Das Alutech Fanes 29 Custom mit 170 mm Federweg und dem markanten Aluminium-Rahmen treibt sich schon seit Jahren auf dem MTB-Markt rum. Was unsere Testversion alles kann und ob das Konzept gut gealtert ist, gilt es im Folgenden zu klären. Kann das Bike noch mit den aktuellen Modellen mithalten und lohnt sich der Kauf?

Alutech Fanes 29 Custom | / Wh | 170/170 mm (v/h)
14,5 kg in Größe L | 7.039 € | Hersteller-Website

Das Fanes Custom: 170 mm Federweg am Heck, ein leichter Aluminium-Rahmen und ein Preis ab 4.430 €, das klingt doch interessant – oder? Unsere Testversion geht – in Anbetracht der Ausstattung – für einen verhältnismäßig fairen Preis von 7.039 € über die Ladentheke und wiegt trotz Aluminium-Rahmen nur 14,5 kg in Rahmengröße L. Auch der ausführliche Online-Konfigurator lässt schon mal Gutes erhoffen! Wie sich das Enduro-Bike von Alutech bei uns geschlagen hat, erfahrt ihr im folgenden Test.
In den letzten 20 Jahren hat sich ​​Jürgen Schlender mit seiner Mountainbike-Marke Alutech einen Namen als deutscher Underdog geschaffen. Anfangs wurden die Rahmen von Alutech noch in Deutschland gebaut, mit dem Wachstum der Marke wurde die Fertigung nach einer gewissen Zeit aber nach Fernost verlegt. In der Corona-Pandemie hieß es dann: Produktionsketten verkürzen! Somit wurde die Produktion teilweise wieder nach Hause geholt, was euch seither wieder den Kauf von Rahmen, die in Deutschland geschweißt und lackiert werden, ermöglicht. Der Name mag zwar auf den ersten Blick erahnen lassen, um welches Rahmenmaterial es sich handeln könnte, jedoch geht Alutech unkonventionelle Wege und kombiniert einen Hauptrahmen aus Alu mit einem leichten Hinterbau aus Carbon. Wohingegen viele andere Hersteller auf einen Hauptrahmen aus Carbon und einen Hinterbau aus Aluminium setzen.

Das Alutech Fanes 29 Custom im Detail

Die Optik des hydro-geformten Alu-Rahmens ist markant und erinnert uns mit seiner Formensprache schon fast an ein Flugobjekt aus einem Sci-Fi-Film. Die Schweißnähte sehen hochwertig gearbeitet aus, wirken aber eher zweckdienlich und sind im Vergleich zu vielen Herstellern kein „State of the Art”, was verschliffene Nähte angeht. Dazu muss aber gesagt sein, dass unser Fanes 29 noch aus der älteren Riege, also aus der Fernost-Fertigung stammt – bei den jüngeren und von Jürgen selbst geschweißten Bikes kann das natürlich noch besser aussehen! Die Züge finden ihren Weg in den Rahmen klassisch durch Löcher im Rahmen und nicht durch den Steuersatz, was für moderne Bikes üblich ist. Am Eingang sind die Züge gut geklemmt, sie sitzen beim Alutech bombenfest, werden dabei aber nicht abgedrückt. Egal wie ruppig der Trail ist, bei unserem Testbike klappert und rappelt nichts. Ebenso schick und praktisch ist der Übergang vom Hauptrahmen zum Hinterbau gelöst, die Züge treten oberhalb des Tretlagers aus und am Querverbinder des Hinterbaus wieder ein.

Die Eingänge der Züge in den Rahmen sind simpel, aber bieten eine top Funktion.
Zwischen Rahmen und Schwingen erblicken die Züge noch einmal Tageslicht.

Einen Mount, um einen Flaschenhalter anzubringen, oder einen Tool-Mount sucht man leider vergeblich, höchstens durch Custom-Lösungen oder einen Tool-Strap lässt sich hier etwas befestigen. Wer also auf seiner Ausfahrt etwas trinken möchte, kommt um eine Hip-Bag, Flaschenhalter Marke Eigenbau oder sogar einen Rucksack nicht herum – etwas nervig. Dafür muss man sich keine Sorgen um das Klappern oder Rasseln machen, denn auch der Kettenstrebenschutz ist weich genug, um die Kette effektiv im Zaum zu halten. Wir hätten uns noch einen Unterfahrschutz am Unterrohr gewünscht, welcher bei einem Alu-Rahmen zwar kein Muss darstellt, jedoch mit geringem Mehraufwand ein sinnvolles Detail hervorbringt, um den Wert des Bikes längerfristig zu erhalten.

