Oben Sakko, unten Jogginghose: Willkommen im Homeoffice! Was noch vor ein paar Jahren kostbare Ausnahme war, wird nun für immer mehr Menschen zur Regel. Aber schöpft ihr eure Möglichkeiten im Homeoffice wirklich aus? Wir sagen euch, wie ihr eure Arbeit erledigen und dabei trotzdem die richtige Work-Ride-Balance finden könnt.

Stellt euch vor, es ist Mittwochmittag, die Sonne strahlt und ihr sitzt nicht gerade wie sonst am Schreibtisch, sondern schlängelt euch völlig frei von allen Sorgen einen italienischen Küstentrail mit phänomenaler Aussicht aufs Meer runter. Wie kann das sein, befinden wir uns im Urlaub? Nein, im Homeoffice! Oder, wie es der innovative Südtiroler Hotelier Klaus vom Hotel Melodia del Bosco plant, vielleicht im Workation statt Vacation?!

Alle Zukunftsprognosen deuten darauf hin, dass mehr Bürotätigkeiten von zu Hause aus erledigt und flexible Home- und Remoteoffices unsere festen Arbeitsplätze im Bürokomplex und Betonbunker ersetzen werden. Damit verändert sich nicht nur das Arbeitsumfeld von vielen von uns, sondern gleich unser gesamter Alltag! Diese Umstellungen bergen Risiken, eröffnen aber auch ungeahnte Möglichkeiten, mehr, besser und zufriedener zu arbeiten, zu leben und natürlich auch zu biken! Seit bereits 10 Jahren setzen wir in unserem Verlag 41 Publishing flexible Arbeitsmodelle um und sind zwischen Home- sowie mobilem Office und zentralem HQ immer wieder neu dabei, die perfekte Work-Ride-Balance zu finden. Mit einem Team von rund 30 talentierten Menschen ist das eine Sache – aber wie ist das im Konzern mit Tausenden Mitarbeitern? Um euch praktische Tipps und die besten Überlebensstrategien für das Homeoffice und das Bike-Leben zusammenzustellen, haben wir uns mit zahlreichen Selbstständigen und Angestellten aus unserem eigenen Arbeitsumfeld unterhalten. Außerdem haben wir mit Sophia Brunold gesprochen, Autorin des Home Office Guide, und Stefan Althoff, dem Personalleiter des Porsche-Entwicklungszentrums Weissach, an dem über 6.500 Mitarbeiter an zukünftigen Fahrzeugprojekten arbeiten.

Kenne deinen Feind – Welche Gefahren lauern im Homeoffice?

Das Homeoffice war bis 2020 in vielen Berufen noch Ausnahme statt Regel. Teils zu Unrecht, teils zu Recht: Manche Berufe kann man schlicht nur vor Ort ausüben. Bei vielen anderen hat es mitunter Vorteile, gemeinsam an einem festen Arbeitsplatz zu sein. Dadurch erhält unser Tagesablauf automatisch eine feste Struktur, gleichzeitig dient das Arbeitsumfeld manchen als Ort der Weiterentwicklung, Sozialisation und Identifikation. Fällt dieser Ort weg, bedeutet das den Verlust von einem Teil der sozialen Kontakte und des persönlichen Austauschs. Vor allem kreative Arbeiten – egal ob Künstler, Ingenieurin, Designer, Strategin oder Berater – brauchen den Austausch, Diskussionen zwischen Tür und Angel, um Ideen weiterzuspinnen und im Kollektiv Lösungen zu finden. Statt sich gemütlich im Pausenraum um die Kaffeemaschine zu versammeln, bleiben einem nur die Gespräche über Webcam mit einer oftmals abgehackten Verbindung – und das ist einfach nicht dasselbe!

