Klare Linien, Alu-Rohre, große Lager und externe Zugverlegung. Exakt, die Rede ist von RAAW. Mit ihrem Trail-Bike Jibb geht’s in die nächste Runde. Das neue RAAW Jibb V2 kommt mit außergewöhnlicher Anpassbarkeit und legt einen großen Fokus auf Haltbarkeit und einfachen Service. Aber der alte Terrier hat noch ein paar neue Tricks dazu gelernt.

RAAW Jibb V2 | 150/130 mm (v/h) | 29” | 15.8 kg (Größe L) | 3.165 € (Rahmen und Dämpfer) | Hersteller Website

Unser Lieblings-Terrier ist zurück. Im gewohnt klassischen Look geht das RAAW Jibb als Jibb V2 in die nächste Runde. Dafür bekommt das Trail-Bike eine Menge Updates. Einige Anpassungen konnten eingefleischte Fans der Marke bereits vorhersehen. Aber es gibt auch Neuerungen, die wir so an einem RAAW noch nicht gesehen haben.

Wie sein Vorgänger rollt das neue Jibb V2 auf 29”-Laufrädern und besitzt 150 mm Federweg an der Front. Allerdings wurde der Federweg des Hecks um 5 mm verglichen zum Vorgänger abgesenkt, sodass nun 130 mm am Hinterbau walten. Selbstverständlich besitzt auch das neue Jibb V2 einen cleanen Alu-Rahmen und legt seinen Fokus auf Haltbarkeit und einfachen Service. Massive Lager, außenverlegte Leitungen und ein Horst-Link-Hinterbau sind Markenzeichen von RAAW.

Bereits beim neuen Enduro-Bike Madonna V3 und dem Downhillrad Yalla! kommt das Baukasten-Konzept zum Einsatz, was nun auch seinen Weg ans neue Jibb V2 findet. So habt ihr durch kleine Bauteile unzählige Anpassungsmöglichkeiten, um das Bike perfekt auf euch abzustimmen. Unterschiedliche Hinterbau-Progressionen, Kettenstrebenlängen und Tretlagerhöhen lassen sich damit realisieren. Zudem könnt ihr einfach die Steuersätze austauschen, um den Reach und den Lenkwinkel anzupassen. Es gibt auch eine Option auf ein 27,5”-Hinterrad oder einen Dämpfer mit mehr Hub. Letzteres ermöglicht euch dann, das Jibb V2 in die LT-Version – also Long Travel – umzubauen. So könnt ihr eine Gabel mit 160 mm Federweg verbauen und 141 mm Federweg am Heck rausholen. Zwei Bikes in einem quasi.

Das RAAW Jibb V2 im Detail

Das Herzstück des neuen RAAW Jibb V2 ist der schicke Rahmen aus 6066 Aluminium, der mit einem kleinen Terrier auf dem Oberrohr und einem filigranen RAAW-Schriftzug verziert ist. Understatement pur. Alle Züge sind – wie bei allen Bikes des Herstellers – außen am Rahmen verlegt, was sie leicht zugänglich macht. Dennoch sind die formschön verlegt und stören das cleane Bild des Bikes nicht. Befestigt sind alle Leitungen mit kleinen Schellen, oder ganz simpel durch Kabelbindern an dafür vorgesehenen Führungen. Es wurde zudem ein extra Augenmerk darauf geworfen, dass die Leitungen möglichst weite Radien besitzen, damit die Bedienkräfte von Schaltung und Sattelstütze gering bleiben.

Der kleine Terrier findet sich auf jedem Jibb. Wie es aussieht, ist er nicht in die Jahre gekommen und hat seinen verspielten Charakter behalten.
Externe Zugverlegung ist ein Markenzeichen von RAAW. Zudem wurde auf einen möglichst großen Radius geachtet, damit alles smooth läuft.

Die Kettenstrebe ist von einem großzügigen Schutz aus Kunststoff vor Kettenschlagen geschützt und hält das Bike auf dem Trail schön leise. Sauber auf den Rahmen geklebt beherbergt er zudem die Hülle des Schaltzugs und ist zusätzlich mit Kabelbindern gesichert. Am Unterrohr findet sich ein ca. 5 mm dicker Kunststoffschutz, der euren Rahmen auf voller Breite vor Steinschlägen bewahrt – top!

