Wer #Vanlife in die Suche von Instagram eintippt, findet über 5,1 Mio. Ergebnisse. Die Social-Media-Streams sind voll von Abenteurern, die mit ihren Vans die Welt bereisen. Doch was fasziniert uns so daran? Wir haben uns mit zwei Leuten unterhalten, die es wissen müssen: Magdalena und Paul.

Wer sind die beiden überhaupt, die da vor einem grauen Mercedes Sprinter stehen? Magdalena und Paul sind Mountainbiker, keine Profis, nicht einmal gesponsorte Ambassadoren und erst recht keine Influencer. Die beiden haben relativ reguläre Jobs, Paul arbeitet als Systemadministrator, Magdalena ist Designerin bei einem großen Automobilhersteller und entwickelt dort Konzepte für zukünftige Fahrzeuginnenräume. Wir haben sie bei einem Trip in das Trailcenter Rabenberg kennengelernt und fanden viele ihrer Ansichten und Geschichten so spannend, dass wir sie euch nicht vorenthalten möchten. Denn was die beiden so interessant macht, ist, dass sie sich gerne Ziele setzen und diese kreativ umsetzen. So hat Paul seine eigene Mountainbike-Schule Trailment im Chiemgau gegründet und auch der gemeinsame Ausbau des grauen Sprinters ist einer der Träume, die Paul und Madgalena gemeinsam in die Realität umgesetzt haben.

Magdalena und Paul

Warum es sich lohnt, mit dem Bus unterwegs zu sein

„Unterwegs arbeitet unser Gehirn einfach anders“, sagt Magdalena, als ich sie nach den Gründen frage, weshalb sie und Paul so gern mit ihrem Bus verreisen. Die vorbeifliegende Landschaft, der ständige Wechsel verschiedener Grün-, Blau- und Grautöne sowie die vielen neuen Eindrücke sind wie ein Motor für ihre Kreativität und öffnen ihren Horizont. Auf den Sitzen ihres Busses finden sie die Zeit und auch die richtige Stimmung für ganz andere Gespräche, als man sie sonst zu Hause auf der Couch führen würde. Beide erzählen uns, dass man sich unterwegs einfach freier und unbeschwerter fühlt, offener spricht und auch anders zuhört. Kaum fällt die Tür ins Schloss und der Zündschlüssel wird umgedreht, beginnt der Urlaub bzw. das Abenteuer – nicht erst bei der Ankunft im Viersternehotel.

Einfach alles selbst dabeizuhaben und dadurch autark von Reservierungen und Terminen den eigenen Reiseplan jederzeit ändern zu können, gibt einem ein Gefühl von Freiheit – auch wenn sie sich nur auf die 14 Tage Urlaub beschränkt. Regen in Slowenien? Na dann fährt man einfach nach Italien weiter. „Der Weg ist das Ziel“ ist einer dieser fürchterlich überstrapazierten Sprüche, doch er beschreibt perfekt diese Art und Weise, mit dem Bus zu verreisen.

Umwege willkommen

Nur die wenigsten erinnern sich noch daran, wie es war, sich mit Straßenkarten durch Europa zu navigieren. Doch um im Zeitalter der Digitalisierung noch ein Abenteuer zu erleben, muss man wieder etwas genauer hinschauen und -hören. Derzeit wollen viele das ultimative Erlebnis konsumieren und verpassen dabei, es sich selbst zu erarbeiten – ähnlich wie den Uphill, den man sich selbst ertreten hat. Die Befriedigung kommt nicht nur durch die epische Aussicht, sondern eben auch durch den Kampf auf dem Weg dorthin. Aus diesem Grund lassen Magdalena und Paul ihr Navi immer öfter auch mal aus. Statt auf das Smartphone-Display zu starren, setzen sie sich lieber mit der Umgebung, durch die sie reisen, und mit ihrem Ziel auseinander. Müssen wir hier rechts oder links? Eine Frage, die das Handy automatisch für einen beantwortet. Manchmal lohnt sich jedoch der Blick aus dem Seitenfenster, um neben dem Verkehrsschild möglicherweise noch ganz andere Dinge zu entdecken. „Ist es denn wichtig, immer am Ziel anzukommen?“, fragt Magdalena. „Statt mich auf das eine Ziel zu fokussieren, halte ich mir lieber die Möglichkeit offen, auch mal falsch abzubiegen und dadurch möglicherweise etwas viel Besseres, Einzigartiges zu erleben.“

Früher ging es um Status, heute geht es um Zeit und Erlebnisse

Aus der Sicht vieler Menschen führte Magdalena in der Vergangenheit ein absolut erstrebenswertes Leben. In der Zeit, in der sie noch Vollzeit gearbeitet hat, hat sie sich den Senator-Status der Lufthansa sprichwörtlich erflogen. Hat ein Jet-Set-Leben geführt, ist dabei immer als Erste in den Flieger gestiegen und ist jede Menge dicke Autos gefahren. Doch ist es das, was zählt? Macht es einen glücklich? „Das Problem mit dem vermeintlichen Status ist, dass man nur damit beschäftigt ist, ihn zu aufrechtzuerhalten, und, wenn möglich, auszubauen“, sagt Magdalena. „Statt Genuss erlebt man Stress.“ Irgendwann hat es ihr gereicht und nach einer Drei-Wochen-Auszeit auf einer Alm war ihr klar: So soll es nicht weitergehen. Es folgten eine Reduktion der Arbeitszeit und ein Umzug aufs Land. Raus in die Natur! Statt Flugmeilen sammelt sie nun Erlebnisse. „Jeder kann sein Leben selbst gestalten. Was dabei hilft, ist ein regelmäßiger kritischer Check des Ist-Zustandes, das Hinterfragen der eigenen Ziele und Wünsche und schließlich von der Couch aufzustehen und loszulegen“, sagt sie.

