Wenn dein Hirn dich im Stich lässt – Lorraine Truongs Kampf gegen das Rauschen im Kopf
„Am besten kann ich es so beschreiben: Stell dir vor, du hattest ein tolles Auto mit einem leisen Motor und eines Tages hast du einen Unfall. Das Auto fährt sich immer noch okay, aber der Motor ist jetzt laut, klappert und heult – so fühlt es sich an, mit meinem Kopf zu leben.” -Lorraine Truong.
Als Mountainbiker leben wir mit Verletzungen. Narben hinterlassen Spuren der Erinnerung auf unseren Körpern, sie erzählen von riskanten Lines und falschen Entscheidungen. Die meisten werden mit der Zeit zu Trophäen, die man mit Stolz trägt, doch manchmal manifestieren sie sich tiefer im Inneren, wie ein Dämon im Schatten. BMC-Elite-Fahrerin Lorraine Truong führt nach mehreren Gehirnerschütterungen ihren persönlichen Kampf gegen die lähmenden Auswirkungen eines wiederholten Hirntraumas.
Der 19. Juli 2015. Das war der Tag, an dem sich das Leben der 26-Jährigen auf einen Schlag änderte. Auf einer Stage des EWS-Rennens in Samoens stürzte Lorraine schwer auf den Kopf. Gehirnerschütterungen waren nichts Neues für sie, sie hatte im Lauf ihrer Karriere schon einige erlitten und deshalb war auch ihr erster Gedanke, nachdem man sie vom Berg heruntergebracht hatte: „Kann ich nächste Woche fahren?“ Doch irgendetwas stimmte nicht, ihr Gehirn brannte wie Feuer und der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. Erst drei Tage später, als sie zu einem Arzt ging, der sich als Spezialist mit multiplen Gehirnerschütterungen beschäftigt, begannen die Alarmglocken zu läuten. Sie war „kaputt“, sie hatte ihr Gehirn verletzt und es würde keine schnelle Behandlung geben. Die Reparatur dieser Schäden würde viel Zeit in Anspruch nehmen und eine Umstellung ihres Lebensstils erfordern, kein Biken und auch sonst nicht viel – für eine ehrgeizige Sportlerin eine vernichtende Nachricht.
Das Verständnis von Gehirnerschütterungen in der Medizin steckt noch in den Kinderschuhen und für Lorraine, die Zeitpläne, Struktur und Fortschritte gewohnt ist, war es sehr kräftezehrend, in einen Kampf geworfen zu werden, der voller Verwirrung, Enttäuschungen und Unwägbarkeiten steckt. Aus Tagen wurden Wochen, aus Wochen Monate, aus Monaten ein Jahr, und noch immer ist Lorraine eingesperrt in einer fremdartigen, verwirrenden Welt, in der die Währung Energie heißt und selbst die einfachsten Aufgaben viel davon kosten. Gehen, sich unterhalten, sogar schlafen sind zu gewaltigen Unternehmungen geworden, dort wo Lorraines Kopf, selbst in einem abgedunkelten Raum, ununterbrochen zischt und brummt und Störgeräusche produziert. Lorraines Leben muss jetzt einem ganz einem anderen Tempo folgen.
Racing auf Weltklasse-Niveau stellt per Definition ein Risiko dar. Der Wettkampf wird härter und die kostbaren Sekunden gewinnt man, indem man sein Bikes an die äußerste Grenze des Kontrollierbaren bringt. Damit sind Stürze unvermeidlich. Auf der Jagd nach vergänglichen Karriereoptionen und schwer zu bekommenden Sponsoringverträgen führt eine Haltung von „Reiß dich zusammen“ oder „Solange ich noch racen kann“ dazu, dass immer mehr Fahrer schon wieder an der Startlinie stehen, wenn ihre Verletzungen noch gar nicht ausgeheilt sind. Wir haben uns in unserem Sport schon fast daran gewöhnt, dass Profis eben kommen und gehen, wir akzeptieren Verletzungen als einen Teil des Spiels. Elite-Fahrer zieren nach einem Rennen das Podium und verschwinden im nächsten wegen einer Verletzung, die Medien ziehen weiter zum „Next Big Thing“ und die vergessenen Racer kämpfen am Rande des Geschehens weiter. Auch Gehirnerschütterungen sind gefährlich häufig, doch oft werden sie nicht ernst genommen.
