Aller guten Dinge sind 3 – heißt es doch so schön, und das dachte sich Yeti auch bei der diesjährigen Bike-Vorstellung. So folgt auf die neuen SB160 und SB120 nun die goldene Mitte – das ebenfalls neue SB140. Es setzt zwar auf die gleichen Neuerungen wie seine Geschwister, trumpft jedoch nicht mit mehr Federweg, sondern größeren Laufrädern auf und könnte für viele damit das perfekte Do-it-All-Bike sein.

Yeti SB140 TLR T3 2023 | 160/140 mm (v/h) | 14,1 kg (Hersteller-Angabe) kg in Größe XL | 29″ | $ 10,200 | Hersteller-Website

Nachdem in den letzten 7 Tagen bereits das neue Yeti SB160 und SB120 vorgestellt wurden, kommt nun das dritte und vorerst letzte Bike der Kultmarke aus Colorado in diesem Jahr, welches denselben Entwicklungsansatz wie seine beiden Vorgänger verfolgt und dadurch auch eine Menge Gemeinsamkeiten besitzt. Doch fangen wir ganz vorne an:

Die Idee des neuen Yeti SB140 2023 ist keine vollkommene Neuentwicklung, vielmehr eine Verbesserung der bisherigen Basis. Im Vergleich zum SB160 und SB120 erhält es allerdings nicht ein Plus an Federweg, sondern setzt auf größere 29“ Laufräder anstelle der 27,5er seines Vorgängers. Doch keine Sorge: Im Fall des SB140 wird dieser nicht ersetzt. Im Gegenteil, der Vorgänger des aktuellen SB140 bleibt im Yeti-Programm, sodass Fans der kleinen Laufräder weiterhin auf ihre Kosten kommen. Auch die Einteilung der Kategorie – Yeti unterscheidet bekanntermaßen zwischen Rip- und Race-Modellen – bleibt, und das SB140 ist nach wie vor als absolute Spaßmaschine und nicht als Race-Bike konzipiert. Zudem wird es wie gewohnt eine sogenannte „Lunch Ride“-Ausführung geben, die mit 10 mm mehr Federweg an der Front – sprich 160 mm – und einer abfahrtslastigeren Ausstattung versehen ist. Der Federweg am Heck bleibt jedoch bei allen Varianten gleich, und man muss nicht Sherlock Holmes heißen, um zu erraten, dass es sich hier um 140 mm Travel handelt. Für die richtige Verwendung der Reserven findet sich weiterhin das von Yeti bekannte und selbst entwickelte Switch Infinity-System am Bike. Für das neue Modelljahr wurden neben der Silhouette auch Geometrie und Kinematik des Bikes angepasst.

Das Yeti SB140 TLR T3 2023 im Detail

Wie gewohnt und passend zum Preis ist das SB140 sehr hochwertig verarbeitet und besitzt neben seinem schlichten Branding einige schmucke Akzente, wie etwa das Logo an der Front und den driftenden Yeti am Sitzrohr, der uns mächtig Konkurrenz macht ;)

Ein großes Update hat die Zugführung am SB140 bekommen. Hier kommen jetzt verschraubte Klemmungen am Ein- bzw. Ausgang zum Einsatz, die die Leitungen fixieren und das nervige Klappern der alten Modelle abstellen. Auch am Übergang zwischen Hauptrahmen und Hinterbau sind die Leitungen zusätzlich geführt – top!

… und am Übergang zwischen Hauptrahmen und Hinterbau zusätzlich geführt.
Die neue Kabelführung am SB140 sorgt endlich für Ruhe auf dem Trail. Am Ein- bzw. Ausgang sind die Leitungen nun ausreichend geklemmt …

Durch die großzügige Öffnung am Unterrohrschutz gelangt ihr im Fall von Reparaturarbeiten jetzt einfacher an die Leitung der Sattelstütze. Zudem kann diese bei Beschädigung einfach ersetzt werden. Auch der Sitz- und Kettenstrebenschutz fällt nun üppiger aus und sorgt durch seine wellenförmige Form für Ruhe auf dem Trail. Auf einen Tool-Mount oder gar ein Staufach verzichtet Yeti allerdings komplett.

