Yeah, der Winter kommt! Mal wieder so richtig mit Lampe biken, die lange Regenhose zweckgemäß nutzen und nach jeder Fahrt die Dusche einer Grundreinigung unterziehen können. Endlich! Oder halt – sind dunkle Nachmittage, kalte Finger, rutschiges Laub und nasskalter Schlamm in der Hose etwa nichts für euch? Dann ist es wohl an der Zeit, sich verdammt schnell nach einem geeignetem Winterziel umzusehen, um dem hiesigen trostlosen Wetter wenigstens eine Zeit lang entfliehen zu können. Das vor Afrika liegende Madeira verspricht auch im Winter moderate Temperaturen mit viel Sonnenschein und wirbt dazu mit einer beeindruckend großen Anzahl fahrenswerter Trails. Wir haben die Vulkaninsel besucht und können euch nun berichten, ob sich die Reise dorthin wirklich lohnt.

Die direkt aus dem Meer aufsteigenden Steilhänge bieten die besten Voraussetzungen für unzählige Trails aller Schwierigkeitsgrade
Die direkt aus dem Meer aufsteigenden Steilhänge bieten die besten Voraussetzungen für unzählige Trails aller Schwierigkeitsgrade

Schon der Landenflug auf die portugiesische Insel gestaltet sich eindrucksvoll. Die Landebahn zwängt sich, zur Hälfte von riesigen Betonpfeilern getragen, zwischen Meer und Steilküste an das Ufer von Madeira. Eigentlich nicht weiter verwunderlich, schließlich ist ufernahes Flachland hier sehr rar. Rings um die kleine Insel steigen meist keine 100 Meter vom Wasser entfernt steile Berghänge an. Aber was für die Einwohner von Madeira aus landplanerischer Sicht ein häufiger Grund zum Fluchen ist, wird für den winterfliehenden Enduristen zum großen Segen. Die mit kleinen Wanderwegen und Wasserläufen durchzogenen Berghänge bieten das perfekte Gelände für zahlreiche Abfahrten aller Schwierigkeitsgrade. Bis auf über 1800 m erheben sich die Steilhänge, die teilweise in eine flache Hochebene übergehen.
Auf dieser Hochebene lassen sich zwar durchaus auch einige relativ flache und tretintensive Trails finden, die große Stärke von Madeira liegt aber in der Vielfalt der Richtung Meer führenden Abfahrten.

Wer zwischendurch nicht nur bergab seinen Spaß haben will, der wird am ehesten auf den flachen Trails der Hochebene fündig
Wer zwischendurch nicht nur bergab seinen Spaß haben will, der wird am ehesten auf den flachen Trails der Hochebene fündig

Von sanft geneigten Wiesentrails mit viel Flow über episch lange Strecken mit über 1400 Meter Höhenunterschied bis hin zu extrem steilen und technisch schwierigen Downhillstrecken lässt sich hier alles finden, was das Bikerherz höher schlagen lässt. Besonders angetan waren wir auf unseren Abfahrten auch von der sehr schnell wechselnden Vegetation. Die meisten Trails beginnen in offenem, grasigem Gelände, um dann weiter unten durch immer dichter und höher werdende Büsche zu führen. Stellenweise wurden hier richtige Tunnel durch das Unterholz geschlagen um Platz für die Trails zu erschaffen. Noch etwas weiter Richtung Meer geht das Gestrüpp in einen offenen Eukalyptuswald über. Hier haben die Erbauer der Trails wohl auch am meisten Freiraum sich zu verwirklichen und so führen die Trails zwischen den Bäumen immer wieder über künstlich angelegte Anlieger, Sprünge, Drops und kleine Roadgaps.
Am Meer angekommen lässt es sich dann wunderbar bei einem leckeren Poncha entspannen, dem hiesigen Nationalgetränk, bestehend aus Zuckerrohrschnaps, Honig und frisch gepresstem Orangensaft.

