Was würdet ihr euch wünschen, wenn ihr nur ein Bike haben könntet? Richtig, einen verlässlichen Begleiter mit sinnvoller Ausstattung und geringem Gewicht. Das Liteville 101 MK1 Trail in der Werksmaschine-Konfiguration soll genau diesen Spagat schaffen. Wie vielseitig es wirklich ist, erfahrt ihr in unserem Test.

Das Liteville 301 ist für viele Biker der Inbegriff der eierlegenden Wollmilchsau. Mit dem 101 MK1 ergänzen die Allgäuer Konstrukteure ihre Produktlinie um ein Modell mit etwas weniger Federweg und der Option, auch am Heck ein 29″-Laufrad zu montieren. Schon der erste Blick auf das Bike lässt erahnen, dass auch hier all das praktische Know-how der vorherigen Bikes in die Entwicklung eingeflossen ist. Wie man es von Liteville gewohnt ist, besticht das Rad durch Schlichtheit und Understatement – ergänzt mit ein paar pfiffigen Details.

Liteville 101 MK1 Trail Werksmaschine | Federweg: 120 / 120 mm (v/h) | Preis: 5.498 € | Gewicht: 13,14 kg
Liteville 101 MK1 Trail Werksmaschine | Federweg: 120 / 120 mm (v/h) | Preis: 5.498 € | Gewicht: 13,14 kg

Details an der Liteville 101 MK1 Trail Werksmaschine

Liteville ist bekannt für die vielen durchdachten und gut integrierten Details an ihren Bikes, da macht auch das Liteville 101 MK1 Trail keine Ausnahme. Sei es die Schaltaugenschraube mit Sollbruchstelle und die am Tretlager befestigte Ersatzschraube oder der in der X-12-Steckachse platzierte Inbusschlüssel, der auf fast alle Schrauben am Rad passt – solche innovativen Gadgets wünscht man sich an jedem Rad.

Unsere 5 Top-Features:

  1. Der Rahmen ist für optionale Helfer wie Kettenführung und Schaltwerkschutz von Syntace vorbereitet, die sich so einfach und unauffällig integrieren lassen.
  2. Einheitliche Schraubengrößen vereinfachen Einstellung und Wartung ungemein und sparen mit dem X-FIX-Tool in der Hinterachse überflüssige Werkzeuge.
  3. Der DuoLink-Hinterbau sorgt für Variabilität in Laufradgrößen bzw. Scaled Sizing, ohne die Rahmengeometrie maßgeblich zu verändern.
  4. Die DynaLevel SAG-Anzeige ermöglicht die schnelle Einstellung und Kontrolle des Dämpfer-Setups, während man auf dem Rad sitzt.
  5. Das stabile Schaltauge mit Sollbruchstelle an der Schraube und die am Unterrohr integrierte Ersatzschraube führen dazu, dass man einen Defekt schnell beheben kann.

Eine weitere durchdachte Innovation ist der EVO6-Hinterbau mit passender Nabe für symmetrische Speichenwinkel auf Antriebs- und Bremsseite. Das bedeutet im Detail, dass die Nabenflansche nicht, wie bei Boost üblich, auf beiden Seiten 3 mm nach außen gewandert sind, sondern nur der Flansch auf der Antriebsseite, und das um ganze 6 mm. Der Vorteil davon ist eine verbesserte Kettenlinie für die leichteren Gänge ab Mitte der Kassette. Nachteil dieser Eigenheit: Andere Naben und Laufräder müssen um 3 mm versetzt werden, bevor man sie im Liteville 101 fahren kann.

Nützlich: Mit dem 5-mm-Inbus, der in der X-12-Steckachse verstaut werden kann, lassen sich fast alle Schrauben nachziehen.
Nützlich: Mit dem 5-mm-Inbus, der in der X-12-Steckachse verstaut werden kann, lassen sich fast alle Schrauben nachziehen.
Der Rockguard SL schützt das Schaltwerk vor ungewolltem Kontakt mit Hindernissen.
Der Rockguard SL schützt das Schaltwerk vor ungewolltem Kontakt mit Hindernissen.
Mit Liebe zum Detail: Bei Liteville ist ein Bike mehr als die Summe seiner Teile.
Mit Liebe zum Detail: Bei Liteville ist ein Bike mehr als die Summe seiner Teile.
Boost weitergedacht: Der asymmetrische EVO6-Rahmenstandard sorgt für symmetrische Speichenwinkel und soll damit ein besonders stabiles Hinterrad ermöglichen.
Boost weitergedacht: Der asymmetrische EVO6-Rahmenstandard sorgt für symmetrische Speichenwinkel und soll damit ein besonders stabiles Hinterrad ermöglichen.
Mit dem DuoLink wird der Rahmen auf die unterschiedlichen Laufradgrößen angepasst, ohne dass sich dadurch die Gesamtgeometrie des Bikes verändert.
Mit dem DuoLink wird der Rahmen auf die unterschiedlichen Laufradgrößen angepasst, ohne dass sich dadurch die Gesamtgeometrie des Bikes verändert.

