Carbon-Laufräder haben im Enduro-Segment kein gutes Image. Vielen sind sie zu steif und wenn man es richtig krachen lässt, überleben sie den Rockgarden oftmals nicht. Eine echte Ausnahme sind die Zipp 3ZERO MOTO-Laufräder. In unserem Test konnten sie mit vielen positiven Eigenschaften überzeugen – aber es gibt auch Nachteile.

Seit Ewigkeiten hat sich am Grundkonzept einer Felge wenig verändert. Um Steifigkeit in den Felgenring zu bekommen, setzen fast alle Hersteller auf ein Hohlkammer-Design. Die bewährte Bauweise hält das Gewicht niedrig und sorgt dennoch für hohe Stabilität und Steifigkeit. Doch was auf der einen Seite ein echter Vorteil ist, ist gleichzeitig auch der größte Nachteil. Denn durch das grundlegende Design fällt es der Felge schwer, sich an den Untergrund anzupassen. Auf der Straße und flowigen Trails ist das kein Problem – im Gelände bedeutet das aber unter anderem weniger Grip. Die hohe Steifigkeit kostet noch dazu Komfort. Zipp setzt bei den 3ZERO MOTO Laufrädern auf eine gänzlich andere Bauweise der Felge.



Die großen Besonderheit der Zipp 3ZERO MOTO Laufräder: ihr Felgendesign
Bei den 3ZERO MOTO setzt Zipp auf ein Felgenprofil ohne Hohlkammer, dafür aber einem kräftigen Steg in der Mitte, der die Nippel aufnimmt. Die extra stabilen Felgenhörner außen können dank der flachen Verbindung zur Mitte flexen. Ein ähnliches Design haben wir erstmals bei der EUROBIKE 2015 am Stand von AX-Lightness gesehen. Heute sind diese Laufräder aber nicht mehr verfügbar. Durch den kontrollierten Flex sollen die Zipp-Felgen nicht nur stabiler gegen Durchschläge sein, sondern auch die Gefahr von Platten reduzieren und dazu mehr Komfort und Traktion bieten. Der „Moto“-Zusatz im Produktnamen kommt übrigens nicht von ungefähr. Bei Motocross-Bikes ist ein solches Felgendesign absolut gängig.

Die Eckdaten der Zipp 3ZERO MOTO-Laufräder
Zipp ist von der Stabilität der 3ZERO MOTO-Laufräder so überzeugt, dass die Amerikaner eine lebenslange Garantie auf den Laufradsatz geben. Wie für eine moderene Felge üblich, verfügt die Zipp über eine Innenweite von 30 mm, baut aufgrund ihres Designs mit rund 37,5 mm aber sehr breit. Gegen den Trend geht Zipp bei der Speichenzahl. Während immer mehr Carbon-Laufräder nur noch über 28 oder sogar weniger Speichen verfügen, kommen bei den 3ZERO MOTO 32 Speichen am Vorder- und Hinterrad zum Einsatz.