Einer der leichteren Abfahrten kurz vor dem Eintauchen in den Eukalyptuswald
Einer der leichteren Abfahrten kurz vor dem Eintauchen in den Eukalyptuswald
Tunnelähnlich führen einige der Trails durch die abwechslungsreiche Flora der Insel
Tunnelähnlich führen einige der Trails durch die abwechslungsreiche Flora der Insel
Zahlreiche natürliche Sprünge und Kanten sorgen für noch mehr Abwechslung auf den Trails
Zahlreiche natürliche Sprünge und Kanten sorgen für noch mehr Abwechslung auf den Trails

Lage und Anreise:

Die 50 mal 20 km große Insel liegt gute 800 km von Marokko entfernt mitten im warmen Golfstrom vor Afrika. Von Deutschland aus fliegt man am besten mit Condor oder der portugiesischen Fluggesellschaft TAP, am günstigsten mit Zwischenstopp in Lissabon. In der Nebensaison sind Hin- und Rückflug ab ca. 190 Euro zu bekommen.

Unterkunft:

Unterkünfte von günstigen Pensionen bis zu großen viersterne Hotels sind an der gesamten Küste problemlos zu finden. Es bietet sich an, entweder in der Hauptstadt Funchal zu wohnen (hier ist am meisten los) oder im Westen der Insel Richtung Jardim do Mar (hier sind einige der besten Trails zu finden).

Währung und Preise:

Madeira gehört zu Portugal und liegt damit in der Eurozone, ihr braucht also kein Geld zu wechseln. Aus deutscher Sicht lässt es sich auf der Insel sehr günstig leben. An der Küste verteilt finden sich zahlreiche Restaurants und Cafés. Für ein Bier muss man hier mit 1,50 Euro rechnen, ein leckeres Sandwich mit Pommes gibt es für 3 Euro und ein dreigängiges Abendessen in einem guten Restaurant ist für 15 Euro zu bekommen.

Trails, Guides und Shutteln:

Halbwegs fahrbare Trails lassen sich mit offenen Augen auf der ganzen Insel finden. Will man aber die besten Abfahrten nicht verpassen und hat keine aktuellen GPS-Daten zur Hand, so kommt man nicht darum herum, bei einem der ansässigen Guidingunternehmen eine geführte Tour zu buchen. Für eine Eintagestour inkl. Guide und Shuttle per Geländewagen sollte man mit mit ca. 70 Euro rechnen.
Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Guidingunternehmen Bikulture gemacht (auf der Homepage könnt ihr euch auch Videos von einigen der Abfahrten anschauen). Dessen Hauptguide Joselino, ein immer gut gelaunter und verdammt sympathischer Biker, hat viele der Trails selbst angelegt und hat jederzeit einen perfekten Überblick über den Zustand der unterschiedlichen Abfahrten.

Die beiden Guides und Trailbauer Joselino und Jérémy kennen die Insel wie ihre Westentasche und begeistern mit ihrer ständig guten Laune
Die beiden Guides und Trailbauer Joselino und Jérémy kennen die Insel wie ihre Westentasche und begeistern mit ihrer ständig guten Laune
Die vielen Seitentäler, die die Insel wir tiefe Schnitte durchziehen, bieten oft grandiose Fernblicke auf die Brandung des felsigen Ufers
Die vielen Seitentäler, die die Insel wir tiefe Schnitte durchziehen, bieten oft grandiose Fernblicke auf die Brandung des felsigen Ufers


Wir finden Madeira definitiv einen Besuch wert. Die Kombination aus angenehmen Temperaturen, moderaten Preisen und genialen Trails lässt die Insel zu einem lohnenden Winterziel werden. Ach ja: Sollte es doch mal regnen, dann werden die Trails schnell rutschig, Schlammreifen also nicht vergessen!

Text: Tobias Döring Bilder: Bikulture


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