Der „LIVE UNCAGED“-Schriftzug auf der Kettenstrebe ist nur ein Hinweis darauf, was mit dem YT CAPRA 29 Comp am meisten Spaß macht. Dieses Bike ist ein Biest und macht bergab brutal viel Spaß – aber wie schlägt es sich im Vergleich?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

YT CAPRA Comp 29 | 170/160 mm (v/h) | 15,2 kg in Größe L | 3.199 € | Hersteller-Website

Das YT CAPRA 29 Comp im Detail

Das YT CAPRA hat seine Stellung innerhalb der Enduro-Szene schnell gefestigt. Es ist nicht wirklich ein Race-Bike, sondern einfach eine echte Abfahrtsmaschine für jede Menge Fahrspaß. YT selbst ist schon immer eine super progressive Marke, und kein Bike im Line-up verkörpert das Firmen-Motto „Live-Uncaged” mehr als das CAPRA. Es ist ein echtes Downhill-Monster, mit dem man auch bergauf pedalieren kann. Das 15,2 kg schwere YT CAPRA 29 Comp besitzt, wie auch das Propain Tyee, einen Carbon-Rahmen und mit einem Preis von 3.199 € ist es ein echtes Schnäppchen. An seinem Look ist absolut nichts billig, der formschöne Rahmen mit seiner massiven Formsprache vermittelt den Eindruck, für alles gerüstet zu sein. Mit 170 bzw. 160 mm Federweg und 29”-Laufrädern ist es schon auf dem Papier ein potentes Bike. Die Ausstattung ist mit einer 170 mm FOX 36 Rhythm-Federgabel und einem FOX FLOAT DPX2 Performance-Dämpfer nicht super High End und verzichtet auf unnötigen Schnickschnack. Ein SRAM NX Eagle-Antrieb ist in dieser Preisklasse keine Überraschung (zumindest bei einem Carbon-Rahmen) und verzögert wird das Bike von SRAM CODE R-Bremsen, gepaart mit 200/200-mm-Bremsscheiben. E*thirteen LG1 Base EN-Laufräder mit Dual-Ply LG1-Reifen sowie eine 150 mm YT Postman-Teleskopsattelstütze runden das Paket ab.

Bergauf sehr gemächlich
Das YT CAPRA klettert nur gemächlich und der Griff zum Climb Switch lohnt sich, um das Wippen des Hinterbaus zu unterdrücken
Nie brillant
Auch wenn die FOX Rhythm 36-Federgabel eine ordentliche Performance abliefert, begeistert die Dämpfungskartusche nie wirklich – speziell im direkten Vergleich zur Lyrik Ultimate oder FOX 36 Performance Elite
Wahnsinnige Progression
Das YT CAPRA 29 Comp hat eine irrsinnig progressive Kennlinie – nicht einmal Josh Bender könnte dieses Bike zu einem Durchschlag zwingen

YT CAPRA Comp 29

3.199 €

Specifications

Fork FOX 36 FLOAT Rhythm 170 mm
Rear Shock FOX FLOAT DPX2 Performance 160 mm
Seatpost YT Postman 150 mm
Brakes SRAM CODE R 200/200 mm
Drivetrain SRAM NX Eagle 1x12
Stem E13 Base 50 mm
Handlebar E*thirteen Base 780 mm
Wheelset E*thirteen LG1 EN 29"
Tires E*thirteen LG1 RACE 2,4"/2,4"

Technical Data

Size M L XL XXL
Weight 15,2 kg

Specific Features


Look ruiniert
Der formschön modellierte Rahmenschutz funktioniert einwandfrei, löste sich im Test jedoch ein wenig ab, was den hochwertigen Eindruck des Rahmens schmälerte
Rollwiderstand
Die Dual-Ply E*thirteen LG1 RACE-Reifen bieten viel Grip, doch auf Anstiegen rollen sie nur langsam
Base, nicht basic
Auch wenn die E*thirteen Base-Komponenten günstig sind, ist an ihrem Look oder ihrer Performance nichts billig

