Das Rocky Mountain Altitude hat unseren Enduro-Bike-Vergleichstest 2021 gewonnen – als kleiner Bruder des Altitude setzt das neue Rocky Mountain Instinct auf die gleiche Rahmenplattform und verspricht jede Menge Abfahrtspotenzial. Doch kann das Instinct C70-Modell es auch nutzen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

Rocky Mountain Instinct C70 | 150/140 mm (v/h)
14,2 kg in Größe L | 6.500 € | Hersteller-Website

Das Rocky Mountain Instinct C70 teilt sich die Rahmenplattform mit seinem großen Bruder, dem Enduro Race-Bike Altitude. Entsprechend ist der schicke und durchdachte Carbon-Rahmen für richtig hartes Geballer auf dem Trail ausgelegt. Mit einer anderen Dämpferaufnahme als beim Altitude generiert der Horst-Link-Hinterbau des Instinct 140 mm Federweg statt 160 mm, die mit 150 mm in Front kombiniert werden. Bei näherer Betrachtung des 14,2 kg schweren Bikes zeigen sich super durchdachte Details am Rahmen. Mit einem riesigen Schutz ist das Unterrohr bestens vor herumfliegenden Steinen und Kratzern vom Shutteln gefeit. Am Hinterbau haben kleine Steinchen und Schlamm dank ausreichend Schutz schweres Spiel, den Rahmen zu zerkratzen. Auch die Kette wird vom umfangreichen Ketten- und Sitzstrebenschutz ruhiggestellt und von einer minimalistischen Kettenführung am Platz gehalten. Trotzdem ist das Instinct nicht 100-prozentig leise. Schuld daran sind die klappernden Zügen in der Abfahrt. Die Lackierung ist optisch sehr gelungen und weiß mit Details wie dem Ahornblatt, das erst auf dem zweiten Blick am Oberrohr zu erkennen ist, zu gefallen. Der schöne Look ist allerdings von kurzer Dauer, denn an Kettenstreben und Oberrohr ist der sehr empfindliche Lack schnell von Schuhen und Knieschonern abgerieben. Andere Hersteller wie Nukeproof machen das besser und verkleben bereits ab Werk hochwertige Rahmenschutzfolie.

Ausgebremst! Die Ausstattung wird dem Rocky Mountain Instinct C70 nicht gerecht

Mit dem Instinct C70 schickt Rocky Mountain nicht das teuerste Modell in den Test. Mit 6.500 € liegt es ganze 4.000 € unter dem Topmodell Instinct C99. Statt auf Bling-Bling setzt Rocky beim C70 auf robuste Alu-Komponenten und hohe Trailperformance. Das 140-mm-Fahrwerk mit FOX DPX2 Performance Elite-Dämpfer steht dem Kashima-Gold schimmernden Factory-Modell in nichts nach. Auch die FOX 36-Gabel kommt mit dem schwarzen Finish der Performance Elite-Serie. An unserem Test-Bike kontrolliert eine GRIP2-Dämpfung die 150 mm Federweg der Gabel. Verkauft wird das Instinct C70 jedoch mit der spürbar schwächeren FIT4-Dämpfungseinheit. Während in unserem Test-Bike ein Traum-Fahrwerk steckt, müsst ihr an der Gabel leider Performance-Einbußen in Kauf nehmen. Uncool! Fürs Schalten und Bremsen ist die Shimano XT-Gruppe verantwortlich. Die Vierkolben-Bremsanlage wird vorne wie hinten mit kleinen 180-mm-Scheiben kombiniert. Sie werden dem Potenzial des Instinct weder in Sachen Bremspower noch Temperaturstabilität gerecht. Beim Laufradsatz, 780 mm breiten Cockpit und der Sattelstütze vertraut Rocky Mountain Alu Komponenten von Race Face. Die Turbine R Stütze liefert 175 mm Hub (Größe L) und sorgt dank I-SPEC-Klemmung an der Remote für gute Bedienbarkeit und ein aufgeräumtes Cockpit. Auf den AR30-Laufradsatz sind MAXXIS Minion-Reifen in der pannenanfälligen EXO+ Karkasse aufgezogen. Besonders am Heck limitiert der dünnwandige Reifen das Instinct bei Highspeed.

