Testbericht: Fox 36 Float Factory RC2 2015
Der erste Eindruck und die technischen Features der 1.099 Euro teuren Federgabel wissen zu überzeugen, doch kann die Performance die geweckten Erwartungen auch erfüllen? Auf Tiefenmeter Jagd in Südtirol, sowie diversen Ausfahrten auf unseren Stuttgart Hometrails und dem bayrischen Alpenvorland musste die Gabel beweisen, was sie wirklich kann.
Auf den ersten Metern bemerkt man bereits deutlich, dass die neue Oberflächenbeschichtung ihre Dienste bravourös erledigt. Extrem feinfühlig und sensibel gibt sich die Gabel. Nicht zuletzt auch dank der Steckachsklemmung, welche das Casting nicht (ver-)spannt und entsprechend Reibung reduziert wird.
Mein Grundsetup lautete bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm: 78 PSI, 12 Clicks Low-Speed-Druckstufe, 12 Clicks High-Speed-Druckstufe. 14 Clicks Zugstufe (von geschlossen). Ein Luftvolumenspacer.
Das abwechslungsreiche Terrain in Latsch ist vor allem eines: Anspruchsvoll! Lange, steile Abfahrten, die ständig zwischen Highspeed-Passagen, Stein- und Wurzelfeldern wechseln garniert mit teilweise engen wie schnellen Kurven stellten optimale Testbedingungen dar.
In ruppigen High-Speed-Sektionen bleibt die Fox 36 Float recht hoch im Federweg, gibt sich dabei sehr feinfühlig und schluckfreudig. Gegen Ende des Federwegs tritt eine kaum spürbare, aber starke Endprogression ein, die selbst im härtesten Gelände für circa 1 cm Restfederweg sorgt. Messerscharf und mit chirurgischer Präzision lässt sich die Gabel durch Steinfelder und kniffeliges Terrain navigieren. Das Bike folgt exakt dem Weg der Gabel. Wir sind beeindruckt!
Bei Sprüngen bleibt die Gabel stets definiert und bietet genügend Support im mittleren Federwegsbereich, um ordentlich Druck auf das Vorderrad beim Absprung auszuüben. In steilem Gelände oder beim Anbremsen bleibt die Gabel noch immer recht hoch im Federweg, was die Geometrie konstant hält und für Sicherheit sorgt.
Im Vergleich zur im BMC original verbauten Fox 34 kann es in grenzwertigen Situationen passieren, dass die Fox 36 aufgrund ihrer Steifigkeit etwas früher den Bodenkontakt verliert beziehungsweise springt. Der Steifigkeitsunterschied ist besonders in engen Kurven und bei schnellen Richtungswechseln spürbar. Während die 34 gutmütig durch Kurven fährt und man auch ohne die optimale Körper- und Bikeposition sicher durchkommt, gibt sich die 36 rigoros und fordert etwas Eingewöhnung oder ein erfahrenes Händchen. Insgesamt lässt sich die Fox 36 präziser und aggressiver fahren, vorausgesetzt man weiß was man tut.
Bei kleinen schnell aufeinander folgenden Schlägen wünschten wir uns etwas mehr Feinfühligkeit von Seiten der Dämpfung, um die Vibrationen herauszufiltern. Folglich reduzierten wir die Druck- und Highspeed-Einstellung um jeweils 2 Clicks, was die Sensibilität verbesserte.
Um den vollen Federweg auszunutzen entschlossen wir uns dazu, den Luftvolumen-Spacer aus der Gabel zu entfernen. Gesagt, getan wurden wir (bei gleichem Luftdruck) mit einer etwas lineareren Kennlinie belohnt, wobei wir die vollen Federweg ohne merkliche Durchschläge nutzen konnten.
Wie man die Gabel abstimmt hängt letzten Endes von dem Terrain, der Ausführung (26″, 27.5″ oder 29″) sowie den persönlichen Vorlieben ab. Fakt ist: Mit der RC2-Kartusche und den Volumen-Spacern lässt sich die Gabel sehr gut und ausgiebig abstimmen.
Für den Alltagsgebrauch etwas nervig: Die fehlende Steckachse. Spart zwar 65 Gramm Gewicht, macht das Leben aber im Falle einer Panne oder wenn man das Vorderrad kurz Mal ausbauen möchte, um das Bike ins Auto zu packen, schwerer.
Abschließend stellt sich noch die Frage, wie man die Fox 36 von der 34er-Modellreihe abgrenzen kann, schließlich überschneiden sich die Eckdaten recht stark.
Die steife wie präzise Fox 36 mit RC2-Kartusche verlangt eine erfahrene Hand, um die auftretenden Kräfte auszuhalten. In diesem Sinne ist die Gabel für Racer wie Bikeparkbesucher und in der 180-mm-Version gar für leichte Downhill-Boliden die richtige Wahl, für die die Performance, ein leichtes Gewicht und Steifigkeit die Maxime darstellen. Die RC2-Einstellung bietet viele Optionen und Anpassungsmöglichkeiten für Racer und Fahrer mit gutem technischen Verständnis. Die 36 hat jedoch nicht die On-The-Go-Verstellung CTD (3-stufige Druckstufeneinheit Clim, Trail, Downhill) wie eine 34, welche für den “normalen” Gebrauch vollkommen ausreicht und in der Abstimmung wie Variabilität weitaus einfacher ist. Des Weiteren ist die Steckachse – wie bereits gesagt – im Alltag eher umständlich als hilfreich.
Fazit: Die Fox 36 Float Factory RC2 2015 ist extrem in jederlei Hinsicht. Geile Optik, geiles Gewicht, geile Performance und einfach ein geiles Gerät. Mit 1.099 Euro ist die Fox 36 zwar kein Schnäppchen, bietet aber mit seiner sehr hochwertigen und aufwendigen Technik, sowie durchdachten Features ein geiles Gesamtpaket – vorausgesetzt man kann dieses Monster beherrschen!
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