Die Ausstattung der Liteville 101 MK1 Trail Werksmaschine

Die Ausstattung der 101 Trail Werksmaschine besteht aus einem RockShox-Fahrwerk mit PIKE RCT3-Federgabel und Monarch RT3 DebonAir-Dämpfer, die jeweils 120 mm Federweg freigeben. Geschaltet wird mit Shimano XT M8000-Antrieb in 2×11-Ausführung mit 36/26-Kettenblättern und 11–42er XT-Kassette. Die XT-Bremsen verzögern zwar ordentlich, allerdings störte auch an diesem Testrad der wandernde Druckpunkt, der jeden Bremsvorgang zu einem Griff in die Lostrommel macht.

Solide Grundausstattung: Der XT M8000-Antrieb hat uns überzeugt, allerdings würde das ebenfalls erhältliche 1x-Setup noch besser ins Gesamtkonzept passen.
Solide Grundausstattung: Der XT M8000-Antrieb hat uns überzeugt, allerdings würde das ebenfalls erhältliche 1x-Setup noch besser ins Gesamtkonzept passen.
Braaaap: … die Syntace Motogrips waren angenehm zu greifen. Das Cockpit wirkt durch den 2-fach-Antrieb aber überladen.
Braaaap: … die Syntace Motogrips waren angenehm zu greifen. Das Cockpit wirkt durch den 2-fach-Antrieb aber überladen.

Federgabel: RockShox Pike RCT3 120 mm
Dämpfer: RockShox Monarch RT3 DebonAir 120 mm
Vorbau: Syntace F109 50 mm
Lenker: Syntace Vector Carbon High10 760 mm
Sattelstütze: RockShox Reverb Stealth 150 mm
Drivetrain: Shimano Deore XT 2×11
Bremsen: Shimano Deore XT 203 mm / 180 mm
Laufräder: Syntace W35 MX 29″ / W30 MX 27,5″
Reifen: Schwalbe Racing Ralph 2.25 / NobbyNic 2.35
Gewicht: 13,14 kg
Preis: 5.498 €

Die Syntace W35/30 MX-Laufräder in 29″ vorn und 27,5″ hinten verrichteten ihren Dienst zuverlässig und fallen nur durch den Sound der lautstarken HiTorque MX-Hinterradnabe auf. Auf den 35 bzw. 30 mm breiten Felgen sitzen ein 2,35er Schwalbe Nobby Nic (VR) und ein 2,25er Racing Ralph (HR). Dank der RockShox Reverb-Teleskopsattelstütze mit 150 mm ist der ergonomische SQ Lab-Sattel auch bei steilen Abfahrten nie im Weg. Das Cockpit besteht aus dem bewährten Syntace Vector Carbon High10-Lenker in 760 mm Breite und dem Syntace Megaforce 2-Vorbau in 50 mm Länge.

Grip oder Slip: Für ausgedehnte Touren ist die Schwalbe-Bereifung gut geeignet. Wird es aber feucht oder technisch, wären etwas griffigere Pneus von Vorteil.
Grip oder Slip: Für ausgedehnte Touren ist die Schwalbe-Bereifung gut geeignet. Wird es aber feucht oder technisch, wären etwas griffigere Pneus von Vorteil.
Klingel überflüssig: Manche lieben es, andere nicht – die HiTorque MX-Nabe mit Zahnscheibenfreilauf gibt eine unüberhörbare Geräuschkulisse auf ihren 36 Zähnen.
Klingel überflüssig: Manche lieben es, andere nicht – die HiTorque MX-Nabe mit Zahnscheibenfreilauf gibt eine unüberhörbare Geräuschkulisse auf ihren 36 Zähnen.

Geometrie des Liteville 101 MK1

Bei der Geometrie setzt Liteville auf Variabilität und bietet zahlreiche Konfigurationen an. Unser Testbike in Größe Medium verfügt über ein 29″-Vorder- und ein 27,5″-Hinterrad, ist aber auch als kompletter 29er oder bei kleineren Größen als komplettes 27,5″-Bike bzw. auch mit 26″-Hinterrad erhältlich. Liteville nennt dies Scaled Sizing und passt die Laufradgröße an die Körperproportionen des Fahrers an. So wollen die Allgäuer jedem Fahrer das gleiche Fahrerlebnis aus hoher Überrolleigenschaft mit kurzen, verspielten Kettenstreben bieten. Vorn wird daher ein größeres Laufrad verbaut, um besseres Überrollen, verstärkte Bremspower und erhöhte Spurtreue zu generieren. Hinten wird mit dem kleineren Laufrad auf mehr Stabilität, Wendigkeit und geringeres Gewicht gesetzt. Für die von uns getestete 101 Trail Werksmaschine ergeben sich folgende Geometriedaten:

Rahmen 101
Rahmengröße M
Oberrohr 595 mm
Steuerrohr 120 mm
Sitzrohr 430 mm
Sitzrohrwinkel 73,7°
Lenkwinkel 65,9 °
Tretlagerhöhe 337 mm
Radstand 1163 mm
Reach 418 mm
Stack 606 mm

Mit 432,8 mm sind die Kettenstreben eher kurz und vermitteln trotzdem viel Sicherheit, wenn es auch mal schneller im Downhill zur Sache geht. Ausreichend Wendigkeit ist durch den kompakten Hauptrahmen und das 27,5er-Hinterrad gegeben. Für ein solches Touren- und Trailfully ist der Lenkwinkel mit 65,9° relativ flach und beschert jedem Piloten ein komfortables Handling ohne Überschlagsgefühle – egal ob es steil oder verblockt ist.

Die Liteville 101 MK1 Werksmaschine auf dem Trail

Vor allem bergauf erwies sich der Hinterbau bei uns nicht als hundertprozentig antriebsneutral. Wenn das Gewicht bergauf nach hinten wandert, sitzt man tiefer im SAG als zuvor eingestellt, was sich negativ auf die Effizienz auswirkt. In technischen Uphill-Passagen mag die dadurch erhöhte Kompression am Heck von Vorteil sein, stört jedoch auf Dauer in längeren Schotteranstiegen. Mit straffem oder gelocktem Dämpfer ist der Uphill jedoch für diesen Allrounder eine echte Paradedisziplin. Trotz des Sitzwinkels von 73,7° bringt das 101 auch bei steileren Uphills genügend Druck aufs Vorderrad, sodass es nie den Bodenkontakt verliert. Dieses Bike bergauf zu prügeln macht richtig Spaß – zumindest wenn man den Dämpfer gelockt hat.

Durch das kleinere Rad am Heck steigt die Wendigkeit und auch das Anheben des Vorderrades wird spürbar erleichtert. Das 101 liegt satt und ruhig auf dem Trail, ohne dass das Vorderrad beim Lenken wegkippt. Das große Vorderrad sorgt für einen ruhigen Geradeauslauf, hohe Spurtreue und gutes Überrollverhalten. Die RockShox RCT3-Gabel passt sehr gut in das Konzept des Liteville 101. Ein feines Ansprechverhalten mit moderater Progressivität sorgt dafür, dass der Federweg effizient genutzt wird. Mit ihren 35-mm-Tauchrohren trägt die Gabel zur verbesserten Gesamtsteifigkeit der Front bei, was sich vor allem in grobem Geläuf bemerkbar macht. Der Hinterbau arbeitet sehr präzise und hält das Liteville 101 MK1 auch in schnellen, ruppigen Passagen ruhig.

Die steife Front und der flache Lenkwinkel vermitteln viel Sicherheit.
Die steife Front und der flache Lenkwinkel vermitteln viel Sicherheit.

Die Schwalbe Nobby Nic/Racing Ralph-Kombi ist für Touren ausreichend, wer auf anspruchsvolleren Singletrails unterwegs ist, sollte sich jedoch etwas potentere Reifen montieren. Um das Liteville-Konzept aus stabilen, leichten und verlässlichen Produkten noch etwas zu verfeinern, würden wir die ebenfalls angebotene 1×11-Version bevorzugen. Diese sorgt zudem für ein übersichtlicheres Cockpit, erhöht die Benutzerfreundlichkeit und senkt das Gewicht.

Dank des kleinen 27,5″-Hinterrads lädt das 101 ständig zum Trailsurfen ein.
Dank des kleinen 27,5″-Hinterrads lädt das 101 ständig zum Trailsurfen ein.

Fazit

In den zahlreichen Entwicklungen von Liteville und Syntace stecken viel Liebe zum Detail und Benutzerfreundlichkeit. Dieser Aufwand und die Kleinserien von Liteville zeigen sich allerdings auch im gehobenen Preis. Die Liteville 101 MK1 Trail Werksmaschine ist ein solides Trailbike, konzipiert für einen sehr breiten Einsatzbereich. Durch das Scaled Sizing werden die Laufradgrößen optimal auf die Bedürfnisse der Fahrer abgestimmt – so wird das Liteville 101 dank des großen Vorderrads zwar laufruhig, bleibt aber aufgrund der kurzen Kettenstreben sehr agil und verspielt. Mit dem 120-mm-Fahrwerk von RockShox und den hochwertigen Syntace-Komponenten scheut es weder ruppige, steile Downhills, noch technische Anstiege. Das Erscheinungsbild des 101 ist ganz Liteville-like auffällig unauffällig und bietet jedem Trailverliebten ein stimmiges Gesamtkonzept. Zu empfehlen ist allerdings die gegen 350 € Aufpreis erhältliche 1×11-Version mit SRAMs X01-Antrieb.


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Text: Fotos: Noah Haxel