München hat ein Imageproblem: Die Isartrails sollen langweilig sein, die Bewohner versnobt, die Stadt ist nicht annähernd so cool wie Berlin – und eigentlich denken die meisten bei München ohnehin nur an Oktoberfest, Lederhosen und die CSU. Dabei hat die charmante Stadt so viel mehr zu bieten, auch für Biker! Bike-Profi Rob Heran nimmt uns mit zu den besten Ecken der Stadt.

Hawaii, Bali, Nepal, Marokko, die USA oder Südafrika, Rob hat mit seinem Bike bereits über die halbe Welt bereist. Zu Hause ist er in München – und das schon seit einigen Jahren. Hier plant er den nächsten Trip, hier lebt er mit seiner Familie, hier bringt er die Kids in die Kita, geht mit seinen Kumpels ein Bier trinken und natürlich auch regelmäßig biken. Wir waren einen Tag mit ihm unterwegs und haben uns das beste Café, den feinsten Pumptrack, die coolsten Ecken der Isartrails sowie die coolste Bar zeigen lassen.

Schwarzes Gold für den Start in den Tag

Los geht unsere Stadtrundfahrt bei Rob zu Hause, mitten im Herzen von München, nur wenige Meter von der Uni entfernt. Parkplätze sind hier ebenso Mangelware wie eine bezahlbare Wohnung oder ein WG-Zimmer zu Semesterbeginn. Kaffeeduft liegt in der Luft, als ich die Wohnung betrete. Kein Wunder, Rob liebt Kaffee! Fragt man ihn, wo es den besten gibt, antwortet er: „Natürlich hier bei mir!“ Bei der Zubereitung wird mir klar, woher die Überzeugung kommt. Für einen doppelten Espresso verwendet er exakt 20,5 g Bohnen und überwacht die Durchlaufzeit seiner La Marzocco Linea Mini mit einer Waage mit integrierter Uhr. Wie das Endprodukt schmeckt? Sagen wir mal … interessant. Wer auf weichgespülten Espresso mit cremigem, vollmundigem Geschmack steht, wird ihn sicher nicht mögen. Markant, kraftvoll, würzig, das beschreibt den Charakter wohl am besten. Der Kaffee eckt an, genau wie Rob, wie sich bei einem Gespräch über E-Mountainbikes schnell herausstellt. „Ob man Dich bald auch auf einem sieht?“, frage ich. „Sicher nicht!“, antwortet er. „E-MTBs sind zwar nicht schlecht, werden immer besser und sprechen massig Menschen an, aber sie sind einfach nichts für mich.“ Diese Prinzipientreue hat die Suche nach einem neuen Sponsor letztes Jahr nicht gerade erleichtert. Doch Rob bleibt sich treu und fand mit Evil den Partner, der perfekt zu ihm passt.

  Bike zusammenbauen, Kumpel anrufen und dann nichts wie ab auf die Trails!

Trails mitten in der Stadt

Sie starten im Herzen der Stadt und bieten allen Bikern Münchens die Möglichkeit der schnellen Lustbefriedigung. Das rechts und links der Isar weit verzweigte Trailnetzwerk, startet kurz nach dem Tierpark Hellabrunn (der perfekte Treffpunkt für die Tour mit Kumpels) und verläuft dann stromaufwärts bis nach Schäftlarn. Klar, große Hügel sucht man auf den Isartrails vergebens, dennoch gibt es einige sehr spaßige Sektionen. Immer wieder verstecken sich im Wald kleine Stepdowns, Sprünge oder Wurzelfelder. Nicht zu vergessen das „Rohr der Angst“, das jedem Biker beim ersten Befahren die Nackenhaare aufstellt. Spaßfaktor und Schwierigkeitslevel steigen potenziell mit der eigenen Geschwindigkeit. Wem die Isartrails also überhaupt nicht taugen, der ist entweder zu langsam oder zu unfit!
Aufgrund des geringen Gefälles lassen sich die Trails in beide Richtungen fahren. Wenn euch die Runde langweilig wird, startet das nächste Mal einfach anders herum. Robs schnelle Afterwork-Runde findet ihr auf Strava.