Auch Stefan von Porsche sieht hierin eine große Herausforderung: „Als der erste Lockdown kam, haben wir schnell infrastrukturell die technischen Möglichkeiten geschaffen, flächendeckend effizient mobil zu arbeiten. Während die technische Umsetzung sehr schnell gut funktioniert hat, war und ist die soziale Transformation deutlich schwieriger: Es fehlt die ungeplante Begegnung und der Austausch am Rande von Terminen. Beides ist so wichtig für die Zusammenarbeit, weil es Raum für Kreativität und neue Ideen schafft. Gerade in einem Entwicklungszentrum, wo es um Produktentwicklung geht, ist das essenziell. Unsere Teams haben inzwischen gute Möglichkeiten geschaffen, sich virtuell diese Räume zu geben. Dennoch ersetzt das im Ergebnis nicht den persönlichen Kontakt. Zudem ist es für Mitarbeiter oft schwierig, im Homeoffice die Arbeitsumgebung zu haben, die im Büro vorherrscht.“

Das Hamsterrad droht nicht nur im Großraumbüro!

Die Transformation der Arbeitswelt konfrontiert uns mit einem Dilemma: Ja, es stimmt, es kann belasten, wenn man in einer Alltagsroutine festgefahren ist. Es kann aber ebenso belastend sein, die Routinen zu verlieren, die uns bislang Orientierung gegeben und zur Motivation und Arbeitsmoral beigetragen haben. Diese Routinen wurden aufgebrochen oder fallen für manche von uns komplett weg. An ihrer Stelle können sich neue und wenig förderliche Routinen einschleichen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.

Verständlicherweise verlieren viele den Ansporn, sich für die Arbeit von zu Hause aus herzurichten: Duschen? Ach, das kann ich auch morgen. Das muffige Hemd riecht man durch die Webcam nicht und warum sollte ich mich überhaupt umziehen, wenn ich die Webcam eh auslasse? Aus Business-casual wird da schnell mal Shirt und Jogginghose. Dabei sind es genau diese (Morgen-)Rituale, die einem Halt und Struktur geben und eine bestimmte Arbeitshaltung vermitteln. Denn: Unsere innere Haltung spiegelt sich in unserem Äußeren wider und beides beeinflusst sich gegenseitig. Fehlt dieses Bewusstsein für die Bedeutung von Regeln und Strukturen, kann das leicht dazu führen, dass einem im Homeoffice das gesunde und nachhaltige Verhältnis zum eigenen Job verloren geht.

Wo ist der Knopf zum Abschalten? Störfaktoren und die Vermischung von Arbeit und Freizeit

Wenn man keine örtliche Trennung zwischen dem Arbeitsplatz und den eigenen vier Wänden mehr erlebt, fängt oft auch die zeitliche Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit an zu verschwimmen. Die Folge: Man verschleppt den Feierabend bis in die späten Abendstunden oder sogar bis in die Nacht hinein. Statt sich für die Mittagspause auf den Balkon oder an den Esstisch zu setzen, füllt man die letzten freien Ecken des Schreibtisches mit ungesunden Snacks, die man nebenher stumpf in sich rein spachtelt. In extremen Fällen entsteht das Gefühl, ununterbrochen auf der Arbeit zu sein, und eine Frustration über eine vermeintlich zu geringe Produktivität, was sich in zu wenigen Pausen widerspiegelt, in denen man komplett von der Arbeit abschaltet. Diese Gefühle nagen an unserer psychischen und auch physischen Gesundheit und drohen die Work-Life-Balance von bereits durch die Arbeit gestressten Personen endgültig zu kippen.
Darüber hinaus kommen für viele Menschen neue individuelle Aufgaben hinzu, die zur Doppelbelastung und Ablenkung werden. Die Kids sind zu Hause und wollen pausenlos bespaßt und beaufsichtigt werden. Endlose (Video-)Calls werden abgehalten, die richtig Energie ziehen und viel Aufmerksamkeit und Konzentration erfordern. Haltungsbeschwerden, Nacken- und Handgelenkschmerzen treten vermehrt auf, weil wir auf uralten Bürostühlen oder von der Couch aus arbeiten, und keinen ergonomischen Arbeitsplatz wie im Büro zur Verfügung haben. Je nachdem, wo man wohnt, wird man regelmäßig beim Online-Teammeeting von den Straßenerneuerungsarbeiten vor dem Fenster oder dem Paketboten gestört, weil der Nachbar schon wieder nicht sein eigenes Päckchen annehmen kann. Dabei sollten Fokus, Flexibilität und Freiheit ja gerade die Stärken des Homeoffice sein. Bis man sich im Homeoffice so wohlfühlt wie in den eigenen vier Wänden, muss man an vielen externen und internen Stellschrauben mit der Rohrzange und ordentlich Druck anpacken.

