relativ lange Sitzrohr aus. Es limitiert die Bewegungsfreiheit zusammen mit der 100 mm kurzen Sattelstütze unnötig.

Größe S M L
Sattelrohr 425 mm 435 mm 460 mm
Oberrohr 558/ 557 mm 574/ 573 mm 599/ 597 mm
Steuerrohr 105 mm 110 mm 125 mm
Lenkwinkel 65,8°/ 66,5° 65,8°/ 66,5° 65,8°/ 66,5°
Sitzwinkel 77,0/ 77,8° 77,0/ 77,8° 77,0/ 77,8°
Kettenstrebe 438/ 435 mm 438/ 435 mm 438/ 435 mm
Tretlager Höhe 40/ 30 mm 40/ 30 mm 40/ 30 mm
Radstand 1160/ 1160 mm 1177/ 1176 mm 1205/ 1204 mm
Reach 415/ 424 mm 430/ 438 mm 451/ 460 mm
Stack 620/ 614 mm 625/ 618 mm 639/ 632 mm

*Maße jeweils in der Flipchip-Einstellung High/ Low

Das Liv Intrigue Advanced Pro 1 2021 im Test

Ein Ziel hat Liv definitiv erreicht: Das Intrigue ist ein echt komfortables und effizientes Bike. Es ist wie gemacht für lange Touren mit vielen Stunden im Sattel. Als Fahrerin sitzt man super zentral, nicht zu aufrecht, aber auch nicht zu gestreckt. Die großen Laufräder umschließen die Fahrerin förmlich, verhindern so ein Steigen des Vorderrads und vermitteln viel Sicherheit. Das Fahrwerk arbeitet angenehm effizient, wodurch man sich den Griff zum Verstellhebel am Dämpfer sparen kann. Gleichzeitig bietet es guten Komfort und bei technischen Uphills hohe Traktion. Einmal Platz genommen, will man hier gar nicht mehr runter. Dank der leichten Laufräder (trotz voluminöser Reifen) lässt sich das Liv gut beschleunigen und wirkt angenehm spritzig. Bergauf geht das Konzept des Intrigue Advanced als komfortables und langstrecken-taugliches Trail-Bike voll auf!

Bergauf punktet das Liv mit viel Vortrieb und massig Komfort

In der Abfahrt zeigt sich das Liv von Beginn an gutmütig und berechenbar. Das gleiche, integrierte Gefühl, das das Rad schon bergauf vermittelt, stellt sich auch ein, wenn man den Sattel für den Trail-Spaß absenkt. Den Input seiner Fahrerin setzt das Rad direkt und gutmütig um. In Kombination mit dem feinfühlig, aber dennoch definiert abgestimmten Hinterbau vermittelt das Bike auf flachen und flowigen Trails direkt sehr viel Fahrspaß. Das Intrigue lässt sich gut beschleunigen und pushen. Weniger versierte Bikerinnen und alle, die gern Touren unternehmen, bei denen es ständig bergauf und bergab geht, werden dieses Bike lieben. Es gibt aber auch Situationen, in denen sich das Liv Intrigue Advanced weniger wohlfühlt: hohe Geschwindigkeiten und steile bzw. zu verblockte Trails. Die Federgabel arbeitet mit 140 mm zwar souverän und harmoniert gut mit den 125 mm am Heck, allerdings werden schnelle, harte Schläge ab einer gewissen Größe an den Fahrer weitergegeben. Außerdem fehlt es bei Highspeed an Laufruhe. Es ist nicht so, dass das Bike dann unkontrollierbar wird, allerdings vermittelt es dann nicht die Sicherheit, die man sich wünscht, um weiterhin Vollgas zu geben.

Tuning-Tipp: ggf. größere Bremsscheibe am Heck | Wenn es die Beinlänge zulässt, eine Sattelstütze mit mehr Hub montieren.

Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ja weniger Federweg kann mehr Fahrspaß bedeuten. Das Liv punktet mit seinem hohen Vortrieb sowie seinem einfachen, gutmütigen und verspielten Handling. Es klettert leichtfüßig bergauf und sorgt auf flowigen Strecken für ein dickes Grinsen im Gesicht. Für anspruchsvolle Trails und Highspeed ist das Bike aber nicht konzipiert. Hier wird das Rad nicht unsicher, wird aber von dem wenigen Federweg am Heck und seiner Geometrie ausgebremst.

Tops

  • sehr gutmütiges, einfaches Handling
  • effizientes Fahrwerk
  • super Preis-Leistung

Flops

  • bei Highspeed nervös
  • unnötig langes Sitzrohr limitiert Bewegungsfreiheit bergab

Mehr Informationen findet ihr unter liv-cycling.com


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Text: Antonia Buckenlei Fotos: Finlay Anderson