Der horizontal ausgerichtete Dämpfer nimmt fast den kompletten Platz im Rahmendreieck ein.
Das blanke Unterrohr des Alutech Fanes Custom 29.

Der Alutech-Konfigurator – Hier bleiben fast keine Wünsche offen

Der Konfigurator auf der Website von Alutech kann durchaus als umfangreich bezeichnet werden. Das Fanes gibt es grundsätzlich schon mal in drei verschiedenen Varianten: 650b, Mullet und in unserer 29er-Version. Natürlich sind auch die jeweiligen Rahmen-Kits verfügbar. Habt ihr dann eure passende Laufradgröße ausgewählt, könnt ihr euch die Komponenten und Farben ab einem Preis von 4.430 € für die Standard-Ausstattung, je nach eigenem Gusto, zusammensuchen. Wir finden die standardmäßige gebürstete Optik des Rahmens zwar schon schick, dennoch ist eine im Farbchart gelistete RAL-Farbe für einen Aufpreis von 229,90 € frei wählbar – we like it!

Bei den Komponenten könnt ihr zwischen Luft- und Stahlfederdämpfer von FOX, RockShox und Formula wählen. Ebenso bei der Gabel. Für starke Verzögerung gibt es ebenfalls reichlich Auswahl: Bremsen von Formula, SRAM, MAGURA oder BRAKING gefällig? Wir raten euch allerdings von den Zweikolbenbremsen der Formula ab, dafür bietet euch jedoch die Vierkolbenversion eine gute und zugleich günstige Wahl für das nächste Bike. Auch bei der Dropper stellt euch Alutech vor die Wahl: vier verschiedene Modelle mit einem Hub zwischen 150 und 213 mm gibt es hier zur Auswahl. Achtet allerdings auf die 260 mm Einstecktiefe des Rahmens – denn die BikeYoke REVIVE mit 213 mm Hub hat eine Einstecktiefe von 295 mm ohne Fußteil und lässt sich so nicht vollständig versenken. Ansonsten lässt sich jedes Bauteil konfigurieren – ob Bashguard, Kettenführung oder Sticker. Das einzige Manko: Bei den Reifen habt ihr keine Wahl, hier werden der MAXXIS ASSEGAI 3C und der MAXXIS DHR II 2C verbaut. Welche Karkasse zum Einsatz kommt, geht leider nicht aus dem Konfigurator hervor (wahrscheinlich je nach Verfügbarkeit).

Die Ausstattung unseres Alutech Fanes 29 Custom-Testbikes

An der Front ist eine RockShox ZEB Ultimate 2023-Federgabel mit 170 mm Federweg und eine neue Charger 3-Dämpferkartusche verbaut, einstellbar sind hier die Highspeed- und Lowspeed-Compression sowie der Rebound. Am Heck kommt ein RockShox Super Deluxe Ultimate RCT 2023-Dämpfer zum Einsatz, dieser ist wie die Gabel in High- und Low-Speed-Compression und Rebound einstellbar. Hier gibt es keinen Raum für Kritik, die zwei Komponenten machen ihren Job wie gewohnt gut.

Am Vorderrad ist der MAXXIS ASSEGAI und am Hinterrad der MAXXIS DHR 2 montiert. So weit so gut. Eigentlich eine top Reifenkombi für ein Enduro-Bike – wenn da nur nicht die viel zu schwache EXO-Karkasse und die harte MaxxTerra-Gummimischung an der Front wären. Besonders in Verbindung mit dem DT Swiss EXC 1501-Carbon-Laufradsatz ein absolutes No-Go an einem modernen Enduro-Bike. Hier solltet ihr als Schutzengel der Felgen und zur besseren Dämpfung eine robustere Karkasse montieren. Wenn man bei MAXXIS-Reifen bleiben möchte, wäre für den Enduro-Einsatz die Doubledown-Karkasse am Heck und eine EXO+ Karkasse an der Front angemessen. Eine weichere Gummimischung an der Front würde zudem den Grip erhöhen.