Zu Hause bin ich König – Die Chancen im Homeoffice

Da wir im Homeoffice weniger externen Strukturen und gesellschaftlichen Zwängen unterworfen sind, tun wir – unserer Gesundheit, unserer Produktivität und unserer Entwicklung zuliebe – gut daran, aus eigenem Antrieb neue Routinen aufzubauen und durchzuziehen, die unseren Körper und unseren Geist kultivieren. Das Gute daran: Nirgendwo sonst besitzen wir so viel Gestaltungsspielraum und Freiheiten wie zu Hause, um Dinge auszuprobieren, die zu unserem Lebensstil passen und unsere Lebensqualität verbessern können. Denn zu Hause sind wir Könige – oder natürlich Queens!

Sophia, die Gründerin von Buero Uno und Autorin des Home Office Guide, hat eine klare Empfehlung für alle, die von zu Hause arbeiten: Shake that ass!

Aktiv zu bleiben ist eine der besten Möglichkeiten, gleichzeitig Körper und Geist zu kultivieren. Sophias Ratschlag: Schwingt euch für eine kurze Runde auf euer Bike, bevor ihr den Arbeitstag beginnt. Holt euch im Anschluss bei eurem Lieblingsbarista einen Latte-to-go und schenkt ihm ein Lächeln – auch unter der Maske. Damit verschafft ihr euch nicht nur selbst einen guten Start in den Tag und sammelt erste soziale Kontakte, was eine starke Auswirkung auf den Tagesverlauf haben kann, sondern ihr unterstützt auch die Locals. Denn vergesst nicht: Wir sitzen alle im selben Boot. Fehlt euch am Morgen die Muße für jegliche Form von körperlicher Anstrengung, könnt ihr stattdessen am Mittag mit dem Bike euer Essen holen oder direkt einen Lunch-Ride über die Hometrails machen!

Neue Routinen wie diese können zwar einen positiven Einfluss auf die geistige Balance haben. Wichtig dabei ist jedoch, nicht zu viel Druck aufkommen zu lassen und die richtige Erwartungshaltung an den Tag zu legen. Es wird nicht immer möglich sein, morgens oder mittags rauszukommen oder jeden geplanten (Bike-)Termin einzuhalten. Dabei geht es immer um die richtige Balance. Fünfe auch mal gerade sein zu lassen ist genauso eine Kunst wie den Arsch hochzukriegen und aktiv zu werden. Hört dabei immer in euch hinein: Wie fühlt ihr euch? Tut euch das tatsächlich gut? Das Ziel sollte es sein, stetig an kleinen und großen Verbesserungen in unserem Alltag zu arbeiten, die sich Schritt für Schritt aufaddieren. Und irgendwann kommt ihr an den Punkt, an dem ihr merkt: Yes, das hier ist mein eigenes Königreich!

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort – Der Arbeitsplatz und die Arbeitszeit

Wo steht geschrieben, dass man den Begriff Homeoffice wörtlich nehmen muss? Macht aus einem Arbeitsplatz viele Arbeitsplätze. Wenn es der Arbeitgeber zulässt, dann kann eine Mischung aus Home- UND Remoteoffice für eine coole Abwechslung sorgen.
Für Sophia ist folgende Frage zentral: Fühlt ihr euch so, als wäre es mal wieder Zeit für einen Tapetenwechsel? Dann tauscht das Homeoffice doch mal für ein paar Tage mit euren Bike-Buddys. Alternativ könnt ihr bei eurem besten Freund auf der Couch campieren oder euch bei Freunden einen geteilten (Home-)Office-Space einrichten: Packt euren Laptop ein und macht das fremde Wohnzimmer zu eurer Kommandozentrale und die Küche zur Kantine, in der man sich zum Kaffee trifft.

