Seit einiger Zeit sind die Bikes der UK-Erfolgsmarke Whyte Bikes auch auf dem europäischen Festland erhältlich und sorgen mit hervorragenden Fahreigenschaften und starkem Preis/Leistungsverhältnis immer wieder für Aufsehen. Jetzt präsentieren die Briten ihren neuesten Geniestreich und wir konnten das brandneue Whyte G-170C 29er bereits testen.

Wenn ihr Rennen fahrt, ist dies das Whyte, auf das ihr gewartet habt. Das neue Whyte G-170C Works 29er vereint ruhiges Handling und Stabilität mit müheloser Geschwindigkeit und gigantischen Federwegsreserven.

Das Whyte G-170C Works 29er im Detail

Was die Bike-Entwicklung angeht, hat Whyte schon immer eine Herangehensweise im Stile der Formel 1 gepflegt. Whyte arbeitet eng mit seinem Rennteam zusammen und unterstützt einen Großteil der Enduro-Rennszene im Vereinigten Königreich. Es ist daher keine Überraschung, dass die meisten Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung nicht nur geschickte Ingenieure sind, sondern sich auch mit Freude für die obersten Plätze im Profibereich abrackern. Das neue Whyte G-170C Works 29er ist ein unmittelbares Resultat dieses durch Rennfahrer geführten Entwicklungsprogramms. Es verschmilzt die atemberaubende Geschwindigkeit der 29”-Laufräder mit Whytes potenter G-170 Plattform, um ein herausragendes Bike zu erschaffen, das für die Jagd auf Podiumsplätze wie gemacht ist.

Die äußerst progressive Kinematik des Hinterbaus passt perfekt zu einem Stahlfeder-Dämpfer. Sie erhöht sich vorhersehbar, aber bestimmt – ideal für die Momente, in denen es erst Vollgas und dann Volltreffer heißt.
SRAM X01 Eagle-Vollausstattung – nice! Die Ausstattung ist irrsinnig gut für diese Preisklasse und Whyte hat damit bewiesen, dass es nicht immer Direktvertrieb sein muss, um großartige Leistung für’s Geld zu erhalten.
200 mm Scheiben an Front und Heck sollten als Standard für waschechte Enduro-Bikes gelten und Whyte macht seine Sache bestens mit den SRAM CODE RSC’s.
Es gibt auf dem Markt momentan keine bessere Federgabel, die RockShox Lyrik RC2 ist ein überragender Performer. Der 42 mm kurze Offset steuert seinen Teil zur stabilen Front des G-170C Works 29er bei.

Ausstattung des Whyte G-170C Works 29er

Federgabel RockShox Lyrik RC2, 29″ 160 mm 42 mm offset
Dämpfer RockShox Super Deluxe RCT Coil 170 mm
Bremsen SRAM Code RSC 200/200 mm
Schaltung SRAM X01 Eagle
Sattelstütze RockShox Reverb Stealth 150 mm
Vorbau Race Face Turbine 32 mm
Lenker Race Face NEXT R, 10mm Rise 800 mm
Reifen Maxxis Minion DHF WT 2.5″/Maxxis Aggressor WT 2.5″
Laufräder Whyte 30 mm Carbon Hookless on Hope Pro 4
Gewicht 15,4 kg (Large)
Preis 6.299 €

Der Fehdehandschuh wurde wahrhaftig auf den Boden geknallt. Whyte hat schon immer hart daran gearbeitet, mit den Supermarken des Direktvertriebs zu konkurrieren, wenn es um das Preis-Leistungs-Verhältnis geht. Aber die Ausstattung des G-170C Works 29er Modells ist weniger ein streitlustig erhobener Zeigefinger als vielmehr ein saftiger Schlag in’s Gesicht. Angefangen mit der überaus einflussreichen Federung – wir glauben, es gibt keine bessere Gabel auf dem Markt als die RockShox Lyrik RC2 160 mm Federgabel, mit einem Offset von 42 mm. Unterstützt wird sie von einem speziell abgestimmten RockShox Super Deluxe Coil RCT, welcher mehr als genug Muskeln hat, um es auch mit den größten Schlägen aufzunehmen. Die SRAM CODE RSC-Bremsen passen perfekt an ein renntaugliches Bike und wurden, kombiniert mit den 200 mm Bremsscheiben an Front und Heck, wohl direkt von der Wunschliste eines jeden Rennfahrers abgelesen. Mit der vollen SRAM X01 Eagle-Gruppe inklusive 170 mm Carbonkurbel, einem 32er Kettenblatt und dem neuen DUB Tretlager, zeigt sich SRAM aktuell in Bestform – und Whyte nutzt das voll und ganz aus.

