Das Pipedream Moxie-Hardtail hat mit seinen aggressiven Winkeln und seinem brutalen Temperament absoluten Kultstatus erlangt. Vermittelt das neue vollgefederte Full Moxie die gleiche Mentalität oder ist es ein ausgewogener Performer? Das wollten wir in diesem Test für euch herausfinden.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: 3 spannende Enduro-MTBs aus Stahl im Test
Von Weitem schon erkennt man, aus welchem Material das 4.070 € teure Pipedream Full Moxie gefertigt ist: Die klassische Silhouette und die schlanken Sattel- und Kettenstreben verraten sofort, dass hier Stahl im Spiel ist.
Das Pipedream Full Moxie im Detail
Der Rahmen aus 4130 CrMo wird in Taiwan hergestellt. Der super cleane Look kommt daher, dass der Hersteller gekonnt auf externe Nähte verzichtet hat. Mit 140–146 mm Federweg am Heck (je nach Hub des DVO Topaz T3-Dämpfers) und einer Geometrie, die für Gabeln mit 140–160 mm ausgelegt ist, kann man beim Moxie von einem Trail-Bike sprechen. Konfigurieren könnt ihr den Rahmen als 29er oder als Mullet, also mit 29″ vorne und 27,5″ hinten. Wir haben uns für die 29er-Variante entschieden. Pipedream bietet für den 1.950 € teuren Rahmen eine Reihe von Komplettbike-Optionen an und hat uns den 16,1 kg schweren DVO-Build mit einer 150 mm langen DVO Diamond D1-Gabel und einem DVO Topaz T3-Dämpfer mit 146 mm Federweg geschickt. Der Shimano SLX 12-fach-Antrieb liefert schnelle Schaltvorgänge, wobei die SunRace-Kassette mit 11–51 Zähnen eine echte Überraschung war. Die Shimano SLX-Zweikolbenbremsen mit 180-mm-Bremsscheiben vorne und hinten machen einen überraschend guten Job und der Lenker, die Griffe und der Vorbau von Burgtec verleihen dem Cockpit einen Hauch von Boutique-Klasse. Durch den wunderschönen Hope-Steuersatz wird das noch unterstrichen. Den nötigen Grip bieten die 33 mm breiten HUNT-Felgen mit Michelin Wild Enduro 2,4-Reifen in der Magi-X-Mischung vorne und der Gum-X-Mischung hinten. Das Bike kommt mit einer OneUp V2 180-mm-Sattelstütze. Ein interessantes Merkmal des Full Moxie ist die sogenannte Drop Optimised Geometry– das heißt, dass die Sattelrohrlänge bei allen Rahmengrößen gleich ist. Ihr könnt die Größenwahl also nach dem Reach treffen und nicht nach Sattelrohrlänge.
Die Position des Flaschenhalters unter dem Unterrohr bringt die Flasche in die Schusslinie des Vorderreifens. Wenn ihr über Kuhweiden heizt, solltet ihr also besser mit Vorsicht trinken.
Pipedream The Full Moxie
4.070 €
Specifications
Fork DVO Diamond D1 150 mm
Rear Shock DVO Topaz T3 146 mm
Seatpost OneUp V2 180 mm
Brakes Shimano SLX 180/180 mm
Drivetrain Shimano SLX 1x12
Stem Burgtec Enduro 45 mm
Handlebar Burgtec RW 800 mm
Wheelset HUNT Enduro Wide 29
Tires Michelin Wild Enduro 2.4"
Technical Data
Size Long Longer
Weight 16,10 kg
Specific Features
Die Geometrie des Pipedream Full Moxie
Das Pipedream Full Moxie hat großzügige Maße und unser Test-Bike in der Größe Longer soll für Fahrer ab 178 cm gemacht sein. Der Reach ist mit 510 mm riesig, während das Sattelrohr mit 420 mm relativ kurz ausfällt. Der Sitzwinkel ist mit 77,5° genau richtig gewählt und das Resultat ist ein geräumiger Hauptrahmen. Die 440-mm-Kettenstreben tun ihr Bestes, den langen Reach zu kompensieren und das Bike in der Balance zu halten. Der BB-Drop liegt mit 20 mm im Normalbereich. Der tiefe Stack von 602 mm bringt den Fahrer in eine aggressive Position und der 64° flache Lenkwinkel rundet das Trail-Bike perfekt ab. Wie auch beim Cotic liegt der Radstand bei langen 1.290 mm.