Habt ihr euch schon mal darüber Gedanken gemacht, was ihr bräuchtet, um von den besten Bike-Spots der Welt aus zu arbeiten? Die Antwort könnte euch überraschen. In vielen Fällen benötigt es nicht viel mehr als einen Laptop und eine Internetverbindung. Warum also sollte man sich jeden Tag für das gleiche Office entscheiden? Schaut euch nach Orten um, die euch gefallen, das Café am Spot oder am Ende des Trails, vielleicht bei den Liebsten oder in der gut ausgestatteten Bike-Werkstatt, wo ihr in der Mittagspause eurem Bike gleich den längst überfälligen Dämpfer-Service verpassen könnt. Besitzt ihr einen Van oder kennt jemanden, der euch seinen Van leiht? Mehr müssen wir dazu wohl nicht sagen. Lasst eurer Vorstellungskraft freien Lauf, eure Work-Ride-Balance wird es euch danken! Ganz wichtig jedoch: Nehmt euch nicht zu viel vor und bleibt realistisch bei dem, was ihr arbeiten könnt – andernfalls kann es schnell sehr stressig werden. Schließlich bedeuten neue Orte meist auch Ablenkung.

Workation

Der innovative Hotelier Klaus Irsara hat die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsplätzen sowie die aktuellen Herausforderungen touristischer Reisen ebenfalls erkannt und bietet seinen Gästen im Hotel Melodia del Bosco in den Dolomiten einen Workation-Aufenthalt an. Das Hotel ermöglicht es, die Arbeit mit dem Urlaub zu verknüpfen. Was auf den ersten Blick paradox erscheint, ist bei genauerer Betrachtung eine tolle Gelegenheit für etwas Homeoffice-Abwechslung. Für die Gäste sind spezielle Arbeits- und Konferenzräume und das passende Office-Equipment wie Drucker vorhanden. Zusätzlich stehen spezielle Early-Morning-Hikes und Workout-Rides während der Woche sowie All-Day-Rides am Wochenende auf dem Programm. Wenn euch der Gedanke reizt, von einem Hotel aus zu arbeiten, besucht doch mal die Website des Melodia del Bosco-Bike-Hotels in den Dolomiten. Dort findet ihr Angebote für einen Workation-Aufenthalt, der sich sowohl an Mountainbiker als auch an Road- und Gravel-Biker richtet.

Falls euch die Decke zu Hause auf den Kopf fällt – auch dort kann man für Abwechslung sorgen!

Sind diese Alternativen für euch gerade nicht greifbar, dann verschafft euch mit der passenden Playlist in eurem Homeoffice etwas Abwechslung. Sophia rät dazu, das eigene Arbeitsumfeld mit Dingen zu gestalten, die nur gute Vibes ausstrahlen. Zur richtigen Atmosphäre trägt auch die passende Arbeitskleidung bei: „Dress to impress (yourself)!“ lautet hier die Devise. Im Homeoffice kann man die Chance nutzen, alle Modesünden im Kleiderschrank auszuprobieren, die selbst für den Casual Friday im Office zu casual sind. Jetzt ist die beste Gelegenheit, um endlich mal das Hawaiihemd oder Rockfestival-Shirt aus dem Schrank zu holen und beim Arbeiten zu tragen! Nie verkehrt ist die Kombo aus Lieblingsjersey und bequemer Bike-Shorts, das spart Zeit beim Umziehen, wenn man auf den Feierabend-Ride startet oder einen schnellen Lunch-Ride plant. Wohnt man am richtigen Ort, kann eine Stunde schon mehr als genügen!

Homeoffice-Mullet: Business on top, party on the bottom!

Die Gestaltung der Arbeitszeit wird durch das Homeoffice ebenfalls deutlich aufgelockert. Fragt euch dazu, was eurer Arbeit, euch selbst und eurem Chef wirklich mehr nutzt und sprecht euch – ein vertrauensvolles Verhältnis vorausgesetzt – mit euren Kollegen oder der Chefin ab. Zählen die Präsenz und die Verfügbarkeit mehr als Resultate? Denn ist die Erwartungshaltung klar, kann man sie auch erfüllen! Porsche hat beispielsweise den Gleitzeitrahmen auf 6.30 Uhr bis 22 Uhr verlängert, um höchstmögliche Flexibilität für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Die große Frage lautet: Was ist, wenn man das Bike ebenfalls als Familienmitglied betrachtet (ihr werdet uns zustimmen!) und es eben auch Zeit, Aufmerksamkeit und Liebe braucht?!

