Vergangenes Wochenende fand in Whistler die sechste Runde der EWS 2015 statt. François Bailly-Maître ging an den Start und fuhr auf einen starken fünften Platz, obwohl nicht alles planmäßig bei ihm verlief. Was genau los war, erfahrt ihr in seinem eigenen Rennbericht:

Die Enduro World Series ging letztes Wochenende in ihre sechste Runde, und das in einem wahren Mountainbike-Mekka: im kanadischen Whistler. Eine Woche nach der Tragödie in Crested Butte muss die Show weitergehen. Ein grosser Tag erwartete uns: Fünf Etappen mit mehr als 4.200 Meter Talfahrt.

Letztes Jahr wurde ich hier Siebter, weshalb ich sehr motiviert war, mich dieses Jahr noch zusätzlich zu verbessern.

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Die erste Etappe, die kürzeste des Tages, war echt schwierig zu fahren. Ich konnte den richtigen Rhythmus einfach nicht finden und wollte immer zu schnell sein. Meine Füße schlüpften ein paar Mal aus den Pedalen, weshalb ich nicht richtig in die Kurven sprinten konnte – das hat mich einige wertvolle Sekunden gekostet. Ich hätte diese Etappe anders angehen sollen. Mit einer sauberen Fahrt und guter Beschleunigung aus den Kurven heraus wäre ich besser gefahren. Schlussendlich endete ich auf dem 17. Platz, 24 Sekunden hinter dem Australier Josh Carlson. Ich war ziemlich enttäuscht von meiner Fahrt, aber ich setzte alles auf die lange zweite Etappe, um wieder auf Kurs zu kommen.

Die zweite Etappe führte sprichwörtlich über den Gipfel der Welt, das berühmte “Top of the World”. Die Aussicht von dort oben ist schlicht atemberaubend. Die ersten paar Meter sind allerdings sehr ungewöhnlich, mit vielen grossen Steinen und zahlreichen engen Kurven.

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Es war die längste Etappe des Tages. Ihr zweiter Teil, der durch einen Wald führte, war sehr rutschig und körperlich anspruchsvoll zu fahren. Diese Etappe würde die Lücken zwischen den einzelnen Fahrern noch zusätzlich vergrößern, da war ich mir sicher. Trotzdem war ich dieses Mal voll mit dabei. Ich schaffte es, bis an meine Grenzen zu gehen: Obwohl ich ein- oder zweimal ziemlich erschrocken bin, schaffte ich es, auf dem Bike zu bleiben. Die Etappe war lang und anspruchsvoll, weswegen ich nicht fester in die Pedale treten konnte. Mit seinen 29 Zoll-Rädern hat mein BMC Trailfox jeden Meter nur so geschluckt und jedes Hindernis mit Leichtigkeit überwunden. Das war eine waschechte Enduro-Etappe!

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Ich fuhr auf den fünften Platz, neun Sekunden hinter Josh Carlson, der seine zweite Etappe an diesem Tag gewonnen hatte. Ich konnte mich im Gesamtranking einige Plätze nach oben korrigieren – allerdings war das Rennen zu diesem Punkt noch nicht mal zur Hälfte durch.

Der erste Teil der dritten Etappe war mit seinen vielen flachen Ecken ziemlich gewöhnungsbedürftig. Auf dem alten Trail konnte man leicht an etwas hängenbleiben, weswegen mir diese Etappe nicht wirklich Spass gemacht hat. Ich musste versuchen, mich auf die Kurven zu fokussieren und die Geschwindigkeit möglichst zu halten. Bei einer der letzten Kurven passierte es dann: Mein Vorderrad ist mir weggerutscht. Ich zog am Lenker, um den Sturz abzufangen und setzte einen Fuss auf den Boden, um meine Balance zu halten – doch es war bereits zu spät. Irgendwas war nicht okay, ich fühlte es. Ich hatte mir meine Schulter ausgekugelt! Ich musste für einige Sekunden anhalten, um sie wieder einzurenken. Da es nicht das erste Mal war, dass mir das passiert ist, hatte ich nicht viel Zeit verloren. Trotzdem, jede Sekunde zählt und wenn ich so zurückschaue, war das wohl der Moment, der mich meinen Top-5-Platz gekostet hat.

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Mein Plan für die vierte Etappe stand fest: attackieren, dabei aber nicht über meine Grenzen gehen. Letztes Jahr schnitt ich auf diesem Abschnitt sehr gut ab, und auch wenn wir dieses Jahr nur einen Teil davon gefahren sind, wusste ich, dass ich hier gut sein würde. Im neuen Teil der Etappe galt es viele Absätze zu bewältigen. Ich nutzte meine Skifahrer-Kenntnisse um so viel Geschwindigkeit wie nur möglich mitzunehmen. Ich fuhr schnell und sauber auf dieser Etappe und erreichte den guten vierten Platz – meine beste Platzierung des Tages, sieben Sekunden hinter Fabien Barel.

Obwohl ich das Ranking vor Etappe 5 nicht geprüft hatte, wusste ich: Das hier wird entscheidend. Allerdings habe ich es irgendwie verpasst – wir alle haben es verpasst – in solchem Gelände so schnell wie die Yeti-Jungs zu sein. Doch: Was genau haben wir verpasst? Ich landete auf dem achten Platz und dachte, ich hätte eine gute Stage gefahren. Dabei lag ich allerdings ganze 34 Sekunden hinter Richie Rude! Yoan Barelli, Etappen-Dritter, war 25 Sekunden dahinter. Rude und Graves haben diese letzte, Bikepark-ähnliche Etappe echt dominiert!

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Trotz zwei durchschnittlicher Etappen war ich auf der provisorischen Rangliste auf dem zweiten Rang hinter Jared Graves positioniert, als ich die Ziellinie überquerte. Lange Zeit war ich unter den Top 3. Es war echt cool, den Lauf der anderen auf dem grossen Bildschirm mitzuverfolgen und ihre Zeit laufen zu sehen.

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Schlussendlich fuhr ich auf den fünften Gesamtrang. Ich hätte erwartet, dass mich das Intermezzo mit meiner Schulter während der dritten Etappe weiter zurückwirft. Deswegen bin ich sehr zufrieden mit meinem Resultat. Der Sieg war definitiv ausser Reichweite, nicht aber ein Platz auf dem Podium. Ich hoffe, dass es bei der nächsten Runde dafür reicht!

Final results
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Text: François Bailly-Maître Bilder: BMC / Jérémie Reuiller, www.reuiller.com


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