Die ENDURO-Redakteure leben nicht nur für flowige Trails und atemberaubende Landschaften, sondern auch dafür, auf Rennen ordentlich Gas zu geben. Wir hatten das Glück, Zugang zu den begehrenswertesten Carbon-Laufrädern auf dem Markt zu bekommen und prügelten fünf Premium-Laufradsätze über die fiesesten Rennstrecken der Saison 2016. Von EWS-Runden bis zu Abenteuern in den Bergen – hier lest ihr, welcher Laufradsatz sich wie geschlagen hat..

We have been riding some of the most desirable wheels on the market to see how they perform under a hard season of racing.
Wir haben einige der begehrenswertesten Laufräder auf dem Markt für eine Saison auf Herz und Nieren getestet.

Wenn euch vor einiger Zeit jemand gesagt hätte, dass er über 2.000 € für einen Satz Laufräder ausgegeben hat, hättet ihr lächelnd genickt und langsam, aber sicher das Weite gesucht, um euch vor dem Wahnsinnigen in Sicherheit zu bringen. Doch in den letzten Jahren wurden Carbonlaufräder nicht nur bei Rennfahrern, sondern auch bei Hobbysportlern immer beliebter. Unser Testteam hat die spannendsten Modelle einem ultimativen Test unterzogen, nämlich die ENVE HV M70, Ibis 742, Reynolds Enduro 27.5, SRAM ROAM 60 und die Stan’s ZTR Bravo. Es gibt zwar noch weit mehr Optionen, aber es braucht seine Zeit, um Laufräder zu testen. Tausende Kilometer müssen gefahren, Stürze ertragen und Linien vermurkst werden. Wir konnten also leider nicht alle testen und haben uns stattdessen auf diese fünf Modelle konzentriert!

Alle Laufräder in diesem Test wurden hart rangenommen, von EWS-Stages über nationale Rennen bis hin zu Abenteuern in den Bergen.
Alle Laufräder in diesem Test wurden hart rangenommen, von EWS-Stages über nationale Rennen bis hin zu Abenteuern in den Bergen.

Macht ein 2.000-Euro-Laufradsatz euch zu einem besseren Fahrer?

Wir sollten den Elefanten ansprechen, der im Raum steht: schlägt sich die Qualität eurer Laufräder tatsächlich in eurer Performance nieder? Das ist eine angebrachte Frage und die Antwort dürfte euch überraschen: Wenn ihr ein geübter Fahrer seid und versiert genug, um die perfekte Line zu treffen und euer Bike hart zu pushen – dann werdet ihr tatsächlich von den Vorteilen eines guten Carbonlaufrades profitieren können. Diese sind deutlich seitensteifer als Aluminiumfelgen und weniger Flex bedeutet, dass jede Bewegung vom Lenker direkt auf die Richtungsänderung übertragen wird. Falls ihr nicht um jede Sekunde kämpft und auf eher entspannten Trails unterwegs seid, könnte euch ein supersteifes Carbonlaufrad eher schaden als nützen. Wenn man ihn nicht richtig an die Kandare nimmt, äußert sich ein Carbonlaufradsatz hauptsächlich in seiner etwas nervösen und unnachgiebigen Art. Der Flex einer Alufelge hilft dem Rad, am Boden zu bleiben und so mehr Grip und eine sanftere Fahrt zu generieren. Von einem billigen Alu- auf einen steifen Carbonlaufradsatz zu wechseln ist, wie an eurem Auto plötzlich auf Niederquerschnittsreifen zu wechseln: in den Kurven habt ihr Spaß, die Fahrt kann aber ziemlich ruppig werden.

Steifigkeit vs. Komfort

Ein steifes Laufrad ist klasse und hält auch bei aggressiver Linienwahl die Spur, es ist aber wenig komfortabel. Ein eher komfortables Rad folgt dem Untergrund besser und generiert mehr Grip und eine angenehmere Fahrt, ist aber nicht so spritzig. Die besten Carbonlaufradsätze müssen Steifigkeit und Komfort ausbalancieren, um das optimale Ergebnis zu bekommen. Manche Laufradsätze wie der Stan’s ZTR Bravo und der SRAM ROAM 60 sind eher komfortabel, während ENVE M70 und Reynolds Enduro 27.5 dank ihrer brutalen Steifigkeit eher auf Rennfahrer ausgelegt sind.