Der Unterrohrschutz besitzt eine großzügige Öffnung, durch die man leichter an die Leitung der Sattelstütze kommt, z. B. für Reparaturarbeiten.
Der Sitz- und Kettenstrebenschutz fällt üppig aus, schützt euren Rahmen und sorgt für Ruhe auf dem Trail.

Die Ausstattungsvarianten des neuen Yeti SB140 2023

Yeti-Bikes werden traditionell iin zwei Güteklassen eingeteilt. Zur Auswahl stehen T- und C-Modelle, wobei alle Bikes mit T-Rahmen auf hochwertigere Carbon-Fasern setzen, mit denen man durch weniger Lagen und somit weniger Gewicht die gleiche Stabilität und Steifigkeit erreichen kann. So sollen ca. 225 Gramm pro Rahmen gespart werden. Es gibt neben dem herkömmlichen SB140 mit 150 mm Federweg an der Front noch die sogenannte Lunch Ride-Edition – kurz TLR oder CLR – bei der die Gabel 10 mm mehr Federweg besitzt. Zudem kommen ein Dämpfer mit Ausgleichsbehälter, stärkere Bremsen und abfahrtslastigere Reifen zum Einsatz. Bei der Lunch Ride-Edition stehen euch drei T-Modelle und drei C-Modelle zur Auswahl. Bei der herkömmlichen Variante hingegen lediglich drei T- und zwei C-Varianten. Für den europäischen und den UK-Markt schrumpft das Angebot weiter und es wird vorerst nur eine T1 und C2 Lunch Ride-Version geben. Preislich bewegen sich die Bikes zwischen 6.400 $ und 11.700 $ bzw. 8.190 € (C2) und 9.790 € (T1). Bei der Rahmenfarbe habt ihr die Wahl zwischen dem klassischen Turquoise, Raw Carbon, Sage und Sangria, wobei letzteres bei manch einem schlechte Erinnerungen hervorrufen könnte ;)

Sage
Turquoise
Raw Carbon
Sangria

Das einzigartige Switch Infinity-System von Yeti

Das Switch Infinity-System wurde vor einigen Jahren von Yeti selbst entwickelt und findet seitdem Platz an allen Full-Suspension-Bikes der Marke. Was aussieht wie ein Miniatur-Dämpfer, ist in Wirklichkeit eine Art Gleitlager für den Hauptdrehpunkt des Hinterbaus. Durch das System können dem Bike unterschiedliche Fahreigenschaften entlockt werden, je nachdem wie tief es im Federweg steht. Im Bereich des SAG entsteht so ein sehr hoher Anti-Squat, der dem Bike seinen antriebsneutralen Hinterbau beschert. Ab ca. der Hälfte des Federwegs dreht sich die Bewegungsrichtung des Switch Infinity um und erzeugt so einen viel geringeren Anti-Squat als noch zuvor, was das Bike beinahe vollständig vom Kettenzug entkoppelt und so für eine höhere Laufruhe sorgen soll. Zudem soll so die Raderhebungskurve feiner abstimmbar sein. Für alle Modelle der T-Serie sind ab jetzt weiterentwickelte Lager, Dichtungen und Hardware verbaut. Die C-Serie setzt weiterhin auf das Vorgängermodell.

