Biketrips nach Österreich, in die Schweiz oder Italien gehören vielleicht zu den Standardzielen eures Sommerurlaubs. Möglicherweise aber habt ihr auch schon Hafjell besucht und euch in den kanadischen Wäldern umgeschaut. Seid ihr auf der Suche nach neuen, unbekannten Bikezielen? Wie wäre es mit Kolumbien? Der folgende Reisebericht zu einem Biketrip Kolumbien könnte eure kommenden Urlaubspläne maßgeblich beeinflussen.

Wir befinden uns im Anschlussflug von Bogota nach Armenia, unter uns der Nationalpark Los Nevados, alles in sattem Grün. Ausgenommen die 3 weißen Punkte, welche die schneebedeckten Gipfel der über 5000 m hohen Vulkane markieren. Kolumbien, ein Land im Wandel. Vorbei die Zeiten, in denen Guerilla und Drogenbanden Angst und Schrecken verbreiteten. So haben wir uns aufgemacht, um ein neues, bislang unentdecktes Bike Revier unter die Stollen zu nehmen.

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Von Armenia geht es zunächst mit dem PKW nach Salento. Die Landschaft ist wunderschön mit Bambushainen, Kaffee- und Bananenplantagen; auch das ganzjährig herrschende milde Klima und die No-Problem Mentalität der Kolumbianertrtagen dazu bei, dass wir uns sofort sehr wohl fühlen.

Da es hier noch keine Bike-Karten oder ausgeschilderte Trails gibt, haben wir den localen Anbieter Andentours in Salento aufgesucht, welcher auch All Mountain- und Enduro-Bikes als Leihräder anbietet. Wir haben dieses Angebot gerne genutzt, um so auf den stressigen und teuren Bike-Transport mit dem Flugzeug verzichten zu können. Kommunikative Probleme aufgrund unserer mangelhaften Spanischkenntnisse kamen nicht auf, da die Guides englisch und deutsch sprachen.

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Gleich am nächsten Tag rollen wir auf einem angenehm zu befahrenden Schotterweg mit leichter Steigung dem Pass der Zentralkordilleren entgegen. Nach der langen Reise haben wir ein großes Bedürfnis nach Bewegung und verzichten auf den Shuttle Service. Mit jedem zunehmenden Höhenmeter wird die Aussicht immer gigantischer und gibt gelegentlich Blicke auf den weißen Gipfel des Nevado de Tolima frei. Und nicht nur das, wir bekommen auch eine Vielzahl tropischer Vögel wie Papageien, Kolibris und Tukane zu sehen und zu hören.

Gabriel, unser Guide, ist immer gut drauf und freut sich schon wie ein kleines Kind auf die folgende 20 km lange Abfahrt mit mit knapp 1700 Tiefenmeter. O-Ton:

„Den oberen Abschnitt dieses Trails haben wir erst vor ein paar Wochen zufällig entdeckt und uns gleich mit Machete, Schaufel und Motorsäge bewaffnet, um den zum Teil sehr verwilderten historischen Weg neu zu gestalten, den schon der Befreier Südamerikas, Simon Bolivar, mit seinen Truppen passierte.“

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Nach 3 Stunden Pedalieren haben wir den Startpunkt auf 3250 m Höhe erreicht, wo wir uns kurz niederlassen, um die phantastische Aussicht zu geniessen. Die ersten Kilometer gleiten wir mit den Bikes auf einem Kamm mit viel Flow leicht bergab, gelegentlich unterbrochen mit kurzen Gegenanstiegen.

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Dann tauchen wir plötzlich in einen 2 Meter tiefen und 1 Meter breiten Kanal ein, der uns nach 100 m auf einer Kuhweide wieder ausspuckt. Dort befindet sich auch eine Finca, wo wir mit einem echten kolumbianischen Kaffee versorgt werden. Wir folgen dem Trail zunächst weiter auf dem Kamm, bevor er in Serpentinensteil im Wald bergab führt und auf einen Schotterweg trifft, auf dem wir nach 5 Minuten zu einem weiteren Traileinstieg gelangen.

Der nun folgende Part ist ein Traum für jeden Biker und trägt zurecht den Namen Las Alegrias, die Freuden. Die Locals haben hier ganze Arbeit geleistet und einen 1A-FlowTrail geschaffen mit wunderbaren hohen Anliegern, Absätzen für kleine Sprünge und gelegentlichen Wurzelpassagen. Der erste Teil verläuft im Wald, später öffnet sich die Landschaft und gibt Blicke frei auf das bezaubernde Valle de Cocora und die umgebenden Berggipfel.

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Der Trail zieht sich nun langsam den Hang hinunter, erfordert jedoch wegen felsiger Steilkurven zum Schluss nochmal volle Konzentration. Alles in allem ein sehr abwechslungsreicher Trail – wir sind begeistert, haben ein breites Grinsen aufgesetzt, das wir heute wohl nicht mehr loswerden. Abschließend gönnen wir uns noch ein erfrischendes Bad im klaren Rio Quindio. Den Tag lassen wir ausklingen mit dem Verzehr einer schmackhaften, traditionell zubereiteten Forelle und einigen der besten, Fruchtsäfte, die ich je getrunken habe. Wir sind gespannt was folgt, denn Gabriel hat uns für die nächsten Tage noch viele weitere Trail Leckerbissen versprochen.

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Den nächsten Tag fahren wir mit dem Pick-Up zunächst auf den Pass Richtung Bogota. Unterwegs sehen wir eine kleine Gruppe von Downhillern, die sich für den Shuttle mit einer Art Fleischerharken und Fahrradschlauch an die LKWs hängen, Colombian Style! Oben angekommen befinden wir uns über den Wolken auf einer Höhe von 3350 m und genießen wieder eine himmlische Aussicht, bevor wir uns in den Trail stürzen, der mit viel Liebe von den Locals aus dem nahen Calarca angelegt wurde. Wir fegen über Anlieger, passieren kurze Wurzelpassagen auf dem sehr weichen, flowigen Waldboden und nutzen die meisten Sprünge zum Abheben ohne auf die Chicken-Line ausweichen zu müssen.

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Über eine Forststraße gelangen wir zum 2. Trailabschnitt. Hier geht es zunächst in Freestyle-Manier über eine hügelige Wiese, anschließend zieht sich der Trail am Hang entlang und bietet eine schöne Aussicht auf die Zentralkordilleren, bis er für einige Kilometer wieder in den dschungelartigen Wald eintaucht. Auch auf dieser Tour geniessen wir durch den weichen Untergrund einen unglaublichen Flow. Im letzten Part passieren wir Bambushaine und Kaffee- und Bananenplantagen. Da es jedoch mit leichtem Gefälle fast nur geradeaus geht, müssen wir aufgrund der zu erziehlenden Geschwindigkeit unsere Konzentration auf den Trail richten.

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Adrenalingeschwängert erreichen wir Calarca und genehmigen uns die nächste Pulspeitsche, echten kolumbianischen Kaffee. Es fühlt sich alles an wie im Paradies, sodass wir unsere Euphorie nur schwer verbergen können. Alleine die ersten Tage haben die Erwartungen schon übertroffen.

Unser Trip nach Kolumbien war atemberaubend. Flora und Fauna sind unglaublich vielfältig, das Land bietet viele kulturelle Besonderheiten. Vor allem aber kam wir in Sachen Trailsurfen voll auf unsere Kosten. Fortsetzung folgt.

Weitere Infos zum Veranstalter erhaltet ihr auf der Andentours Website

Text und Fotos: Thomas Jentzsch


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