Erst kürzlich informierte ein journalistischer Artikel die MTB-Community über die sehr konkreten Gefahren des Post Concussion Syndrome (PCS) und der chronischen traumatischen Enzephalopathie (CTE), indem er sozusagen die Büchse der Pandora öffnete und erläuterte, dass wiederholte Erschütterungen sehr viel schlimmer sein können, als die Summe der Teile vermuten ließe. Auch wenn der genaue Mechanismus bei einer Gehirnerschütterung oft noch missverstanden wird, sind sich die Experten einig, dass mit jeder weiteren Erschütterung die Auswirkungen exponentiell schädlicher werden – etwa so, als würde man Benzin in einen Schwelbrand gießen. Wiederholte Schädeltraumata führen zu einer strukturellen Veränderung im Gehirn, Stränge von verklumpten Proteinen strangulieren hochsensible Neuronen und führen bei den Betroffenen zu Gedächtnisverlust, Depressionen, Verwirrtheit, Bewegungseinschränkungen und unablässigen Störgeräuschen.
Ich lernte Lorraine zwei Jahre vor dem Unfall kennen, als sie gerade für die EWS in Schottland trainierte. Sofort war ich von ihrer energiegeladenen Persönlichkeit beeindruckt, sie hatte etwas von einem Feuerwerk, eine sprühende Mischung aus Entschlossenheit und augenzwinkernder Lebensfreude. Ihre Skills auf dem Bike zu sehen war die reinste Freude und mit ihrem Talent war sie immer eine Gefahr für die an der Spitze. Als Leistungsträgerin in jeder Hinsicht wuchs sie in einer Akademiker-Familie auf – und brillierte als Spitzensportlerin, während sie gleichzeitig als Ingenieurin bei BMC arbeitete und einen Bachelor in Material- und Ingenieurwissenschaften sowie einen Master in Maschinenbau machte. Doch was wirklich an ihr strahlte, war ihre ansteckende Leidenschaft für Spaß und Schabernack, ihre unbändige, elektrifizierende Energie. Jetzt, über ein Jahr nach ihrem Unfall, sitze ich in ihrem Elternhaus, das aus dem 17. Jahrhundert stammt und in einem verschlafenen Schweizer Dorf steht. Durch die rustikale Küche zieht der Duft des traditionellen Fondues, das ihr Vater gerade zubereitet.
Während Lorraine erzählt, wie ihr Leben jetzt aussieht, erhellen ihr Lächeln und ihre schelmische Art noch immer den Raum, aber ich kann die zermürbende Frustration über ihre Lage spüren und ich sehe, dass jede Minute Konzentration nun an ihren begrenzten Energiereserven zehrt. Ihr Gefühlsausdruck und ihr Humor fließen ganz natürlich, doch hin und wieder verirrt sich ein Gedanke auf der Reise zum Mund, schlägt einen Weg ein, der gerade versperrt ist. Nachdem sie anfänglich alles daran setzte, schnellstmöglich gesund zu werden, hat Lorraine mittlerweile akzeptiert, dass es ein langer Weg sein wird.
Ihre Rückkehr in den Sport ist nach wie vor das Hauptziel, auch wenn es gerade in weiter Ferne liegt. Schon kurze Spaziergänge erschöpfen sie und sind nur mit einem Gehstock möglich. In ihrem Kopf wird das normale Hintergrundbrummen von Gesprächen, Städten, dem alltäglichen Leben, zu einem ohrenbetäubenden Getöse aus Reizen. Helles Licht blendet sie und selbst die einfachsten Aufgaben, Dinge, die wir alle für selbstverständlich halten, sind ihr nicht immer möglich.