Unser Testbike: Das Yeti SB140 TLR T3 2023

Yeti SB140 TLR T3 2023

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 160 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Factory 140 mm
Seatpost FOX Transfer 200 mm
Brakes SRAM CODE RSC 200/180 mm
Drivetrain SRAM XX1/X01/GX AXS 1x12
Stem Burgtec Enduro MK3 50 mm
Handlebar Yeti Carbon 780 mm
Wheelset DT Swiss XM1700 29"
Tires MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO/Minion DHR MaxxTerra EXO 2,5/2,4

Technical Data

Size S M L XL XXL
Weight 14,1 kg (Hersteller-Angabe)

Für unseren Test hatten wir – da wir bei Yeti in Colorado waren – ein SB140 Lunch Ride in der T3-Ausstattungsvariante, die es so in Europa nicht zu kaufen gibt. Allerdings ist der Unterschied zur verfügbaren T1-Variante lediglich die mechanische Schaltgruppe anstelle der elektronischen SRAM AXS-Gruppe. An unserem Testbike ist eine Kombination aus XX1-Schaltwerk, X01-Kassette und GX-Kette verbaut. Das teure Schaltwerk suggeriert hier auf den ersten Blick die höchste Modellreihe von SRAM, in Wirklichkeit ist es allerdings eine Kombination mit günstigeren und schwereren Komponenten. Auf dem Trail bringt das allerdings keine Nachteile.

Das elektronische SRAM XX1 AXS Top-Modell wird mit einer Kassette aus der XO1-Reihe und einer Kette aus der GX-Reihe kombiniert.

Gebremst wird das SB140 TLR mit einer starken SRAM Code RSC-Vierkolbenbremse, an der ihr Druckpunkt und Hebelweite werkzeuglos verstellen könnt. Kombiniert ist die Bremse mit 200-mm-Bremsscheiben an der Front und 180-mm-Rotoren am Heck. Wer auf lange Abfahrten steht oder zu den schwereren Piloten gehört, kann durch eine größere Scheibe am Heck ein Plus an Standfestigkeit herauskitzeln.

Am Heck kommt eine 180-mm-Bremsscheibe zum Einsatz, die für ein Plus an Standfestigkeit gegen eine größere ausgetauscht werden kann.
Die SRAM Code RSC-Vierkolbenbremse liefert ordentlich Brems-Power für das SB140 TLR.

Als Gabel dient eine FOX 36 Factory mit GRIP2-Dämpfungskartusche und 160 mm Federweg. Am Heck arbeitet der zugehörige FOX Float X Factory-Luftfederdämpfer, an dem ihr Lowspeed-Compression und Rebound einstellen und ihn zusätzlich per Hebel für den Uphill sperren könnt. Auch die Sattelstütze stammt aus dem Hause FOX. Die Transfer Performance liefert – ab Rahmengröße L – stolze 200 mm Hub und lässt sich vollständig im Rahmen versenken.

Der Name des Bikes verrät schon den Federweg am Heck.
An den Lunch Ride-Editionen kommt ein FOX Float X Factory-Luftdämpfer mit Ausgleichsbehälter zum Einsatz.

Das Cockpit besteht aus einem Burgtec Enduro-Vorbau mit 50 mm Länge, der mit einem 780 mm breiten Carbon-Lenker aus dem Hause Yeti kombiniert ist. Bei den Laufrädern setzt Yeti auf das DT Swiss XM 1700 Alu-Modell, was ihr bei Bedarf gegen Aufpreis auf die EXC 1501 Carbon-Laufräder upgraden könnt. Kombiniert sind die Laufräder mit Reifen von MAXXIS. Ein 2,5“ Minion DHF an der Front und ein 2,4“ Minion DHR II am Heck. Leider kommen beide Modelle in der sehr pannenanfälligen EXO-Karkasse und der härteren MaxxTerra-Gummimischung. Hier würden wir uns eine robustere Karkasse wie etwa EXO+ oder – für sehr abfahrtsorientierte Fahrer – sogar eine DoubleDown-Variante wünschen und zudem eine weichere MaxxGrip-Gummimischung an der Front empfehlen.

Ein solider DT Swiss XM 1700 Alu-Laufradsatz ist am SB140 TLR verbaut und kann bei Bedarf gegen Aufpreis auf einen XMC 1501 Carbon-Laufradsatz upgegradet werden.
Der 50 mm lange Burgtec Enduro-Vorbau wird mit dem hauseigenen Carbon-Lenker kombiniert.