Der großzügige Kettenstrebenschutz hält das Jibb V2 schön ruhig und schützt euren Rahmen und die darunter versteckte Leitung.

Der gesamte Rahmen setzt auf leicht erhältliche und groß dimensionierte Industrielager. Lediglich drei unterschiedliche Lagergrößen kommen zum Einsatz. Somit ist es super einfach, Ersatz zu besorgen oder direkt mit sich zu führen, wenn es mal auf einen längeren Bike-Trip geht.

Nur drei unterschiedliche Lagertypen finden sich am Rahmen des Jibb V2. Das macht die Ersatzteilbeschaffung denkbar einfach.
Der Toolmount am Oberrohr dient zur Befestigung von Essentials, die man auf dem Trail gut gebrauchen kann.

Durch den Toolmount am Oberrohr könnt ihr auch einen Schlauch oder Ähnliches befestigen und durchgängig an eurem Jibb lassen. Auf ein Staufach, wie man es inzwischen bei vielen Bikes anderer Hersteller sieht, verzichtet RAAW allerdings. Selbstverständlich könnt ihr auch einen gängigen Flaschenhalter im Rahmendreieck montieren. Auch eine ISCG 05-Aufnahme ist vorhanden, falls ihr einen Bashguard oder eine Kettenführung montieren wollt.

Die Ausstattungsvarianten und Verfügbarkeit des RAAW Jibb V2

Das neue RAAW Jibb V2 kann ab sofort bestellt werden und ist laut RAAW bereits auf Lager. Zu kaufen gibt es ein Rahmenkit mit FOX- oder Öhlins-Dämpfer oder ein sogenanntes Rolling Chassis. Letzteres ist sozusagen ein Komplett-Bike ohne Bremse und Antrieb. Zudem habt ihr beim Kauf eine Menge Möglichkeiten, um die Abmessungen des Bikes an eure Wünsche anzupassen.

Für das Rahmenkit ohne Dämpfer müsst ihr 2.790 € bezahlen, was für einen Alu-Rahmen durchaus ein stolzer Preis ist, im Vergleich zu anderen Herstellern. Die Rolling-Chassis gibt es ab 5.645 €.

Unser Test-Bike war mit einem FOX Factory-Fahrwerk ausgestattet, bestehend aus einer FOX 36-Federgabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche und einem FOX FLOAT X-Luftfederdämpfer. Eine Shimano XT 12-fach-Schaltgruppe und eine XT-Vierkolbenbremse haben für Vortrieb bzw. Verzögerung gesorgt. Lenker und Sattelstütze hat OneUp Components gestellt und auf die NEWMEN Alu-Laufräder waren MAXXIS-Reifen gezogen. Unser Test-Bike in Rahmengröße L bringt es so auf 15,8 kg, was es zum schwersten analogen Bike in unserem aktuellen Trail-Bike Vergleichstest gemacht hätte. Da RAAW keine Komplett-Bikes verkauft, legen wir deshalb kein großes Augenmerk auf die verbaute Ausstattung unseres Test-Bikes.

RAAW Jibb V2

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 150 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Factory 130 mm
Seatpost OneUp Dropper Post V2 210 mm
Brakes Shimano XT 200/200 mm
Drivetrain Shimano XT 1x12
Stem OneUp 50 mm
Handlebar OneUp Carbon 800 mm
Wheelset Newmen Evolution SL A30 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI MaxxGrip EXO+/Minion DHRll MaxxTerra EXO+ 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L XL XXL

Specific Features

Toolmount
Flip Chip
Progression Chip

Die Geometrie und das Toolbox-Konzept des RAAW Jibb V2

Eine weitere Neuerung am RAAW Jibb V2 ist die Größenwahl. Denn ab sofort gibt es auch einen XXL-Rahmen und somit bietet RAAW 5 Größen, von S bis XXL, an. Dabei springt der Reach immer um 25 mm, auch wenn die Größen im Vergleich zu den meisten Bikes anderer Hersteller etwas kleiner ausfallen. Unser Test-Bike in Rahmengröße L hat nämlich einen Reach von 470 mm und kombiniert das mit einem sehr hohen Stack von 649 mm. Auch die Kettenstrebenlänge wächst teilweise zwischen den Größen mit und kann dann noch zusätzlich verstellt werden. So sollte jeder die richtige Balance finden. Allerdings ist die Sitzrohrlänge für moderne Trail-Bikes recht hoch, auch wenn sie dafür Platz für lange Sattelstützen bieten.

