An kaum einem Ort der Erde können Bikefahrwerke besser getestet und optimiert werden als in der Region um Whistler, British Columbia, und so überrascht es nicht allzu sehr, dass genau dort eine Firma ihren Sitz hat, die sich ganz dem Fahrwerkstuning verschrieben hat. Die Rede ist von Vorsprung Suspension, die aktuell mit dem Corset eine überarbeitete Luftkammer vorgestellt haben, mit der sich die Performance einer ganzen Reihe unterschiedlicher FOX-Dämpfer verbessern lässt. Damit sind sie der Entwicklungsabteilung von FOX einen deutlichen Schritt voraus – denn obwohl FOX mit der EVOL-Luftkammer kürzlich ein ähnliches Produkt vorgestellt hat, lässt sich die Corset-Lösung im Gegensatz dazu auch an älteren Dämpfermodellen nachrüsten.

The Vorsprung Corset claims coil like performance for air shocks
Die Performance eines Dämpfers mit Corset-Kammer soll der eines Stahlfederdämpfers schon sehr nahe kommen.

Dabei ist das Prinzip dieser Tuningluftkammer relativ einfach. Im Vergleich zur Serienausführung findet man in ihr eine größere Negativ- sowie eine kleinere Positivkammer. Letztere ist zudem zweigeteilt, was die Sensibilität bei kleinen Unebenheiten erhöht und gleichzeitig ein Durchrauschen durch den mittleren Federweg verhindern soll. Ein feinfühliges Fahrwerk ist natürlich eine gute Sache, aber gerade das lästige Durchrauschen eines Luftfahrwerks ist etwas, an dem sich viele Fahrer mit aggressiverem Fahrstil häufig stören.

The Corset against the standard Fox Float X aircan, you can see the larger negative spring chamber
Im direkten Vergleich kann man an der Corset die größere Kammer der Negativfeder deutlich erkennen.

Die Corset ist in einer Vielzahl verschiedener Größen erhältlich und kommt vormontiert mit sämtlichen Dichtungen zu einem Preis von rund 150 CAD (ca. 109 €) in den Handel. Mittlerweile sind auch in Europa einschlägig bekannte Fahrwerkstuner wie TF Tuned in England von diesem einfachen, aber wirkungsvollen Upgrade überzeugt. Die Tuningkammer von Vorsprung Suspension ist mit folgenden Dämpfermodellen kompatibel:

  • FLOAT CTD
  • FLOAT X
  • FLOAT R-Serie
  • FLOAT Triad
  • FLOAT Autosag
  • DHX Air-Serie

So simpel das Prinzip der Corset ist, so einfach gestaltet sich auch ihre Montage: Dämpfer ausbauen, Luft ablassen, Serienluftkammer abschrauben und durch die Corset ersetzen. Fertig!

Um die Funktionsweise der überarbeiteten Kammer verstehen zu können, wollen wir euch kurz das eigentliche Prinzip herkömmlicher Luftdämpfer vor Augen führen. Deren Kennlinie ist anfangs alles andere als linear, da viel Kraft nötig ist, um die Luft zu komprimieren. Ist dieses Losbrechmoment einmal überwunden, so bietet der Dämpfer im weiteren Verlauf relativ wenig Widerstand, um dann zum Ende hin stark progressiv zu werden. Gegen das Losbrechmoment arbeitet die sogenannte Negativkammer. Je größer ihr Volumen ist, desto weiter verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen beiden Kammern in Richtung Kurvenanfang und der Dämpfer spricht feiner an. Da die Negativkammer am Corset gegenüber der Serie deutlich größer ist, reagiert ein umgerüsteter Dämpfer schon bei kleinsten Unebenheiten sehr sensibel. Gleichzeitig erreicht man durch das verringerte Volumen in der Hauptkammer einen höheren Druck, was dem Dämpfer zu spürbar mehr Stabilität im mittleren Bereich des Federwegs verhilft.

Fitment is a five minute job, simply depressurise and screw off the old can
Die Montage ist kinderleicht und dauert nur fünf Minuten.

Kurzum, die Corset Luftkammer verspricht, mit den typischen Schwächen eines Luftdämpfers aufzuräumen, und wir konnten es kaum erwarten, ein Exemplar in der Praxis zu testen.

