René Schmidt ist Fahrtechniktrainer der Deutschen XC Nationalmannschaft und seit 2001 im Downhill Racing zu Hause. Mit seinen Fahrtechnikkursen will René seinen Teilnehmer mehr Sicherhiet und vor allem Spaß auf dem Bike vermitteln. Heute berichtet René über seinen Kurztrip nach Mallorca!

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Na gut, ich gebe zu, die deutschen Wälder sind schon genial. Einerseits mir vertraut, andererseits bieten sie mir Trails mit Vielfalt, Wurzeln, Steinfeldern und immer mal wieder geile Ausblicke. Sie fordern mich bergauf und bergab. Je nach Tagesform stelle ich sie mir zusammen, wie das YouTube Wunschkonzert. Zu Hause bin ich in der Nähe vom Hotzenwald. Das ist zwar nicht der Wald in dem der Kinderheld Räuber Hotzenplotz sein Unwesen trieb, aber ein mit Trails gesegneter Fleck Erde.

Auch das Wetter im Südwesten der Republik ist ein Vielfaches besser als in der Norddeutschen Tiefebene und ja, es gibt bei uns geile Trails. Doch die Reize des Bekannten werden bekanntlich geringer und der Winter fühlt sich meistens so lang und zäh an, wie ein durchgebratenes Filetsteak – zumindest für mich und eigentlich jedes Jahr. Immer wieder rede ich mir ein, schlechtes Wetter ist kein Grund sondern nur ein Hindernis. Und Hindernisse nimmt man als Biker sportlich. Man macht etwas draus. Münzt sie um ihn Erfahrungen und Erlebnisse. Doch dieses Jahr wollte ich dem Kampf gegen den Schweinehund ein wenig aus dem Weg gehen. So war zumindest der Plan.

Dann kam dieser Anruf: „Der Winter hier ist der Hammer, Alter du musst vorbeikommen, check mal bei Skyscanner: Basel – Mallorca im Januar für 70 EUR – ja ehrlich, hin und zurück… Nach kurzem hin und her, waren wir uns einig. Ja, Bikes haben wir genug hier. Ja, und wir werden mit Shorts fahren und bergauf den Arsch abschwitzen bei 10-20 Grad… Ja genau, das Wetter, bei dem du vom Biken kaum genug bekommst. Nicht zu heiß, aber auch noch längst nicht zu kalt!“

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Und dann ging alles irgendwie recht easy vonstatten. Am letzten Tag vor Reisebeginn noch ein letztes mal den Local Mitch nach dem Wetterbericht ausgehorcht und sichergestellt dass er mich am Flughafen auch wirklich nicht vergisst. Vorher über Facebook noch schnell Philipp als neuen Freund geaddet, der auch am Start sein wird.

Abflug 11.30 und Ankunft 13.00 Uhr – Scotty mit seinem „Beamgerät“ hätte es fast nicht besser hinbekommen. Bin ich schon drin äähh da? „Ja Mann, mach die Augen auf“, meint Mitch am Flughafen, „schau dir die Palmen an, die sind echt, kannst sie auch anfassen…“. 15.00 Uhr: Leihbike entgegennehmen, für eine Woche wollte ich den Stress mit dem Bikeverpacken – Auspacken – evlt. vom Transport defekte Teile tauschen, nicht auf mich nehmen und lieh mir von einem deutschen Bikereiseanbieter ein Bike.

Da Mitch dort arbeitet, war der Draht einfach und kurz. Das Einstellen und Anpassen des Leihbikes war schnell erledigt. Helm auf, Handschuhe an die Hände und die Five Ten an die Füsse, so fuhren wir die ersten Meter auf den Trails bergauf. Nur eine kurze Runde wollen wir noch drehen, um den Kopf und die Beine ein wenig frei zu fahren. Nach kurzem Einrollen, geht es ab in den frisch angelegten öffentlichen Trailpark in Paguera. Nur zehn Minuten hoch, und dann hatten wir gleich einige Varianten. Mitch gibt vor, ich häng mich hinten rein. Anlieger, Serpentinen, Felsbänder, lose Steine, Waldboden, loser Schotter – was kommt noch alles? Vielfalt ist scheinbar auch hier Programm.

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Dann dieser Blick über den Trailrand: Das Meer, ja es ist zum Greifen nahe. Unten angekommen, Blick auf die Uhr, nochmal hoch. Alles klar, kein Problem: Hier wird es erst nach 18.00 dunkel und das im Januar. Wir haben noch 2 Stunden. Die Nächste Abfahrt wirft uns von links nach rechts. Die Linie ist gut eingefahren der Grip passt. Hier ein Sprung in den Steilhang, hier über den Baumstumpf. Nach 2 Minuten haben wir die Linie besiegt. Mensch ist das einfach mit dem Schweinehund – zumindest hier. Denn die Sonne scheint ja immer noch.

