Das Santa Cruz Heckler ist das erste E-Mountainbike der Kalifornier. Die Amerikaner haben sich viel Zeit gelassen bei der Entwicklung ihres neuen Bikes und sind damit ganz schön spät zur Party gestoßen, die bereits im vollen Gange ist. Haben sie die extra Zeit genutzt und kann das Rad seinem sehr hohen Preis gerecht werden? Wir haben es getestet.

Santa Cruz Heckler CC X01 Reserve | Shimano STEPS E8000/504 Wh | 160/150 mm | 11.199 € | 21,24 kg in Größe L | Hersteller-Website

Bereits auf dem ersten Blick ist das Heckler trotz seines Motors als ein Santa Cruz zu erkennen. Das E-Mountainbike wurde auf Basis des analogen Erfolgsmodells Bronson entwickelt und setzt wie alle aktuellen Bikes der Kalifornier auf ein VPP-Hinterbausystem, bei dem der Dämpfer tief im Rahmen liegt. Unmotorisierte Bikes bietet Santa Cruz in zwei Carbon-Versionen, einer besonders leichten CC-Variante und einer etwas schwereren und günstigeren C-Version. Das Heckler ist nur mit dem besseren CC-Rahmen erhältlich.

Das Heckler ist nur als CC-Version mit den hochwertigen Santa Cruz-Carbonfasern erhältlich
Das erste E-Mountainbike von Santa Cruz verfügt über 160 mm Federweg in Front und 150 mm am Heck

Das Rad verfügt über 150 mm Federweg am Heck und 160 mm in Front. Santa Cruz setzt ganz bewusst auf 27,5“-Laufräder, da bei der Entwicklung des Bikes der Fahrspaß auf dem Trail ganz besonders im Vordergrund stand. Ebenfalls bewusst fällt die Wahl des Shimano STEPS-Komplettsystems aus. Den Amerikanern ist das weltweit verfügbare Service-Netz von Shimano wichtig. Aus diesem Grund wird das Heckler von einem E8000-Motor angetrieben, der seine Energie von einem integrierten, aber entnehmbaren 504-Wh-Akku erhält. Während viele andere Hersteller bereits größere Akkus im Angebot haben, bietet dies Shimano aktuell noch nicht.

Angetrieben wird das Heckler von einem Shimano E8000-Motor
Die nötige Energie liefert ein integrierter, aber herausnehmbarer 504-Wh-Akku
Auch alle anderen Bauteile des Antriebs wie die Remote, Display, Ladeport und Startknopf sind von Shimano
Dank integriertem Akku ist im Rahmendreieck Platz für einen Flaschenhalter

Die Liebe zum Detail ist eine große Stärke von Santa Cruz – Auch beim Heckler?

Santa Cruz ist seit Jahren für die große Liebe zum Detail bekannt. Auch das Heckler kann hier punkten. So besitzt das Rad an allen wichtigen Stellen große Protektoren, um den Lack zu schützen und Geräusche zu unterdrücken. Die Züge sind im Rahmen gut fixiert, sodass nichts klappert, und die Verschraubungen der Lagerung sind sehr durchdacht und hochwertig. Wie auf alle Rahmen bietet Santa Cruz auch auf das Heckler eine lebenslange Garantie – was bei den schnellen Entwicklungszyklen im E-MTB-Segment aber eher einen psychologischen Effekt hat. Für das Heckler haben die Amerikaner außerdem einen speziellen Lenker und eine Hinterradfelge entwickelt. Am Lenker verlaufen die Kabel des Shimano-Displays und der Remote im Inneren, was zu einer cleanen Optik führt. Am Hinterrad verbaut Santa Cruz eine extra stabile Reserve-DH-Felge. Auch für die eigenen Laufräder gilt eine lebenslange Garantie. Abgerundet wird der Rahmen mit einem integrierten Geschwindigkeitssensor am Ausfallende sowie einer 200-mm-Bremsscheibenaufnahme – hässliche Adapter entfallen hier.