Sportlern fällt es schwer, über Schwächen zu sprechen, sich verletzlich zu zeigen, besonders, wenn es um mentale Probleme geht. Bei unserer vierten Tasse Tee erzählt Lorraine, dass einer der schwersten Schritte für sie war, Akzeptanz zu lernen: zu akzeptieren, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass man es nicht verstecken muss, dass es okay ist, Hilfe zu brauchen. Anfangs versuchte sie, ihre Probleme zu verbergen, einerseits um ihren Ängsten zu entkommen, andererseits aber auch, um nicht in eine Schublade gesteckt zu werden oder die Menschen um sie herum zu verschrecken. Das Wort „Hirnverletzung“ weckt bei Menschen Ängste, psychische Probleme sind ein Tabu, darüber wird nur im Flüsterton gesprochen. Von außen betrachtet ist ihre Verletzung unsichtbar und lange Zeit widersetzte Lorraine sich ihr, versteckte sie, indem sie sich betont tapfer und optimistisch gab, etwas vorspielte, Fortschritte erzwingen wollte, bevor sie dafür bereit war. Letztendlich verbrauchte diese Anstrengung nur viel von der kostbaren Energie, die sie so dringend zur Erholung brauchte. Sie wollte keine Sätze hören wie „Du siehst viel besser aus“ oder „Es wird dich am Ende stärker machen“, denn sie war ja glücklich mit ihrem Leben davor, sie war jung und fit und eine begnadete Fahrerin gewesen, und nun war sie dieser Welt entrissen worden – das war unfair, und es tat weh.
Lorraine spricht offen und bereitwillig über das, was ihr durch den Kopf geht, und schrieb diese berührenden ergänzenden Worte: „Es ist ziemlich schwierig für mich, über meine Gefühle zu sprechen, denn die meiste Zeit über versuche ich, nicht allzu tiefgehend darüber nachzudenken, damit ich weitermachen kann. Doch die drei wichtigsten Gefühle, die ich im Moment wohl habe, sind Frustration, Scham und Traurigkeit.
Frustration, weil meine Hirnverletzung dem Grenzen setzt, was ich tun kann, und bestimmt, wie ich es tun muss. Ich kann noch so motiviert und willens sein, wenn mein Hirn nicht bereit ist, muss ich aufgeben. An manchen Tagen bedeutet das, dass mir nur ein paar Minuten Aktivität vergönnt sind. Und selbst wenn ich funktionieren kann, ist alles super anstrengend. Einfach nur präsent zu sein und mich auf etwas zu konzentrieren, ist schon ein Kampf. Meine Gedanken, meine Worte und mein Körper entgleiten mir ständig. Es ist so frustrierend und so zermürbend. Es bringt mich dazu, vor Verzweiflung weinen zu wollen.
Scham, weil ich nicht mehr unabhängig bin. Ich brauche jeden Tag Hilfe, manchmal für so einfache Dinge, dass ich am liebsten im Erdboden verschwinden würde. Ich weiß, dass die Menschen, die sich um mich kümmern, mir gerne helfen, wann immer ich sie brauche. Aber damit klarzukommen, dass ich diese Hilfe brauche, das ist harte Arbeit.
Und schließlich Traurigkeit. Ich bin traurig wegen der Person, die ich war und die ich jetzt nicht mehr bin. Wegen all der Dinge, die mir Freude gemacht haben und die mir durch die Verletzung genommen wurden. Wegen der Träume, die ich gelebt habe oder die zum Greifen nah waren – und wegen all dem, was für mich mit nur einem einzigen, plötzlichen Sturz unerreichbar geworden ist. Ich muss um die Person trauern, die ich einmal war, bevor ich die Person annehmen kann, die ich jetzt bin.
Es war ein sehr langer und schwieriger Weg, zu akzeptieren, dass ich mich binnen weniger Tage von einer Weltklasse-Sportlerin in einen Menschen mit einer Hirnverletzung verwandelt habe. Und dass ich, selbst wenn ich mich richtig anstrenge – und ich habe mich richtig angestrengt –, den Heilungsprozess nicht beschleunigen kann.
Etwa ein Jahr lang habe ich geglaubt, dass das eine Verletzung wie jede andere ist. Dass ich wieder da hinkommen würde, wo ich vorher war – wenn ich nur fest genug daran glaubte und mir wirklich Mühe gab. Aber nun ist mir klar, dass es auf eine gewisse Art nicht so sehr von mir abhängt. Der Kampf gegen eine Hirnverletzung ist ein verlorener Kampf, denn man braucht nun mal das Hirn zum Kämpfen. Das Einzige, was ich also tun kann, ist, das Beste aus dem zu machen, wozu mein Hirn gerade in der Lage ist, und diese Kraft zu nutzen, um weiter voranzukommen.