Die Arbeitsform der Zukunft, zumindest bei Porsche,…
…wird ein hybrides Arbeiten sein.

Wichtig ist: Schafft euch im Homeoffice fokussierte Arbeitszeiten, in denen ihr euch nicht von Instagram, Tinder, Netflix oder eurer Wäsche ablenken lasst. Das erzeugt klare Strukturen im Alltag und hilft euch bei Verbindlichkeiten, Deadlines und Terminen. Gleichzeitig schafft es auch Freiräume für Pausen. Denn erst die Disziplin ermöglicht euch am Ende des Tages – oder zwischendrin – zahlreiche Freiheiten! Egal ob im Büro oder im Homeoffice, es macht Sinn, Meetings und Arbeitsphasen so zu planen, dass man regelmäßig und pünktlich Pausen einlegen kann. Das ist extrem wichtig, denn ineinander übergehende Meetings schlauchen ungemein! Besagte Pausen sollten dann auch konsequent zum Energieauftanken genutzt werden. Sind sie lang genug, dann gerne raus in die Natur – z. B. zur Lunch-Break oder zum Lunch-Ride, vielleicht sogar beides in Kombi? Natürlich gilt immer: Von Arbeitgeber zu Arbeitgeber sind die Rahmenbedingungen unterschiedlich und sollten im Zweifel stets abgeklärt werden. Lässt eure Terminplanung keinen Lunch-Ride zu, könnt ihr von einem weiteren Nebeneffekt des Homeoffice profitieren. Verleiht dem Begriff Rushhour eine neue Bedeutung und erklärt die Zeit, die ihr bisher zum Pendeln nach der Arbeit gebraucht habt, zur Bike-Rushhour auf dem Trail. Immerhin müsst ihr jetzt ja nicht mehr darauf warten, bis ihr zu Hause seid, um euren Afterwork-Ride zu starten. Werdet ihr von eurer besseren Hälfte oder den Kleinen zu Hause stark vereinnahmt, ist es wichtig, sich als Familie gegenseitig zu unterstützen und gelegentlich auch den Rücken freizuhalten, getreu dem Motto: „Wenn es mir gut geht, kann ich auch besser zu euch sein.“ Eine kleine Bike-Tour durch den Wald kann wahre Wunder bewirken! Das weiß auch Stefan: „Ich selbst versuche, jede freie Minute draußen zu verbringen. Entweder gehe ich mit dem Hund joggen, spazieren oder ich schwinge mich, wenn mehr Zeit ist, auf mein E-MTB für eine schnelle Runde auf den zahlreichen Trails rund um Stuttgart!“

Wie werden wir in Zukunft arbeiten?

Die Zukunft entsteht im Heute und die richtige Strategie bemisst sich aus dem ständigen Kreislauf aus dem, was ist, und dem, was sein soll. Wir haben Stefan danach gefragt, wie Porsche mit den Veränderungen der Arbeitswelt umgeht und welches Konzept der Konzern verfolgt, damit sich seine Mitarbeiter im Homeoffice genauso wohlfühlen können wie am gewohnten Arbeitsplatz.

Viele haben sich eingangs gefreut, deutlich mehr von zuhause effizient arbeiten zu können. Mittlerweile ist jedoch bei fast allen der Wunsch groß, wieder ins gewohnte Arbeitsumfeld mit den Kolleginnen und Kollegen zurückzukehren – zumindest schwerpunktmäßig. Andererseits wollen wir natürlich die positiven Errungenschaften beibehalten, etwa virtuelle Meetings. Insofern wird die Arbeitsform der Zukunft, zumindest bei Porsche, ein hybrides Arbeiten sein.