Die Geometrie des YT CAPRA

Auf dem Papier sitzt das YT CAPRA 29 Comp in diesem Vergleichstest – was die Geometrie betrifft – in der goldenen Mitte. Mit einem moderaten Reach von 460 mm und einem flachen Sitzwinkel von 75,5° ist es weit davon entfernt, radikal zu sein. Die Kettenstreben sind mit 435 mm in Größe Large (440 mm in den Größen XL und XXL) eher auf der kürzeren Seite, die Tretlagerabsenkung beträgt 25 mm und der Stack fällt mit 630 mm hoch aus. Der Lenkwinkel beträgt 65°, was zwar vor einiger Zeit noch als flach galt, aber mittlerweile der Durchschnitt ist, und der Radstand beläuft sich auf 1.227 mm. Das 445 mm kurze Sitzrohr spricht vor allem Fahrer an, die den Rahmen eine Nummer größer nehmen wollen, um einen längeren Reach zu erhalten.

Größe M L XL XXL
Sattelrohr 420 mm 445 mm 465 mm 490 mm
Oberrohr 584 mm 621 mm 645 mm 667 mm
Steuerrohr 95 mm 105 mm 115 mm 120 mm
Lenkwinkel 65,0° 65,0° 65,0° 65,0°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5° 75,5°
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 440 mm 440 mm
BB Drop 25 mm 25 mm 25 mm 25 mm
Radstand 1.203 mm 1.227 mm 1.256 mm 1.279 mm
Reach 440 mm 460 mm 480 mm 500 mm
Stack 621 mm 630 mm 639 mm 644 mm

Mit dem YT CAPRA in eine Abfahrt zu rollen, ist ein wenig so, als würde man zahlreiche Wodka-Red Bull trinken – man weiß eigentlich schon vorher, dass man gleich etwas völlig Verrücktes tun wird.

Helm TLD Stage | Goggle Melon Optics Parker MTB | Jersey Cult of Shred 2Tone
Hose Endura MT500 Burner II pants | Schuhe FiveTen Impact VXi

Absolute Gelassenheit – Das YT CAPRA 29 Comp auf dem Trail

Mit dem YT CAPRA dauert es ein wenig länger als mit den anderen Bikes im Test, bis man überhaupt mal loskommt, da man es zunächst ungläubig bestaunen muss. Der Carbon-Rahmen des YT CAPRA ist super schick, vor allem in der Farbe „Dune Grey“. Wenn es dann einmal losgeht, realisiert man jedoch schnell, dass das YT CAPRA einen bergauf hart arbeiten lässt. Wegen dem massiven Knick im Sitzrohr sitzt man deutlich weiter über dem Hinterrad, als es die Zahlen vermuten lassen und das YT klettert nur sehr gemächlich bergauf. Das Bike sackt ein Stück in seinen Federweg ein und auch die Dual-Ply E13 LG1 RACE-Reifen rauben euren Beinen einige Watt. Bergauf-Passagen sind daher eher eine Gelegenheit, das 50-Zahn-Kettenblatt zu beschäftigen und zu quatschen, als eure Fitness zu testen. Sobald die Dinge sich bergab neigen, ist das YT CAPRA jedoch sofort in seinem Element. Auf dem Papier besitzt das CAPRA den gleichen Federweg wie einige der anderen Testkandidaten, aber die Kombination aus den massiven Rohren rund um das Tretlager und dem vielen Support vom Hinterbau sorgt dafür, dass es sich weitaus potenter anfühlt. Der moderate 460-mm-Reach sorgt für eine zentrale Fahrposition und die eher kurzen 435-mm-Kettenstreben machen Manuals zu einem Kinderspiel.