Wenn ich ehrlich bin, erlebe ich gerade eine sehr dunkle Zeit. Momente, in denen ich mich zu klein, zu schwach, zu nutzlos fühle, um weiterzumachen. In denen ich mich ganz klein zusammenrollen und in Luft auflösen möchte. Aber ich habe eigentlich keine andere Wahl, als weiterzumachen. Auch wenn sich das hart anhört: Entweder ich begehe Selbstmord, damit es aufhört, oder ich gehe damit um, so gut ich kann. Einen anderen Weg gibt es nicht.
Auch wenn es immer noch wehtut, glaube ich, dass ich der Situation jetzt besser gegenübertreten kann, weil ich realistischer bin, was meine Verletzung angeht. Ich träume immer noch davon, mein Leben auf dem Bike zu verbringen. Aber jetzt ist das eher so, wie wenn Fünfjährige davon träumen, Astronaut zu werden. Es könnte wahr werden, aber es könnte auch einfach ein Superhelden-Traum bleiben. Doch egal ob sie später mal Astronauten werden oder nicht, Fünfjährige können den Moment, die Gegenwart genießen. Das ist es, was ich jeden Tag aufs Neue versuche. Ich respektiere mein Gehirn für das, was es kann – zum Beispiel, mir kleine Glücksmomente zu erlauben – und nichts hilft mir dabei mehr, als mich mit Freunden vor Lachen wegzuschmeißen!
Auf meinem bisherigen Weg gab es zwei Leute, die mich inspiriert haben. Ich habe viel an die Geschichte von Jamie Nicoll gedacht. Er hat gezeigt, dass man, selbst wenn man in einem sehr schlechten Zustand ist, an dem Traum festhalten kann, Profi-Fahrer zu sein. Dass es möglich ist. Seine Geschichte war für mich eine enorme Quelle von Hoffnung, sie half mir durch den Schock der ersten Monate hindurch. Nun, wo ich mich mit der Realität meiner Einschränkungen auseinandersetzen muss, hilft es, mich mit dem zu beschäftigen, was Kevin Pearce macht. Auch er musste den Wettkampfsport aufgeben, nachdem er eine Zeitlang an ein Comeback geglaubt hatte. Er musste einen neuen Weg für sein Leben finden und das ist die Reise, die ich gerade antrete.
Seit ich realistischer bin, haben sich meine Erwartungen verändert. Ich weiß jetzt, dass es großartig wäre, einfach nur mit meinen Freunden eine Stunde draußen zu sein, auf dem Bike oder auf den Skiern. Einfach nur das Gefühl zu genießen, in Bewegung zu sein und Spaß zu haben. Außerdem will ich einen Weg finden, um wieder unabhängiger zu leben. Mich eines Tages selbst versorgen zu können, ist für mich einfach wahnsinnig wichtig. Und ich will wieder einen Platz für mich in der Gesellschaft finden, das Gefühl haben, dass ich Teil dieser Welt bin und irgendwie meinen Beitrag leiste. Ich hoffe, dass ich eine Motivation fürs Leben finden kann, die genauso stark ist, wie es das Biken mal war. Bis dahin ist die größte Herausforderung, glücklich zu sein und Spaß zu haben, obwohl ich eine Hirnverletzung habe. Und jede meiner Errungenschaften als das zu sehen, was sie ist. Nicht als einen Schritt auf dem Weg zu etwas anderem, sondern als etwas, das mich an sich schon glücklich macht.
Ich weiß, dass es für Außenstehende nicht leicht ist, mit Hirnverletzungen umzugehen, und dass die meisten Leute gerne helfen würden, aber nicht wissen, wie. Wenn ich ehrlich bin – der beste Weg, Menschen mit Hirnverletzungen Mut zuzusprechen, ist nicht, ihnen zu sagen, dass sie schon viel besser aussehen oder dass sie irgendetwas ganz sicher erreichen werden. Sie wirken vielleicht nach außen hin, als ob alles in Ordnung wäre, aber innerlich kämpfen sie trotzdem die ganze Zeit. Und der Versuch, ihnen auf diese Weise ein gutes Gefühl zu geben, geht deshalb vielleicht nach hinten los und sie fühlen sich erst recht allein und missverstanden. Deshalb ist mein Rat: Stellt euch vor, wie sich das anfühlt, wenn das Hirn einfach nicht richtig funktionieren will, versetzt euch in die Betroffenen hinein und sprecht ihnen so Mut zu.
