Das Duell – Canyon Spectral vs. Strive

Bis man das erste Mal auf dem Spectral oder dem Strive Platz nimmt, ist der Ablauf der gleiche. Beide Räder werden in der Regel online bestellt und dann im Karton nach Hause geliefert. Der Aufbau ist einfach und gut erklärt. Ein wenig handwerkliches Geschick und technisches Verständnis sollte man allerdings besitzen. Das nötige Werkzeug zur Montage und auch eine Dämpferpumpe zum Setup der Bikes sind im Lieferumfang enthalten. Trotz des Shapeshifters ist die Montage des Strive nicht umständlicher als die des Spectral. Beim Setup des Hinterbaus sollte man sich bei beiden Rädern etwas Zeit nehmen, da bereits kleine Unterschiede beim SAG einen deutlichen Einfluss auf das Handling haben. Ideal sind laut Canyon 28 % Negativ-Federweg. Wer die Bikes gerne testen oder auch fertig montiert kaufen will, kann dies im Canyon Headquarter in Koblenz machen.

Die Bergwertung – welches Rad klettert besser

Die Sitzposition auf beiden Rädern ist sehr komfortabel, allerdings sitzt man auf dem Strive 2019 etwas sportlich gestreckter als auf dem eher kompakten Spectral. Bereits in der Ebene greift man beim Strive direkt zum Shapeshifter, um den Federweg am Heck zu reduzieren und den Sitzwinkel steiler zu stellen. Im Uphill geben sich sowohl das Spectral als auch das Strive keine Blöße. Allerdings sind im direkten Vergleich auch hier einige Unterschiede spürbar. Das kompaktere Spectral klettert auch ohne zugeschaltete Dämpferplattform bereits sehr willig und überzeugt mit guter Traktion. Enge Sektionen meistert man mit ihm bergauf sehr spielerisch. Auf langen, monotonen oder auch sehr steilen Uphills lohnt der Griff zur zuschaltbaren Plattformdämpfung. Hat man beim Strive CF dagegen den Shapeshifter aktiviert, kann man sich den Griff nach unten sparen. Das Rad steht hoch im Federweg und sackt auch im steilen Gelände nicht weg. Bei Uphills über Stufen und Wurzeln überzeugt das Strive mit mehr Traktion als das Spectral. Obendrein setzt man dank der kurzen Kurbeln und dem erhöhten Tretlager extrem selten mit den Pedalen auf und kann selbst sehr technische Uphills meistern. Durch das geringere Gewicht und die kleinen Laufräder fährt sich das Spectral dagegen etwas leichtfüßiger und beschleunigt noch williger als das Strive. Einen klaren Sieger in der Wertung zu finden ist schwer, es hängt davon ab, in welchem Gelände und wie lange man mit den Bikes bergauf fährt und wie sehr einen der Griff nach unten zum Dämpfer stört.

Die Abfahrtswertung – eine Frage der eigenen Vorlieben

Trotz des identischen Federwegs am Heck könnte das Handling des Canyon Strive und des Spectral bergab kaum unterschiedlicher sein. Wir haben beide Bikes sowohl im Trailparadies Massa Vecchia als auch in San Remo und auf unseren Hometrails im Alpenvorland getestet. Biegt man auf einen flowigen Trail ein, lädt das Spectral direkt dazu ein, das Rad in den Manual zu ziehen und an einer Kante abzuziehen. Sein sehr lebendiges Handling verwandelt bereits einfache, flache und flowige Trails zu einer großen Spielwiese. Das Fahrwerk arbeitet dabei feinfühlig und bietet gleichzeitig sehr guten Pop. Die Gewichtsverteilung zwischen den beiden Laufrädern ist super ausgewogen, wodurch sich das Rad intuitiv fährt und in Kurven einfach kontrollieren lässt. Bereits bei niedrigen Geschwindigkeiten vermittelt das Spectral viel Fahrspaß.

Trail = Spielplatz = Spectral

Trail = Rennstrecke = Strive

Bevor es mit dem Strive bergab richtig los geht, muss erstmal der Shapeshifter in die Downhill-Position gebracht werden. Dafür drückt man den Hebel und belastet den Hinterbau kurz aktiv. In der Abfahrt benötigt das Strive dann im Vergleich zum Spectral ein gewisses Gefälle, um so richtig zum Leben zu erwachen. Auf flachen Trails will das Rad zunächst auf Geschwindigkeit gebracht werden, bevor der Fahrspaß so richtig beginnt. Dafür blüht es dort auf, wo das Spectral die Segel streicht. Sein Fahrwerk arbeitet noch etwas satter, lässt dabei aber nicht an Pop missen. Die großen Laufräder und das Plus an Federweg unserer getesteten Team-Version vermitteln obendrein mehr Sicherheit in sehr verblockten Gelände. Die Laufruhe des Strive ist deutlich höher wie die beim Spectral, wodurch sich das Rad bei Highspeed stabiler fährt. Auf flowigen Trails haben wir den XC-Mode des Strive nur kurz genutzt, zwar lässt sich das Rad so noch besser pushen, allerdings haben wir die Balance des Fahrwerks dann als unstimmig empfunden. Das Spectral ist in sehr engen Sektionen spritziger und agiler. Für steile, fordernde Trails hingegen ist das Strive das potentere und kraftsparendere Rad. Allerdings verlangt es einen etwas aktiveren Fahrstil, um beispielsweise in offenen Kurven genug Grip am Vorderrad aufzubauen.

Strive oder Spectral? Welches Rad passt zu wem?

Das Canyon Strive und das Canyon Spectral besitzen zwar eine große gemeinsame Schnittmenge, sprechen aber doch unterschiedliche Fahrertypen an. Das günstigere Spectral macht vor allem Trail-Biker glücklich, die Wert auf viel Agilität legen, gerne jeden Trail in einen Spielplatz verwandeln und dabei nicht jede Sekunde zählen. Mit seinem gutmütigen Handling ist es außerdem sehr gut für Einsteiger geeignet.Das neue Strive dagegen blüht erst bei etwas höheren Geschwindigkeiten und stärkerem Gefälle voll auf. Es fährt sich sehr direkt und klettert obendrein super gut, muss aber im direkten Vergleich etwas aktiver gefahren werden. Für Racer auf Sekundenjagd als auch Weekend-Warrior, die regelmäßig auf anspruchsvollen Trails unterwegs sind, ist es die perfekte Wahl.

Mehr Infos unter: canyon.com


Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #037

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Inhaltsübersicht
  1. Die Kontrahenten
  2. Das Duell