Beim Streben nach Steifigkeit stellte sich Komfort als wirklicher Sieger heraus.
Beim Streben nach Steifigkeit stellte sich Komfort als wirklicher Sieger heraus.

Sind Premium-Carbonlaufradsätze unverwüstlich?

Man könnte meinen, dass beim Kauf eines teuren Carbonlaufradsatzes eine Unverwüstlichkeitsgarantie inklusive wäre. In der wirklichen Welt ist das natürlich nicht so. Wenn ihr „diese Line“ oder „diesen Drop“ nehmt, führen Fehler zu massiven Kräften, die auf eure Laufräder einwirken. In unserer Gruppe musste schon so ziemlich jede Felge dran glauben. Unfälle passieren, Dinge gehen kaputt und auch die teuersten Felgen sind nicht unkaputtbar. Die meisten Carbonfelgen bestehen aus dem gleichen Material, die Qualität der Verarbeitung unterscheidet sich aber teilweise deutlich. Die meisten Premium-Laufradsätze haben eine Art vergünstigter „Treue“-Garantie, manche sogar eine Versicherung, um eure Investition zu schützen.

Warum so breit?

Erst in den letzten Jahren kamen Felgen mit 30 mm Breite und mehr auf. Man entdeckte, dass eine breitere Felge in schnellen Kurven eine bessere Seitenwandstabilität bietet und man den Reifen mit weniger Druck fahren kann. Geringerer Reifendruck bringt höhere Abrollgeschwindigkeit, mehr Grip und besseres Bremsverhalten. Etwa 30 mm Innenbreite sind inzwischen die Norm und erlauben durch die niedrigeren Reifendrücke einen teilweisen Ausgleich des fehlenden Komforts von Carbonfelgen.

Die Felgen im Test variierten von 26 bis 35 mm Breite. Bis zu einem bestimmten Punkt ist breiter besser, insbesondere, wenn man Reifen von 2,4″ oder mehr fahren will. Ab 35 mm sollte man auf die Reifenwahl und Lauffläche achten.
Die Felgen im Test variierten von 26 bis 35 mm Breite. Bis zu einem bestimmten Punkt ist breiter besser, insbesondere, wenn man Reifen von 2,4″ oder mehr fahren will. Ab 35 mm sollte man auf die Reifenwahl und Lauffläche achten.

Leichtläufig

Wenn ihr tretet, rasten Sperrklinken im Freilauf in Zähne des Freilaufkörpers ein und stellen so die Kraftübertragung her. Wenn ihr aufhört zu treten, löst sich diese Verbindung wieder und das Rad kann sich frei drehen. Je mehr Sperrklinken und Zähne, desto weniger Rotation ist nötig, bis die Kraftübertragung steht und desto besser ist die Verbindung. Die Premium-Laufradsätze in diesem Test nutzen Freilaufkörper mit vielen Sperrklinken und Zähnen, wie die legendären Chris King- oder Industry Nine Torch-Naben. Beide Naben bieten nahezu unmittelbare Kraftübertragung und machen einen Höllenlärm, wenn man auf den Trails gen Tal schießt.

Je mehr Zähne und Sperrklinken im Freilauf, desto schneller ist eine Verbindung hergestellt und desto „direkter“ fühlt es sich an.
Je mehr Zähne und Sperrklinken im Freilauf, desto schneller ist eine Verbindung hergestellt und desto „direkter“ fühlt es sich an.
Im Freilauf der SRAM Double Time finden sich 4 Sperrklinken (links), die Industry Nine Torch (rechts) hat 6.
Im Freilauf der SRAM Double Time finden sich 4 Sperrklinken (links), die Industry Nine Torch (rechts) hat 6.

Welcher Laufradsatz ist der beste?

Unsere Wahl wäre der eindrucksvolle Ibis 742, der trotz ausreichendem Komfort steif genug ist, um auch durch Steinfelder zu preschen, ohne durchgeschüttelt zu werden. Die verlässlichen Industry Nine Torch-Naben sind das Sahnehäubchen.

Ibis 742