Endurobikes haben sich in den letzten Jahren extrem weiterentwickelt und Ruben Torenbeek war daran aktiv beteiligt. Am Ende konnte ihn jedoch kein Bike eines großen Herstellers überzeugen. Aus diesem Grund startet er jetzt mit seiner eigenen Marke: RAAW Mountain Bikes. Wir haben ihn zu seinem ersten Bike interviewt.
Hi Ruben, wir kennen dich schon seit einiger Zeit, die Leser jedoch nicht. Stell dich kurz vor: Wer bist du, was machst du?
Hi, Ruben Torenbeek, geboren in den Niederlanden und zu Hause im Allgäu/Deutschland. Ich bin Bike Engineer und Product Designer, habe zuletzt bei SCOTT in der Schweiz gearbeitet und mich Anfang 2016 selbstständig gemacht. Nach einigen Freelance-Projekten habe ich mich dann entschieden, eigene Ideen zu verwirklichen, und arbeite seit über einem Jahr Vollzeit am Madonna und der Marke RAAW (hier gehts zu unserem ersten Test des RAAW Madonna).
Wie kamst du auf die Idee, ein eigenes Bike zu bauen?
Es gab einfach sehr viele Ideen, die ich umsetzen wollte. Es war schon immer mein Traum, eigene Produkte zu entwickeln und zu verkaufen. Vor einem Jahr kam dann alles zusammen und ich habe mich entschieden, RAAW zu gründen. Ich möchte mit den RAAW-Bikes zeigen, was mit Aluminium möglich ist. Es gibt in der Bikebranche viele Dogmas, die einfach nicht richtig sind oder überbewertet werden. Die Balance im Rahmendesign, zwischen Geometrie und Hinterbau, wird stark unterschätzt, aber auch die Themen Gewicht und Carbon sind meiner Meinung nach auf dem falschen Weg. Leichter ist nicht immer besser, sicher nicht im Endurobereich. Dafür werden aber die Themen Haltbarkeit und Funktionalität unterschätzt.
Das Thema Haltbarkeit und Zuverlässigkeit scheint bei dir eine große Rolle zu spielen, wie kommt es dazu? War es ein gewisser Frust, der dich dazu bewegte, das Madonna zu bauen?
Das Thema wird einfach völlig unterschätzt. Mittlerweile gibt es kaum Bikes am Markt, bei denen die Lager im Hinterbau eine Saison halten. Es ist traurig, aber Endkunden akzeptieren das irgendwie. Endurobikes werden immer besser, schneller und sie werden auch öfter und härter gefahren. Bikeparks und Shuttle-Locations sind voll mit Endurobikes. Aber nach einer Saison sind die Bikes dann durch. Auch die Performance leidet darunter, wie soll ein Dämpfer gut funktionieren, wenn die Kugellager sich nicht mehr drehen? Ich glaube, es wird sich in der Richtung einiges tun. Die Big Player werden dafür aber noch ein bisschen brauchen.
Mich selbst hat es in den vergangenen Jahren natürlich genervt, dass so oft so viel kaputtgeht, bei mir und bei Freunden. Einerseits hat mich das motiviert, es besser zu machen, andererseits steckt darin auch ein Risiko. Endurobikes werden heutzutage sehr hart gefahren und die Beanspruchung wird einfach immer größer. Absolute Sicherheit gibt es nicht, aber mit dem Madonna wollte ich auf jeden Fall einen Schritt in die richtige Richtung gehen.
Wie erreichst du die verbesserte Haltbarkeit?
Zum einen ist es die Auslegung der Hinterbaudrehpunkte. Die Kugellager sind groß und zusätzlich gedichtet mit einem neuen RAAW-eigenen Design. Zum anderen ist es das Design des Rahmens: die großen Flächen, die Kräfte gut weiterleiten, und beispielsweise die massive Bauweise der Kettenstrebe. Aber auch Details – wie die großzügige Reifenfreiheit und viel Platz für die Schuhe an den Kettenstreben – sorgen dafür, dass das Madonna lange Zeit für den Einsatz bereit ist.
Es gibt mittlerweile so viele Mountainbikes da draußen, was macht das RAAW Madonna besonders und wer sollte es sich kaufen?
Das Madonna ist ein Endurobike für die härtesten Strecken, lässt sich aber richtig gut berghoch treten und geht vorwärts bei Zwischensprints. Die Sitzposition ist sehr zentral, der Antrieb ist effizient und bergab hat das Madonna Reserven, wo andere Bikes am Limit sind. Das Madonna ist also für Jungs und Mädels gemacht, die Bock haben auf Gasgeben.
Beim Hinterbau setzt du auf ein klassisches Viergelenk-System – ein bewährtes Konzept, das bei der Kinematik viele Möglichkeiten bietet. Worauf lag hier dein Schwerpunkt?
