Ausgabe #046 Test

Shimano XT M8100 12-fach-Schaltung im Test – Die fast perfekte Schaltung

Fabrikneue High-End-Schaltungen funktionieren immer tadellos. Deshalb haben wir uns mit dem Dauertest der Shimano XT-Gruppe auch richtig lange Zeit gelassen, um herauszufinden, wie sie sich schlägt. Ist sie nach 14 Monaten ausgeleiert wie eine alte Hostelmatratze oder verwaltet sie ihre 12 Gänge noch immer souverän?

Typisch Shimano gibt es auch bei der neuesten XT-Gruppe das volle Programm: von der Bremse – die wir ebenfalls für euch getestet haben – bis zum Kettenschloss, das es endlich auch in Shimanos Portfolio geschafft hat. Beim Erstkontakt fällt sofort der coole Look von Schaltwerk und hohlgeschmiedeter Kurbel ins Auge. Letztere hat sich bei so manchem harten Bodenkontakt zwar einige Kratzer eingefangen, funktioniert aber nach wie vor auch ganz ohne Schutzvorrichtungen einwandfrei.

Sowohl Shimanos XTR- als auch XT- und SLX-12-fach-Schaltungen verrichten ihre Schaltvorgänge auf nahezu vergleichbar hohem Niveau. Der größte Unterschied zwischen den Komponenten liegt meist im Gewicht und den verbauten Materialien, wie z. B. der Trigger: In dem der XT-Gruppe steckt bereits deutlich mehr Technik als bei der SLX-Gruppe. Denn er verfügt über Multi-Release: kann also mit nur einem Klick zwei Gänge schwerer schalten. Das klingt erst einmal nicht besonders, doch nachdem unser Testchef Felix sich an das Feature gewöhnt hatte, will er es an seinem NICOLAI G1 nicht mehr missen. Nach kurzen Zwischenanstiegen ist die XT-Schaltung so deutlich schneller wieder im richtigen Gang: Wer die Power in den Beinen hat, bekommt sie auf welligen Trails noch besser auf den Boden.

Most underrated feature … ever
Der XT-Trigger verfügt über die Multi-Release-Funktion und kann so mit einer Hebelbetätigung zwei Gänge schwerer schalten. Für den Trail-Einsatz gibt es nichts Besseres!

Die 12-fach XT-Kassette setzt mit ihren 10–51 Zähnen auf 510 % Bandbreite und ist mit 471 g relativ leicht. Möglich machen das die zwei größten Ritzel, die aus Alu gefertigt und obendrein auf einem leichten Alu-Spider befestigt sind. Trotz des weicheren Materials hält sich der Verschleiß der größten Ritzel nach über einem Jahr Dauereinsatz bei allen Wetterbedingungen absolut in Grenzen. Um ausreichend Platz für das kleinste Ritzel auf dem Freilauf zu schaffen, benötigt die XT-Gruppe unbedingt einen MICRO SPLINE-Freilauf. Zu Beginn unseres Dauertests war dieser mit Ausnahme von DT Swiss und Shimano selbst bei vielen Naben-/Laufradherstellern noch schwer zu bekommen. Doch mittlerweile ist er für eine Vielzahl von Systemen erhältlich. Die Steighilfen in der Kassette und die Kette hat Shimano perfekt aufeinander abgestimmt. So kann die XT auch unter Volllast noch extrem sauber und zuverlässig schalten wie kaum ein anderes System am Markt.

Hyper, Hyper …
Gangwechsel in beide Richtungen sind dank der ausgeklügelten Steighilfen auch unter Volllast kein Problem für die XT-Schaltung. Mit keinem anderen System läuft es so reibungslos.
Geht auch ohne
In Sachen Haltbarkeit ist die geschmiedete XT-Kurbel so manchem teuren Carbon-Modell überlegen. Komplett ohne Schutz und Pflege verrichtet sie ihren Dienst nach wie vor tadellos.
Fluch und Segen
Der Shadow+ Mechanismus lässt sich in seiner Härte schnell und einfach einstellen und beruhigt so die Kette enorm. Allerdings ist er sehr empfindlich und bedarf viel Pflege.

Während Kette, Kurbel, Kassette und Trigger der Shimano XT absolut überzeugen können, ist das Schaltwerk das Sorgenkind der Komplettgruppe. Positiv neben dem Look ist vor allem das robuste Design, das auch so manchen Steinkontakt über die 14 Monate lediglich mit einigen Schönheitskratzern überstanden hat. Auch härtere Impacts, bei denen sogar das Schaltauge am G1 gewechselt werden musste, hat es ohne Murren weggesteckt. Das Einstellen der Schaltung ist easy. So erlaubt z. B. eine aufgedruckte Markierung am Käfig die perfekte Einstellung der Umschlingung in Sekundenschnelle. Ebenfalls einfach einzustellen ist die Stärke der Shadow+ Dämpfung, die Kettenschlagen verhindern soll. Unter einer Gummi-Abdeckung versteckt sich die Schraube, mit der die Dämpfung an die Vorlieben angepasst werden kann. Felix hat immer auf viel Dämpfung gesetzt und die Schraube nur zum Nachjustieren genutzt, wenn die Dämpfung nach einiger Zeit nachlässt. Uns sind die Probleme mit der Shadow+ Dämpfung nicht nur bei unserem Langzeittest, sondern auch bei einigen anderen Test-Bikes bekannt. Denn besonders während der ersten Grade Käfig-Rotation lässt die Dämpfung schnell nach. Hier hilft auch der regelmäßige Service, bei dem die Clutch abgeschmiert wird, nicht weiter. Das abschmieren verhindert aber ein weiteres, häufig auftretendes Problem, denn steht das Bike längere Zeit ungenutzt (und ohne Service) kann sich die Clutch festsetzen und den Käfig blockieren.

Die Shimano XT 12-fach-Schaltung überzeugt mit hervorragender Schaltqualität unter Last und einem starken Kompromiss aus Leichtbau und bezahlbarem Preis. Hinzu kommen eine klasse Ergonomie, einfaches Setup und die fast einzigartige Multi-Release-Funktion. Einzig die wartungsintensive Shadow+ Dämpfung trübt den positiven Eindruck: Wir empfehlen das passende Ersatzteil gleich mit zu bestellen.

Tops

  • klasse Schalt-Performance unter Last
  • einfache Installation
  • Multi-Release

Flops

  • Probleme mit der Shadow+ Clutch
  • MICRO-SPLINE Freilaufkörper notwendig

Tester: Felix
Dauer: 14 Monate
Preis: ca. 670 € (inkl. Kurbel)
Gewicht: 471 g Kassette, 277 g Schaltwerk, 643 g Kurbel, 132 g Trigger, 255 g Kette
Mehr Infos bike.shimano.com


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