Whyte verbaut seine hauseigenen, hakenlosen 30 mm breiten Carbonfelgen, mit 28 Speichen. Befestigt sind diese an zuverlässigen Hope Pro 4 Boost-Naben, für eine einfache Wartung. Der Aufbau wird abgerundet von einer RockShox Reverb Stealth 150 mm Teleskopstütze und einem Race Face Next-Cockpit, bestehend aus einem 800 mm Carbonlenker und einem stummeligen 32 mm Vorbau. Das Bike hat sogar fantastische Reifen: Mit einem MAXXIS Minion DHF WT 2.5 EXO 3C an der Front und einem MAXXIS Aggressor WT 2.5 DD am Heck könntet ihr mit diesem Bike direkt aus dem Karton auf einen Spitzenplatz bei einem EWS-Rennen rollen. Chapeau Whyte, Chapeau.

Whytes hauseigene Carbonlaufräder mit 30 mm Innenbreite sind kräftig und steif, selbst in super aggressiven Anliegern gibt es keinen Flex und kein Walgen.
Der an den Rahmen angepasste Unterrohrschutz nimmt dem Trail seinen Schrecken
Das breite Race Face-Cockpit inklusive Lenker mit geringem Rise ist wohlüberlegt und stellt sicher, dass die Front hart durch Kurven gefahren werden kann

Geometrie des Whyte G-170C Works 29er

Größe S M L
Sitzrohr 406 mm 431 mm 457 mm
Oberrohr 585 mm 604 mm 629 mm
Steuerrohr 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 64.3° 64.3° 64.3°
Sitzwinkel 75° 75° 75°
Kettenstreben 435 mm 435 mm 435 mm
Tretlagerhöhe 349 mm 349 mm 349 mm
Radstand 1205 mm 1225 mm 1250 mm
Reach 433 mm 449 mm 469 mm
Stack 624 mm 634 mm 642 mm

Die Geometrie des Whyte G-170C Works 29er ist sehr ähnlich zur 27,5”-Version. Der Lenkwinkel ist mit 64,3° ein wenig flacher (verglichen mit den 65° der 27,5”-Version). Die Höhe des Tretlagers ist mit 349 mm um 19 mm höher als bei dem 27,5” Modell (330 mm), fühlt sich aber niedriger an, als es die Zahlen erahnen lassen. Die Kettenstreben sind auf 435 mm gewachsen, dürften aber noch immer als kurz angesehen werden. Der Stack ist bei Rahmengröße L mit 642 mm fast identisch zu dem seines Bruders in 27,5” (637 mm), aber der Reach ist mit 469 mm ein wenig kürzer. Die Größeneinteilung mutet trotzdem sehr geräumig an und unsere 1,80 – 1,90 m großen Tester haben sich auf den Trails sehr wohlgefühlt.

Das Whyte G-170C Works 29er galoppiert unaufgeregt den Trail hinunter – das Resultat aus großartigem Rahmen und spitzenmäßigen Federungskomponenten

Wie fährt sich das Whyte G-170C Works 29er?

Jeder, der sich ein solches Bike wegen seiner Kletterfähigkeiten kauft, hat nicht wirklich verstanden, worum es bei diesem Bike geht. Allerdings zeigt sich auf dem Trail, dass das Whyte G-170C Works 29er tatsächlich besser klettert, als es ihm eigentlich zusteht. Der Anti-Squat fühlt sich mit dem großen 50er Ritzel der Eagle gut an und die Federung bleibt auf langen Anstiegen sehr ruhig, sogar mit weit geöffneter Druckstufendämpfung und deaktiviertem Climb Switch. Die geschmeidige Stahlfederdämpfung arbeitet aktiv mit und folgt bei kurzen knackigen Antritten bergauf brav dem Untergrund. Am bequemsten empfinden wir es, auf steilen Anstiegen den Sattel ganz nach vorn zu schieben, denn der 75° steile Sitzwinkel könnte ein oder zwei Grad steiler sein. Diese Situation fällt eher bei langbeinigen Testern ins Gewicht, aber insgesamt beeindruckt uns das stämmige Bike mit seinen lebhaften Kletterfähigkeiten – perfekt, um sich den Berg hinaufzuwinden und anschließend herunterzudonnern.

“Das Bike arbeitet sich durch Steinfelder und ignoriert dabei große, kantige Schläge – 29-Zoll Laufräder und 170 mm Federweg bieten in der Tat einiges an Potential für dämliche Linien.”