Während uns die Corona-Pandemie praktisch dazu gezwungen hat, mobiles Arbeiten nochmals deutlich auszuweiten, nutzen wir die Vorzüge künftig unter der Überschrift „New Work“ noch gezielter. Denn wir sind überzeugt, dass wir durch einen intelligenten Mix insgesamt noch produktiver und effizienter werden. Und natürlich, das darf man nicht vergessen, zahlt es auch auf die Attraktivität als Arbeitgeber ein. Wichtig ist aber, dass wir entsprechende Leitplanken definieren. Hierzu haben wir ein sogenanntes „Kochbuch“ für virtuelles Arbeiten entwickelt. Das Kochbuch beschreibt nicht nur die Leitplanken. Es vermittelt auch Ideen und benennt Best-Practice-Beispiele für eine effektive virtuelle Zusammenarbeit. Da die Arbeitsbereiche unterschiedliche Voraussetzungen haben, umfasst das Kochbuch zahlreiche „Rezepte“. Denn auch das zeichnet Porsche seit jeher aus: Wir arbeiten nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern wir schauen uns – wie in diesem Fall – genau an, wie die jeweiligen Teams ihre virtuelle Zusammenarbeit bestmöglich gestalten. Durch die zunehmende virtuelle Arbeit verändert sich natürlich auch das Arbeitsumfeld.

In Pilotbereichen weichen wir bereits vom herkömmlichen Bürostandard Einzel- oder Großraumbüro ab. Es werden Flächen geschaffen, in denen der Einzelne nicht mehr seinen zugewiesenen, eigenen Arbeitsplatz hat. Vielmehr stehen je nach Arbeitssituation Projektflächen zum kreativen Arbeiten, Gruppenräume oder Rückzugsorte zum stillen Arbeiten zur Verfügung. Wir begleiten diesen Change Prozess intensiv. Denn es reicht nicht aus, das Mobiliar zu tauschen. Vielmehr ist es zwingend erforderlich, das Arbeitsverhalten zu verändern und dazu gemeinsame Spielregeln aufzustellen.

Während die strukturellen Veränderungen für die Konzernwelt eine wahre Mammutaufgabe darstellen, kann jeder Einzelne von uns viel selbst tun, um den Wandel – egal ob Start-up oder Konzern – möglichst reibungslos zu vollziehen.

ENDURO Best Practice – Unsere persönlichen Tipps und Hacks!

Wie sich euer Homeoffice gestaltet, hängt stark von eurer Lebenssituation ab, ob ihr als Single die Welt bereist oder als Familienmensch mit Kindern in eurer Family voll und ganz aufgeht. Da wir nicht für euch alle sprechen können, haben wir einen zentralen, allgemeingültigen Tipp aus der Redaktion sowie persönliche Tipps und Hacks von Julian, Jonas und Robin für euch!

Tipp aus der ENDURO-Redaktion: Erwartungshaltungen und die richtige Kommunikation
Stress und Frustration entstehen vor allem dort, wo unterschiedliche Erwartungshaltungen nicht kommuniziert und geklärt werden. Darum klärt im Vorfeld in einem Gespräch mit den Kollegen und Chefs, was die Erwartungshaltungen der einzelnen Parteien sind. Habt in diesem Gespräch nicht nur eure eigenen Wünsche im Fokus, sondern zieht auch den Mehrwert für das Unternehmen und alle Beteiligten in Betracht. Checkt, zu welchen Zeiten ihr verfügbar sein müsst und in welchen Abständen man mit Reaktionen von euch auf Anfragen rechnet. Damit vermeidet ihr im Vorfeld, dass Stress aufkommt, wenn ein Kollege ein dringendes Anliegen hat und euch nicht erreichen kann. Mit dem richtigen Fair Play im Umgang mit Kollegen können alle Seiten durch die Arbeit von zu Hause profitieren, ohne zu große Kompromisse durch die fehlende Präsenz eingehen zu müssen. Zusätzlicher Bonus: Durch die offene Kommunikation und die richtige Planung bleibt euch das große Smartphone im Hip Bag erspart, mit dem ihr sonst die pausenlose Erreichbarkeit sicherstellen müsstet.