Bei niedrigen Geschwindigkeiten fühlt sich der progressive Hinterbau straff und überdämpft an, doch sobald es zur Sache geht, krempelt das CAPRA seine Ärmel hoch und geht richtig ab. Auch wenn die Schläge größer werden, bleibt es super kontrollierbar und vorhersehbar. Die großen 200/200-mm-Bremsscheiben verleihen euch dabei reichlich Power, um die Geschwindigkeit zu verringern. In Kurven erlaubt die zentrale Position im CAPRA, dass man das Gewicht mit Leichtigkeit auf die Räder bekommt und Richtungswechsel schnell einleiten kann – auch wenn ein 29er mit so viel Federweg natürlich niemals wie eine Gazelle durch die Kurven heizen wird. Das CAPRA ist ein Meister in Sachen Laufruhe, aber die Kehrseite all dieser Stabilität ist, dass man ordentlich Kraft braucht, um es in die Luft zu bekommen. Es ist auch völlig klar, dass ein paar Abstriche gemacht werden mussten, um solch einen attraktiven Carbon-Rahmen für so einen attraktiven Preis zu realisieren. Die günstige FOX Rhythm 36 bietet zwar eine solide Performance, doch fehlt es ihr an Kontrolle und sie kann sich nicht so schnell von großen Schlägen erholen, wie eine FOX Performance Elite oder Lyrik Ultimate. Mit der Yari RC liegt sie jedoch gleichauf. Mit zu rund einem Drittel geschlossener Druckstufen-Einstellung taucht sie nur minimal ein und bietet guten Support, begeistert dabei aber nie mit der gleichen Feinfühligkeit wie die Topmodelle. Etwas enttäuscht sind wir vom Rahmenschutz, der auf unseren Testfahrten schnell begann, sich abzulösen. Außerdem rollten die E*thirteen LG1 RACE-Reifen langsam und boten wenig Kontrolle bei Schräglage, selbst wenn sie für reichlich Grip sorgen. Auch bei der Teleskopstütze würden wir ein Upgrade in Erwägung ziehen, denn dank des kurzen Sitzrohrs können selbst Fahrer mit kürzeren Beinen eine 170 mm Vario-Stütze fahren.

Wie schlägt es sich im Vergleich zu den anderen Bikes im Test?

Das YT CAPRA 29 Comp bietet zusammen mit dem Nukeproof Mega 290 Expert und Privateer 161 die beste Abfahrts-Performance. Das Bike nimmt es freudig mit härtesten Herausforderungen auf. Sein super progressiver Hinterbau verleiht ihm enorme Reserven. In Kurven ist es nicht so wendig wie das Trek Slash oder Ibis Ripmo AF, aber auch nicht so behäbig wie das GIANT Reign SX. Bergauf ist es ebenfalls keine Bergziege und meistert Anstiege eher gemächlich und mit mehr Anstrengung als das Trek, Propain oder Privateer.

Tuning-Tipps: längere Teleskopsattelstütze mit 170 mm montieren

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Wenn ihr der Schnellste bei jeder Abfahrt sein wollt, dann gibt es wenige Bikes, die es im anspruchsvollen Gelände mit dem super potenten YT CAPRA 29 Comp aufnehmen können. Doch in seinem Streben nach maximaler Downhill-Performance hat das YT einen Teil seiner Allrounder-Seele an den Teufel verkauft – sanftes Terrain und Anstiege langweilen es.

Tops

  • progressive Hinterbau-Kinematik ist bereit für die härtesten Trails
  • umwerfend schön
  • fairer Preis

Flops

  • bergauf nur Mittel zum Zweck
  • langweilt sich auf einfachen Trails
  • Rahmenschutz löste sich während unseres Tests ab

Mehr Informationen findet ihr unter yt-industries.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Torque AL 6.0 (Zum Test) | GIANT Reign SX 29 (Zum Test) | Ibis Ripmo AF Coil (Zum Test) | MERIDA ONE-SIXTY 700 (Zum Test) | Nukeproof Mega 290 Expert (Zum Test) | Privateer 161 (Zum Test) | Propain Tyee CF (Zum Test) | Trek Slash 8 29 (Zum Test) | YT Capra Comp 29


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Text: Fotos: Trev Worsey, Finlay Anderson