Letztes Jahr schrammte das Nukeproof Reactor 290C in der RS-Version mit extra langer Federgabel nur knapp am Testsieg unseres Trail-Bike-Vergleichstests 2020 vorbei. Nun schicken die Briten die Factory-Ausstattung mit besseren Allround-Eigenschaften ins Rennen. Kann es mit etwas weniger Federweg auch im Uphill und auf dem Flowtrail überzeugen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

Nukeproof Reactor 290C Factory | 140/130 mm (v/h)
14,7 kg in Größe L | 6.155 € | Hersteller-Website

Das Nukeproof Reactor 290C ist ein alter Bekannter. Statt der RS-Version mit extra langer Federgabel schickt Nukeproof dieses Jahr das Reactor 290C Factory mit 140 mm ins Rennen. Dass Nukeproof seine Bikes hauptsächlich mit einem gewissen Gravity-Fokus entwickelt, zeigen die Details am Vollcarbon-Rahmen des 14,7 kg schweren Bikes. Neben der geschmeidigen Linienführung fällt sofort die stimmige olivgrüne Lackierung mit goldenen Details ins Auge. Von der standardmäßig angebrachten großzügigen Lackschutzfolie können sich andere Hersteller im Test etwas abschauen. Das Reactor sieht auch nach langem Einsatz noch immer fresh aus. Auch Ketten- und Sitzstreben-Schutz sind mehr als üppig gestaltet und reduzieren die Geräuschkulisse. Ganz leise ist das Reactor aber nicht: Dafür sind die intern verlegten Züge nicht ausreichend geklemmt und klappern im Rahmen. Auch die Zugführung unterhalb des Tretlagers ist nicht ideal. Auf Tool-Mounts am Oberrohr muss man beim Reactor im Gegensatz zu anderen Nukeproof-Modellen wie dem Mega oder Giga verzichten. Dafür bietet das Rahmendreieck ausreichend Platz für eine große Trinkflasche.

Wir hätten des Nukeproof Reactor 290C Factory nicht anders ausgestattet

Punktlandung: Wir hätten dass 6.155 € teure Reactor Factory nicht anders ausgestattet, denn Nukeproof setzt auf Downhill-Performance und robuste Komponenten statt übertriebenen Leichtbau. Absolutes Highlight des potenten Bikes ist das FOX Factory-Fahrwerk mit 36 GRIP2-Federgabel mit 140 mm Federweg und einem DPX2-Dämpfer, der die 130 mm Federweg am Heck verwaltet. Für Vortrieb und Bremskraft sorgt eine lupenreine Shimano XT-Gruppe mit 12-fach-Schaltung und Vierkolbenbremse mit 200-mm-Scheibe in Front und 180er am Heck. Die BikeYoke DEVINE-Sattelstütze liefert 160 mm (in M/L, 185 mm in XL) Stützenhub und sorgt in Kombination mit der Shimano-Remote für ein ebenso aufgeräumtes wie ergonomisches Cockpit. Hier setzt Nukeproof auf die hauseigenen Horizon-Komponenten mit einem Alu-Lenker in 800 mm Breite. In Kombination mit den sehr gut dämpfenden Sam Hill Signature-Griffen filtert das Cockpit kleinere Vibrationen einfach weg, was sich auf langen Abfahrten in Form von weniger Ermüdung und Armpump bezahlt macht. Auch beim Laufradsatz setzt Nukeproof für mehr Zuverlässigkeit ganz bewusst auf den DT Swiss XM1700 Aluminium-Laufradsatz statt auf ein leichteres Pendant aus Carbon. Cool! Auf ihn sind MAXXIS-Reifen in der pannenanfälligen EXO+ Karkasse und der mittelharten 3C MaxxTerra-Gummimischung aufgezogen: ASSEGAI in Front und DISSECTOR am Heck.

Trail-Performance statt Leichtbau: Nukeproof setzt ganz bewusst auf robustere Alu-Komponenten, um dem Potenzial des Reactor gerecht zu werden. Cool!

Einzige Kritik an der Ausstattung
Das Reactor kommt ohne Kettenführung. In Anbetracht der Trails und des Speeds, den das Bike mitmacht, empfehlen wir euch, ein minimalistisches Modell nachzurüsten.
Starke Gabel
Noch vor zwei Jahren war die FOX 36 das Maß aller Dinge für richtig potente Baller-Bikes. Am Reactor beweist die 36 GRIP2 Factory, dass sie sich auch bei weniger Federweg lohnt.
Wie schaffen die das nur?
Der Hinterbau des Reactor ist phänomenal. Neben den zusätzlichen Lagern in der unteren Dämpferaufnahme muss es vor allem eine Menge schwarzer Kinematik-Magie sein, die Nukeproofs Entwickler anwenden.

Nukeproof Reactor 290C Factory

6.155 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 140 mm
Rear Shock FOX DPX2 Factory 130 mm
Seatpost BikeYoke DIVINE 160 mm
Brakes Shimano XT M8120 200/180 mm
Drivetrain Shimano XT 1x12
Stem Nukeproof Horizon 50 mm
Handlebar Nukeproof Horizon 800 mm
Wheelset DT Swiss XM1700 30 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI EXO+ 3C/DISSECTOR EXO 3C MaxxTerra 2,5/2,4

Technical Data

Size M L XL
Weight 14,7 kg


Rail that turn
Mit dem Flip-Chip lässt sich die Geometrie des Reactor anpassen. Wir bevorzugen die tiefe „Rail“-Einstellung, in der das Nukeproof mit niedrigem Tretlager und flachem Lenkwinkel zum echten Kurvenräuber wird.
Rahmen aus Carbon, alles andere aus Alu
Auch für den hochwertigen DT Swiss XM1700 Alu-Laufradsatz hat sich Nukeproof bewusst entschieden. Im Vergleich zu vielen Carbon-Felgen hält er auch mit dünnwandigen Reifen durch. Cool!
Steifer ist nicht immer besser
Das Alu-Cockpit mit 31,8 mm Klemmung wirkt auf den ersten Blick altbacken. Doch Nukeproof hat sich bewusst für das komfortablere Cockpit entschieden. Es filtert auf langen Abfahrten Vibrationen weg und kann Armpump vorbeugen.