Erster Eindruck

Die Tuningluftkammer kam an unserem Langzeittestbike, dem Yeti SB6c, zum Einsatz und nach ca. 500 km ist es Zeit für ein kleines, aber durchaus positives Fazit. Im direkten Vergleich mit einem frisch überholten FLOAT X fühlt sich der Dämpfer mit der Umrüstluftkammer deutlich aktiver an und verbessert die Traktion am Hinterrad spürbar. Ein Losbrechmoment ist nach dem Umbau kaum mehr vorhanden und der Dämpfer spricht insgesamt um einiges besser an. Am deutlichsten machen sich die Verbesserungen auf den ersten 10–20 % des Hubs bemerkbar. Jetzt werden viele zu Recht sagen, dass man ja üblicherweise mit 25 und mehr Prozent SAG unterwegs ist und somit ja nicht sonderlich stark von dieser Verbesserung profitiert. Diese Überlegung ist prinzipiell richtig, aber Untersuchungen haben gezeigt, dass während einer Fahrt auf dem Trail der Dämpfer sehr häufig komplett ausfedert, beispielsweise bei kleinen Sprüngen oder wenn man das Hinterrad entlastet. So ergibt sich durch den Einsatz der Corset ein deutliches Plus an Grip und Traktion und das Bike wird insgesamt besser kontrollierbar.

We like the stealthy black looks, simple and clean
Das schlichte Design und der schwarze Lack der Corset wissen zu gefallen.

Vorsprung Suspension empfiehlt, einen auf Corset umgerüsteten Dämpfer mit mehr SAG fahren, was in unserem Fall jedoch ein unschönes Wippverhalten zur Folge hatte. Das beste Ergebnis erzielten wir am Yeti SB6c mit 28 % SAG. Der Dämpfer reagierte zu Beginn supersensibel und bot in schnell gefahrenen Anliegerkurven deutlich mehr Stabilität. Um diesen SAG zu erreichen, war eine Erhöhung des Drucks um ca. 30 % notwendig, da das Volumen der Positivkammer im Vergleich zur Serie verringert wurde.

Small bump sensitivity was greatly improved with the Corset
Auf kleine Unebenheiten reagierte der umgerüstete Dämpfer spürbar sensibler.

Dabei blieb die Anfangssensibilität stets erhalten, da der Druck von Positiv- und Negativkammer über einen Überstromkanal ausgeglichen wird. Für ein optimales Fahrverhalten und eine ausgeglichene Kennlinie verbauten wir zudem einen der Spacer, die auch im Seriendämpfer zum Einsatz kommen.

Da die Corset im Vergleich zur Serienkammer mit mehr Druck gefahren wird, sollten gerade schwerere Fahrer das Manometer beim Befüllen stets gut im Auge behalten. Wird der kritische Druck von 250–300 psi überschritten, so können die inneren Dichtungen des Dämpfers Schaden nehmen.

Fazit

Für ein derart leicht zu installierendes Upgrade funktioniert die Corset-Luftkammer richtig gut. Wenn man mit der Performance seines Dämpfers unzufrieden ist – sei es, weil er zu unsensibel reagiert oder zu wenig Widerstand im mittleren Federwegsbereich liefert –, kann dieses Tuningteil eine deutliche Verbesserung bewirken. Allerdings ist der spürbare Erfolg abhängig von der Kinematik des Hinterbaus. Hier profitieren besonders die Konstruktionen, die über eine lineare (Yeti SB66, SB6c o. Ä.) oder eine zum Ende hin degressive Kennlinie (Specialized FSR’s und Bikes mit DW-Link) verfügen. Bei FOX verfolgt man mit der neuen EVOL-Luftkammer einen ähnlichen Ansatz wie bei Vorsprung Suspension, jedoch lässt sich diese nicht an älteren Dämpfern nachrüsten.

ACHTUNG: Beim Ausbau der Corset ist darauf zu achten, dass man die Luft langsam und am besten mithilfe einer Dämpferpumpe ablässt. Entweicht der Druck zu schnell, kann zwischen Positiv- und Negativkammer kein Ausgleich stattfinden. Dies hat zur Folge, dass in der Negativkammer ein hoher Restdruck zurückbleibt, der beim Lösen der Kammer unter Umständen zu einem spektakulären Raketeneffekt führen kann. Daher sollte man bei der Demontage die Kammer von sich weg richten und und darauf achten, dass niemand in der Nähe gefährdet wird.

Text und Bilder: Trev Worsey


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