Betrachtet man die Eckdaten des Santa Cruz Nomad, so ist dieses Bike vermutlich der Prototyp der modernen Enduro Geometrien. Flache Winkel und fiese Optik – so steht es auf der Wunschliste vieler Bikekäufer ganz weit oben und so verwundert es kaum, dass die erste Charge bereits kurz nach der Markteinführung nur aufgrund des Namens ausverkauft war. Leider war der Besitz eines Nomad nur den betuchtesten Kunden vorbehalten was das kürzlich veröffentlichte, unverschämt teure Nomad CC, das komplett mit ENVE Teilen aufgebaut ist, leider eindrucksvoll bekräftigt. Dies aber soll sich nun ändern, weshalb Santa Cruz nun eine günstigere Version des Nomad auf den Markt bringt. Das Nomad C schickt sich an, in die Fußstapfen des groß(artig)en Nomad CC zu treten – bei annähernd gleicher Performance aber zu einem deutlich kundenfreundlicheren Kurs von umgerechnet ca. 6440,- € (4599,- £).

The Nomad C comes in at a price that is more affordable than you may think
Dieses Nomad ist günstiger als man auf den ersten Blick vermuten möchte.

Im Rahmen unseres großen Enduro Bikevergleichs in Ausgabe #017 hatten wir das Nomad C X01 bereits im Test, wo es uns auf Anhieb begeistern konnte. Einziger Anlaß zu Kritik war der enorm hohe Preis. Als wäre diese Kritik bei Santa Cruz angekommen hat man zwischenzeitlich den Kaufpreis des Bikes um mehr als 1000,- € gesenkt.
Die Preissenkung wurde in erster Linie durch die Verwendung einer weniger hochmodularen Kohlenstofffaser realisiert. Dies sollte sich aber keinesfalls in der Stabilität bemerkbar machen, weshalb man gezwungen war, beim Rahmendesign etwas mehr Material zu verwenden. Nur der jahrelangen Erfahrung in der Verarbeitung des edlen Werkstoffs ist es zu verdanken, dass der Rahmen über das gleiche einteilige Rahmendesign und die interne Kabelführung verfügt, wie das Topmodell, und dabei nur um ca 280g schwerer ist.

The finish of the 'cheaper' carbon frame is beautiful, and we like the matt black style
Der Carbonrahmen des billigeren Nomad C ist ausgezeichnet verarbeitet. Die mattschwarze Optik weiß zu gefallen.
The VPP suspension has a bottomless feel that smooths out big impacts well
Der Federweg des VPP Hinterbaus fühlt sich nach wesentlich mehr an und bügelt selbst gröbste Hindernisse anstandslos weg.
Sizing is still on the small size however, we would suggest sizing up
Der Rahmen des Nomad C fällt eher klein aus. Im Zweifel greift man eher zur nächsten Größe.

Daß es sich bei dem Nomad C um eine Low Budget Version handelt sieht man dem Bike in keinster Weise an. Das mattschwarze Finish lässt an der Verarbeitungsqualität keinerlei Zweifel aufkommen und auch der Rest der Ausstattung kann sich durchaus sehen lassen. Die gemein wirkende Stealth Optik wurde rigoros durchgezogen. Dazu trägt auch die flache Geometrie ihren Teil bei und so lauert das Santa Cruz wie ein Panther, geduckt und doch stets zum Angriff bereit.
Nimmt man auf dem Nomad Platz, so sinkt es ohne spürbares Losbrechmoment bereitwillig in den Federweg. Der Rock Shox Monarch Debon Air im VPP Hinterbau sorgt für gute Performance und der gefühlte Federweg liegt stets über dem Wert, den die nackten Zahlen versprechen. Der 785mm breite Response Lenker von Race Face und das lange Oberrohr zwingen einen förmlich in die Angriffsposition und der Adrenalinspiegel schnellt schon im Stand in die Höhe.

The Rockshox Monarch Plus Debonair offers good damping and we found the VPP produced minimal pedal feedback
Die Kombination aus VPP Hinterbau und Monarch Plus Debonair funktioniert nahezu perfekt.
For a bike this aggressive we would like to have a shorter stem
An einem Bike dieser Ausrichtung erwartet man eigentlich einen kürzeren Vorbau.

Sicher ist das Nomad C nun deutlich günstiger als das Topmodell, aber für ein Bike mit 13,69 kg sind knapp 6500,- € immer noch eine Menge Geld. Glücklicherweise wurde an der Ausstattung kaum gespart. Fahrwerkstechnisch setzt man auf die bewährte und top-funktionelle Kombination aus Monarch Plus DebonAir und Rock Shox Pike. Letztere funktionierte erst nach der Montage zweier Bottomless Tokens wie gewohnt. Bei den übrigen Komponenten sieht es dann schon etwas anders aus, und so konnten wir hauptsächlich die Shimano SLX Bremsen, die billigen Kurbeln sowie den zu langen Vorbau von RaceFace für die Gewichtszunahme ausmachen. Die WTB i23 Laufräder konnten uns zwar auch nicht wirklich begeistern, verrichteten ihren Dienst aber zuverlässig ohne nennenswerte Beschädigungen.

The Rochshox Pike forks worked better when we added two Bottomless tokens
Nach der Installation zweier bottomless Tokens funktionierte die PIKE wie gewohnt.
When sagged the bottom bracket is low, giving exceptional cornering stabilty
Im SAG wandert das Tretlager sehr weit nach unten. Die Folge ist eine enorme Kurvenstabilität.