Am Hinterrad ist die Felge auf eine Zipp-Nabe gespeicht. Ihr Freilauf bietet 52 Einrastpunkte, welche wiederum für einen feinen Einrastwinkel von 6,9° sorgen. Die Einbaubreite am Heck beträgt 148 mm. Leider ist die Nabe nur mit einem XD- oder HG-Freilaufkörper erhältlich und nicht kompatibel mit Shimano MICRO SPLINE. Mit einem Shimano 12-fach-Antrieb kann man die Laufräder also offiziell nicht nutzen. Am Vorderrad setzt Zipp ebenfalls auf den Boost-Standard und bietet Kunden außerdem die Möglichkeit, die Laufräder mit Torque-Caps zu fahren. Dabei handelt es sich um extra Naben-Aufsätze, die für eine breitere Auflagefläche an RockShox-Federgabeln sorgen und so die Lenkpräzision erhöhen sollen. Individualisten können zwischen acht verschiedenen Decal-Farben wählen. Der Preis für den kompletten Laufradsatz liegt bei satten 2.099 €, eine einzelne Felge kann für 750 € erworben werden.
Laufradgröße: 27,5 und 29“ (getestet)
Gewicht: 2.040 g (29“ inkl. TyreWiz)
Preis: 2.099 €
Speichenzahl: 32
Achse: 110 x 15 VR | 148 x 12
Freilaufkörper: XD-Drive / Standard (HG)
Einrastpunkte /-Winkel: 52 / 6,9°
Torque-Cap: kompatibel
Decal-Farben: acht verfügbar
TyreWiz – mehr als nur ein smartes Gadget
Eine echte Besonderheit der Zipp 3ZERO MOTO-Laufräder ist das integrierte TyreWiz-System, welches direkt ins Ventil integriert und mit der Felge verschraubt ist. Mit ihm lässt sich der Reifendruck jederzeit perfekt überwachen und mithilfe einer LED auch ohne Smartphone checken. Dafür bestimmt man in der App einen gewünschten Druckbereich pro Rad und die LED blinkt entweder langsam rot bei zu wenig Luft, schnell rot bei zu viel oder grün beim perfekten Druck – genial! Denn so kann man sicher sein, immer mit dem persönlich korrekten Druck unterwegs zu sein – egal mit welcher Pumpe man den Reifen aufpumpt. Allerdings sollte man den Druckbereich nicht zu eng wählen, sonst kann es bei größeren Temperaturschwankungen oder Höhenunterschieden auf Tour schnell zu rot blinkenden Ventilen kommen.



Montage und Installation der Zipp 3ZERO MOTO
Die Montage von Reifen auf den Laufrädern ist ebenso einfach und simpel wie die Montage der Räder im Rad. Dank vorinstallierten Tubeless-Tape und bereits installierten Ventilen muss man den Reifen nur aufziehen, mit Milch befüllen und aufpumpen. Wir konnten die Reifen ohne speziellen Kompressor mit einer hochwertigen Standpumpe montieren – top. Fahrer von RockShox-Federgabeln können die 3ZERO MOTO mit Torque-Caps nutzen, für alle anderen liegen die klassischen Endkappen ebenfalls bei. Um das TyreWiz zu nutzen, muss man nochmal rund 5 Minuten für die Installation und das Einrichten der App investieren.


Die Zipp 3ZERO MOTO auf dem Trail
Um die Zipp 3ZERO MOTO-Laufräder zu testen, sind wir sie nicht nur für ein halbes Jahr in verschiedenen Test-Bikes gefahren, sondern haben sie auch im direkten Vergleich mit einem Satz Santa Cruz Reserve-Laufräder getestet. Letztere sind bei uns in der Redaktion sehr beliebt und konnten auch hier mit hoher Stabilität und einem direkten Fahrgefühl punkten. Beim Back-to-Back-Test sind wir beide Laufradsätze mit identischen Reifen gefahren: MAXXIS ASSEGAI 2,5” WT EXO in Front und MINION DHR II 2,4” WT EXO+ am Heck. Während des weiteren Testzeitraums haben wir mit verschiedenen Reifen und verschiedenen Luftdrücken experimentiert.