Ein Carbon-Laufradsatz …
… und eine EXO-Karkasse am Enduro-Bike? – Keine gute Idee!

Gebremst wird unser Test-Fanes von SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremsen mit einer 200-mm-Bremsscheibe an der Front und einer 180-mm-Bremsscheibe am Heck. Am Heck ebenfalls auf eine 200-mm-Bremsscheibe zu setzen, wäre an einem Enduro-Bike die bessere Lösung, denn diese bietet mehr Bremspower und die Scheibe überhitzt nicht so schnell. Im Konfigurator ist das leider nicht wählbar, mit einem Adapter für den Bremssattel und der entsprechenden Bremsscheibe ist das allerdings ein kostengünstiges, effektives Upgrade.

Die SRAM CODE RSC, optisch unverkennbar.
Hinten wird eine 180er-Bremsscheibe verbaut. Eine 200er-Scheibe ist aber bei einem Enduro-Bike die bessere Wahl.

Die 1×12-Schaltung kommt ebenso von SRAM, mit der GX-Eagle wurde ein guter Kompromiss aus Preis und Schaltperformance getroffen. Bei der Sattelstütze setzen die Mädels und Jungs von Alutech auf die einfach zu entlüftende BikeYoke REVIVE mit 185 mm Verstellbereich – einfach die seitlich angebrachte Entlüftungsschraube öffnen, die Sattelstütze nach unten drücken, die Schraube wieder schließen und entlüftet ist das gute Stück. Wählbar wäre auch eine Variante mit 213 mm Verstellbereich, wobei jedoch schon die Variante mit 185 mm an unserem Testbike in Rahmengröße L nicht komplett versenkbar ist. Alutech versichert uns aber bei Nachfrage, dass die Rahmen für die Serie zusätzlich bearbeitet werden und so bei allen Rahmengrößen 260 mm Einschubtiefe zur Verfügung stehen. So sollte das Versenken unserer 185er-Stütze kein Problem mehr sein. Das Cockpit besteht aus einem TwinWorks CNC-Vorbau mit 35 mm Vorlauf und einem Carbon-Lenker. Den Lenker liefert SQlab mit dem 30X Carbon High-Model. Dieser verfügt über eine Breite von 780 mm, einen massiven Rise von 45 mm, einen Backsweep von 12° und einen Upsweep von 4°. So soll für eine besonders gesunde Position der Handgelenke gesorgt werden.

Die SRAM GX-Eagle bringt jeden den Berg rauf – und auch wieder runter.
Die BikeYoke-Dropper ist easy zu entlüften.

Alutech Fanes 29 Custom

7.039 €

Specifications

Fork RockShox ZEB Ultimate RC2 170 mm
Rear Shock RockShox Super Deluxe Ultimate 170 mm
Seatpost Bike Yoke Revive 185 mm
Brakes SRAM Code RSC 200/180 mm
Drivetrain SRAM GX Eagle 1x12
Stem TwinWorks CNC mm
Handlebar SQLab 30X Carbon high 780 mm
Wheelset DT Swiss Laufradsatz EXC 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI MaxxTerra EXO/MAXXIS MINION DHR II Dual Compound EXO2,5"/2,4"

Technical Data

Size M L XL
Weight 14,5 kg

Specific Features

Alu Rahmen / Carbon Hinterbau
Kein Tool Mount oder Möglichkeit Für Flaschenhalter