Größe | Long | Longer |
---|---|---|
Sattelrohr | 420 mm | 420 mm |
Oberrohr | 604 mm | 644 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 110 mm |
Lenkwinkel | 64,0° | 64,0° |
Sitzwinkel | 77,5° | 77,5° |
Kettenstrebe | 440 mm | 440 mm |
Radstand | 1.250 mm | 1.290 mm |
Reach | 470 mm | 510 mm |
Stack | 602 mm | 602 mm |
Ein Bike für alle Fälle – Das Pipedream Full Moxie auf dem Trail
Das aggressive Moxie-Hardtail und wir sind gute Bekannte, deshalb waren wir uns erst nicht sicher, was wir vom Full Moxie erwarten sollten. Zum Glück dauert es aber nicht lang, bis man ein Gefühl für das Bike bekommt. Und das Full Moxie überrascht: Es ist kein brutales Baller-Bike, sondern raffiniert, wendig und bereit für lange Tage im Sattel. Auf flowigen Trails fühlt sich das Pipedream zu Hause und zeigt sich agil und spritzig. Das lange Front-End hat uns erlaubt, den Sattel weit nach vorne zu schieben, was dem effektiven Sitzrwinkel zugutekommt. Die Sitzposition fühlt sich beim Klettern effizient an und den Climb-Switch des Dämpfers haben wir nur bei sehr steilen Passagen verwendet. Wie bei den meisten Bikes mit langem Hauptrahmen muss das Gewicht über dem Lenker platziert werden, damit das Vorderrad bei steilen Rampen am Boden bleibt. Die schlanken Ketten- und Sitzstreben nutzen die Eigenschaften von Stahl perfekt aus und das Resultat ist ein lebendiges Fahrgefühl mit ordentlich Pop, wenn man unter Last aus Kurven beschleunigen will. Das Pipedream Full Moxie fühlt sich leichter an, als die 16,1 kg Herstellerangabe vermuten lassen.
Das Pipedream Full Moxie zeigt die einzigartigen Eigenschaften von Stahl – vor allem in den langen, schlanken Kettenstreben, die dem Bike ein lebendiges Fahrgefühl verleihen. Aus engen Kurven herauszubeschleunigen ist eine der Stärken des Full Moxie.
Anders als das Moxie-Hardtail ist das Full Moxie ein Bike, bei dem man die Linie eher bewusst wählt, als blind draufzuhalten. Die niedrige Front hilft dabei, Grip am Vorderrad aufzubauen. Doch mit dem langen Reach muss man in flachen Kurven sehr aktiv nach vorne arbeiten, um ein Untersteuern zu verhindern. Der DVO Topaz T3-Dämpfer lässt das Bike satt am Boden kleben und vermittelt ein butterweiches Ansprechverhalten. Der Dämpfer wird mit einem relativ flachen Yoke angesteuert, um ein progressives Ansprechverhalten zu erzielen. Die Kinematik vermittelt Unmengen an Grip und Komfort für lange Tage im Sattel, lässt sich bei schnellen, harten Schlägen aber etwas aus der Ruhe bringen. Aggressive Fahrer werden dem Dämpfer den ein oder anderen Spacer verpassen, um mehr Progression und End-Stroke-Support zu bekommen. Alternativ lässt sich auch der Druck im Ausgleichsbehälter des Dämpfers anpassen, um mehr Gegenhalt zu bekommen. Der schlanke Rahmen sieht wirklich gut aus, aber die Kabelführung über die Kettenstrebe hat uns nicht gefallen. Bei harten Downhill-Passagen konnten wir hören, wie die Kette gegen die Zughülle knallte, was sich schon nach wenigen Testrunden durch Dellen im Bowdenzug bemerkbar machte. Hier würden wir definitiv ein Tape zum Schutz anbringen. Wenn ihr zwischen den zwei Größen liegt, würden wir euch die Größe Long empfehlen. Mit – immer noch großzügigen – 470 mm Reach bekommt ihr so ein agileres Bike.
Der Charakter des Full Moxie ist ideal für alle, die ein komfortables Bike für lange Tage im Sattel suchen. Die langen und schlanken Ketten- und Sitzstreben verleihen dem Bike einen lebendigen Charakter.
Tuning-Tipps: Wer zwischen zwei Größen steht, sollte die kleinere wählen | aggressive Fahrer sollten von der Bladder-Pressure-Einstellung des DVO Topaz Gebrauch machen | ein Oldschool-Neoprene-Wrap um die Kettenstreben, um den Bowdenzug zu schützen
Fazit
Raffiniert, agil und spritzig: Das Pipedream Full Moxie hat uns überrascht! Als wir es zum Test geladen haben, hatten wir erwartet, den wilden und potenten großen Bruder des Moxie-Hardtails zu bekommen. Doch seine Fahrwerkskinematik ist eher für lange Touren als für fette Sprünge ausgelegt und so glänzt das Full Moxie als Trail-Bike, dessen klassischer Look perfekt zum Fahrgefühl von Stahl passt. Eine echte Alternative zur großen Aluminium- und Carbonkonkurrenz!
Tops
- das satte Fahrwerk liefert viel Grip
- der schlanke Hinterbau macht das Bike lebendig und schnell
- klassischer Look
Flops
- Kabelführung über die Kettenstrebe
- Reach ist für viele zu lang
- Wasserflasche am Unterrohr wird vom Vorderreifen mit Schlamm befeuert
Mehr Informationen findet ihr auf pipedreamcycles.com
Das Testfeld
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Alle Bikes im Test: Cotic RocketMAX Gen3 (Zum Test) | Pipedream The Full Moxie | Starling Twist (Zum Test)
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