Mit der Öhlins RXF38 M.2-Federgabel bringt der schwedische Hersteller seine geballte Motorsport-Erfahrung auch ins Mountainbiken ein: 38 mm dicke Standrohre und eine fein einstellbare Endprogression sollen für hohe Trail-Performance sorgen. Doch kann sie in unserem großen Vergleichstest wirklich überzeugen?
Die Öhlins RXF38 M.2-Federgabel trägt stolz ihre schwedische Herkunft zur Schau. Gelbe Gabel-Decals und blaue Staubabstreifer-Dichtungen, kombiniert mit einem farblich passenden SAG-Ring, spiegeln die Farben der schwedischen Nationalflagge wider und verleihen der Gabel ihren unverwechselbaren Look. Mit einem Preis von 1.674 € gehört sie zu den hochpreisigen Modellen in unserem Vergleichstest und wird nur von der knapp 85 € teureren EXT Era V2.1 übertroffen. Ihr Gewicht liegt bei soliden 2.293 g, was sie im Vergleich zu anderen Gabeln im Test im soliden Mittelfeld positioniert.
Dank der 200-mm-Post-Mount-Bremsaufnahme unterstützt die Gabel Bremsscheiben mit 200 oder 220 mm. Kleinere Scheiben braucht ihr an einer Gabel mit diesem Kaliber sowieso nicht. Die Öhlins RXF38 M.2 bietet zudem drei Anschraubpunkte für die Montage eines Mudguards, wobei das jedoch von Drittanbietern erworben werden muss und ein von Öhlins selbst vertriebener Mudguard nicht gekauft werden kann. Die schwimmend gelagerte Steckachse stellt sicher, dass die Tauchrohre beim Festziehen nicht verzogen werden. Eine Option mit Schnellspanner gibt es nicht, allerdings lässt sie sich mit einem gängigen 6er-Inbusschlüssel lösen und festziehen.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Die beste MTB-Federgabel – 8 Modelle im Test
Neben der RXF38 M.2 bietet Öhlins als Trailbike-Gabel die RXF36 M.2 Air an, die mit Federwegen von 140 bis 170 mm erhältlich ist. Unser getestetes Modell, also die RXF38 M.2, ermöglicht eine Anpassung des Federwegs auf 160 mm, 170 mm oder 180 mm durch den Austausch der Luftfederkartusche, die im Aftermarkt erworben werden kann. Beide Modelle setzen auf die gleiche TTX18-Dämpfungskartusche.
Das Herzstück der Gabel ist die Drei-Kammer-Luftfeder, bestehend aus der Positiv- und Negativkammer und einer zusätzlichen Ramp-up-Kammer. Letztere ist eine separate Positivkammer, mit der sich die Endprogression der Gabel, sprich die Progression der Gabel im letzten Drittel des Federwegs, gezielt einstellen und regulieren lässt. Jedoch macht sie das Setup auch etwas umständlicher. Beim Befüllen ist darauf zu achten, dass zuerst die Ramp-up-Chamber und dann die eigentliche Positivkammer befüllt wird.
Das Setup erfordert aufgrund der Sensibilität der beiden Kammern auf geringe Luftdruckänderungen eine feine Abstimmung, wobei die Tabelle am Casting euch dabei eine Hilfestellung liefert. Während alle Tester mit den Tabellenwerten für die Hauptkammer gut zurechtkamen, lässt sich das über die Setup-Empfehlungen der Ramp-up-Kammer nicht behaupten. Nach unzähligen Anpassungen sind wir mit ca. 20 % weniger Druck in der Ramp-up-Kammer gefahren, um der Gabel ein satteres Fahrgefühl zu geben.
Die Druck- und Zugstufeneinstellungen werden über die TTX18-Kartusche vorgenommen. Die Low-Speed-Compression lässt sich in 15 Klicks einstellen, während die High-Speed-Compression nur drei Klicks hat, die jedoch signifikante Unterschiede machen. Der Rebound ist ebenfalls mit 15 Klicks anpassbar. Während die Beschriftung des Rebounds mit „fast“ und „slow“ klar ist, könnte die Kennzeichnung der Low-Speed-Compression-Einstellungen für weniger erfahrene Biker etwas verwirrend sein: „+“ steht für mehr Dämpfung (härter), während „-“ weniger Dämpfung (weicher) bedeutet.