Die Liebe steckt im Detail
Die Verarbeitungsqualität und die Detailtiefe des Instinct ist auf absolutem Spitzenniveau. An allen neuralgischen Stellen ist der Carbon-Rahmen vor herumfliegende, Dreck und Steinen geschützt.
Da geht noch mehr!
Das Instinct ermöglicht im Downhill hohe Geschwindigkeiten und krasse Linien. Die pannenanfälligen Reifen in der dünnen EXO+ Karkasse können da nicht mithalten. Zum Glück sind sie auf Alufelgen montiert.
Fast schon überflüssig
Der RIDE-9 Flip-Chip ermöglicht die Anpassung von Geometrie und Hinterbauprogression. Wir sind das Instinct fast ausschließlich in der flachen und progressiven Einstellung gefahren, was wir euch auch empfehlen würden.

Rocky Mountain Instinct C70

6.500 €

Specifications

Fork FOX 36 Elite FIT4 150 mm
Rear Shock FOX DPX2 Performance Elite 140 mm
Seatpost Race Face Turbine R 175 mm
Brakes Shimano XT M8120 180/180 mm
Drivetrain Shimano XT 1x12
Stem Rocky Mountain AM 40 mm
Handlebar Race Face Turbine R 780 mm
Wheelset Race Face AP 30 29"
Tires MAXXIS Minion DHF EXO+ 3C MaxxTerra/DHRII EXO+ 3C MaxxTerra 2.5/2,4

Technical Data

Size XS S M L XL
Weight 14,2 kg


Am Lackschutz wurde gespart
Gegen richtig harte Impacts und Steine ist das Instinct bestens geschützt. Der schicke Lack wird am Oberrohr und an den Kettenstreben hingegen langsam aber stetig vom Fahrer abgerieben. Nukeproof macht es vor und verklebt serienmäßig Schutzfolie. Daran sollte sich Rocky Mountain ein Beispiel nehmen.
Leider nicht die Serienausstattung
Wir hatten eines der ersten Modelle des neuen Instinct zum Test. Statt einer GRIP2 werkelt in den Serien-Bikes die einfachere FIT4-Dämpfung in der FOX 36. Schade! Auf den Lockout verzichten wir zugunsten der besseren Dämpfungs-Performance gerne.
Zu klein, zu heiß
Die Shimano XT-Vierkolbenbremse kombiniert Rocky mit zu kleinen und einfachen 180-mm-Scheiben an Front und Heck. Sie liefern zu wenig Bremspower und überhitzen ohne die ICE-TECH-Technologie schnell.
Schweigen ist Gold
Der weiche Schutz von Ketten- und Sitzstrebe fällt großzügig aus. Als Resultat ist das Instinct bergab super leise. Hier können sich viele Hersteller ein Beispiel nehmen.

Die Geometrie des Rocky Mountain Instinct C70

Die Geometrie des Rocky Mountain Instinct ist super variabel. Obendrein passt Rocky Mountain die Laufradgröße den 5 Rahmengrößen an: In XS rollt das Instinct ausschließlich auf 27,5”-Rädern und einem angepassten Rahmen, während ihr beim S-Rahmen die Wahl zwischen den kleineren und 29”-Laufrädern habt und alle anderen Rahmen mit den großen Laufrädern kommen. Mit dem RIDE-9 Flip-Chip in der Dämpferaufnahme lassen sich Geometrie und Hinterbauprogression in 9 Positionen super fein einstellen. In der ganz flachen Einstellung hat das Instinct einen Lenkwinkel von 65,1°, in der steilsten Einstellung ist er mit 66,2° über ein Grad steiler. Um euch das lange Experimentieren zu ersparen, empfehlen wir euch die flache und progressive Einstellung: Sie steht dem Instinct bergab am besten. Zusätzlich dazu lässt sich auch die Länge der Kettenstreben zwischen 438 und 448 mm wählen.

