E-Mountainbikes definieren unsere Zeit neu. Sie verschieben Grenzen, sie pushen das persönliche Limit und ermöglichen ein völlig neues Fahrgefühl – in der Theorie zumindest. Denn die traurige Realität und unsere Tests zeigen: Kleine Details und Ausstattungsdefizite senken drastisch die Haltbarkeit, die Sicherheit und den Fahrspaß vieler Bikes. Es ist an der Zeit, endlich umzudenken!

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Bisher wurden Bikes vonseiten der Industrie und der Medien immer in Kategorien unterteilt. Stur wurde das Rad anhand von Federweg oder Gewicht einem Einsatzzweck zugeordnet. Doch diese zwanghafte Kategorisierung führte letzten Endes vor allem zu Chaos und Verwirrung beim Kunden, aber auch bei der Industrie selbst. Dabei kamen Bezeichnungen wie „Super-Allmountain-Bike mit Enduro-Genen“ heraus, auf gut Deutsch: Schwachsinn, der niemanden weiterbringt. Mit der Einführung von E-Mountainbikes haben viele Hersteller diese Kategorien und die damit verbundenen Ausstattungsmerkmale einfach auf ihre neuen Modelle übertragen. Mittlerweile gibt es bereits erste E-Enduros, E-Allmountains, E-Trailbikes und E-Tourer, ohne dass man sich über die Konsequenzen und die Richtigkeit dieser Kategorisierungen Gedanken macht. Ein großer Fehler!

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Denn E-Mountainbiken ist anders, ganz anders als das klassische unmotorisierte Mountainbiken, wie es aktuell noch viele kennen. Zwar benutzt man dieselben Wege und hat Spaß an der prinzipiell gleichen Sache (Trails fahren), doch die Fahreigenschaften und das Fahrgefühl der beiden Bike-Typen unterscheiden sich stark. Der Hauptgrund ist der kräftige Antrieb, der die Leistungsfähigkeit des Fahrers massiv steigert, aber auch zu einer deutlichen Erhöhung des Gesamtgewichts führt. Bei jedem Tritt unterstützt der Motor um 50–300 %, was es nötig macht, das Thema Effizienz bei E-Mountainbikes unter ganz anderen Gesichtspunkten zu betrachten. Schließlich ist man mit ihm in der Lage, Uphills nicht nur schneller, sondern auch auf eine komplett neue Art und Weise zurückzulegen und beispielsweise Trails auch bergauf zu fahren.

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Vergleicht man einmal den prozentualen Gewichtsunterschied von unmotorisierten Bikes mit gleichem Ausstattungsniveau, bspw. 100 mm Federweg (ca. 10,5 kg), 130 mm Federweg (ca. 12 kg) und 160 mm Federweg (ca. 14 kg), dann fällt auf, dass zwischen ihnen eine Differenz von bis zu 25 % herrscht (von der 100-mm- zur 160-mm-Variante). Wirft man nun einen Blick auf E-Mountainbikes mit ähnlichem Federweg und einer Ausstattung, die der der klassischen Räder ähnelt, stellt man fest, dass der prozentuale Unterschied deutlich geringer ausfällt. Zwischen einem E-Mountainbike mit 100 mm Federweg und einem mit 160 mm (gleiches Ausstattungsniveau) liegen lediglich rund 10 % (100 mm, ca. 21 kg/160 mm, ca. 23 kg).

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Bergauf sind diese 10 % Unterschied aufgrund der enormen Leistung des Antriebs jedoch fast nicht festzustellen. Im Gegenteil: Dieser marginale Gewichtsvorteil wird meist durch Komponenten erkauft, die zum Teil gar nicht in der Lage sind, der Kraft des E-Mountainbikes dauerhaft standzuhalten, oder wie im Fall von Reifen, die Power auch wirklich auf den Untergrund zu übertragen. Der Verschleiß steigt, die Fahrperformance sinkt und all das nur, weil versucht wird, durch den Einsatz leichter Komponenten das Gesamtgewicht zu senken. Ein weiteres Beispiel sind die Bremsen – wer hier durch kleine Disc-Durchmesser oder Leichtbau-Versionen Gewicht spart, missachtet nicht nur die Tatsache des erhöhten Gesamtgewichts des Bikes, sondern auch die extrem unterschiedlichen Nutzungsprofile der Zielgruppe und schafft dabei ein relevantes Sicherheitsrisiko. Nachfolgend einige Komponenten,bei denen es sich lohnt, ein gewisses Maß an Mehrgewicht in Kauf zu nehmen.