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Philipp kommt aus dem Westerwald, betreibt mit seinem Daddy einen Bikeladen und hat im Winter endlich auch mal Zeit ungestört selbst biken zu gehen, Urlaub zu machen, durchzuatmen. Mitch dagegen wohnt auf Mallorca und findet nach Jahren im Finanzbusiness, dass das Biken mit Gästen und Freunden mehr zählt als dem reinem Mammon zu dienen. Ja, auch er hat noch Ziele: Endurorennen – Megavalanche und so. Und ich erahne schon am ersten Tag, dass er sich einen geilen Spot dafür ausgesucht hat. Ich lebe das Mountainbiken nun schon ein paar Jahre, Downhillracing war alles für mich. Letztes Jahr fünfter bei der DM in der Elite Klasse. Nun bin ich mit der eigenen Fahrtechnikschule durchgestartet und schaue mich nach einer Kooperation im Warmen um.

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Tag 2 und 3 gehen gerade so weiter, wie Tag eins geendet hat. Biken auf trockenen Trails! Langsam verliere ich die Orientierung. Zu viele unterschiedliche Trails scheint es hier im Südwesten zu geben. Zu Orientierungszwecken tauschen wir die Fahrpositionen in der Gruppe. Local Mitch fährt hinter her und brüllt „links“ – „rechts“- „Sprung“. Wie im Rallyauto der Beifahrer… Ab und zu fehlt Mitch die Luft oder er will mir eins reinwürgen und das Signal kommt verdammt spät. Doch irgendwie reiße ich mein 160mm Enduro Bike rum und kriege die Kurve noch auf der letzten Rille – Meistens zumindest! 600 hm vernichten, das geht hier teilweise am Stück. Hier holst du dir Armpump bergab und züchtest stramme Waden bergauf. Locker entspannt kurbeln wir mit Meeresblick bergauf um dann oben umzuschalten auf Instinkthandlung und geben dem Gelernten freien Lauf.

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Auch an Tag 4 und 5 gab es wieder Trails bis zum abwinken. Teilweise shutteln wir zum Startpunkt um Strassenabschnitte so kurz wie möglich zu halten. „El Torro, Na Burgesa, Col de Sa Creu, 1861, Galatzo und Camp de Mar heissen die Trails die wir uns gönnen. So langsam schreit unser Körper nach einer Pause, aber so richtig will der Kopf nicht. Diesen Zwiespalt kenne ich doch – allerdings anders herum. Wenn das Wetter in meinem Wald zu Hause bescheiden ist, dann will der Körper fahren aber der Kopf nicht. Aber einen Tot muss man ja sterben – also entscheiden wir uns für weiterfahren. Denn die Woche ist bald vorbei.

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Infos zu Mallorca:

Flughafen: Palma de Mallorca

Flugpreise: zwischen 30 € und 300 €

Bikemitnahme im Flugzeug: Ja, aber Kosten zwischen 60 € und 120 €

Reisezeit: Mallorca bietet ganzjährig die Möglichkeit mit dem Bike bereist zu werden. Vor allem im Winter sind die Temperaturen zwischen 10 und 20 Grad perfekt zum biken. Hauptsaison für Biker ist das Frühjahr und der Herbst. Im Sommer kann es ein wenig warm werden, dann lohnt es sich morgens oder erst gegen Abend auf Tour zu gehen.

Bikes: Es gibt einige Bikeverleihfirmen vor Ort. Nicht alle haben jedoch hochwertiges Material zur Auswahl. Hier solltet ihr genau hinsehen.

Trails/Spots: Der Südwesten, um Calvia herum, ist perfekt zum Biken in den Schwierigkeitsgraden S0-S4. Ihr findet Trails für Anfänger bis Pro Level. Es gibt ganz frisch einen Trailpark in Paguera. Darüber hinaus Naturtrails mit bis zu 600 Tiefenmeter am Stück. Sie sind ähnlich zu den Alpen, verblockt, steinig, felsig, flowig. Ebenso findet ihr Trails mit Waldboden. Auch angelegte DH-Strecken werden von den Locals gepflegt.

Orientierung: Es gibt leider noch keine gute Trailausschilderung. GPS hilft. Wichtig sind deshalb Orts-/Streckenkenntnisse, im besten Fall nehmt ihr euch einen Local/Guide.

Radreiseanbieter/Bikestation: Rad-International Website, Rad-International facebook in Paguera kennt sich im Südwesten perfekt aus. Haben Guides, gute Bikes und bieten Singletrailcamps und Endurowochen an. Unter anderem mit mir im Februar 2014.

Text: René Schmidt | Fotos: Michael Kuttler


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