Kettenstrebenlänge, Tretlagerhöhe, Hinterbaukinematik … Das Instinct ist variabel und kann bis ins kleinste Detail angepasst werden – aber auch verwirren. Unsere Empfehlung: Wählt das flache und progressive RIDE-9-Setting und experimentiert zuerst mit der Kettenstrebenlänge.

Bei unserem Test-Bike in L mit 481 mm Reach (Slack-Setting) sind beide Einstellungen sinnvoll und haben einen spürbaren Effekt auf den Charakter des Bikes. Mit knapp über 76° geht der Sitzwinkel selbst in der ganz flachen Position noch in Ordnung. Die Sitzposition auf dem Instinct ist entsprechend ausgewogen und angenehm mit guter Druckverteilung zwischen Händen und Gesäß. Lange Tagesausflüge ins Hinterland sind mit dem Instinct ein Genuss. Geht es bergauf, unterstützt die Sattelform mit erhöhtem Heck den Fahrer dabei, sich zentral im Bike zu positionieren und das Vorderrad zu belasten. Dennoch kann das Instinct nicht am Canyon Spectral dranbleiben, das bei geöffnetem Dämpfer effizienter und leichtfüßiger klettert. Wie auch beim Nukeproof Reactor lohnt sich auf Forststraßen der Griff zur Plattformdämpfung. Im Vergleich zu den Briten bieten die Kanadier für technische Anstiege auf dem Trail aber den besseren Kompromiss aus Traktion und Effizienz.

Größe XS S M L XL
Sattelrohr 355 mm 380 mm 420 mm 445 mm 480 mm
Oberrohr 549 mm 582 mm 608 mm 636 mm 670 mm
Steuerrohr 90 mm 90 mm 95 mm 110 mm 125 mm
Lenkwinkel 65,9° 65,7° 65,7° 65,7° 65,7°
Sitzwinkel 76,9° 76,7° 76,7° 76,7° 76,7°
Kettenstrebe 437 mm 437 mm 437 mm 437 mm 437 mm
BB Drop 19 mm 36 mm 36 mm 36 mm 36 mm
Radstand 1.133 mm 1.182 mm 1.209 mm 1.240 mm 1.277 mm
Reach 414 mm 437 mm 462 mm 487 mm 517 mm
Stack 581 mm 611 mm 615 mm 628 mm 642 mm
Helm POC Tectal | Brille 100% Glendale | Shirt Vans Party Shirt | Shorts ION Resistance Scrub Short
Knieschoner Chromag Rift | Schuhe Giro Chamber II | Socken Stance | Uhr Wahoo ELEMNT RIVAL

Nimmt es mit jedem Trail auf – Das Rocky Mountain Instinct im Test

Geht es bergab, integriert das Instinct seinen Fahrer zentral zwischen den großen Laufrädern. In allen Geometrie-Einstellungen ist die Front des Instinct geräumig und liefert viel Bewegungsfreiheit in alle Richtungen. Auf flowigen Strecken kitzelt die kurze Kettenstrebeneinstellung viel Agilität aus dem Instinct, das dann willig aufs Hinterrad geht und am liebsten im Drift in einen Anlieger schießt. Auf natürlichen Trails und vor allem in offenen Kurven erfordert es dafür einen sehr aktiven Fahrstil. Um am Vorderrad genug Grip zu generieren, muss die Front nämlich aktiv belastet werden. Abhilfe schafft da die lange Einstellung der Kettenstrebe, mit der das Instinct an Laufruhe gewinnt und, ähnlich wie das Nukeproof Reactor, mit Leichtigkeit durch Kurven zieht. Mit einer ordentlichen Portion Gegenhalt aus dem Hinterbau verleitet das Instinct dazu, über Hindernisse einfach hinweg zu springen. Nicht weil es muss, sondern weil es das einfach kann! Denn Reserven hat das Instinct genug.