Das Whyte G-170C Works 29er ist gemacht für Vollgas, ein Bike für Racer oder solche, die es mögen, ihre Kumpels abzuhängen

Bergab lässt diese Maschine für’s Grobe ihre Muskeln spielen und fühlt sich erst bei gesundheitsgefährdenden Geschwindigkeiten so richtig wohl. Arzt oder Apotheker muss man dennoch nicht fragen: Whyte hat sich von seinem linearen Übersetzungsverhältnis verabschiedet und dem G-170C eine sehr progressive Kinematik verpasst, was sich als perfekte Partie für den RockShox Super Deluxe-Stahlfederdämpfer erweist. Die Kennlinie gewinnt am Ende des Federwegs signifikant an Gegenhalt, sodass waghalsige Landungen oder das fullspeed Hinausschießen über das Ziel nie mit Durchschlägen quittiert werden. In Kurven kann das 29er-Modell nicht ganz mit dem irrsinnig flachen Tretlager und dem kompromisslosen Kurvenfahrverhalten des 27,5”-Modells mithalten. Stattdessen belohnt es weichere, von weiter außen angefahrene Linien. Wenn ihr ein 50:01 Wannabe seid, könnten euch die kleineren Laufräder besser gefallen, aber für alle anderen dürfte das 29er schneller sein, und zwar ausgesprochen viel schneller! Sobald der Trail sich öffnet, beginnt ihr, Sekunden gegenüber euren Kumpels gutzumachen. Obwohl wir zwar nicht glauben, dass Gabeln mit kurzem Offset Wunderwaffen sind, trägt die RockShox Lyrik RC2 mit 42 mm Offset sicherlich ihren Teil zur unerschütterlichen und sehr stabilen Lenkung bei. Als Racebike macht das 29er für uns weitaus mehr Sinn, kombiniert mit der progressiven Stahlfederdämpfung und massig Federweg frisst sich das Bike mit Leichtigkeit durch gröbstes Terrain, beschleunigt an Übergängen und vernichtet Wurzelteppiche. Die große Super Deluxe-Stahlfeder kommt selbst im vollblütigen EWS-Terrain kaum in’s Schwitzen und das neutrale und ruhige Handling macht Fahrten bei Höchstgeschwindigkeit zu einer mühelosen Angelegenheit. Somit lässt sich eine höhere Konzentration auf noch mehr Gas und bessere Linienwahl verwenden.

Es gibt an diesem Bike tatsächlich nichts, was wir frisch aus dem Karton ändern würden – wir mögen sogar die Griffe

Doch wie schlägt sich das neue G-170C gegen das kurzhubigere S-150 29er? Durch seine größeren Laufräder kann das S-150 in einem Großteil des Geländes sogar mit dem potenteren 27,5” G-170 mithalten und ist dabei rundum vielseitiger. Das neue G-170C Works 29er Modell klärt nun jede Verwirrung hinsichtlich verschwommener Grenzen auf. Whyte macht keinen Hehl daraus, für wen das G-170C Works 29er gemacht ist: Für den Amateur- oder Profi-Enduro-Racer – und als solches muss es keine faulen Kompromisse eingehen, um ein Allrounder zu sein. Während sich das G-170C Works 29er bergauf besser pedalieren lässt als erwartet, ist es mit seinen riesigen Federwegsreserven ein Bike, mit dem man Risiken eingeht. Es treibt einen härter an, die letzten Millisekunden herauszukitzeln sowie am Limit zu fahren. Die meisten Biker werden in dem S-150 einen deutlich angenehmeren Gefährten für eine Vielzahl an Prüfungen finden, aber für Fahrer, die regelmäßig an Rennen teilnehmen oder die es lieben, sich im Bikepark über Gaps zu katapultieren, ist das G-170C Works 29er das Bike, auf das sie gewartet haben – eine absolute Waffe.

Fazit

Das Whyte G-170C Works 29er ist ein herausragendes Bike, eine reinrassige Rennmaschine, sowohl in der Grundidee als auch in der Ausführung. Es ist ein Bike zum Stehlen von Podiumsplätzen. Für „normales“ Trailbiken wahrscheinlich sogar „zu viel“ Bike, aber wenn ihr die Fähigkeiten habt und vor allem Trails vor eurer Haustür, die zornig genug sind, wird es euch mit totaler Gelassenheit und Geschwindigkeiten belohnen, die eure Augen tränen lassen. Am beeindruckendsten ist dabei, wie es auch hinsichtlich Preis-Leistung in die direkte Konfrontation mit den Besten der Direktvertriebs-Marken geht.

Stärken

– Extrem laufruhig
– Hervorragende Ausstattung

Schwächen

– Sitzwinkel könnte steiler sein


Mehr Infos unter: Whyte Bikes


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