Julian wohnt und arbeitet in Lissabon im Homeoffice oder mobil im Bulli

Tipp von Julian, Art Director:
Gerade in diesen Zeiten ist es für mich wichtig, dass mir nicht die Decke auf den Kopf fällt. Mein Job erfordert, konstant inspiriert zu sein. Gerade wohne ich in Portugal, schnappe mir hier oft spontan den Bulli und fahr ins Grüne hinaus oder entdecke neue Städte und Orte. Layouten und Illustrationen lassen sich jedoch nicht von der Rücksitzbank aus fertigen. Ich spreche mich also immer eng mit meinem Team ab, damit die schnelleren bzw. organisatorischen Aufgaben unterwegs erledigt werden können. Die zeitintensiven Arbeiten werden dann zu Hause oder in Ferienwohnungen gefertigt. Meine Dos und Don’ts sind:

DONT’S

  • Vermeidet es, unterwegs zu sein, wenn die Arbeit in die Hochphase geht. Das stresst euch doppelt, weil es sich mit viel Arbeit im Rücken schlechter genießen und entspannen lässt!
  • Auf Dauer in gekrümmter Sitzposition im Auto zu arbeiten ist ein No-Go.
  • Arbeit aufschieben und dann müde vor dem Schlafengehen rackern – damit tut ihr euch keinen Gefallen.

DOS

  • Habt immer genug Strom dabei
  • Plant eure Route so, dass ihr im Falle eines Falles schnell reagieren und arbeiten könnt. Funklöcher sind für viele Tätigkeiten Arbeitskiller, genauso wie Cafés ohne WLAN. Wenn ihr das Handy als Hotspot nutzt, ist 4G-Empfang das Minimum.
  • Mit der richtigen Selbstdisziplin schafft ihr euch Freiheiten. Ich schätze den Zeitaufwand für meine Aufgaben ab und plane die Zeit dafür fest ein. Erst wenn die Arbeit erledigt ist, starte ich in die Abenteuer des Tages.
  • Haltet immer nach ruhigen Ecken in Hostels, Airbnbs und Hotels Ausschau.

Tipp von Jonas, Redakteur und Papa im Homeoffice:
Klar, Homeoffice mit einem kleinen Kind zu Hause kann anstrengend sein. Geschrei und Unverständnis der Kleinen, warum Papa oder Mama zwar zu Hause sind, aber trotzdem keine Zeit zum Spielen haben, kommen schon mal vor. Aber es gibt auch unschätzbare Vorteile! Kein Elternteil ist mehr dazu gezwungen, auf der Arbeit festzusitzen und zu verpassen, wie die Kleinen laufen lernen oder das erste Wort sagen. Und sind wir doch mal ehrlich: Jeden Tag macht ein kleines Kind Entwicklungsschritte, die kein Elternteil verpassen will! Ohne Homeoffice war das aber bislang schlichtweg unmöglich, denn mindestens ein Elternteil war meist auf der Arbeit. Und wenn es doch mal zu viel wird in den eigenen vier Wänden: Ganz einfach, ab aufs Bike*! Und zwar mit den Kleinen! Das ist nicht nur gut für euch, sondern für alle. Family-Rides in der Mittagspause sorgen für die richtige Balance im Alltag, Job und in der Familie.

*Ergänzung eines Kollegen, der ungenannt bleiben möchte: „Ganz einfach, ab ins Office – und zwar alleine!“

Tipp von Robin, ENDURO-Gründer:
Zufriedenheit entsteht, wenn man im Einklang mit seinen Bedürfnissen, Ansprüchen und Zielen lebt bzw. arbeitet und sie erfüllt. Dafür braucht es erst einmal Klarheit: Wie will und wie kann ich arbeiten? Was bringt mir Energie, Inspiration und Begeisterung? Was zieht mich runter oder kostet unnötig Energie? Erst wenn man sich dahingehend selbst versteht, kann man beginnen, sich das richtige Umfeld zu schaffen, damit man (fast) jeden Tag mit Begeisterung, Elan und Vorfreude aufsteht und sagt: „Yes, geil! Ich bin bereit und hab Bock auf das, was der Tag mir heute bringt!“ Das Investment in ein richtiges Umfeld kann viel Energie und Aufwand kosten, zahlt sich mittelfristig aber unglaublich aus. Auf unseren Vergleichstests versuchen wir genau das gleiche Prinzip anzuwenden. Das letzte Mal erst vor Kurzem, als wir für zwei Wochen auf einem Landgut in der Toskana waren, um Bikes zu testen. Denn das richtige Umfeld beeinflusst enorm, wie wir uns fühlen und wie wir uns entwickeln können! Und damit meine ich nicht nur einen bequemen Bürostuhl, sondern vor allem die eigene Arbeitsmoral und natürlich auch das Miteinander im Team!