Die Geometrie des RAAW Jibb V2 mit allen Einstellungen im mittleren Setting.

Größe S M L XL XXL
Reach 420 mm 445 mm 470 mm 495 mm 520 mm
Stack 621 mm 635 mm 649 mm 662 mm 662 mm
Kettenstrebe 445 mm 445 mm 450 mm 455 mm 455 mm
Tretlagerabsenkung 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm
Sattelrohr 395 mm 420 mm 445 mm 470 mm 470 mm
Sitzwinkel 76° 76° 77° 77° 77°
Oberrohr 577 mm 607 mm 620 mm 648 mm 673 mm
Steuerrohr 100 mm 115 mm 130 mm 145 mm 145 mm
Radstand 1192 mm 1224 mm 1260 mm 1296 mm 1321 mm

Durch das Toolbox-Konzept könnt ihr, wie bereits angedeutet, eine Menge an eurem neuen Jibb V2 verstellen. Bereits beim Kauf des Bikes sind einige Einstellungen wählbar, allerdings müsst ihr alle anderen Bauteile im Nachhinein extra kaufen. Cool ist allerdings, dass ein Großteil der Teile auch am Madonna V3 und Yalla! passen. Solltet ihr also ein solches Bike besitzen, könnt ihr die Teile einfach übernehmen. Wir fänden dennoch eine Art Toolbox zum Ausleihen cool, mit der man alle Einstellungen einmal ausprobieren kann, um danach erst die passenden Bauteile zu kaufen. Denn nicht jeder Fahrer besitzt das Know-how, um abzuschätzen, welches Bauteil welche Veränderung auf dem Trail bewirkt.

Durch zwei unterschiedliche Rocker – 50 und 55 – kann das neue Jibb V2 auf das Fahrergewicht angepasst werden. Ab 90 kg empfiehlt RAAW den Rocker 55. Zudem könnt ihr so einen Dämpfer mit mehr Hub verbauen.
Durch das Tauschen der unteren Dämpferaufnahme könnt ihr die Progression des Hinterbaus und die Tretlagerhöhe anpassen.

Durch das Tauschen der unteren Dämpferaufnahme könnt ihr die Progression des Hinterbaus um +/- 3 % und die Tretlagerhöhe um +/- 3 mm verändern. Auch eine MX-Aufnahme ist verfügbar, mit dem ihr euer Jibb V2 auf ein 27,5”-Hinterrad umbauen könnt, ohne die Geometrie und Kinematik zu stark zu beeinflussen. Zudem gibt es zwei unterschiedliche Rocker-Anlenkungen, die für unterschiedliche Fahrergewichte gedacht sind oder den Umbau auf einen Dämpfer mit mehr Hub – sprich mehr Federweg – ermöglichen.

Ein Flip-Chip am Ausfallende ermöglicht es, die Kettenstrebenlänge auf eure Vorlieben anzupassen.

Auch am Ausfallende könnt ihr durch Flip-Chips die Kettenstrebenlänge um +/- 5 mm verändern, müsst dann allerdings auf ein UDH-Schaltauge verzichten. Wer gerne ein solches an seinem Bike möchte oder sogar eine SRAM Transmission-Schaltgruppe fahren möchte, kann sich eine passende Sitzstrebe inklusive Ausfallende dafür kaufen oder direkt bei der Bestellung auswählen – cool! Durch unterschiedliche Headsets könnt ihr zusätzlich den Reach oder Lenkwinkel anpassen. Mit all diesen Einstellungen gehört das Jibb V2 zu einem der variabelsten Trail-Bikes, die wir kennen, und besonders erfahrene Rider können das Bike so perfekt auf sich abstimmen.