Der großer Rockerlink sorgt für ein Übersetzungsverhältnis, das sehr konstant abnimmt und dadurch 20 % Progression erzielt. Auf dem Trail gibt das einfach viel Vertrauen. Der hohe Hauptdrehpunkt sorgt dafür, dass hohe Anti-Squat-Werte erreicht werden, die für einen effizienten Antrieb sorgen. Die Bremse hat am Anfang des Federwegs wenig Einfluss, das sorgt für ein sensibles Ansprechverhalten. Apropos: Das hohe Übersetzungsverhältnis am Anfang des Federwegs und die Kugellager an den Dämpferaufnahmen sorgen dafür, dass der Hinterbau anspricht wie ein DH-Bike mit Coil-Dämpfer, auch wenn ein DPX2-Luftdämpfer verbaut ist.
Das Madonna gibt es ausschließlich als Aluminium-Variante. In Zeiten, in denen fast alles aus Carbon gefertigt wird, setzt du voll auf Metall. Was sind die Gründe?
Aluminium ist ein super Werkstoff und mit dem Madonna möchte ich auch zeigen, was alles möglich ist mit Hydroforming, Forging und CNC-Bearbeitung. Carbon mag seine Berechtigung haben im CC-Bereich, im Endurobereich aber für mich nicht.
Was spricht deiner Meinung nach gegen Carbon?
Nachhaltigkeit, Schlagfestigkeit und Komplexität. Carbon kann nicht vernünftig recycelt werden, das ist nicht zu unterschätzen. Ein anderes großes Problem ist die Fähigkeit, Schläge aufzunehmen bei einem Sturz oder bei herumfliegenden Steinen. Aluminium hält da einfach deutlich mehr aus und würde auch noch mit einer Delle lange funktionieren. Ein anderes Thema ist aber auch die Komplexität der Carbon-Konstruktion. Dieses Thema wird nicht oft angesprochen, weil man logischerweise antworten könnte mit: „Also hast du einfach das Wissen nicht.“ Die Realität ist aber, dass nur ganz wenige Marken das Wissen und die Erfahrung haben, um wirklich zu checken, was in ihrem Carbonrahmen abgeht. Ich würde nicht die Verantwortung tragen wollen für ein Produkt, in dem diese Black Magic steckt. Wenn einen Carbonrahmen, dann von einem Hersteller, der zeigt, wie er das macht, so wie neulich in England ein neues Bike präsentiert wurde (Anm. d. Red.: Es handelt sich um das Hope HB.160). Dann bleiben aber immer noch die Probleme mit der Schlagfestigkeit und der Nachhaltigkeit. Außerdem hat man im schlimmsten Fall sogar ein zu leichtes Endurobike, das langsamer wird, weil es unruhig wird. Bei Cross-Country-Bikes, die von einer sehr guten Beschleunigung abhängig sind, ist das natürlich anders.
Gewicht ist ein gutes Stichwort: Mit 3,6 kg ist dein Rahmen nicht gerade leicht, aber ist er zu schwer? Und hättest du ihn nicht leichter machen können?
Viele Endurorahmen wiegen mehr als 3,5 kg, und auch Carbonrahmen kommen mittlerweile oft auf über 3 kg. Ich glaube aber nicht, dass das schlecht ist. Ein zu leichtes Endurobike wird unruhig. Berghoch und generell beim Treten sind die Antriebseffizienz und die zentrale Sitzposition des Madonna viel wichtiger. Alle, die das Bikes bisher gefahren sind, waren sehr überrascht, wie gut sich das Madonna berghoch fährt.
Können sich geneigte Käufer auch selbst von der Performance überzeugen?
Selbstverständlich gibt es Testevents. Die kann man buchen, um sicher zu sein, einen Platz zu bekommen. Dazu gibt es alle Details auf unserer Website.
Aktuell startet ihr mit einem Frame-Kit aus Aluminium – gibt es noch weitere Pläne?
Nächstes Jahr soll es dann auch Komplettbikes geben und eine kleine Schwester könnte das Madonna auch irgendwann bekommen. Allerdings möchte ich einen Schritt nach dem anderen gehen und nichts überstürzen.
Noch mal kurz und knapp: Warum soll ich mir das RAAW Madonna kaufen?
Ganz kurz und knapp? Weil das Madonna Gas gibt, wo andere Bikes am Limit sind. Es bietet Performance bergab und beim Treten, die Langlebigkeit und die Funktionalität sind auf einem neuen Level und besorgen dir KOMs, Vorsprung vor deinen Freunden und einfach eine richtig gute Zeit auf dem Rad.
Danke für das Interview!
Mehr Inormationen zum RAAW Madonna findet ihr auf der offizeillen Website: raawmtb.com
Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #031
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