4 Dudes, die kanadische Wildnis und kilometerweise unberührte Trails. Die perfekten Zutaten für einen geilen Camping-Trip. Wären da nicht der spontane Rave, ein überhitzter Truck und 350 Quadratkilometer Waldbrand.

Better late than never – das trifft den Start zu unserem Camping-Wochenende wohl am besten. Der ungeplante Rave der letzten Nacht, die wenigen Stunden Schlaf und der runtergewürgte doppelte Espresso führen fast dazu, dass wir den ganzen Trip absagen. Im Nachhinein betrachtet hätten wir damit wohl das vermutlich beste Wochenende des Sommers verpasst. Wir raffen uns also auf, sammeln uns und machen uns auf die Reise.

2,5 Stunden Fahrt stehen auf dem Plan – von Whistler über Lillooet in die Wildnis rund um Della Creek. Ein Navi braucht hier keiner, denn in diese Richtung läuft genau ein Highway und den kann man quasi nicht verpassen. Ab dann muss man einfach wissen, wo es lang geht, Handyempfang gibt es hier keinen mehr.

Der letzte Streckenabschnitt unserer Reise zeigt uns dann auch direkt, warum die Autos hier in BC so dicke Schlappen drauf haben. Luftdruck runter, Schotterstraße rauf. Bis dann plötzlich nichts mehr geht. Der Toyota 4Runner gibt keinen Mucks mehr von sich … Easy, so mitten in der Wildnis. Jemand ne Signalleuchte dabei?

2 Bier später macht der 4Runner dann seinen Namen wieder alle Ehren und nimmt nach ein paar Streicheleinheiten und zusätzlicher Kühlflüssigkeit seine Arbeit wieder auf. Dass es mittlerweile später Mittag ist und noch 1.500 Höhenmeter Bike schieben und tragen vor uns liegen, ist erstmal kein Thema und erst recht kein Grund, das Vorhaben abzubrechen. Camping-Spot gefunden und Bikes abgeladen. Auf der Reise finden sich auch jegliche Snacks, die wir auftreiben konnten, und eine dicke Flasche Mücken-Spray, denn von den lästigen Viechern wimmelt es hier nur so. Die Devise: in Bewegung bleiben – was bei so einer Distanz gar nicht so einfach ist.

Das einzig Gute daran, dass man sein Bike den Trail hoch schieben und tragen muss: Man sieht direkt, was einen erwartet, wenn es wieder abwärts geht. Die Aussichten sind dementsprechend rosig, oder sollten wir loamig sagen? Ganz oben auf dem Gipfel gibt`s dann noch atemberaubende Aussichten inklusive Sicht auf große Rauchschwaden – und wenn man genauer hinschaut, auch Flammen… Es ist Waldbrand-Saison in Kanada.

Hero-Dirt, schnelle Sprünge und Highspeed-Passagen, bei denen kein Ende in Sicht ist. Wirklich gebaut ist hier wenig, aber der natürliche Flow des Geländes lässt einen trotzdem mit Warp-Speed ins Tal rauschen und funktioniert so viel besser, als manch durchgeplante MTB-Strecke. Aber: Let the riding do the talking.

Job done. After-Ride-Beer und Camping-Spot-Check für die Nacht. Das Problem: Die dicke Rauchwolke, die wir bereits auf dem Gipfel gespottet haben und die das Tal entlang zieht. 350 Quadratmeter Waldbrand ist die Ursache dafür. Wie schnell sich das Feuer bewegt, weiß keiner. Abbrechen, zusammenpacken und heimfahren? Warten und beobachten? Aiolos – und das ist nicht der Gott des Knoblauchgeruchs – scheint Bike-Fan zu sein, denn es windet nicht. Also beschließen wir gemeinsam, die Sache auszusitzen und zu beobachten, denn wir sind mit minimaler Ausrüstung unterwegs und abreißen können wir innerhalb von Minuten. Noch stecken wir ja nicht in der Rauchwolke. Alle 3 Stunden reißt uns dann also der Wecker aus dem Schlaf, damit wir checken können, wie schnell sich das Feuer bewegt, und neu abwägen können, ob es Zeit für einen Aufbruch ist.

Als die Sonne aufgeht, steht die Rauchwolke immer noch im Tal. Glück gehabt, der Waldbrand scheint sich nicht zu schnell auszubreiten und das Wetter spielt uns in die Karten. Also gibt es nur einen Plan: Shuttle-Laps und zwar so, wie es sich in Kanada gehört. Der Deal: 1 Pick-up, 4 Dudes, 3 mal heizen, einmal shutteln. Abfahrt. 15 Minuten Vollgas braucht ein Run, und nachdem wir das vierte Mal am Wachhund – der das Grundstück am Rande unserer Shuttle-Strecke bewacht – vorbei heizen, bleibt der auch liegen. Gibt eh nix zu holen.

And again!

Simpel, real und alles andere als perfekt, aber definitiv unvergesslich. Für eine gute Zeit braucht es nicht viel Schnick Schnack, nur ein paar geile Trails, gute Freunde und die Muße, es einfach durchzuziehen. We will be back. Bis zum nächsten Mal, Della Creek!


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Text & Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!