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Die Reifen

Sie sind die Schnittstelle zum Untergrund und übertragen sowohl die Antriebskraft als auch die Bremsenergie auf den Trail. Flach profilierten Pneus fehlt es häufig an Traktion und eine zu dünnwandige Karkasse führt aufgrund des Mehrgewichts schnell zu Platten und verbeulten Felgen. Verstärkte Seitenwände, wie sie aus dem Enduro-Rennsport bekannt sind, machen speziell am Hinterrad absolut Sinn. Ein guter E-MTB-Reifen kann und darf gerne rund 1 kg und mehr wiegen. Außerdem ist die Tubeless-Montage dringend zu empfehlen.

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Die Bremsen

„Wer später bremst, ist länger schnell“ lautet ein Sprichwort aus dem Rennsport. Um spät bremsen zu können, benötigt man jedoch auch eine Bremse, die das Gewicht von Fahrer und Bike kontrollieren kann. Bei E-Mountainbikes sind 4-Kolben-Bremsen das Mittel der Wahl. Sie sind aufgrund der größeren Reibungsfläche kräftiger und deutlich hitzestabiler. Außerdem sollten keine Bremsscheiben unter 180 mm verbaut werden. Leichtbau-Discs sind ein No-Go!

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Das Fahrwerk

Es filtert Unebenheiten weg und überträgt gleichzeitig die Impulse des Fahrers. Speziell die Federgabel ist sehr hohen Kräften ausgesetzt und sollte daher unbedingt über eine Steckachse und ausreichend starke Standrohre verfügen (mind. 34 mm). Eine effiziente Dämpfung sorgt dafür, dass sie unter dem Mehrgewicht beim Anbremsen nicht zu tief in den Federweg taucht und so zu einer zu ungünstigen Geometrieveränderung führt. Generell fällt der Lastwechsel bei Beschleunigung und Abbremsen aufgrund des deutlich höheren Gesamtgewichts extremer aus als bei traditionellen Mountainbikes.

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Die Sattelstütze

Starre, nicht absenkbare Sattelstützen sind bei E-Mountainbikes völlig obsolet. An einer Teleskopsattelstütze mit einem Verstellweg von mind. 125 mm und einer Lenkerfernbedienung führt kein Weg vorbei. Sie sorgt für mehr Spaß und Sicherheit und sollte an keinem Rad fehlen. Selbst Commuter und Fahrer, die in weniger technischem Gelände unterwegs sind, wissen die Vorteile zu schätzen.

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Die Laufräder

Ein Punkt, an dem sehr häufig gespart wird, sind Laufräder. Billige Lager in den Naben, günstige Speichen und eine schlecht verarbeitete Felge sorgen häufig für Probleme und schnellen Verschleiß. Hier lohnt sich die Investition in hochwertige und stabile Laufräder, die auch in der Lage sind, den höheren Belastungen standzuhalten. Gerade das Hinterrad ist deutlich größeren Belastungen ausgesetzt als das Vorderrad, wodurch hier unterschiedlich spezifizierte Laufräder durchaus Sinn machen würden.

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Die Schaltung

Es ist traurig, aber wahr: Aktuell gibt es noch keinen speziell auf E-Mountainbikes zugeschnittenen Antrieb. Hier besteht vonseiten der Komponenten-Hersteller noch Bedarf, Produkte zu entwickeln, die aufgrund des Plus an Leistung nicht zu schnell verschleißen. Im Bereich der Kassette sehen wir in diesem Fall das größte Potenzial. Weniger Gänge für eine verbesserte Haltbarkeit und sinnvolle Gangabstufungen sind hier zwei wichtige Aspekte. Die feinen Abstufungen einer konventionellen Schaltung braucht es aufgrund der Zusatzleistung durch den Motor i. d. R. nicht.

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Für E-Mountainbikes gelten neue Regeln und deutlich andere Anforderungs- wie Nutzungsprofile – konventionelle Produkt-Spezifikationen und eine traditionelle Mountainbike-Perspektive von Produkt-Managern und Medien mit wenig E-Erfahrung behindert in diversen Fällen die Entwicklung der Räder. Generell gilt bei ihnen: Performance vor Gewicht! Klar wollen wir keine bleischweren Bikes, doch wer an der falschen Stelle spart, gewinnt zwar eventuell ein paar wenige Gramm, verschlechtert gleichzeitig jedoch die Fahrperformance enorm. Es ist dringend ein Umdenken nötig, denn viele am Markt verfügbare und und für herkömmliche MTBs durchaus gute Produkte sind für die Verwendung am E-Mountainbike zwar freigegeben, jedoch gänzlich ungeeignet. Für mehr Klarheit und eine bessere Performance können hier spezielle, für den Einsatz konzipierte Komponenten sorgen. Der Markt wächst enorm, das Potenzial ist vorhanden, jetzt liegt es an den Herstellern und Komponenten-Lieferanten, das auch zu erkennen und so E-Mountainbikes aufs nächste Level zu heben.


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