„Was zur Hölle fährst du denn da?“ Wer ein Plus-Bike fährt, und noch dazu eins für Frauen, zieht auf dem Trail eine Menge Aufmerksamkeit auf sich. Kommt dann noch das Specialized SWAT-System dazu, geht die Fragerei richtig los. Wir haben das Specialized Rhyme FSR Expert 6Fattie getestet, um rauszufinden, was es neben der Verwirrung von Mitmenschen noch so draufhat.
Die Ausstattung des Specialized Rhyme FSR Expert 6Fattie
Die Preisspanne beim Specialized Rhyme 6Fattie reicht von 2.900 € bis zu 6.300 € für das Premium-Modell Expert, das wir hier getestet haben. Dabei handelt es sich um einen soliden Aufbau speziell für Frauen, bei dem alle Kontaktpunkte mit durchdachten Komponenten versehen sind. Hier eine SRAM XO1 1×11-Antriebsgruppe vorzufinden ist umso erfrischender, weil viele Marken wegen unserer „schwächeren Beine“ auf 2x-Antriebe setzen. Specialized versteht dagegen, dass sich auch Frauen 1x-Antriebe mit höchster Performance wünschen. Die 10–42t-Kassette sorgt zusammen mit dem 28er-Kettenblatt (etwas kleiner als gewohnt) für eine Bandbreite bei den niedrigeren Gängen, mit der man fast überall hochkommt. Dem FOX FLOAT Factory DPS-Dämpfer hat man ein Women’s RX Trail Tune gegönnt, bei dem das niedrigere Gewicht und der weniger aggressive Fahrstil der meisten Fahrerinnen Berücksichtigung fanden. Zum Glück hat Specialized vorne weiterhin auf Bulligkeit gesetzt und eine FOX 34-Federgabel verbaut, dank deren 150 mm geschmeidigen Federwegs man stets bereit ist für die großen Brocken. Die Reifen, Specializeds hauseigene 6Fattie Purgatory Control/Ground Control, verfügen bei einer Breite von 3″ über eine riesige Kontaktfläche und kleben am Boden wie ein Igel an einer Dartscheibe. Der 720-mm-Lenker könnte für manche Damen etwas zu schmal sein und das niedrige Tretlager (331 mm) sorgt evtl. für Verwunderung bei Leuten, die in der Nähe von verblockten Anstiegen leben, doch mindestens genauso viele werden das verbesserte Kurvenverhalten lieben.
Federgabel: FOX 34 Plus Performance Elite, 150 mm
Dämpfer: FOX FLOAT Factory DPS with AUTOSAG
Bremsen: Shimano Deore XT
Antriebsgruppe: SRAM X01, 1×11
Sattelstütze: Specialized Command Post IRcc (XS/S: 75 mm, M: 100 mm)
Vorbau: Specialized XC (XS/S: 45 mm, M: 60 mm)
Lenker: Specialized, 720 mm
Laufräder: Roval Traverse 650b, 29 mm Innenbreite
Reifen: Specialized 6Fattie Purgatory Control/Ground Control 60TPI, 2Bliss Ready, Faltreifen, 650bx3.0″
Gewicht: 13,8 kg
Preis: 6300 € (£ 4,800)
Das Specialized Rhyme FSR Expert 6Fattie auf dem Trail
Der wichtigste Faktor bei den Plus-Reifen ist der Druck. Man könnte leicht auf die Idee kommen, dass man bei dem enormen Reifenvolumen mit absurd niedrigen Drücken fahren kann – doch dann erhält man ein gemächliches, schwerfälliges Bike mit dem Handling eines besoffenen Pferds. Für uns lag der perfekte Druck bei 1,0 bar vorne und 1,1 bar hinten, damit rollen die Reifen schnell und bieten in Kurven jede Menge Grip, ohne zu stark wegzuknicken. Mit den richtigen Drücken ist das Rhyme 6Fattie ein Bike, das von der ersten Sekunde an Spaß macht. Die großzügige Bandbreite an Gängen macht es einem bergauf leicht und der Body Geometry Women’s Myth-Sattel sorgt dafür, dass man es dabei schön bequem hat. Wer wegen der breiten Reifen ein träges Uphill-Verhalten erwartet, wird überrascht sein von der Agilität und Geschwindigkeit, die das Bike bergauf an den Tag legt. Im Trailcenter und auf hartem Boden prescht es nach vorne und rollt verdammt schnell. Der Women’s RX Trail Tune des FOX Float-Dämpfers passte für unsere 58 kg schwere Testerin sehr gut und das AutoSAG-System war hilfreich, um ein gutes Basis-Setting zu finden, an dem man nicht mehr viel machen musste (aggressive Fahrerinnen wünschen sich vielleicht etwas mehr Druck im Dämpfer). Wir empfanden die Traktion hinten in weiten Kurven und auf schnellen, geraden Strecken als hervorragend. In technischerem Gelände schluckte das Rhyme Schläge gut weg, wobei es auf kleinen Unebenheiten deutlich schneller rollt als 27,5″-Bikes. Fahrerinnen, deren Fähigkeiten auf mittlerem Niveau liegen, werden sich über die zusätzliche Selbstsicherheit freuen, die die Plus-Reifen verleihen: ein komfortables Fahrgefühl mit massiv viel Grip und Sicherheit, schonend für die Arme und den Oberkörper.
Auf sehr steilen Trails hatten wir den Eindruck, dass die Purgatory Control-/Ground Control-Reifen das Handling ein klein wenig vage und weniger sensibel machten, ihnen fehlte hier das laserpräzise Handling, das man für einen dynamischen Fahrstil auf Endurotrails braucht. Hier wären aggressivere Reifen vonnöten. Die Stabilität steht außer Frage, doch auf sehr anspruchsvollen Trails befinden sehr fortgeschrittene Fahrerinnen die 6Fatties vielleicht für weniger kompetent als ihre schlankeren Standard-Gegenstücke. Dennoch geht das ein wenig an der Sache vorbei, denn auf flowigen Trails und in spaßigen Kurven versetzt einen das Rhyme 6Fattie in einen wahren Spaßrausch, und das gilt besonders für alle, deren Können im mittleren Bereich liegt. Ach ja, und das SWAT-Stausystem ist fantastisch, jedes Bike sollte eins haben!
Fazit
Man sollte dem Team von Specialized ein großes Lob dafür aussprechen, dass es ein „frauenspezifisches“ Bike auf den Markt gebracht hat, bei dem man nicht das Gefühl hat, es handle sich um eine Schmalspurversion. Wer sich ein Bike wünscht, das auf flowigen Trails, Singletrails und im Trailcenter das Selbstvertrauen in die Höhe schnellen lässt, für den bietet das Specialized Rhyme 6Fattie Unmengen an Grip und Spaß. Der AutoSAG und das SWAT-System machen das Setup einfach und erleichtern es, das volle Potenzial des Rhyme zu genießen. Wer aber steile Hänge oder Endurotrails runterheizen will, der sollte ein paar aggressivere Plus-Reifen aufziehen oder bei traditionellem Gummi bleiben.
Weitere Informationen findet ihr auf specialized.com
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