Das Pole Stamina 180 sind wir bereits in einem Einzeltest gefahren, damals in Größe Large. Mit seinem extrem langen Reach war es uns für den Allround-Einsatz zu lang – daher entschieden wir uns nun für eine Nummer kleiner und waren sehr gespannt, wie es sich im direkten Vergleich schlägt.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2020
Das Bike, das wir für diesen Vergleichstest erhalten haben, war das vom Mastermind hinter Pole persönlich: das Race-Bike von Leo Kokkonen. Das heißt auch, dass einige Komponenten nicht ganz der Serienausstattung entsprachen. Allerdings bietet Pole auf Wunsch viele Konfigurationsmöglichkeiten und so ist z. B. der Öhlins-Stahlfederdämpfer auch in Serie erhältlich. Auch beim von uns getesteten Rahmen handelte es sich noch um eine Vorserienvariante, die aber schon den neuen Hinterbau ohne zusätzliche Strebe hat und mit schlankem SRAM Universal-Ausfallende sowie der neuen STFU-Kettenführung ausgestattet ist. Dass es so viele unterschiedliche Varianten dieses Bikes gibt und dass das Design des Bikes so schnell überarbeitet und angepasst werden kann, liegt im Fertigungsverfahren des Pole Stamina begründet. Dabei wird der Rahmen aus Aluminiumblöcken gefräst und die Rahmenteile werden im Anschluss miteinander verklebt. So muss nur das Fräsprotokoll angepasst werden und schon kann der Rahmen verändert werden – teure Formkosten gibt es nicht. Mit einem Gewicht von 15,72 kg ist das Pole zwar das schwerste Bike im Test, allerdings ist die gesamte Ausstattung komplett Race-ready und das Rad verfügt unter anderem über Tire-Inserts. Die Version, die wir schon früher getestet hatten, wog mit Serienausstattung 14,28 kg (in L) – ein super Wert.
Nerviges Kettengeklapper, wie es noch bei früheren Versionen zu hören war, gehört mit der STFU-Kettenführung der Vergangenheit an.
Die Umlenkhebel am Stamina 180 sind sehr scharfkantig gefertigt – wir würden uns hier etwas mehr Rundungen wünschen.
Der aus speziellem Aluminium gefräste Hauptrahmen wird in zwei Hälften gefertigt, die dann verklebt werden. Ein solches Fertigungsverfahren ist in anderen Branchen bereits etabliert, in der Bike-Industrie aber noch immer eine echte Besonderheit.
Pole Stamina 180 LE
9.500 €
Specifications
Fork RockShox Lyrik Ultimate 180 mm
Rear Shock Öhlins TTX 22 M 180 mm
Seatpost Bike Yoke Revive 34,9 185 mm
Brakes Trickstuff Maxima 220/200 mm
Drivetrain SRAM X01 AXS 34 - 10/50
Stem TruVativ Descendant 40 mm
Handlebar TruVativ Descendant Carbon 780 mm
Wheelset Mavic Deemax DH 29
Technical Data
Size S, M, L, XL
Weight 15,74 kg
Der Öhlins-Stahlfederdämpfer entlockt dem Hinterbau des Stamina 180 sein volles Potenzial. Im Vergleich zum RockShox Super Deluxe bietet das Bike so noch mehr Traktion. Den EXT Storia sind wir leider nicht im Stamina gefahren.
Der Sitzwinkel des Stamina ist super steil und die Sitzposition auf dem Bike fällt in Medium dadurch sehr kompakt aus. Größere Fahrer über 183 cm sollten besser zum Large greifen.
Die Züge führt Pole komplett außen und fixiert sie nur mit Kabelbindern am Rahmen. Das erleichtert den Service, wirkt aber natürlich nicht so edel wie intern verlegte Züge oder spezielle Zugklemmen.
Geometrie und Größe des Pole
Die Geometrie des Pole Stamina 180 ist in mehrerlei Hinsicht extrem. Am meisten stechen bestimmt der Lenk- und Sitzwinkel ins Auge. An der Front ist das Rad super flach, der Sitzwinkel dagegen ist super steil. In Kombination mit dem großen Reach macht das dieses Bike zu einem echt langen Dampfer. Wir haben uns bei diesem Test bewusst für die Größe Medium entschieden, nachdem auch viele der Pole-Athleten eher zum kleineren Modell greifen.
| Größe | S | M | L | XL |
|---|---|---|---|---|
| Sattelrohr | 400 mm | 400 mm | 420 mm | 440 mm |
| Oberrohr | 570 mm | 600 mm | 630 mm | 660 mm |
| Steuerrohr | 110 mm | 120 mm | 120 mm | 135 mm |
| Lenkwinkel | 63,5° | 63,5° | 63,5° | 63,5° |
| Sitzwinkel | 78,3° | 78,3° | 78,3° | 78,3° |
| Kettenstrebe | 455 mm | 455 mm | 455 mm | 455 mm |
| Tretlagerabsenkung | 20 mm | 20 mm | 20 mm | 20 mm |
| Radstand | 1.276 mm | 1.306 mm | 1.336 mm | 1.361 mm |
| Reach | 450 mm | 480 mm | 510 mm | 540 mm |
| Stack | 636 mm | 645 mm | 645 mm | 658 mm |
Das Pole Stamina 180 LE im Test
Pole ist definitiv einer der Pioniere im Bereich Geometrie. Die Finnen haben nicht nur der Bedeutung von Balance zwischen dem Hauptrahmen und dem Hinterbau eine neue Bedeutung zugeschrieben, sondern auch die Entwicklung hin zu steileren Sitzwinkeln geprägt. Mit 78,3° besitzt das Stamina 180 noch immer den steilsten Sitzwinkel im Test und in Kombination mit dem Reach von 480 mm (Gr. Medium) führt das dazu, dass man zwar sehr zentral, aber auch super aufrecht auf dem Bike sitzt. Bei steilen Uphills kann man sehr gut kraftvoll bergauf pedalieren. Das Fahrwerk arbeitet trotz Stahlfederdämpfer effizient und pumpt nur im Wiegetritt. Beim runden Tritt herrscht Ruhe und deshalb haben wir die Plattformdämpfung nicht genutzt.