Das Rocky Mountain Instinct hat krasses Baller-Potenzial. Kaum auszumalen, was mit ihm möglich wäre, wenn die Ausstattung es bei höheren Geschwindigkeiten nicht ständig ausbremsen würde.

Tuning-Tipps: 200-mm-Bremsscheiben | robusterer Hinterreifen (z. B. MAXXIS Doubledown) | Sollte eure Gabel nach einem Jahr ohnehin einen Service benötigen, bietet sich das – leider teure (ca. 580 €) – Update auf eine GRIP2-Dämpfung an

Wie das Canyon Spectral oder Nukeproof Reactor nimmt es das Instinct auch mit Bikepark-Strecken und so mancher Enduro-Rennstage auf. Doch wird es so richtig schnell, kommen Reifen und Bremsen an ihr Limit, oder darüber hinaus. Wir sind das Instinct zwar nicht mit einer FOX 36 FIT4, der Serienausstattung, gefahren, haben die Gabel aber schon unzählige Male mit der GRIP2-Variante, wie sie auch an unserem Test-Bike verbaut ist, im direkten Duell miteinander verglichen. Besonders bei richtig ruppigen Passagen und hohen Geschwindigkeiten wird das Instinct seine beiden direkten Konkurrenten Spectral und Reactor, beide mit den besseren Federgabeln, ziehen lassen müssen.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Rocky Mountain Instinct C70 ist ein klasse Allrounder, der mit jedem Trail bergauf wie bergab zurechtkommt und auch vor langen Tagen im Sattel nicht zurückschreckt. Die inkonsequente Ausstattung grenzt das Instinct C70 und sein Baller-Potenzial jedoch ein – sehr schade, denn die Rahmenplattform an sich ist herausragend. Rahmendetails und die super variable Geometrie sind spitze und auch der Look kann überzeugen, ist durch den empfindlichen Lack aber nur von kurzer Dauer.

Tops

  • sehr variables Geometrie- und Kinematik-Konzept
  • hochwertiger und durchdachter Rahmen
  • vermittelt bergab Sicherheit und Fahrspaß auf jedem Trail
  • hoher Komfort auf Touren

Flops

  • Ausstattung wird dem Baller-Potenzial des Bikes nicht gerecht
  • Effizienz im Uphill
  • starker Lackabrieb an Kettenstrebe und Oberrohr

Mehr Informationen findet ihr unter bikes.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Neuron CF SLX 9 (Zum Test) | Canyon Spectral 29 LTD (Zum Test) | Canyon Stoic 4 (Zum Test) | FOCUS THRON 6.9 (Zum Test) | Ibis Ripmo V2 (Zum Test) | MERIDA eONE-SIXTY 10K (Zum Test) | MERIDA NINETY-SIX 8000 (Zum Test) | Nukeproof Reactor 290C (Zum Test) | Orbea Rise M-Team (Zum Test) | Propain Hugene (Zum Test) | RAAW Jibb XTR Build (Zum Test) | Rocky Mountain Instinct C70 | Santa Cruz 5010 X01 (Zum Test) | Santa Cruz Tallboy CC X01 (Zum Test) | SCOTT Ransom 900 Tuned AXS (Zum Test) | Specialized S-Works Stumpjumper (Zum Test) | Specialized S-Works Stumpjumper EVO (Zum Test) | Specialized S-Works Turbo Levo SL (Zum Test) | Trek Fuel EX 9.8 GX (Zum Test) | Trek Top Fuel 9.9 X01 (Zum Test) | Yeti SB115 TURQ3 (Zum Test) | YT IZZO BLAZE 29 (Zum Test)


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Text: Fotos: Diverse