Erst Ende 2015 kündigte GHOST nach einigen sehr erfolgreichen Jahren mit Marcus Klausmann, Johannes Fischbach und dem RRP-Team an, seine Aktivitäten im Bereich Downhill-Racing einzustellen. Stattdessen will die Firma nun alle Ressourcen ins Enduro-Racing investieren, in neue Bikes und eine neues Team. Wir verbrachten ein paar Tage mit GHOST, um mehr über die neue Markenphilosophie zu erfahren.

Im Programm von GHOST für 2016 finden sich zwei verschiedene Endurobikes, was zunächst ein bisschen verwirrend wirkt. Das FR AMR und das PathRIOT bieten beide einen ähnlichen Federweg, 1-fach-Antriebsgruppen und sämtliche Komponenten, die man an einem modernen Endurobike erwartet.

Schaut man aber genauer hin, werden die Unterschiede deutlich. Das PathRIOT ist mit dem komplizierten RIOT-Link-Federungssystem ausgestattet, das FR AMR kommt mit Standard-Viergelenkdesign. Beim PathRIOT ist der Dämpfer über Leichtbau-Gleitlager angelenkt, das FR AMR hat zuverlässige Kugellager. Bei der Ausstattung und der Geometrie zeigen sich all diese kleinen Unterschiede, die erwarten lassen, dass das FR AMR ein Bike für den Alltagsgebrauch ist und das PathRIOT eine reine Rennmaschine. Wir hatten das PathRIOT bereits in unserem Dreambike-Feature unter die Lupe genommen, nun wollten wir herausfinden, wie es sich auf der Rennstrecke schlägt.

Ghost PathRIOT LC10 | Weight: 12.4 kg | Price: € 6499
Ghost PathRIOT LC10 | Gewicht: 12,4 kg | Preis: 6499 €

Theorie

Also ja: Das GHOST PathRIOT ist als pure Rennmaschine konzipiert, die RIOT-Link-Federung ist kompliziert, verspricht aber Kontrolle selbst in den schwierigsten Situationen. Den Gleitlagern wird schneller Verschleiß nachgesagt, zwei oder drei neue Sätze sollte man also für eine komplette Saison in der Werkzeugkiste haben – aber der RIOT-Link ermöglicht ein sehr leichtes und kompaktes Rahmendesign. Die Front des Bikes ist ziemlich hoch und erfordert in der Theorie einen sehr aktiven Fahrstil. Doch wie immer gilt: Das ist eben nur Theorie und an einem Bike spielen so viele Variablen eine Rolle, dass die Realität ganz anders aussehen kann. GHOST bietet das PathRIOT in Größe S, M und L an, nur in Voll-Carbon und auch nur in zwei sehr hochwertigen Ausstattungsvarianten.

Racing mit dem Ghost PathRIOT

Madeira, die Insel des ewigen Frühlings, war der Spielplatz, auf dem wir das PathRIOT ganze vier Tage lang testen konnten. Das Wetter änderte sich die ganze Zeit, und die Trails auch. Madeira bietet eine enorme Bandbreite an Trails: verblockt, rutschig, schnell, lose, auch mit Anliegern und Sprüngen, alles da. John, der Gründer und Besitzer von Freeride Madeira Islands, zeigte uns die Gegend und kümmerte sich darum, dass wir das PathRIOT auf all diesen unterschiedlichen Trails fahren konnten.

(Trails on Madeira offer everything for proper enduro riding)
Die Trails auf Madeira bieten alles, was es für richtiges Endurobiken braucht.

Das erste, was an diesem Bike auffällt, ist definitiv das Gewicht: Das PathRIOT ist verdammt leicht – gerade wenn man bedenkt, dass es einen Stahlfederdämpfer hat. Als nächstes kommt die hohe Front; man braucht ein paar Fahrten, um sich daran zu gewöhnen. Die Gewichtsverteilung auf dem Bike ist superwichtig, um jeweils die richtige Menge Druck auf Vorder- und Hinterrad auszuüben, und mit dem hohen Lenker ist das ein bisschen knifflig. Auf dem Trail führt das dazu, dass man leicht die Traktion am Vorderrad verliert. Sobald man aber den Dreh raus hat und aktiv Druck auf die Front ausübt, fühlt sich das Bike an wie eine Rakete.