Typisch Santa Cruz besitzt auch das Heckler einen sehr dicken Kettenstrebenschutz – hier klappert nichts!
Ein Adapter ist hier nicht nötig. Der Hinterbau ist direkt für 200 mm große Scheiben konzipiert und auch der Geschwindigkeitssensor sitzt direkt an der Bremsscheibe.
Die Züge sind so verlegt, dass nichts klappert oder scheuert – top!
Für das Hinterrad hat Santa Cruz eine extra stabil konzipierte Carbon-Felge entwickelt. Auf sie gibt es, wie auch auf das Vorderrad und den Rahmen, eine lebenslange Garantie für den Erstbesitzer.
Fürs Heckler hat Santa Cruz einen speziellen Lenker entwickelt. Er besitzt Öffnungen, in denen die Kabel für das Shimano STEPS-System verlegt werden können.
Ein kleines Schutzblech schützt den Dämpfer vor Dreckbeschuss

Keine Schwächen bei der Ausstattung des Santa Cruz Heckler X01 CC

Santa Cruz bietet das Heckler in insgesamt vier Ausstattungsvarianten von 7.499 €–13.399 € an. Wir haben das zweitteuerste Modell getestet. Zugegeben: Bei einem Preis von 11.199 € wäre jede Schwäche bei der Ausstattung ein absolutes No-Go. Santa Cruz hat bei seinem ersten E-Mountainbike aber alle Hausaufgaben gemacht und stattet das Heckler CC in der X01-Version durchdacht und nur mit bewährten Teilen aus. Beim Fahrwerk setzt Santa Cruz auf einen Mix aus einer FOX 36 Performance Elite-Federgabel mit GRIP2-Kartusche und einem RockShox Super Deluxe Ultimate-Dämpfer. Die Schaltung ist eine SRAM X01 mit One-Klick-Hebel und gewohnt großer Übersetzungsbandbreite. SRAM CODE RSC-Bremsen sorgen mit 200 mm großen Bremsscheiben für ausreichend Verzögerung und eine 175 mm lange RockShox Reverb Stealth-Sattelstütze garantiert viel Bewegungsspielraum auf dem Rad. Die Santa Cruz Reserve-Felgen rotieren sich um DT Swiss 350er Naben und sind mit MAXXIS MINION EXO+ Reifen bestückt. Die Naben passen nicht ganz zum hohen Preis, funktionieren aber problemlos. Der Santa Cruz eigene Lenker fällt mit 800 mm sehr breit aus, lässt sich aber auch problemlos kürzen.

Rahmen Carbon CC 27.5 150mm Travel VPP™
Dämpfer RockShox Super Deluxe Select Ultimate
Gabel FOX 36-E Float Performance Elite, 160mm, 27.5″
Bremsen SRAM Code RSC
Antrieb SRAM X01 Eagle, 12 spd
Akku Shimano 504Wh Integrated
Motor Shimano DU-E8000
Display Shimano Display Unit E8000
Sattelstütze RockShox Reverb Stealth
Lenker Santa Cruz Di2 Carbon, 25 mm rise
Vorbau Race Face Aeffect R
Felgen Santa Cruz Reserve 30 V2 27.5″ Carbon Felgen
Naben DT Swiss 350
Reifen Maxxis Minion DHR II, 27.5×2.6 EXO+ TR
Preis 11.199 €

Santa Cruz verzichtet auf die Kashima-Beschichtung, stattet die FOX 36 aber dennoch mit der hochwertigen GRIP2-Kartusche aus. Optisch passt die Federgabel so besser ins Gesamtbild und funktioniert dennoch hervorragend.
Kraftvolle SRAM CODE RSC-Bremsen sorgen für eine ausreichende Verzögerung
Viel Bewegungsspielraum – dank 175 mm Hub hat man als Fahrer viel Platz auf dem Santa Cruz Heckler
Die DT Swiss 350 Nabe funktioniert zuverlässig, allerdings hätten wir uns bei dem hohen Preis eine noch edlere Nabe gewünscht

Ist der Standard Shimano E8000-Motor für das Santa Cruz Heckler mit einem Preis von bei 11.199 € angebracht?