Warum sollte man sich überhaupt einen Bus ausbauen?

Rein rational gesehen, gibt es keine guten Gründe dafür, sich den Stress anzutun, einen Van zu suchen, sich einen Innenausbau zu überlegen und ihn dann auch noch selbst durchzuführen. Allein bei dem Gedanken, ein Loch fürs Dachfenster in die Karosserie zu schneiden, treibt es den meisten von uns wohl Schweißperlen auf die Stirn. Abgesehen von all der Zeit, die in ein solches Projekt fließt – von der Planung bis zur Durchführung! Letztlich gibt es ja auch fertige Camper von unzähligen Anbietern zu kaufen, echte Rundum-Sorglos-Pakete, in die man nur einsteigen muss, um dann loszufahren. Für Magdalena und Paul war jedoch sofort klar: So etwas wollen sie nicht! Meist sind die fertigen Vans auf maximalen Komfort ausgerichtet und selten für die Bedürfnisse von Sportlern konzipiert. Außerdem haben die beiden den Bus vor allem deshalb selbst ausgebaut, weil sie eine Herausforderung gesucht haben. Sie sind sportlich an das Problem rangegangen und wollten ihre Fähigkeiten testen. Dabei haben sie das Rad nicht neu erfunden, sondern sich einen Plan gemacht und ihn umgesetzt. Das Gesamterlebnis Busausbau war für sie vergleichbar mit einer neuen Trail-Abfahrt. Man weiß, was man kann, möchte aber trotzdem an seine Grenzen kommen. Als Ergebnis ist ihr Van nun Teil ihres Zuhauses, er ist Ausdruck ihrer Identität und natürlich Teil ihres Lifestyles.

Worauf kommt es beim Busausbau an?

Um sich seinen eigenen Traum-Van auszubauen, braucht man in erster Linie drei Dinge: Zeit, etwas handwerkliches Geschick und eine Vision von dem, was man bauen möchte. Außerdem ist die Wahl des Basis-Fahrzeugs essenziell. Vor dem Ausbau haben sich die beiden einen fertigen Camper ausgeliehen, sich alles genau angeschaut, eine Liste mit ihren persönlichen Anforderungen gemacht und sie anschließend priorisiert. Ihnen war es wichtig, ein unauffälliges und autarkes mobiles Zuhause zu schaffen, daher haben sie z. B. bewusst auf Campingfenster, Außensteckdosen und eine Markise verzichtet und die Fahrräder im Fahrzeug verstaut. Am Ende haben sie einen Mercedes Sprinter mit ordentlicher Motorisierung, wenig Kilometern und einer perfekten Sonderausstattung gefunden. So besaß das Auto im Heck bereits Airline-Schienen, an denen die beiden ihren gesamten Innenausbau befestigen konnten, und auch eine Standheizung sowie zwei Dachfenster waren bereits vorhanden.


Fakten zum Fahrzeug

  • Sprinter L2H2, gebraucht von 2013, für 15.000 € (mit 150.000 km)
  • Materialkosten Umbau: ca. 6.500 €
  • Dauer des Umbaus (neben den normalen Jobs und mit Mountainbiken) ca. 3 Monate
  • elektrische Grundversorgung über Solarzelle für Kühlschrank, Licht und elektrische Zahnbürste
  • 2 Wassertanks mit 32 l
  • 4 Bikes / 3 Sitzplätze / 2 Schlafplätze / kein Insta-Account

Was dann folgte, war die Planung, gefolgt von der Isolation des Fahrzeugs und dem Innenausbau. Wichtig war den beiden, dass sie jede Menge Platz zum Stehen haben, gleichzeitig aber mit den Bikes im Auto schlafen können. Aus diesem Grund entschieden sie sich für ein Klappbett, das sich auf einem Sideboard aus IKEA-Modulen abstützt. In dem Sideboard befindet sich neben jeder Menge Stauraum auch ein Wassertank, eine Spüle und eine Outdoor-Dusche. Die Idee für den Ausbau ist natürlich über längere Zeit in den beiden gereift, sie haben sich durch etliche YouTube-Videos geklickt und jede Menge anderer Busse besichtigt. Trotz all dieser Planung ist das Erfolgsrezept für ihren Ausbau überraschend simpel: „Man muss es einfach machen” sagt Magdalena und lacht. Am Ende ist jeder Van super individuell, vom aufwendigen Reisemobil mit Dusche bis hin zum spartanischen Bus mit nur einem Bett – wichtig ist, was der Van für euch am Ende bedeutet.

In diesem Sinne hoffen wir, dass ihr nach dem Lesen dieser Story zeitnah auf einer der unzähligen Auto-Börsen mit der Suche nach einem Van beginnt! Wir haben euch hier den Plan von Magdalena und Paul als Inspiration hinterlegt.


Solltet ihr bereits einen Van besitzen, schickt uns Bilder davon – wir sind sehr gespannt! Schreibt dazu einfach eine Mail an: cbayer@enduro-mtb.com


Ob #vanlife auch ganz ohne Auto funktioniert, haben übrigens unsere Kollegen vom DOWNTOWN Magazin neulich getestet – lesen lohnt: #Vanlife auf zwei Rädern – One-Night-Stand mit Cargo-Bike und Perserteppich


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Text: Fotos: Christoph Bayer, Magdalena Schmid and Paul Blaschitzko