Der Bike-Trail Nagold ist eine Erfolgsgeschichte die innerhalb kürzester Zeit realisiert werden konnte. Doch der Reihe nach.

Wie fast überall in Deutschland so findet man auch in den Wäldern des Schwarzwaldes mehr oder weniger professionell gebaute Mountainbike-Strecken. Das Manko hierbei ist, dass die Strecken meist illegal sind, augenzwinkernd von den Verantwortlichen toleriert, „nicht gesehen werden“ oder bislang vom Jagdpächter/Revierförster nicht entdeckt wurden. Mit zunehmender Beliebtheit solch eines (geheimen) Trails wächst natürlich auch die Gefahr, dass er eine Erwähnung in der Lokalpresse erfährt und dies bedeutet in der Regel eine Streckensperrung durch Waldbesitzer mittels umgesägter Bäume bzw. Rückbau. Da die Gattung der Mountainbiker ein recht zäher Artgenosse ist, entstehen zwangsläufig an anderer Stelle erneut neue Trails, was natürlich auch Lokalpolitikern nicht unbekannt sein dürfte.

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Ganz anders geht die Geschichte in der Schwarzwaldstadt Nagold. Dort berichtet vor ca. einem Jahr die örtliche Lokalpresse, der „Schwarzwälder-Bote“, über „wild angelegte Parcours“. Doch bereits in der Titelunterzeile stand „Stadt ist zu Gesprächen bereit“.
In dem insgesamt recht neutral formulierten Zeitungsartikel stand die rechtliche Problematik im Mittelpunkt der Berichterstattung.
Die Haftungsfrage im Falle eines Unfalles dürfte der zentrale Knackpunkt einer „illegalen“ Mountainbike-Strecke, sei es nun eine Downhill-Strecke oder eine zivilere Variante.

Am Ende des Artikels war die E-Mail-Adresse des Forstamtes der Stadtverwaltung genannt, bei der sich Interessierte für ein längerfristiges Engagement in Sachen Mountainbike-Strecken melden sollten.
Und hier kommt Frank Ellenberger ins Spiel. Ein Mountainbiker der ersten Stunde, dessen zwei Söhne ebenso dem Bike-Virus verfallen sind wie er selbst, der sein Hobby mit www.ridehappy.de zum Zweitberuf gemacht hat und in seiner Heimatstadt Nagold dadurch einen gewissen Kultstatus genießt.
Frank setzte sich mit der Stadtverwaltung in Verbindung und signalisierte seine Unterstützung. Bereits vor dem ersten Sondierungsgespräch mit der Stadtverwaltung hatte er sich mit dem Vorstand des größten Sportvereines am Ort darüber verständigt, dass in die Wintersportabteilung des VfL Nagold der Mountainbike-Sport als Sommeraktivität aufgenommen wird. Dieser Schachzug war sehr zeit- und personalsparend, da keine langwierigen Vereinssitzungen notwendig waren und auf die bestehenden Vereinsstrukturen zurückgegriffen werden konnte.

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Beim ersten Besprechungstermin mit den beiden Revierförstern und weiteren Vertretern der Stadtverwaltung wurde Frank sofort klar, dass die Stadt Nagold an der Realisierung einer offiziellen Mountainbike-Strecke äußerst stark interessiert war.

Eine Mountainbike-Strecke an der Eisbergsteige war ja bereits vorhanden, jetzt musste sie nur noch legalisiert werden. Während die Aufgabenteilung vorsah, dass die Stadtverwaltung sich um sämtliche Genehmigungen (Umweltbehörde, Bauamt etc.) kümmern würde, sollte Frank die Versicherungs-und Haftungsfrage abklären und den Streckenausbau übernehmen.

Bezüglich der Haftungs- bzw. Versicherungsfrage war natürlich die Einbindung in einen bestehenden Sportverein von Vorteil, da alle Sportvereine in Württemberg über den Württembergischen Landessportbund e.V. bei der ARAG Versicherung versichert sind und lediglich eine Versicherungserweiterung notwendig war.

Der zweite Besprechungstermin war bereits mit einem Ortstermin an der „illegalen“ Strecke verbunden und es war allen Beteiligten klar, dass hier die erste offizielle Mountainbike-Strecke in Nagold sein wird.

Es gab dann noch eine dritte Sitzung an der auch der Jagdpächter beteiligt war, dessen Begeisterung sich aber deutlich in Grenzen hielt.

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Und dann ging es los. Unter Franks Verantwortung wurde der bislang illegale Trail an der Eisbergsteige mit tatkräftiger Unterstützung von ca. 25 Bikern ausgebaut. Baumaterialien, wie Brechsand, wurde vom ortsansässigen Steinbruchbesitzer kostenlos geliefert.