Natürlich darf man ein E-Mountainbike nicht auf seinen Motor reduzieren. Letztlich ist er nur einer von vielen Faktoren, der die Fahr-Performance beeinflusst. Fakt ist aber auch: Er spielt beim Fahrgefühl eine entscheidende Rolle. Sei es durch seine Geräuschkulisse, Charakteristik, Möglichkeiten der Integration oder auch Haptik der verschiedenen Bauteile. Beim Santa Cruz Heckler ist das Gefühl, welches der Motor vermittelt, genau das gleiche, wie bei anderen Rädern, die nur ein Drittel kosten und ebenfalls auf das Shimano-System setzen. Zieht man den Vergleich in die Automobilbranche, wäre es fast so, als würde ein Ferrari mit dem Lenkrad eines Fiat ausgeliefert werden. Klar, das Shimano-System ist bewährt und die Wahl eines Komplettsystem sorgt im Servicefall für eindeutige Zuständigkeiten. Was das Heckler aber nicht bietet, ist das besondere bzw. innovative Gesamtkonzept, wie es z. B. das Specialized Levo besitzt.

Das Shimano-Komplettsystem hinterlässt uns zwiegespalten – auf der Haben-Seite steht der weltweite Service, bei dem hohen Preis hätten wir uns aber ein innovativeres Gesamtkonzept gewünscht!

Leider alles nur Standard – das Shimano System ist bewährt, für ein Bike dieser Preisklasse hätten wir uns aber ein innovatives Gesamtkonzept gewünscht
Größe S M L XL XXL
Sattelrohr 390 405 430 460 500
Oberrohr 572 mm 595 mm 619 mm 650 mm 682 mm
Steuerrohr 110 mm 120 mm 135 mm 150 mm 175 mm
Lenkwinkel 65,5° 65,5° 65,5° 65,5° 65,5°
Sitzwinkel 76,2° 76,1° 76,0° 75,9° 75,4°
Kettenstrebe 445 mm 445 mm 445 mm 445 mm 445 mm
Tretlagerabsenkung 13 mm 13 mm 13 mm 13 mm 13 mm
Radstand 1187 mm 1211 mm 1237 mm 1268 mm 1304 mm
Reach 425 mm 445 mm 465 mm 490 mm 515 mm
Stack 597 mm 606 mm 620 mm 634 mm 655 mm

Santa Cruz Heckler im Test
Wie schlägt es sich auf dem Trail?

Das Heckler beruht auf dem analogen Erfolgsmodell Bronson und soll besonders mit seinem verspielten Charakter und hohen Fahrspaß punkten. Und genau das wollen die Amerikaner unter anderem mit 27,5“-Laufrädern an Front und Heck erreichen. Verglichen zum unmotorisierten Pendant fallen die Kettenstreben des Heckler mit 445 mm deutlich länger aus – doch dazu gleich mehr.

Die Sitzposition auf dem Heckler ist leicht gestreckt und bereits nach wenigen Metern wird klar, dass es sich hier lohnt, den Sattel nach vorn zu schieben, um im Uphill nicht zu weit über dem Hinterrad zu sitzen. Grund dafür ist der gemäßigte Sitzwinkel in Kombination mit einem bewusst niedrig gewählten Anti-Squat-Wert beim Fahrwerk. Dieser Wert beschreibt, wie sehr sich das Fahrwerk unter Kettenzug auseinanderzieht. Ein hoher Anti-Squat führt zu einem sich verhärtenden Fahrwerk, ist er niedriger, hat die Kette weniger Einfluss und der Hinterbau kann mehr Traktion bieten, ist komfortabler, sackt gegebenenfalls aber auch leicht ein. Tatsächlich bietet das Heckler bei technischen Anstiegen über Wurzeln, Steine und andere Unebenheiten sehr viel Grip – top! Insgesamt sitzt man aber bei steilen Sektionen weit hinten im Rad und das Vorderrad muss mit viel Körpereinsatz aktiv am Steigen gehindert werden. Auf der anderen Seite sorgt der gemäßigte Sitzwinkel in Kombination mit dem aktiven Fahrwerk für viel Komfort auf weniger steilen Abschnitten und bei langen Touren. Der Shimano E8000-Motor arbeitet wie gewohnt und überzeugt vor allem im progressiven Trail-Modus. Wenn ihr mehr über den Motor erfahren wollt, lest unseren großen Motoren-Test. Die Akkukapazität fällt mit 504 Wh für heutige Verhältnisse eher mäßig aus. Wer gern lange Touren fährt, sollte gegebenenfalls über die Investition in einen zweiten Akku nachdenken. Dieser lässt sich dank der kompakten Maße gut in einem speziellen Rucksack verstauen.