Die dreistufige HSC-Einstellung ist komplett unbeschriftet. Die geschlossenste Stufe fungiert als Lockout, während die offenen Einstellungen sich für Trail-Abfahrten und die mittlere Einstellung für Anstiege eignen. Für eine Gabel dieses Kalibers ist ein Lockout allerdings nicht wirklich nötig und wir hätten uns stattdessen eine besser nutzbare High-Speed-Compression gewünscht.
Die Öhlins RXF38 M.2-Federgabel auf dem Trail
Bringt man die Öhlins RXF38 M.2 auf den Trail, punktet sie mit ihrem im Vergleich zur FOX 38 Factory GRIP X2 oder RockShox ZEB Ultimate relativ hohen Stand im Federweg, ähnlich dem der Formula Selva S. Das vermittelt auf steilen Abfahrten mehr Sicherheit, und Überschlagsgefühle kommen mit der Öhlins nicht auf. Der hohe Stand beeinflusst aber auch eure Körperhaltung auf dem Bike und ist nicht für jedermann. Wer also nicht durch z. B. Spacer unter dem Vorbau der extra Höhe der Federgabel entgegenwirken will, muss eine gebeugte Fahrposition einnehmen, um den Druck auf das Vorderrad aufrechtzuerhalten.
Bei hartem Enduro-Geballer mit großen Absätzen meistert die Öhlins RXF38 M.2 die ersten Herausforderungen noch souverän. Erhöht man das Tempo, besonders in ruppigen Wurzelteppichen oder steinigen Passagen, stößt die Gabel jedoch an ihre Grenzen. Besonders in Situationen, in denen man nicht in der Lage ist, einen hohen Druck auf die Gabel zu bringen, kämpft die Öhlins RXF38 M.2 bei intensiven, aufeinanderfolgenden Schlägen damit, die Dynamik zu halten, was sie auf technischen Strecken leicht ins Stolpern bringt.
Dadurch wirkt sie in solchen Situationen überfordert und verhakt sich förmlich in den aufeinanderfolgenden Schlägen. Das Resultat: Man verliert an Sicherheit und Kontrolle, während Konkurrenten wie die FOX 38 GRIP X2, RockShox ZEB Ultimate oder die Formula Selva S in diesen Momenten deutlich flüssiger und ruhiger arbeiten und auch bei hohem Tempo eine gleichmäßige Performance abliefern.
Positiv sticht die gut einstellbare Endprogression der Öhlins RXF38 M.2 hervor, die sich dank der Ramp-up-Chamber präzise und einfach anpassen lässt. Bei einem gut abgestimmten Setup überzeugt die Gabel mit einer sanft ansteigenden Progression, die sich vor allem bei einzelnen, großen Schlägen bemerkbar macht. Im Gegensatz zur DVO Onyx D1 38 SL, die im letzten Drittel des Federwegs schnell durchrauscht, bleibt die Öhlins RXF38 M.2 in solchen Situationen standhaft.
Fazit zur Öhlins RXF38 M.2-Federgabel
Die Öhlins RXF38 M.2 überzeugt mit ihrer fein einstellbaren Endprogression dank der Ramp-up-Chamber und ihrem hohen Stand im Federweg, was auf steilen Abfahrten viel Sicherheit vermittelt. Allerdings erfordert das teils komplexe Setup und die Tendenz der Gabel, bei schnellen, ruppigen Passagen im Federweg abzusacken, einiges an Fahrer-Erfahrung, Feingefühl und eine aktive Fahrweise. Wer das nötige Händchen für Feintuning mitbringt und nahezu in jeder Situation ausreichend Druck auf die Gabel bringt, wird mit einer soliden Performance belohnt.
Tops
- anpassbare Endprogression dank Ramp-Up-Chamber
- viel Sicherheit bei steilen Abfahrten
Flops
- benötigt aktive Fahrweise
- verhaspelt sich bei ruppigen Highspeed-Passagen
Mehr Infos findet ihr auf der Website von Öhlins.
Alle Federgabeln im Test:
DVO Onyx D1 38 SL | EXT ERA V2.1 | Formula Selva S | FOX 38 GRIP X2 | FOX 36 GRIP X | Öhlins RXF38 | RockShox ZEB Ultimate | RockShox Lyrik Ultimate |
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Text: Benedikt Schmidt Fotos: Peter Walker