Die wirklich größte Besonderheit ist das spürbare Plus an Traktion und Komfort, welches sich mit den Zipp 3ZERO MOTO erreichen lässt. Schmerzende Hände oder Arm-Pump nach einer knapp 1.000 Höhenmeter langen Abfahrt ohne Pause in Brixen, Südtirol? Fehlanzeige! So verspringt das Laufrad weniger und kann eine direkte Linie über schräg liegende Wurzeln und Steine besser halten. Als Fahrer glaubt man fast, mit einem extra Zentimeter an Federweg unterwegs zu sein, der kleine Vibrationen und Schläge effektiver weg filtert. Und das, obwohl wir den gleichen Luftdruck gefahren sind wie mit herkömmlichen Laufrädern – unser Set-up 1,7 bar (ca. 24 psi) in Front und 1,9 bar (ca. 28 psi) am Heck. Je nach Fahrstil, Terrain und persönlichen Vorlieben kann man natürlich auch niedriger oder höher gehen. Für unseren 85 kg schweren Tester Christoph war das jedoch der perfekte Kompromiss. Zipp gibt an, das man den Reifendruck niedriger fahren kann als bei anderen Laufrädern, wir sind aber nach einigen Versuchen wieder beim gleichen Luftdruck gelandet, wie wir ihn auch in anderen Laufrad/Reifen-Kombinationen fahren. Grund dafür ist vor allem das präzise Fahrgefühl des höheren Drucks, welches wir bevorzugen.
Als Fahrer glaubt man fast, mit einem extra Zentimeter an Federweg unterwegs zu sein
Was beim direkten Vergleich aber auch deutlich spürbar war, ist die schlechtere Beschleunigung durch das höhere Gewicht und die geringere Präzision beim Anpeilen einer Linie. Wer sich Carbon-Laufräder kauft, um sein Rad spritziger und direkter zu machen, wird von den Zipp enttäuscht.

Über den gesamten Testzeitraum hatten wir keine Probleme mit Burping und trotz einiger Durchschläge zeigten sich die Laufräder am Ende komplett unbeeindruckt. Lediglich einen Pinch-Flat haben wir bei einer Test-Session in Latsch gefahren. Allerdings muss erwähnt werden, dass wir dabei den Luftdruck bewusst auf rund 1,6 bar am Hinterrad reduziert hatten.


Ein Carbon-Laufrad, das sich anfühlt wie ein Alu-Laufrad, aber viel mehr kostet – Wo sind denn da die Vorteile?
Checkt man lediglich die Hard-Facts der Zipp-Laufräder, bekommt man schnell den Eindruck, sie seien zu schwer für ihren Preis oder eventuell nicht steif genug. „Da kann ich mir ja auch einfach zwei Alu-Laufradsätze für den Preis von einem Zipp-Satz kaufen“, hört man da sehr oft. Und das ist zum Teil auch richtig. Dennoch gibt es einige Gründe, die für die Zipp 3ZERO MOTO sprechen. Zum einen hatten wir in unserem Test keinerlei Stress mit verbeulten Felgen und die Laufräder verhielten sich über den gesamten Testzeitraum unauffällig. So reduziert man die Gefahr, die Tour bzw. Abfahrt wegen einer verbeulten und undichten Felge unterbrechen oder gar abbrechen zu müssen. Sollte doch einmal etwas passieren, besitzen die Laufräder eine lebenslange Garantie. Zum anderen war im Test die Quote an Reifen-Defekten, verglichen zu anderen Felgen, deutlich geringer. Obendrein garantiert das integrierte TyreWiz-System, dass man immer mit dem optimalen Luftdruck unterwegs ist – egal mit welcher Pumpe man sie befüllt. Und wenn diese Gründe nicht ziehen, wird manch einer sich die Laufräder auch nur aufgrund ihres einzigartigen Looks kaufen.

Fazit: Für wen sind die Zipp 3ZERO MOTO besonders geeignet?
Wenn ihr jedes euer Bike-Teile an die Waage hängt und auf der Suche nach einem möglichst leichten und steifen Bike seid, sind die Zipp 3ZERO MOTO nichts für euch. Vielmehr richten sich die Laufräder an Fahrer, die ein Plus an Komfort, Traktion und Sicherheit suchen. Auf langen Abfahrten ermüden die Hände deutlich weniger und Reifendefekte werden insgesamt reduziert. Details wie das TyreWiz-System sind genial. Schade nur, dass es die Laufräder nicht mit MICRO SPLINE-Freilauf gibt.

Tops
- reduziert Arm-Pump und Ermüdung
- reduzierte Pannenanfälligkeit
- TyreWiz
- Look

Flops
- für Carbon-Laufräder wenig spritzig
- teuer
Weitere Informationen zu den Laufrädern findet ihr auf der Zipp-Website.

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