Bei steilen Anstiegen muss das Vorderrad aktiv belastet und am Boden gehalten werden

Was auf einzelnen langen Touren ein Nachteil sein kann, erweist sich beim Großteil der Ausfahrten als Vorteil. Denn weniger Akkukapazität bedeutet auch weniger Gewicht. Mit 21,24 kg ist das Heckler insgesamt sehr leicht und das merkt man auch beim Handling. Santa Cruz ist es tatsächlich gelungen, ein sehr agiles und verspieltes E-Mountainbike zu schaffen. Im flowigen, nicht zu extremen Gelände weiß das definierte Fahrwerk zu gefallen: Der Hinterbau filtert Unebenheiten nicht super sensibel weg, bietet dennoch gute Traktion und punktet gleichzeitig mit viel Gegenhalt. Das verleiht dem Rad viel Pop und der Input vom Fahrer wird super direkt und präzise umgesetzt. Wer gern mit dem Trail spielt, wird dieses E-Mountainbike lieben.

Das Heckler begeistert mit hoher Agilität und einem sehr lebendigen Fahrwerk
In Kurven ist das Rad super ausgewogen und gutmütig zu fahren

Das Santa Cruz Heckler besitzt einen schmalen Einsatzbereich, begeistert dort aber sehr!

Dank des definierten Fahrwerks und der langen Kettenstreben steht man als Fahrer sehr zentral auf dem Rad und hat in Kurven sehr guten Grip an beiden Laufrädern. Das macht das Heckler einfach und berechenbar zu fahren. Auch weniger versierte Fahrer werden sich hier sehr schnell wohl fühlen. Schnelle Richtungswechsel erledigt das Rad flink und mit geringem Kraftaufwand. Nur um das Rad aufs Hinterrad zu bekommen, muss man ordentlich am Lenker ziehen. Wird das Gelände verblockter und vor allem steiler, sorgt der viele Gegenhalt vom Heck dafür, dass es den Fahrer weit nach vorn schiebt. Gepaart mit dem nicht super sensiblen Hinterbau vermittelt das wenig Sicherheit, wodurch man bewusst Tempo reduziert. Für steile, anspruchsvolle Trails gibt es deutlich potentere und gutmütigere Bikes am Markt.

In steilen und verblockten Sektionen schieben die langen Kettenstreben und der hohe Gegenhalt des Hinterbaus den Fahrer weit nach vorn über den Lenker – das kostet Laufruhe und Selbstvertrauen

Mit dem Santa Cruz Heckler kommen die Amerikaner nicht nur spät zur E-MTB-Party, sondern veranstalten auch kein Feuerwerk auf der Tanzfläche. Die Fahr-Performance ist auf flowigen, gebauten Trails richtig gut, im technischen und steilen Gelände bergauf wie bergab gibt es aber deutlich überzeugendere Bikes als das Heckler. Das Bike ist eine gute Wahl für alle, die nach einem möglichst agilen und verspielten E-MTB suchen. Gemessen am extrem hohen Preis ist der Einsatzbereich aber zu schmal und der Innovationsgrad des Bikes gering. Doch wie so oft sind es nicht nur rationale Gründe, warum wir uns für bestimmte Bikes entscheiden. Und so wird das Heckler sicherlich seine Anhängerschaft unter den Santa Cruz-Fans finden.

Tops

  • sehr agil und leichtfüßig zu fahren
  • hochwertiges Finish und durchdachte Rahmen-Features
  • lebenslange Garantie beruhigt das Gewissen
  • großes Shimano-Service-Netz

Flops

  • sehr hoher Preis
  • bergauf könnte der Sitzwinkel steiler sein
  • kein Bike zum Ballern
  • steigendes Vorderrad im Steilen bergauf

Mehr Informationen findet ihr unter santacruzbicycles.com

Helm Giro Montaro MIPS | Brille Smith Wildcat | Shirt ION Scrub AMP Mesh LS | Short ION Scrub AMP


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