Ich spüre, dass ich diese Ermutigung wirklich brauche. Ich brauche Leute, die mir zeigen, dass ich nicht vergessen bin und dass ich immer noch irgendwie Teil der Bike-Community bin. Fast immer habe ich das Gefühl, dass ich nicht stark genug bin und dass dieser Kampf zu schwer für mich ist. Deshalb kann ich nicht oft genug hören, dass Menschen hinter mir stehen und dass ich weiterhin mein Bestes geben muss, selbst wenn ich mich nicht danach fühle. Zu den schwierigsten Zeiten gehören die Wochen, in denen Rennen sind. Und wenn mir jemand einfach nur einen Gedanken schickt, zum Beispiel in Form eines geposteten Fotos oder Videos, hat das immense Auswirkungen auf meine Stimmung, auf meine Fähigkeit, mit der Situation zurechtzukommen und den Tank mit positiver Energie aufzufüllen. Eine Hirnverletzung ist ein einsamer Kampf, aber ihr könnt mir das Gefühl geben, dass ich geliebt werde und dass man an mich denkt.“ [Lorraine Truong]
Vor ihrem Unfall funktionierte Lorraine in einer übermenschlichen Geschwindigkeit – jetzt sind selbst außergewöhnlich große Fortschritte immer zu langsam für sie. Sie lernt, auf ihren Körper zu hören, und macht nach und nach Fortschritte, doch der Weg ist lang. Ihre Motivation zieht sie nun aus anderen Dingen – indem sie ihre ermutigenden Erfolge und vernichtenden Enttäuschungen in inspirierenden Beiträgen auf ihrer Website dokumentiert, indem sie sich über die kleinen Momente freut, die uns selbstverständlich scheinen, wie das Lachen mit Freunden, ein Spaziergang mit dem Hund, die Erleichterung, die die guten Tage bringen.
Aber natürlich gibt es Hoffnung. Ihr Mut und ihre Jugend leuchten hell in ihren Augen und auch wenn sie an den dunkleren Tagen oft niedergeschlagen ist, zieht ihre feste Entschlossenheit sie wieder hoch. Lorraines Genesung bemisst sich nicht an Trainingsplänen und Physiotherapiesitzungen, sondern in Geduld, Unsicherheit und Vertrauen. Sie hat sich diesen Kampf nicht ausgesucht, sie hat ihn nicht gewollt, doch sie ist eine Kämpferin und sie wird ihn ausfechten. So sehr ich mir wünsche, schreiben zu können, dass sie „in null Komma nichts wieder da sein“ wird – das wäre respektlos angesichts des schwierigen Wegs, der noch vor ihr liegt. Aber seit ich das Funkeln in ihren Augen gesehen habe, habe ich keinen Zweifel daran, dass sie ihre Ziele erreichen wird.
Lorraines Weg ist ein sehr persönlicher, doch als Community können wir sie unterstützen und aus ihrer Erfahrung lernen. Die MTB-Community weiß bisher sehr wenig über die ganz konkrete Bedrohung, die von wiederholten Gehirnerschütterungen ausgeht, und es ist an der Zeit, dass wir ein Bewusstsein schaffen für die Risiken, denen wir uns unwissentlich aussetzen. Wir müssen die Message verbreiten, dass es NICHT OKAY ist, zu fahren, wenn das Gehirn sich noch nicht erholt hat, dass Ruhe und Genesung mindestens so wichtig sein sollten wie der Wettkampf und mögliche Erfolge. Lasst nie zu, dass eure Freunde nach einem schweren Sturz ihre Gesundheit aufs Spiel setzen und sucht euch Hilfe, wenn ihr euch Sorgen macht, nachdem ihr selbst eine Gehirnerschütterung erlitten habt. Nur wenn wir von mutigen Fahrerinnen und Fahrern wie Lorraine lernen, können wir das schützen, was am wichtigsten ist.
Lorraines Fortschritte könnt ihr auf ihrer Website und auf Instagram unter @lorrainetruong und unter dem Hashtag #mybrainmyrules verfolgen. Hier schreibt sie offen darüber, wie es wirklich ist, mit einer Hirnverletzung klarkommen zu müssen – aus der Sicht von jemandem, der mit dem Lärm lebt. Manchmal braucht man nur die Gewissheit, dass Leute hinter einem stehen. Also lasst uns Lorraine unterstützen!
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