Der Bike-Trail Nagold umfasst ein ca. 5 ha großes Waldgebiet und hat eine Länge von ca. 500m bei einer Höhendifferenz von ca. 100m. Es handelt sich hierbei um ein verworfenes Gelände, was der Streckenführung sicherlich zugutekommt.
Die Strecke selbst ist unheimlich flowig, alles ist abrollbar, d.h. mit jedem Mountainbike vom Hardtail bis Downhiller fahrbar und wer schneller unterwegs ist, muss natürlich auf Sprünge nicht verzichten. Das heißt der Schwierigkeitsgrad der Strecke hängt in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschwindigkeit des Bikers, so dass auch weniger geübte Biker sich auf dieser Strecke wohl fühlen können. Außerdem befindet sich neben machen Bodenwellen auch noch eine chicken line.

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Die offizielle Streckeneröffnung fand anlässlich eines verkaufsoffenen Sonntags am 03.Mai 2015 statt, d.h. von der Thematisierung der illegalen Strecke in der Lokalpresse bis zur Eröffnung des Trail verging weniger als ein Jahr. Rekordverdächtig!

Die Strecke ist jetzt für jedermann kostenlos befahrbar, nicht gekoppelt an eine Vereinsmitgliedschaft beim VfL Nagold.
Es besteht natürlich Helmpflicht. Die weiteren Benutzungsregeln sind auf Hinweisschildern am Start und Ziel festgeschrieben.

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Wir haben Frank Ellenberger einmal zum aktuellen Stand des Bike-Trail Nagold interviewt.

ENDURO: Hallo Frank, was kannst du uns über den aktuelle Stand in Nagold sagen?

Frank Ellenberger: Der Trail wird sehr gut, auch von den nicht am Streckenbau beteiligten Mountainbikern, angenommen. Zwischenzeitlich hat sich auch schon das Stadtmarketing bei uns gemeldet, da die Stadtverwaltung offensichtlich der Meinung ist, dass sie mit unserem Bike-Trail auch im Tourismus punkten kann. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass der Bike-Trail in Nagold eine feste Einrichtung bleibt und wir die „Bewährungszeit“ von 2 Jahren locker überstehen werden.

ENDURO: Habt ihr weitere Pläne für euren Bike-Trail?

Frank Ellenberger: Aktuell läuft bereits eine Diskussion über eine Streckenverlängerung. Der Einstieg in den Trail wäre dann nochmals ca. 80 Höhenmeter nach oben verschoben und könnte unsere Strecke um ca. 500m verlängern. Dies wäre natürlich toll und würde den Bike-Trail noch attraktiver machen.

ENDURO: In Baden-Württemberg gibt es leider die unsägliche 2-Meter-Regelung, wonach z.B. Forstwege unter 2m Breite nicht von Radfahrern befahren werden dürfen. Gibt es in euerm Bereich Konflikte mit Wanderern?

Frank Ellenberger: Unserer Meinung nach ist die Sektion Nagold des Schwarzwaldvereines, dabei sich diesem Thema – Gemeinsame Nutzung von Forst- und Wanderwegen durch Biker und Wanderer– zu öffnen. Wie überall, so sollte auch hier die gegenseitige Rücksichtnahme, vorherrschen. Solange Radfahrer und Wanderer sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht berühren, gibt´s keine Probleme, so eine Aussage eines Verantwortlichen des Schwarzwaldvereins.

ENDURO: Deine Pläne für die Zukunft?

Frank Ellenberger: Biken, Biken, Biken…und für meine Alpencross Touren neue Wege finden.
Für Nagold habe ich eine Enduro-Runde über 6 Berge, einen Bike-Trail mit ca. 25 km Streckenlänge und ca. 800 Höhenmeter im Kopf. Ich könnte mir vorstellen, dass sich dies mit Rückenwind durch das Stadtmarketing in Zusammenarbeit mit dem Schwarzwaldverein rund um Nagold realisieren lassen könnte.

Fazit: Unserer Meinung nach ist der Bike-Trail in Nagold ein super Beispiel dafür, was innerhalb kürzester Zeit möglich ist. Voraussetzung dafür war die kritische, aber sogleich konstruktiv lösungsorientierte Berichterstattung der Lokalpresse, eine wohlwollende, das Projekt von Anfang an unterstützende Stadtverwaltung und nicht zuletzt das Engagement von Frank Ellenberger, dem VfL Nagold und die vielen freiwilligen Helfer und Materialspender.

Weitere Info zum Bike Trail Nagold: ridehappy.de/biketrail.

Text: Manne Schmitt Bilder: Frank Ellenberger


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