Die Ausstattung des Alutech Fanes 29 Custom für Sparfüchse

Da im Alutech ein potentes und preislich faires Bike schlummert, haben wir uns als Redaktion einmal zusammengesetzt und die für uns am besten geeignete Ausstattung für gute und günstige Performance zusammengesucht. Hier kommt unser Tipp:
Fangen wir mit den Laufrädern an: Hier würden wir den DT Swiss E1700-Laufradsatz wählen, um einen guten Kompromiss aus Preis, Gewicht und Haltbarkeit zu bekommen. Außerdem haben die Alu-Laufräder etwas mehr Flex als die aus Carbon, was dem Bike ein fehlerverzeihenderes Handling verleiht – das würde unserer Meinung nach dem Fahrverhalten des Fanes deutlich zugutekommen.
Bei der Gabel würden wir das 2022er-Modell der RockShox ZEB Ultimate RC2 wählen. Äußerlich gibt es zwar kaum Unterschiede bei den Jahrgängen – innerlich hat sich jedoch einiges getan. Der größte Unterschied des 2023er-Modells ist die überarbeitete Charger 3-Kartusche, wohingegen beim 2022er-Modell noch die Charger 2.1-Kartusche zum Einsatz kommt. Diese funktioniert aber trotzdem wunderbar und der Unterschied in der Performance wird den meisten wesentlich weniger auffallen als der Unterschied im Geldbeutel. 200 € könntet ihr euch hier zu unserem 2023er-Modell sparen.
Beim Dämpfer würden wir jedoch auf den aktuellen RockShox Super Deluxe Ultimate RCT 2023 setzen. Im Gegensatz zum Vorgängermodell kann hier nämlich die Compression in High- und Lowspeed einzeln geregelt und so viel besser auf den Fahrer abgestimmt werden.
Die Wahl der Bremsen: Formula! Macht hier aber nicht den Fehler und wählt die standardmäßig gewählte Zweikolbenbremse, denn die 100 € Aufpreis zur Cura 4 mit vier Kolben lohnen sich allemal – ihr wollt ja auch zum Stehen kommen ;).
Die SRAM GX-Eagle 1×12-fach Schaltgruppe kommt nicht nur bei unserem Testbike zum Einsatz, sondern würde sich auch an unserem Wunschbike wiederfinden.
Bei der Sattelstütze empfiehlt sich die BikeYoke REVIVE-Sattelstütze. Diese ist zwar nicht sehr günstig, punktet aber mit der leicht zu erreichenden Entlüftungsschraube. Cockpitseitig empfehlen wir den TwinWorks CNC-Vorbau mit 35 mm Vorlauf und den ProTAPER-Lenker mit einer Breite von 810 mm (das ist sehr breit, wir würden ihn auf 790 mm kürzen), allerdings würden wir den Vorbau recht hoch setzen, um das Sicherheitsgefühl des Lenkers mit 45 mm Rise zu erhalten. Damit das möglich ist, solltet ihr die Zusatz-Spacer von TwinWorks für 5 € auswählen – der Gabelschaft wird so weniger gekürzt und ihr könnt besser die Höhe eures Cockpits variieren – kürzen kann man immer noch, verlängern jedoch nicht. Abschließend würden wir euch noch die 77designz OVAL GUIDE-Kettenführung inklusive Bashguard für 69,90 € ans Herz legen – denn haben ist besser als brauchen. Die Tubeless-Ventile für 14,99 € könnt ihr auch gleich noch auswählen, denn Schläuche sind heutzutage aus Gründen der Pannensicherheit und des Rollwiderstands eher eine Rarität auf den Trails.
Beim Sattel bleibt die Wahl auf eurer Seite, denn die Hinterteile von uns Menschen sind so unterschiedlich, dass sich jeder den für ihn passenden Sattel besorgen sollte.
Somit wären wir bei einem Ausstattungspaket mit einem Preis von 5.709,04 €, mit dem ihr es ordentlich krachen lassen könnt und in manchen Punkten die Performance des Alutech Fanes Custom 29 durch die weniger steifen Laufräder und den sportlicheren Shape des Lenkers wahrscheinlich sogar erhöht.