Das RAAW Jibb V2 im ersten Test

Für unseren ersten Test sind wir das neue RAAW Jibb V2 mit allen Settings in der mittleren Einstellung gefahren. Primär waren wir damit auf unseren bekannten Hometrails unterwegs und konnten so einiges an Erfahrung sammeln.

Auf dem Weg zum Trail-Einstieg fällt direkt die aufrechte, aber dennoch gut integrierte Sitzposition auf. So tretet ihr auf dem Jibb V2 von oben und nicht von hinten in die Pedale. In der Ebene lastet allerdings etwas Druck auf den Händen, was sich aber im Uphill direkt verdünnisiert und so eine angenehme und tourentaugliche Position ermöglicht. Das Fahrwerk des Jibb gehört nicht zu den effektivsten unter den Trail-Bikes, liefert aber dennoch eine solide Uphill-Performance und gute Traktion in technischen Passagen.

In der Abfahrt macht das Jibb dann seinem Namen alle Ehren und lädt zum Spielen mit dem Trail ein. Wendig und direkt könnt ihr so von Anlieger zu Anlieger und von Kante zu Kante springen. Dennoch steht ihr tief integriert im Bike und habt eine gute Balance zwischen Front und Heck. So müsst ihr euer Gewicht nicht aktiv verlagern, um Grip aufzubauen. Allerdings solltet ihr etwas Erfahrung mitbringen, denn das Jibb erfordert etwas Feingefühl am Lenker und das direkte Handling setzt Impulse sofort um. Durch das straffe und poppige Fahrwerk wird der Spieltrieb zusätzlich befeuert und das Jibb V2 schnell auf Tempo gebracht. Insgesamt liegt das Bike mehr auf der agilen und verspielten als auf der laufruhigen Seite, was bei dem Namen auch kein Wunder ist.

Für wen ist das RAAW Jibb V2?

Das neue RAAW Jibb V2 bietet genau das, was man von einem Bike des Herstellers erwarten würde: einen robusten Rahmen mit schlichtem Look und schier unendlichen Möglichkeiten, es auf seine Vorlieben abzustimmen. Zudem ist es denkbar einfach, daran zu arbeiten, und das Bike ist auf maximale Haltbarkeit ausgelegt. Damit spricht es vor allem Fahrer an, die genau wissen, was sie ihrem Bike abverlangen, und extrem viel Zeit auf dem Rad verbringen. Zudem sollte man das nötige Know-how besitzen, es nach seinen Wünschen aufzubauen, denn ein Komplett-Bike sucht man bei RAAW vergeblich. Dazu passt auch der agile und verspielte Charakter auf dem Trail und das etwas fordernde Handling sollte für solche Piloten kein Problem sein.

Das Fazit zum RAAW Jibb V2

Das neue RAAW Jibb V2 kommt im simplen und schlichten Look, legt ein hohes Augenmerk auf Haltbarkeit und ist denkbar einfach zu servicen. Zudem ist es eines der variabelsten Trail-Bikes auf dem Markt und spricht vor allem erfahrene Rider an, die genaue Vorstellungen von ihrem Bike haben. Auf dem Trail gibt sich das Jibb V2 verspielt und direkt und generiert durch sein straffes Fahrwerk ordentlich Geschwindigkeit. Es gehört allerdings nicht zu den besten Kletterern, und wenn es richtig rough wird, gibt es laufruhigere Trail-Bikes. Damit sorgt das neue Jibb V2 für gute Erlebnisse, statt Ergebnisse.

Tops

  • großer Fokus auf Haltbarkeit
  • denkbar einfach zu servicen
  • unglaublich variabel in der Anpassung
  • verspielt, agil und direkt auf dem Trail

Flops

  • Bike und Konzept ist nicht für jedermann geeignet
  • forderndes Handling auf dem Trail
  • Toolbox-Konzept erfordert hohes Know-how

Alle weiteren Infos findet ihr auf der Website von RAAW-Mountainbikes.


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Text: Peter Walker Fotos: Mike Hunger