(The front-end of the PathRIOT is high)
Die Front ist hoch beim PathRIOT.

Am zweiten Tag wurde die Sache ernst: Eine Startnummer und ein Transponder machten uns deutlich, dass wir ein Rennen vor uns hatten. Klar war es nur ein Spaßrennen, doch wenn die Zeit läuft, fühlt es sich immer gleich ernster an. Die Stages waren kurz, aber anspruchsvoll, und das PathRIOT musste mit Nachdruck gefahren werden. Jedes Mal, wenn ich nicht hundertprozentig konzentriert und mit vollem Einsatz dabei war, bestrafte mich das Bike – es verlangt alles und verzeiht nichts. Die Front fühlt sich sehr steif an und das erhöht noch den Bedarf an aktivem Druck über den Lenker. Sobald das Tempo nicht passt, passiert es schnell, dass man wegrutscht und sich der Schwerkraft ergibt.

(Full commitment needed!)
Das PathRIOT verlangt eure volle Aufmerksamkeit!

Wie also fühlte es sich an? Exzellente Beschleunigung, sehr gute Federungsperformance und superpräzises Handling, aber dabei verzeiht das GHOST PathRIOT keine Fehler. Wenn es einen Punkt gibt, in dem das Konzept vielleicht nicht so stimmig ist, dann die Länge des Bikes und der Kettenstreben. Ich bin 1,82 m groß und fuhr ein Exemplar in Größe L, die größte Größe, mit einem Reach von nur 460 mm. 460 mm sind nicht kurz, aber für ein Racebike könnte es mehr sein – einfach um etwas mehr Stabilität zu bieten. Bestätigt wurde dies auch durch Teamfahrerin Franzi Meyer, die 1,75 groß ist und von Größe M auf L wechselte.

Die Kettenstreben sind 425 mm lang und machen das Bike sehr gut manövrierbar, doch gleichzeitig machen sie es auch schwieriger, Druck auf das Vorderrad zu bringen. Je länger die Kettenstreben, desto mehr verschiebt sich das Gewicht vom Hinterrad zum Vorderrad, deshalb erschweren es die kurzen Kettenstreben in Verbindung mit der hohen Front definitiv, das Vorderrad am Boden zu halten. Das PathRIOT ist ein Bike, an das man sich gewöhnen muss, und keins, das man alle zwei Wochen mal fährt. Und für meinen Geschmack braucht es noch einen großen Bruder in XL oder sogar XXL. Wenn man bedenkt, dass es als Racebike gedacht ist, könnte man das derzeitige L als M deklarieren und es würde einem 1,75 m großen Fahrer sehr gut passen.

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Abschließende Gedanken zum GHOST PathRIOT

Ja, das PathRIOT ist ein Bike für alle, die trainieren, gegen andere antreten und so schnell wie möglich sein wollen. Es muss mit Nachdruck und sehr aktiv gefahren werden, es verzeiht keine Fehler bei hoher Geschwindigkeit und es kann eine richtige Rakete sein. Racing heißt auch Performance auf Kosten der Haltbarkeit, und wer sich für das PathRIOT entscheidet, muss an den Gleitlagern des Bikes genauso arbeiten wie an der eigenen Fitness. Das Fehlen einer weiteren Rahmengröße ist eine Einschränkung für größere Fahrer, doch das Gesamtpaket des GHOST überzeugt als echte Rennmaschine.

Wenn ihr mehr wissen wollte, lest unseren Bericht über das GHOST PathRIOT LC 10 oder schaut euch die GHOST Bikes Website an!

Text: Ruben Torenbeek Bilder: Ghost Bikes


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