Die Geometrie des Alutech Fanes 29 Custom

Beim Kauf des Fanes 29 Custom habt ihr die Wahl zwischen drei Rahmengrößen von M bis XL, somit sollten alle Menschen von 172 cm bis 191 cm Körpergröße zu ihrem passenden Bike kommen. Kleinere Personen greifen wohl besser auf die Version mit 27,5”-Laufrädern oder dem Mullet-Setup zurück, denn diese Ausführungen sind in vier Größen von S bis XL verfügbar. Der Reach von 470 mm bei Rahmengröße L ist im Vergleich zu aktuellen Enduro-Bikes ziemlich kurz. Wer aus Selbstverständlichkeit von mitwachsenden Kettenstreben ausgeht, wird beim Fanes Custom 29 enttäuscht. Die Kettenstreben des Carbon-Hinterbaus bleiben immer bei einer Länge von 435 mm. Mitwachsende Kettenstreben sind aber auch noch lange kein Standard – Alutech ist dafür so fair, das Fanes 29 Custom nur in drei Größen anzubieten, was eine Ausgewogenheit beim Fahrverhalten verhindern sollte. Bei den Aluminium-Hinterbauten des Fanes 6.1 Custom (achtung Verwechslungsgefahr!) verfolgt Alutech eine andere Taktik: Die Kettenstreben bleiben an sich immer gleich lang, es sind jedoch verstellbare Ausfallenden verbaut, welche es zulassen, die Länge zwischen 428,5 mm und 441 mm zu variieren. So können fünf Rahmengrößen mit einem Hinterbau überbrückt werden. Das spart Kosten, wirkt aber sinnvoller, als nur einen Hinterbau für drei Rahmengrößen zu entwerfen. Die Sattelrohrlänge fällt beim Alutech Fanes mit 470 mm sehr lang aus und schränkt so eure Bewegungsfreiheit auf dem Bike ein. Bei modernen Enduro-Bikes mit einem vergleichbaren Reach finden sich Sitzrohrlängen von ca. 420 bis 430 mm und vollständig versenkbaren Stützen.

Größe M L XL
Oberrohr 602 mm 627 mm 655 mm
Sattelrohr 430 mm 470 mm 510 mm
Steuerrohr 110 mm 110 mm 120 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64°
Sitzwinkel 75° 75° 75°
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 435 mm
Radstand 1209 mm 1236 mm 1266 mm
Reach 440 mm 470 mm 500 mm
Stack 624 mm 634 mm 642 mm
Helm Endura MT500 MIPS | Brille 100% Speedcraft | Jacke Velocio Men´s Anorak | Hose Mons Royale Virage | Schuhe Vans SK8 Low | Handschuhe Bluegrass Union

Das Alutech Fanes 29 Custom auf dem Trail

Beim Aufsatteln bemerkt man sofort den sonderhaften Shape des Lenkers – fast wie auf einem Chopper fühlt sich das durch den extremen Backsweep an. Naja, Gewöhnungssache. Für Touren ist das aber auf jeden Fall ganz angenehm. Die Sitzposition auf dem Rad ist zentral, es lastet aber nicht zu viel Druck auf den Handgelenken, man tritt deutlich von oben in die Pedale, was das Alutech zu einem effizienten Pedalierer macht. Vor jedem Downhill kommt ein Uphill, aber keine Angst! Das Fanes tritt sich auch bergauf effizient. Der Hinterbau wippt nur geringfügig, ist sensibel und bietet gute Traktion in technischem Gelände – ein Griff zum Lockout-Hebel ist also bei kurzen oder ruppigen Uphills nicht notwendig und nur auf langen Forstweg-Climbs sinnvoll. In steilen technischen Sektionen müsst ihr etwas aufpassen – um das Vorderrad am Steigen zu hindern, muss die hohe Front deutlich belastet werden.

Zum Glück: Nach jedem Uphill kommt ein Downhill. Hier zeigt sich jetzt die Schattenseite des Lenkers – er bringt die Arme in eine passive Fahrposition. Das heißt: Die Ellenbogen sind nicht aggressiv, sportlich, nach außen, sondern eher parallel zum Körper gerichtet. Im Downhill nimmt man so eine weniger stabile Körperposition ein und die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Auf dem Flowtrail kommt einem das wendige Fahrverhalten zugute. Durch die steife Front und den moderaten Reach von 470 mm sind schnelle und präzise Richtungswechsel kein Problem. Lediglich bei starken Kompressionen, beispielsweise beim aktiven Push in einen Anlieger, bietet das Fahrwerk im mittleren Federwegbereich nicht genug Gegenhalt und klappt weg – dadurch geht viel Energie im Fahrwerk verloren und in schnellen Anliegern oder Kompressionen kann das zum Durchschlag des Fahrwerks führen. Aus diesem Grund sind wir von den standardmäßigen 30 % Sag am Heck abgewichen und sind stattdessen mit 25 % über die Trails geheizt. Das Fahrwerk bleibt so immer noch ausreichend sensibel, bietet aber mehr Gegenhalt im mittleren Federwegbereich und das Bike kann so in Anliegern oder über Roller besser Schwung generieren. Selbst als wir die Landung nach einem Sprung verfehlt hatten (Flat Bomb), haben wir das Fahrwerk so nicht zum Durchschlagen gebracht.