Die Geometrie des Nukeproof Reactor 290C im Detail

Kleine Shredder gehen beim Nukeproof Reactor 290 leer aus. Sie müssen zum Reactor 275 greifen, mit mehr Federweg, etwas anderem Rahmen und 27,5” Laufrädern. Denn das 29”-Bike gibt es nur in den Rahmengrößen M, L und XL. Mit einem Reach von 480 mm (Größe L) und 440 mm Kettenstreben zeigt sich das Reactor ausgewogen und wenig extrem. Mit einem Sitzwinkel von 75° positioniert das Nukeproof seinen Fahrer komfortabel, aber nicht zu hecklastig auf dem Bike. So liefert die Sitzposition den idealen Kompromiss aus Komfort für lange Etappen im Sattel und zentraler Positionierung für steile Uphills. Mit einem Flip-Chip lässt sich die Geometrie zusätzlich um 0,5° an die eigenen Vorlieben anpassen. Wir bevorzugen die tiefe „Rail“-Einstellung.

Größe M L XL
Sattelrohr 420 mm 458 mm 508 mm
Oberrohr 610 mm 640 mm 675 mm
Steuerrohr 105 mm 110 mm 115 mm
Lenkwinkel 65,5° 65,5° 65,5°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5°
Kettenstrebe 440 mm 440 mm 440 mm
BB Drop 39 mm 39 mm 39 mm
Radstand 1.205 mm 1.235 mm 1.271 mm
Reach 451 mm 480 mm 514 mm
Stack 615 mm 620 mm 625 mm
Helm Fox Speedframe | Brille 100% Speedcraft | Hippack AMPLIFI Hipster4
Shirt Fox Ranger Jersey | Hose Fox Flexair | Knieschoner AMPLIFI MKX
Schuhe Five Ten Kestrel Lace MTB SPD | Socken Stance

Geht so richtig ab! – Das Nukeproof Reactor 290C Factory auf dem Trail

Egal in welcher Geometrieeinstellung, auf Forststraßen lohnt sich am Reactor der Griff zur Plattformdämpfung. Denn in der offenen Dämpferposition neigt es zum Wippen und muss sich auf dem Uphill-Trail nicht mit den effizienteren Bikes wie dem Canyon Spectral oder Rocky Mountain Instinct mithalten. Schade! Das Nukeproof erreicht den Trail-Einstieg lieber gemütlich auf der Forststraße.

Im Uphill fehlt es dem Nukeproof Reactor an Spritzigkeit. Während es im Downhill noch absolute Spitze ist, fehlt es ihm bergauf an Effizienz zum perfekten Allrounder.

Tuning-Tipps: minimalistische Kettenführung | Züge an den Eingängen klemmen

Das Reactor macht seine Schwächen bergauf im Downhill wieder wett: Sobald sich der Trail gen Tal neigt, boxt es weit über seiner Federwegsklasse! Sodass wir uns fragen, wie es Nukeproof schafft, so viel Traktion und Reserven aus dem 130-mm-Hinterbau zu kitzeln. Denn trotz flach profiliertem Hinterreifen giert das Reactor nach Geschwindigkeit, überholt in Kurven fast alle anderen Bikes auf der Inside-Line und vermittelt seinem Fahrer dank perfekter Lastverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad stets enormes Selbstvertrauen. Kein anderes Bike im Test nimmt jegliche Art von Richtungswechseln so willig, intuitiv, sicher und schnell wie das super ausgewogene Nukeproof Reactor 290C Factory! Einzig auf ganz flachen Trails kann es nicht mit den spritzigsten Bikes, wie dem Yeti SB115, mithalten und erfordert etwas mehr Körpereinsatz beim Pushen und Abziehen. Dafür nimmt es das Reactor Factory aber problemlos mit waschechten Enduro-Rennstages auf: Drops ins Flat schluckt es ebenso willig weg wie fiese Steinfelder und sorgt bei seinem Fahrer trotz massig Laufruhe und Sicherheit für richtig viel Fahrspaß.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Nukeproof Reactor 290C Factory ist der perfekte Beweis dafür, dass die Länge des Federwegs allein wenig über die Potenz aussagt: Trotz lediglich 130 mm am Heck würden wir mit dem Nukeproof ohne Zögern bei so manchem Enduro-Rennen starten! Bergab giert es nach Speed und macht mit seinem ausgewogenen Handling Racer genauso wie MTB-Neulinge glücklich. Es liefert den perfekten Mix für maximalen Fahrspaß auf jedem Trail. Im Uphill fehlt es ihm zum perfekten Allrounder aber an Effizienz und Spritzigkeit. Schade! Denn neben dem schicken Carbon-Rahmen ist vor allem die durchdachte Ausstattung tadellos.

Tops

  • durchdachte, dem Einsatzzweck angemessene Ausstattung
  • sehr intuitives ausgewogenes Handling
  • klasse Fahrwerk
  • komfortable Sitzposition für lange Touren

Flops

  • Effizienz im Uphill

Mehr Informationen findet ihr unter nukeproof.com

Das Testfeld

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Text: Fotos: Diverse