Ein Bikerennen mitten durch den Dschungel von Sri Lanka – für Kerstin Kögler war es eine Fahrt ins Unbekannte. Sie folgte der Einladung, ihr BMC Racing Team beim ersten Stage-Rennen der Insel zu vertreten und wurde mit unvergesslichen Eindrücken belohnt: Strände und grüne Berge im Hinterland, Teeplantagen, Wasserfälle, staunende Menschen am Straßenrand, Kindern, die den Fahrern anfeuernd durch die Dörfer hinterher liefen, täglicher tropischer Monsunregen, bunte Schmetterlinge und Affen auf dem Trail.Lest hier ihren Rennbericht.

Die halbe Welt ist vertreten beim Yak Attac: Nationalitäten, die man sonst nicht unbedingt bei einem Marathon trifft
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Das Highlight des Rennens waren die „Welten“, die im Fahrerlager des ersten YAK ATTACK Events in Sri Lanka aufeinander prallten. Unter den 37 Startern waren Profis z.B. aus Canada, USA, Japan, Nepal, Spanien oder Indien. Hinzu kam noch eine Reihe abenteuerlustiger Hobbyfahrer aus Australien, England, Südafrika. Jeder kannte spätestens nach einem Tag jeden und die gemeinsamen Erlebnisse rückten den eigentlichen Renncharakter immer weiter in den Hintergrund.

Kertsin Kögler, BMC Racing Team. Unvergessliche Eindrücke und ein 4. Platz in der Gesamtwertung
Kertsin Kögler, BMC Racing Team. Unvergessliche Eindrücke und ein 4. Platz in der Gesamtwertung

Die Profis der Indischen Armee – in etwa vergleichbar mit der Sportfördergruppe der Bundeswehr – waren zum ersten Mal international unterwegs. Ihre Ausstattung war abenteuerlich: fünf von sechs Fahrern waren mit Turnschuhen unterwegs, keiner hatte trotz täglich einsetzender Monsunregen eine Regenjacke dabei, und einer von ihnen am letzten tag keine Bremsbeläge mehr an der Hinterradbremse. Was ihn jedoch nicht vom Weiterfahren abhielt, denn bei Defekten wurde von allen Teilnehmern einfach nach „McGyver“ Art improvisiert.

Einmal quer durch Dschungel und Teeplantagen
Einmal quer durch Dschungel und Teeplantagen

Ich selbst startete gut ins Rennen und sicherte mir an Tag eins und zwei jeweils den zweiten Platz der Tageswertung bei den Damen. Obgleich ich in diesem Jahr ausschließlich Enduro Rennen gefahren war, profitierte ich sicherlich von den vielen Jahren im Marathon-Rennzirkus. Ich hatte schon immer einen Dieselmotor und komme mit zunehmender Renndauer immer besser in Fahrt. Dies nutzte ich um mich an den letzten Bergen jeweils auf Platz 2 zu schieben und den Abstand zu meiner Freundin und zugleich größten Konkurrentin Myriam Saugy aus der Schweiz zu verringern. Myriam und ich bildeten sicherlich das wetteiferndste aber auch lustigste Doppel-Gespann beim Rumble in the Jungle.

Regionale Küche. Ein streikender Magen nahm Kerstin ab Tag 2 aber ihre Chancen auf einen Podiumsplatz
Regionale Küche. Ein streikender Magen nahm Kerstin ab Tag 2 aber ihre Chancen auf einen Podiumsplatz

An Tag 3 endete für mich jedoch der Wettkampf abrupt – Magenprobleme ließen eine normale Leistung nicht zu. Da dies ausgerechnet auf der Königsetappe mit über 2.500 Höhenmetern bergauf, starken Monsunregen und Kälte auf dem Hochplateau auf 2.000 Metern passierte, wurde dieser Tag zu einem mentalen Kraftakt. Es war sicherlich einer meiner härtesten Bike-Tage und nach über 7 Stunden erreichte ich als vorletzte das Ziel in Nuwara Eliya. Die Hälfte des Anstieges motivierte mich Laxmi, eine Fahrerin aus Nepal. Auch sie besaß nicht mal eine Regenjacke und kämpfte sich an diesem Tag durch Kälte und starken Regen. Eine Regenjacke und eine Packung Lebkuchen sind als Dankeschön bereits nach Nepal zu ihr unterwegs. Auf Myriam verlor ich an diesem Tag über 2,5 Stunden. Alle haben sich danach super um mich gekümmert. Nach einer Dusche und ein bisschen Schlaf reifte dann bei einem großen Glas isotonischen Bier der Entschluss, alles zu geben um am nächsten Tag das Ziel in Kandy zu erreichen.

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Natürlich ließ ich es am letzten Tag ruhig angehen, für alles weitere reichte auch die Kraft mit leerem und streikenden Magen nicht. 6 Scheiben Weißbrot zum Frühstück, 2 Gels und 3 Liter Isogetränk brachten mich nach 3 Stunden 45 Minuten ins Ziel. Ich fand dabei spannende Gesellschaft durch einen Fahrer der indischen Armee, genoss die Gespräche und den Austausch mit ihm und gewann Eindrücke über das Mountainbiken in Indien. Bei langsamer Fahrt konnte ich auch die Landschaft und all die Eindrücke und Impressionen viel besser wahrnehmen als noch in den ersten beiden Tagen während des Rennens. Mit Gänsehaut überquerten wir nach 4 Tagen im Dschungel, knapp 300 Kilometern und mehr als 7.500 Höhenmetern in Kandy die Ziellinie. Jeder einzelne Tag war ein Erlebnis und dabei Grenzerfahrung auf seine ganz eigene Art. Insgesamt landete ich auf Platz 4 der Damen – doch das Ergebnis wird von allem Erlebten überboten.

Und was das schönste für mich während des Rennens war: Die gemeinsamen Erlebnisse und das verbindende Thema „Bike“ ließ Grenzen überschreiten. Am letzten Abend, bei Tanz und Musik waren alle Fremdheiten vergessen. Kanadier tanzten mit Nepalis, Europäer mit Sri Lankas, Australier mit Indern….Menschen mit Menschen!

Text: Kerstin Kögler Fotos: Kerstin Kögler, GauravMan Sherchan


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