Robin wohnt im Office. Sein Home ist das Office.

Egal ob im Office oder auf Reisen: Ich versuche die Energiespender in meinen Tagesablauf einzubauen und zu Routinen werden zu lassen und die Energie-Sucker zu vermeiden. Hier hilft es, am Abend den Tag kurz Revue passieren zu lassen und zu analysieren: Welche Energiespender konnte ich umsetzen, welche Energie-Sucker habe ich zugelassen und warum konnte ich sie nicht ausschalten?

Meine Arbeit teile ich in Sprints ein und zwinge mich zu Pausen. Damit schaffe ich mir mehr Fokus und bin deutlich effektiver. Dazu gehört, Zeit zur Regeneration einzuplanen. Was für Raucher die Kippenpause ist, kann prinzipiell alles Mögliche sein, das die Tätigkeit vor allem auch mental unterbricht und dem man sich voll und ganz widmen kann. Bei mir wäre das z. B. mittags eine Kleinigkeit zu kochen oder Tee zu machen, frische Luft zu schnappen bei einem Spaziergang um den Block ohne Ziel und Eile. Manchmal hilft eine kalte Dusche statt dem üblichen Kaffee. „Go with the flow“ bedeutet für mich und meine kreative Arbeit: Wenn ich einen Einfall habe und merke, dass es gerade läuft, nehme ich den Drive mit – egal ob ich nachts im Bett liege, gerade dusche oder auf dem Bike unterwegs bin. Wenn man sich gut genug kennt, merkt man, wann man fit ist und wann man lediglich die Arbeitszeit absitzt. Läuft es gerade nicht, versuche ich den Druck rauszunehmen und mich zu sammeln. Der Grund ist ganz einfach: Was du machst, wenn du nicht bei der Sache bist oder es dir scheiße geht, ist meistens auch scheiße!

Noch nicht genug Tipps?
In Sophias empfehlenswerten Home Office Guide findet ihr eine Anleitung für das Büro zu Hause und auch für viele anderen Lebenslagen, wie man Störfaktoren aus dem Weg räumt und die richtige Inspiration für ein offenes Mindset findet. Den Home Office Guide könnt ihr euch hier bestellen!

Auch wir haben euch hier einige Denkanstöße geliefert, aber jetzt seid ihr gefragt: Fangt an zu träumen und malt euch aus, was ihr zum Glücklichsein braucht! Wie sieht euer perfektes Homeoffice aus, was braucht ihr dafür und welche Möglichkeiten habt ihr, dort hinzukommen? Lasst euch gerne von anderen inspirieren, aber versucht nicht jemanden zu imitieren, der ihr nicht seid. Niemand sonst kennt euch und euren Lebensstil so gut wie ihr selbst und kann für euch die richtigen Entscheidungen treffen. Lasst eurer Kreativität freien Lauf und macht euch selbst zum Original.

Das Homeoffice kann Fluch und Segen sein – was wir draus machen, liegt an uns! Veränderungen bieten immer Chancen, wir müssen sie nur erkennen und tatsächlich ergreifen, statt nur davon zu träumen. Mit der richtigen Portion Selbstinitiative, Disziplin und Flexibilität können wir unser (Arbeits-)Leben auf die nächste Stufe heben und sie vielleicht tatsächlich finden, die perfekte Ride-Work-Balance. In diesem Sinne: Egal ob von zu Hause, aus dem Bulli oder im Office – ran an die Arbeit!

Was sind eure Work-Ride-Balance-Erfahrungen im Homeoffice? Was sind eure Highlights und Lifeh-Hacks, was eure größten Herausforderungen? Schreibt uns und schickt uns Bilder von euch, eurem Remoteoffice oder Lifehacks an homeoffice@enduro-mtb.com
PS: Bitte lasst die Unterhosenbilder auf eurem Handy! Davon haben wir selbst schon genug!


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Text: Rudolf Fischer, Robin Schmitt Fotos: Diverse