  Get Airborne! Auch ohne große Höhenmeter kann man an den Isartrails ordentlich abziehen!

Die besten Bikeshops der Stadt

Nicht jeder hat wie Rob eine komplette Werkstatt in der eigenen Wohnung – geschweige denn das Know-how, am eigenen Rad zu schrauben. Bike-Shops gibt es in München unzählige, doch nicht alle sind empfehlenswert. Wer einen Mechaniker mit Geschick und einen Verkäufer mit Fachwissen sucht, wird sowohl im Rocky Mountain and Friends als auch bei Mborg fündig. Letzterer bietet obendrein einen Waschplatz vorm Shop und ist damit die erste Adresse nach einem matschigen Trail-Ride.

Die bunte Seite Münchens

München hat mehr zu bieten als Weißwürste und Bier! Nach einer Runde auf den Isartrails geht’s für uns zum Mittagssnack auf den Viktualienmarkt. Besonders praktisch: Sitzt man draußen, hat man die Bikes im Blick. Der gar nicht mehr so geheime Geheimtipp ist der SABABA-Imbiss direkt am Eingang des Markts. Dort gibt’s Pita-Brot mit Falafel direkt auf die Hand, verfeinert mit einer Auswahl an Gemüse vom Buffet. Für zwei Kugeln Eis schlendern wir vorbei an gleichgeschlechtlichen Ampelmännchen-Paaren und dem indiskretesten Sex-Shop Münchens rüber zum Gärtnerplatz, zum Café Del Fiore.

Geile Trails sind nur das halbe (Sportler-) Leben

„Eat, ride, sleep, repeat!“ Klingt verlockend, wird auf Dauer aber auch langweilig. Sportliche Abwechslung bringt da z. B. Pumptrack fahren, wozu es Rob in den Stadtteil Giesing zieht. Auf dem gut geshapten Pumptrack kann man sich mit verschiedenen Linien die Seele aus dem Leib pumpen.
Wer dann noch nicht genug hat, bekommt im Keller des Pain-Cave von BKLYNBKLYN Athletics den Rest. Das funktionelle Workout mit einem Mix aus Gymnastik, Yoga und Body-Weight-Training ist die perfekte Ergänzung zum Biken. Einfach an den Ringen abhängen ist hier nicht – in den Kursen geht es richtig zur Sache. Für Rob ist das Training wichtiger als die meisten Protektoren: Es schult Reflexe, macht ihn beweglicher und seinen Körper zugleich stabiler. Im Winter findet man ihn daher im Schnitt zweimal die Woche dort.

Bürgerliche Delikatessen und die besten Drinks der Stadt

Ganz ohne Klischees geht es aber natürlich nicht. Deshalb gönnen wir uns zum Abendessen ein deftiges Schnitzel im Café Hüller – eine echte Kult-Adresse, auch zur Mittagszeit! Versnobte Hemdenträger sucht man dort vergebens. Im ehemaligen Arbeiterviertel der Stadt geht es bodenständig zu. Ein weiterer heißer Tipp für Schnitzel-Lover ist das Restaurant Süßmund.
Genau zwischen den beiden Restaurants liegt der letzte Stopp unserer City-Tour: die Zephyr-Bar. Dort riecht es beim Reinkommen mehr nach Kräutergarten als nach Cocktailbar und das spiegelt sich auch in den vielfältigen Drinks wider. Die Auswahl ist einzigartig und wenn man sich nicht entscheiden kann, lässt man sich von den Jungs einfach überraschen.

So sehr es Rob mit seinem VW T3 Bus an die entferntesten Flecken der Erde zieht, so gern kommt er auch zurück nach München. Das Leben in der Stadt ist zwar bei Weitem nicht so aufregend wie eine Nacht unterm Sternenhimmel in Marokko, aber München hat seinen eigenen Reiz. Die pulsierende Stadt ist bunt, vielseitig, abwechslungsreich, bodenständig und hat auch für Biker einiges in petto! München rockt, auch für einen Abenteurer wie Rob.


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