Downsizing empfohlen: Mit einer Körpergröße von 180 cm im Durchschnitt fühlten sich unsere Tester bergab mit dem Stamina in Größe Medium besser beraten!
In der Abfahrt hat sich die Rahmengröße Medium für unsere Tester mit einer Körpergröße von ca. 180 cm als die bessere Wahl erwiesen als das sehr lange Large. Das Pole ist noch immer weit davon entfernt, zu kurz zu wirken, fährt sich aber in M direkter als in der großen Größe. Das Fahrwerk mit dem Öhlins-Dämpfer arbeitet zwar mit deutlich hörbarem Schmatzen der Dämpfung, liegt aber satt auf dem Trail und bietet enorme Traktion. Dennoch hat das Rad guten Gegenhalt und versackt nicht im enormen Federweg. In Kombination mit den 445 mm langen Kettenstreben vermittelt das Stamina bei Highspeed enorme Sicherheit und spart so selbst auf sehr verblockten Trails viel Kraft. Allerdings muss man als Fahrer auf flacheren Abschnitten und in engen Sektionen arbeiten, um die Front des Pole mit dem super flachen Lenkwinkel von 63,5° ausreichend zu belasten, anderenfalls kippt das Vorderrad weg und lässt sich nur schwer kontrollieren – ein Phänomen, das wir bei noch mehr Bikes mit so flachen Lenkwinkeln und kurzen Vorbauten beobachtet haben.
Leo Kokkonen hat die Entwicklung moderner Bikes ganz sicher geprägt – jetzt ist die Challenge, die eigenen Bikes auch in Serie mit hoher Qualität zu liefern!
Wie fährt sich das Pole Stamina 180 im Vergleich zur Konkurrenz?
In diesem Vergleichstest kristallisierte sich eine Art Champions League heraus, in der nur noch die Besten der Besten mitspielen. Außer dem Stamina 180 gehörten dazu das Rocky Mountain Slayer, das Specialized Enduro, das RAAW Madonna und das Nukeproof Mega 290C – all diese Bikes sind extrem schnell. Auf flachen Trails wirken das Madonna und Mega 290C und auch das Enduro noch ausgewogener und sind dadurch vielseitiger einsetzbar. Vor allem das Lenkverhalten des Vorderrades empfanden wir beim Pole und beim Rocky Mountain Slayer als störend.
Tuning Tipp: Downsizing: Wir empfanden das kleinere Modell als die bessere Wahl | Das Upgrade auf den Öhlins-Stahlfederdämpfer können wir klar empfehlen!
Fazit
Das Pole Stamina 180 ist ein absolutes Vollgas-Enduro, das selbst härtesten Strecken ihren Schrecken nimmt. Das Fahrwerk und die Geometrie sind für Highspeed geschaffen und befördern ihren Fahrer in neue Geschwindigkeitssphären. In der kleineren Rahmengröße ist das Rad deutlich alltagstauglicher, lässt aber noch immer etwas Agilität in engen Sektionen vermissen. Auch bei den Rahmendetails gibt es noch Luft nach oben und wir sind nach wie vor sehr auf ein komplett finales Bike gespannt.
Tops
- bei Highspeed eine absolute Macht
- Hinterbau liefert sehr viel Traktion
- Uphills trotz hohem Gewicht sehr entspannt
Flops
- in engen und flachen Sektionen viel Nachdruck nötig
- lautes Knarzen von der Dämpferaufnahme (hier wurde bereits nachgebesert)
- noch immer kein finales Serien-Bike
Nach Rücksprache mit Pole befindet sich das Rad mittlerweile in Produktion. Auch unser Testbike entsprach bereits dem Serienstand. Einzig die korrekten Decals waren noch nicht angebracht.
Mehr Informationen zum Pole Stamina 180 LE findet ihr auf polebicycles.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2020
Alle Bikes im Test: Canyon Strive CFR 9.0 LTD | CUBE Stereo 170 SL 29 | Giant Reign Advanced 29 0 | Ibis Mojo HD5 | Norco Sight C1 29 | Nukeproof Mega 275C RS | Nukeproof Mega 290C Pro | Orbea Rallon M-LTD | Pole Stamina 180 LE | RAAW Madonna V2 FOX Factory Built | Rocky Mountain Slayer Carbon 90 29 | Santa Cruz Megatower CC X01 Reserve | SCOTT Ransom 900 Tuned | Specialized S-Works Enduro 2020 | Specialized Turbo Kenevo Expert | Trek Slash 9.9 X01 AXS | Yeti SB150 T2 | YT CAPRA 29 CF Pro Race
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Text: Fotos: Christoph Bayer / Finlay Anderson / Markus Frühmann
