Können Freundschaften auch im knallharten Profisport bestehen? Wir werfen eine Blick auf die Top-Platzierungen der Enduro World Series, um es herauszufinden.

Die aktuelle EWS-Saison läuft schon auf Hochtouren und die ersten beiden Rennen in Südamerika stehen bereits in den Büchern. Seit ihrer Gründung gehören der Spaß und der gemeinsam Wettkampf von Pros und Amateuren zu den Grundfesten der Serie – und trotz aller Kritik: Was die EWS von ähnlichen Events in anderen Sportarten unterscheidet, sind die Freundschaften und das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Fahrern.

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Das immense Wachstum der EWS in ihren Anfangsjahren ist beispiellos und ihre permanent zunehmende Professionalisierung lässt sich nicht von der Hand weisen. Es gibt immer mehr Fahrer, Firmen und Marken, die Teil der Action sein wollen. Wir sehen Mountainbiken oft als einen Sport und als einen Lifestyle, aber letzten Endes steckt dahinter eine Industrie, und hier dreht es häufig sich ums Geld. Wenn im Profisport normalerweise mit dicken Schecks und Verträgen gewunken wird, bleiben Freundschaften auf der Strecke und die Athleten werden egoistisch. Angesichts des immer stärkeren Geldflusses der Bike-Branche in die EWS war es nur abzusehen, dass der Sport sich immer weiter professionalisiert. Viele behaupten, dass die entspannte Atmosphäre, die Kameradschaft und der freundschaftliche Umgang der Rivalen nicht fortbestehen können, wenn die Summen, um die es geht, immer größer werden. Aber stimmt das?

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Macht einen Spaziergang durchs Fahrerlager in einer der EWS-Locations rund um den Globus und ihr werdet sicher knallharte Competition vorfinden. Aber Fahrer unterschiedlicher Teams und Marken die sich miteinander austauschen und bei einem oder zwei Bier ihre Geschichten teilen. Es gibt nicht viele andere Disziplinen, wo die härtesten Konkurrenten, ganz oben an der Spitze, durch echte Freundschaften miteinander verbunden sind. Man stelle sich Fußballer vor, die gemeinsam lachen, grinsen, Witze machen, während sie im Spielertunnel stehen und warten, dass es losgeht, oder Formel-1-Fahrer, die an der Startaufstellung über ihre Autos plaudern. Eher unwahrscheinlich. Die EWS ist eine Großfamilie von Athleten, die gemeinsam um die Welt reisen, um an der Spitze zu racen, aber immer noch zusammen eine geile Zeit haben – auf und neben dem Bike!

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2015 war ein Jahr voller dramatischer Höhen und verheerender Tiefpunkte. Wir sahen neue Talente an der Spitze, neue Gesichter auf dem Podium und einen Wechsel der Favoriten.
Bei den Frauen erlebten wir im letzten Jahr, wie die nächste Generation Fahrerinnen das Podium eroberte, Racerinnen wie Ines Thoma und Isabeau Courdurier. Das gesamte Feld bejubelte und feierte sie dafür, und in wahrer Freundschaft und Sportlichkeit drängten alle Athleten nach vorne, um ihnen zu gratulieren. Die Euphorie und Partyatmosphäre, die nach Greg Callaghans märchenhaftem Sieg auf heimischem Boden in Irland wirklich jeden ergriff, war besonders magisch. Ja, das ist internationales Racing, doch die Atmosphäre ist relaxed und macht Spaß, wie beim Shredden zu Hause mit den Kumpels. Die Racer stehen im Training an den Kurven, um ihre Lines auszuchecken, und finden dabei trotzdem noch Zeit, die anderen beim Losrollen anzufeuern. Natürlich ist die Dynamik am Renntag noch mal eine andere, doch kaum ist es Sonntagabend, fließt wieder das Bier und es gibt massig Gesprächsstoff.

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Und diese Freundschaft zeigt sich nicht nur in den guten Zeiten, selbst aus den dunkelsten Momenten kann etwas Schönes hervorgehen. An das tragische Ereignis von Colorado werden wir immer mit schwerem Herzen und voller Mitgefühl denken, doch die Solidarität der Community, die sich bei den Fahrern und der erweiterten Racing-Familie zeigte, war etwas wahrhaft Schönes. Der Sonntag von Crested Butte war unglaublich bewegend und gewaltig, selbst wenn man die Geschehnisse nur von der anderen Seite der Erde aus über die Bilder verfolgte, die in den sozialen Medien hereintröpfelten. In solchen Momenten, wenn Hunderte Menschen, die eine Leidenschaft teilen, sich zusammentun und gemeinsam auf die Ereignisse reagieren – genau dann wird einem klar, wie unglaublich unser Sport ist.

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In dieser Saison gibt es acht Stopps rund um die Welt, neue Fahrer, neue Teams und neues Terrain. Es ist also klar, dass das Wachstum und die Entwicklung der Enduro World Series mit Vollgas weitergehen. Stellt euch also ein auf ein weiteres Jahr voller großartigem Racing, intensivem Wettstreit und erbitterter Kämpfe, bei denen sich einige der talentiertesten Fahrer der Welt gegenseitig an ihre Grenzen und darüber hinaus treiben. Doch eins wird sich hoffentlich nie ändern, etwas, das den Kern des Endurosports seit seinen Anfängen ausmacht: die Freundschaft und Kameradschaft, der „Spirit of Enduro“. Er ist noch immer das Herz des Sports, und wir hoffen, das wird sich nie ändern.

Text: Ross Bell Bilder: Ross Bell / Trev Worsey


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