Reisebericht: Rhodos – Saisoneröffnung auf Griechisch
Andy und Flo machten einen Saisoneröffnungstrip auf die griechische Insel Rhodos. Wie es dazu kam und was sie erlebt haben, erfahrt ihr in Andy’s Reisebericht: „Wir bereiten uns dann auf die Saison vor!“ sagt mein Spezl Flo und er meint das im doppelten Sinn. Der Deal ist, ich helfe ihm dabei sein Ferienhaus auf Rhodos klar Schiff zu machen und nach getaner Arbeit geht’s aufs Bike um die Beine und den Kopf in der griechischen Frühjahrssonne auf die kommende Radlsaison einzustimmen. „Ja, das sind nicht die Alpen, aber um einzurollen, ein paar Höhenmeter zu machen und die Oberschenkel zu lockern ist das genau das Richtige. Die Landschaft und Vegetation sind im März eh am schönsten! Der März-Regen verwandelt die karge Insel in ein prächtiges Blumenmeer.“
Flo ist aus Meran in Südtirol – mir ist nicht ganz klar wie er normalerweise seine Saison so startet. Aber wie auch immer – das hört sich doch nach einer sehr guten Idee an. Daher Flugticket gebucht, Bike reisefertig gemacht und die kurze Hose eingepackt. Das macht man gern während in München noch die letzten Ausläufer der Winters toben.
Die ersten paar Tage powern wir uns nach den Malerarbeiten auf den Hometrails um Kiotari aus und mir wird klar was Flo meinte. Ständig geht es auf und ab durch das rohe Hinterland von Rhodos. Auf steinigen Pisten, scheinbar fernab von jeglicher Zivilisation, obwohl es noch gar nicht lang her ist dass wir das letzte Dorf durchquert haben. Riesige trockengelegte Flussbetten lassen erahnen was passiert, wenn hier der Platzregen einsetzt und über den steinigen Boden schwemmt. Die kargen Hänge mit den niedergebrannten Baumstümpfen machen deutlich wie der letzte große Waldbrand von 2012 der Insel zugesetzt hat. Die ersten Touren zeigen, dass die Insel definitiv Potential hat, aber auch dass man bis dahin eigentlich mit einem Cross Country-Bike ganz gut aufgehoben ist. Der Anteil an Singletrails war doch noch recht überschaubar. Das sollte sich in den kommenden Tagen allerdings ändern.
Mein Host hat seine Hausaufgaben gemacht und ein paar sehr aussichtsreiche Ziele gescoutet. Und er sollte Recht behalten. Einige der geschichtsträchtigen Berge der Insel sind auch Heimat von waschechten Singletrails mit Epic-Level. Die Auffahrten – zeitweilen auf Asphalt und später über Geröllpisten mit phasenweise sehr knackigen Anstiegen – führen meist durch herrlich surreale Landschaften. Duftender wilder Thymian, Lavendel und Salbei lassen uns die schweißtreibenden Aufstiege vergessen – der Meerblick und die ständige Gesellschaft von wilden Ziegen vervollständigen das Mittelmeeridyll.
Gipfelkreuze sucht man hier vergeblich, wohingegen Kapellen und religiöse Relikte an jeder Ecke warten und die Ausfahrten schmücken. Besondere Highlights waren die Tour Richtung Profiti ilias zum historischen Alpenchalet aus dem ersten Weltkrieg, das die Italiener in ihrer Besatzungphase auf der Insel errichteten. Der Pfad zwischen historischen Ruinen schlängelt sich gen Meer und verlangt dem Fahrer in zahlreichen Spitzkehren und stellenweise losem Untergrund wirklich alles ab.
Der Trail vom Zeustempel auf 1210 m war der perfekte Abschluss unseres Trips. Die Auffahrt schlängelt sich durch die unwirkliche Mondlandschaft des Atavyros und zieht sich wie ein Esel den wackeligen Karren. Ausgangspunkt dafür ist das kleine Dorf Agios Isidoros am Fuße des Berges. Von weitem sieht er aus wie ein knubbeliger Gletscherausläufer mit runden Formen und kahlem Oberhaupt. Eine ganze Batterie an Windrädern ziert seinen Kopf und das zu Recht – hier herrschen meistens ganz besonders hohe Windstärken. Doch wir hatten Glück und erwischten einen Tag an dem Zeus uns wohl gesonnen war und uns ein mystisches Spiel aus Wolken und Licht in dieser ganz besonderen Landschaft bescherte. Die sanften Hänge entpuppten sich als schroffe und beinharte Felswände die aus einer anderen Zeit zu sein scheinen und bei meinem weltreisenden Begleiter fällt mehrfach das Wort „Anden“.
In Mitten von messerscharfem Geröll und dem allgegenwärtigen Duft aus dem Kräutergarten der Götter schlängelt sich ein Singletrail ins Tal, der sich gut auf einer Supertrail-Map machen würde. Dieser Downhill macht uns noch mal klar, dass es eine gute Idee war das Endurobike mit ein paar fetten Pneus auszustatten – Snakebites watch out!
Nach einem grandiosen Ritt spuckt uns der Canyon wieder auf die Landstraße und mit dem letzten Licht rollen wir Richtung Auto und freuen uns schon auf Bier und Ziegenbraten – das Grinsen bekommen wir heute wohl nicht mehr aus dem Gesicht.
Abschließend kann man über unseren Trip sagen, dass er ein voller Erfolg war: zu empfehlen, allerdings vielleicht nicht für jedermann. Wer ein gut ausgebautes Singletrailnetz erwartet ist hier falsch. Es gibt keinen einzigen echten Mountainbike-Shop auf der Insel und das verdeutlicht die Situation: man ist hier allein.
Allein auf den Trails und allein beim Scouten solcher. Die wenigen Wanderkarten die es gibt, sagen nicht viel über das Trailnetz. Wer Spaß daran hat Erstbefahrungen zu machen hat hier noch gute Chancen, sollte dabei aber auch immer einen Ersatzschlauch mehr im Rucksack haben. Denn das Gelände ist hart und hat nicht auf Biker gewartet. Stellt man sich der Herausforderung wartet die Insel mit außergewöhnlichen Landschaften, besonderen Eindrücken und Abgeschiedenheit. Zwischen abwechslungsreichen Cross Country Touren und knallhartem Singletrail-Spaß bewegt sich die Speisekarte und wer wie wir im März unterwegs ist erlebt die Insel noch vor der großen Touristenschwemme und vor allem vor der drückenden Hitze.
Flo meinte, nächstes Jahr bräuchte sein Haus einen neuen Schuppen und es gäbe auch noch eine ganze Menge weiße Flecken auf der Trailmap von Rhodos – ich kann’s kaum erwarten mich wieder auf die Saison vorzubereiten…
Mehr Infos und Bilder gibt es hier: www.facebook.com/heidelbergsfinest
Anreise: Aegan Air 250 Euro + 100 Euro für den Biketransport
Mietauto: ab 20 Euro pro Tag
Beste Reisezeit Mitte März – Mitte April
Text: Andy Jörder | Bilder: Andy Jörder & Flo Unterholzner
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