Die Geometrie des Yeti SB140 TLR 2023

Verfügbar ist die Lunch Ride-Edition des neuen SB140 in 5 Größen von S bis XXL und soll so Körpergrößen von 155 bis 210 cm abdecken. Unser Testbike in Rahmengröße XL hat einen Reach von 505 mm. Dieser springt allerdings in unregelmäßigen Schritten zwischen den Größen, was eine feinere Größenwahl für den größten Teil der Käufer ermöglichen soll. Das Sitzrohr ist bei allen Größen in einer vertretbaren Länge und ermöglicht euch somit ein noch vielfältigeres Größenangebot. Die Kettenstreben wachsen ab diesem Modelljahr auch von Größe zu Größe mit und sollen so ein gleichbleibendes Fahrgefühl ermöglichen.

Größe S M L XL XXL
Sitzrohr 365 mm 400 mm 440 mm 470 mm 485 mm
Oberrohr 573 mm 603 mm 624 mm 652 mm 671 mm
Steuerrohr 92 mm 95 mm 100 mm 112 mm 134 mm
Lenkwinkel 65° 65° 65° 65° 65°
Sitzwinkel 77° 77° 77° 77° 77°
Kettenstreben 436 mm 438 mm 440 mm 442 mm 444 mm
Radstand 1.188 mm 1.221 mm 1.246 mm 1.277 mm 1.304 mm
Reach 430 mm 460 mm 480 mm 505 mm 520 mm
Stack 617 mm 620 mm 625 mm 635 mm 655 mm

Das Yeti SB140 TLR T3 2023 im ersten Test

Während unseres Besuchs bei Yeti in Colorado hatten wir die Chance, das SB140 TLR T3 2023 für einen Tag auf den dortigen recht steinigen Trails zu testen. Auf dem Weg zum Trail-Einstieg fällt sofort die angenehme Sitzposition auf, die auch mit zunehmender Steigung ausreichend Druck auf der Front generiert, um keine Kurve auf den sich wild durch die Botanik schlängelnden Uphill-Trails zu verpassen. Der Hinterbau bleibt dabei stets aktiv, um ausreichend Traktion zu generieren, ohne dabei zu viel Kraft ins Fahrwerk zu vergeuden.

Liegt der zähe Teil hinter euch, treibt einem das SB140 TLR schnell ein Grinsen ins Gesicht, denn durch sein gelungenes Fahrwerk – was einen guten Mix aus Traktion und Gegenhalt liefert, ohne in eine Richtung zu extrem zu sein – könnt ihr durch aktives Pushen in Wellen und Anliegern ordentlich Speed generieren. Dennoch bietet das Yeti mit seiner integrierten Fahrerposition und der guten Balance ausreichend Sicherheit, ohne dass man direkt wieder zur Bremse greifen muss, und verleitet so zum Spielen und Driften.

Unser Fazit zum neuen Yeti SB140 TLR T3 2023

Auch der dritte Streich von Yeti – namentlich das SB140 – ist gelungen und überzeugt mit überarbeiteten Detail-Lösungen, hochwertiger Verarbeitung und einer soliden Ausstattung, bei der wir lediglich ein Update der Reifen empfehlen. Auf dem Trail entpuppt es sich als starker Allrounder und überzeugt sowohl im Uphill mit einer touren-tauglichen Sitzposition als auch im Downhill mit seinem gelungenen Fahrwerk und einem hohen Spaßfaktor.

Tops

  • hochwertiger Rahmen mit durchdachten Detaillösungen
  • gelungene Upgrades zum Vorgänger
  • starker Allrounder für spaßige Runden

Flops

  • Reifen werden dem Spaß-Potenzial nicht gerecht

Weitere Infos findet ihr auf der Website von Yeti.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Peter Walker Fotos: Calum McGee/Yeti-Cycles

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!