Auch wenn es steil wird: Mit dem Fanes bekommt man keine Überschlagsgefühle.

Im steilen Gelände fühlt man sich zwar sicher, steht aber nicht sonderlich integriert im Rad – so entsteht das Gefühl, auf und nicht im Bike zu stehen. Das Ganze wird jedoch durch den Spacerturm und den hohen Lenker etwas kompensiert, so kommt es in steilen Abschnitten zu keinerlei Überschlagsgefühlen. Wenn es ruppig wird, hat das Alutech Fanes Custom eine deutliche Eigenheit – die steife und direkte Front. Der Grund dafür liegt auf der Hand – die steife RockShox ZEB-Gabel mit 38 mm Standrohren und der Carbon-Laufradsatz. Einerseits sorgt das dafür, Linien präzise ausfahren und messerscharf durch die Lücken in Steinfeldern schneiden zu können, andererseits ermüden die Hände durch das starke Feedback in raffen Sektionen schnell und Fahrfehler werden euch nicht verziehen. Verstärkt wird das Ganze dann noch durch den Lenker, der die Arme in eine wenig aktive Fahrposition befördert. Zum Glück ist bei unserem Test-Bike der Gabelschaft nicht aufs Minimum gekürzt – man könnte also einen der anderen Lenker im Konfigurator wählen und hat trotzdem noch genug Spielraum, um auf eine ähnliche Lenkerhöhe zu kommen. Fakt ist: Seine Linie durch knifflige Sektionen sollte man mit dem Alutech wirklich gut wählen (!), denn Platz für Fehler gibt es nicht. Das Heck ist sensibel und arbeitet gut. Im Wurzelteppich gibt nicht nur die Front, sondern auch das Heck stark Feedback. Im Gegensatz zur Front wird das aber am Heck nicht unangenehm, sondern bietet dem Fahrer die Möglichkeit, seine Fahrweise zu perfektionieren. Das ist auch nötig, denn um die Carbon-Felge zu schützen, mussten wir in Kombination mit dem schwachen Reifen einen hohen Luftdruck fahren. Das sorgt wiederum dafür, dass man an Kanten oder nassen Wurzeln schnell abrutscht und so die Kontrolle über das Mountainbike verliert.

Aus diesen Faktoren resultiert ein Enduro-Bike mit 170 mm Federweg und agilem Handling. Auf einem Flowtrail mit großen Sprüngen ist das eine super Kombi – das Bike lässt sich verspielt in Kurven legen, hat aber trotzdem genug Federweg-Reserven, um unsaubere Landungen zu kompensieren – wenn man am Heck etwas weniger Sag fährt. Im rauen Gelände braucht das Alutech einen erfahrenen Fahrer, der mit dem direkten Handling und Feedback zurechtkommt und es zu seinem Vorteil nutzen kann.

Man muss schon aufpassen, wo man mit dem Alutech hinfährt.
Auch wenn wir leider keine Bilder von großen Sprüngen haben, jibbig ist das Fanes trotzdem.

Fazit zum Alutech Fanes Custom 29

Der Rahmen des Alutech ist etwas altmodisch: Weder gibt es einen Tool-Mount noch eine Befestigung für einen Flaschenhalter. Der Konfigurator glänzt hingegen mit Diversität und fairen Preisen. Trotz 170 mm Federweg lässt sich das Fanes gut pedalieren. Durch die steife Front und das verspielte Handling lässt das Fanes eine präzise und schnelle Linienwahl zu – das büßt das Alutech jedoch in puncto Laufruhe wieder ein. Für Menschen, die gerne über Sprünge schanzen oder messerscharf durch Steinfelder heizen, lohnt sich der Kauf jedoch.

Tops

  • vielfältiger Konfigurator
  • agil und verspielt auf dem Trail
  • solider Kletterer
  • leiser Begleiter

Flops

  • kein Flaschenhalter
  • Reifen passen nicht zum Einsatzgebiet des Bikes
  • langes Sitzrohr

Tuning-Tipps: Den ProTAPER- oder TwinWorks-Lenker wählen und dafür den Vorbau höhersetzen | Reifen mit stärkerer Karkasse und eine weichere Gummimischung an der Front montieren | Dämpfer mit 25 % Sag fahren | Größere Bremsscheibe am Heck


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Text: Philip Grünewald Fotos: Simon Kohler