Dass der Rahmen mit einem Reach von 437,8mm (Gr. L)sehr klein ausfällt sollte nicht unerwähnt bleiben. Käufer die sich zwischen zwei Größen entscheiden müssen, können also beruhigt zum größeren Rahmen greifen. Für ein Bike mit derartigen Ambitionen ist der serienmässig verbaute Vorbau mit seinen 60mm etwas lang geraten. Ein kürzeres Modell erscheint hier deutlich angebrachter und wird dem Einsatzzweck, den der flache Lenkwinkel von 65° markiert, eher gerecht. Dafür sorgt auch das niedrige Tretlager das lediglich 34mm über dem Boden schwebt.

We found the Nomad extremely agile in the turns
In Kurven glänzt das Nomad mit unglaublicher Agilität.
The low bottom bracket allows maximum drive and aggression into bermed corners
Highspeed! Das extrem tiefe Tretlager bringt in Anliegern jede Menge Fahrspaß.

Die flache Geometrie und der daraus resultierende lange Radstand lassen ein eher träges Fahrverhalten erwarten. In der Praxis zeigt sich das Nomad jedoch weniger lethargisch. Vielmehr verbirgt sich hinter dem mattschwarzen Ungetüm ein sehr direktes Bike, mit dem es sich auch ganz manierlich bergauf fahren lässt. Dort zeigt es auch in technischen Kletterpassagen keine Schwächen und behält stets die eingeschlagene Linie bei. Unter Last verhärtet der VPP Hinterbau merklich, was für zusätzlichen Vortrieb sorgt. Dies ist besonders auf langen Anstiegen hilfreich, lässt aber auf allzu losem Untergrund etwas an Traktion vermissen. Als Fahrer sitzt man auf dem Nomad C sehr zentral und bringt so viel Druck auf das Vorderrad. Der steife Rahmen und das straffe Fahrwerk vermitteln ein direktes Fahrgefühl und selbst auf schnellen Passagen wirkt das Bike nie schwammig oder indirekt. Die enorme Kurvenstabilität und den damit einhergehenden Fahrspaß erkauft man sich mit einem sehr tief sitzenden Tretlager. In unseren Augen, trotz zahlreicher Bodenkontakte, ein fairer Preis.

Over rooty or rough ground, the Nomad soaks up the hits well
Auch, wenn man mal ein paar Zentimeter abhebt, fährt sich das Nomad durchaus souverän.
The Nomad teases you to go faster, an exceptionally good descender
Wenn es brenzlig wird, ist auf das Nomad zu 100% Verlass.

Für Leute, die gern bergauf fahren ist ein Bronson oder ein Tall Boy sicher die bessere Wahl. Zwar lässt es sich auch mit dem Nomad gut nach oben kurbeln, doch eigentlich lebt es für die Abfahrt. Wenn man am Scheitelpunkt angelangt ist und sich der Trail wieder talwärts neigt, legt das Nomad alle Hemmungen ab und mutiert zur Bestie. Der VPP Hinterbau fühlt sich nach wesentlich mehr Federweg als die angegebenen 165mm an, und schluckt alles, was sich ihm in den Weg stellt. Das Nomad schreit förmlich danach durch die Kurven geworfen zu werden und man ist ständig versucht, die krassesten Linien zu wählen, was aufgrund der tiefen und kompakten Sitzposition auch selten ein Problem ist. Selbst auf groben Wurzeln oder in verblocktem Felsgelände bleibt das Nomad ruhig und kontrollierbar, stets darauf konzentriert, den vorgegebenen Kurs zu halten. In parkähnlichem Gelände spielt das tief sitzende Tretlager seine Trümpfe aus. Das Bike lässt sich in schnellen Kurven derartig vorspannen, dass es am Kurvenausgang nahezu explosionsartig heraus beschleunigt. Dabei schreckt es auch vor gelegentlichen Sprüngen keinesfalls zurück. Im Gegenteil machen kleinere Lufteinlagen mit dem kompakten Rahmen sehr viel Spaß. Auf Bremst man auf steilen, waschbrettartigen Pisten, wie sie in Bikeparks häufig anzutreffen sind stark ab, so lässt die Hinterbauperformance etwas nach. Der insgesamt ausgezeichneten Schluckfreude des tadellos arbeitenden Hinterbaus tut dies aber kaum einen Abbruch.

The compact rear end makes manuals a breeze, pop and roll
Durch den kompakten Hinterbau werden Manuals zum Kinderspiel.

Fazit

Das Nomad C ist ein hervorragendes Bike, kein Zweifel. Was uns an ihm am Meisten beeindruckt hat, ist seine Wandlungsfähigkeit. Auf Hometrails wie auf langen Touren sehr effizient, stürmt es bergab wie ein wildes Tier. Die aggressive Geometrie und der tiefe Schwerpunkt fordern einen ständig dazu heraus, ans Limit und darüber zu gehen. Selbst Linien, die man im normale Leben nie fahren würde scheinen auf dem Nomad schier harmlos. Trotzdem ist es weit davon entfernt ein reines Downhillgerät zu sein, meistert es doch selbst steile Anstiege mit der Gelassenheit einer Bergziege. Das Nomad C kann (wenn auch geringfügig schwerer) alles, was das teurere CC auch kann. Und das zu einem Preis, mit dem es durchaus mit den Bikes der Direktversender mithalten kann.
Schnell bergauf, noch schneller bergab! Mit dem Nomad C wird dieses Motto ein Stück weit Realität.

Mehr Information zum Nomad C gibt es auf der Santa Cruz Website

Text und Bilder: Trev Worsey


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