Reifen-Inserts erfreuen sich immer größerer Beliebtheit in allen MTB-Kategorien, um Pannen zu vermeiden und die Felge zu schützen. Aber ist das wirklich die Lösung, mit der man nie wieder Platten und kaputte Laufräder bekommt? Oder nur unnötig Extragewicht? Wir haben 5 Modelle im Vergleich getestet und herausgefunden, wo die Vor- und Nachteile liegen.

Inhaltsverzeichnis: Das erwartet euch im Test

  1. Das Testfeld
  2. So haben wir getestet
  3. Montage der Reifen-Inserts
  4. Durchschlagschutz
  5. Ciao Burping
  6. Volumenspacer für die Reifen
  7. Die Nachteile von Inserts
  8. Was bringen Reifen-Inserts
  9. Der beste Reifen-Insert

Mountainbiken ist voller Höhen und Tiefen, und zwar wörtlich und sprichwörtlich. Wir alle haben das schon einmal erlebt: Es ist ein traumhafter Tag auf dem Bike mit Kaiserwetter, Hero-Dirt und einer mega Crew! Doch leider kann der Stoke durch diesen einen fiesen Stein, der versteckt hinter einer Kuppe lauert, gedämpft werden. Es ist zu spät zum Ausweichen und pffff… der Reifen ist hinüber, oder schlimmer noch: gleich die ganze Felge. So kann aus einem Höhenflug schnell ein tiefer (emotionaler) Sturz werden. Und genau das sollen Reifen-Inserts verhindern. Das Prinzip an sich ist sehr simpel: In die tubeless-aufgebauten Reifen wird bei der Montage ein kreisförmiges Stück Schaumstoff-Nudel hineingelegt. Das soll Schläge auf die Felge abdämpfen, den Durchschlagschutz verbessern und zudem ein sanfteres Fahrgefühl bringen. Wir haben 4 handelsübliche Inserts und eine DIY-Speziallösung getestet, um herauszufinden, was Inserts bringen und welcher der Kandidaten die beste Trail-Performance bringt.

Das Testfeld: Reifen-Inserts von DIY bis Pro

Reifen-Inserts mögen ein vermeintlich simples Teil sein, doch innerhalb des Testfelds gibt es dennoch deutliche Unterschiede: Allein das Gewicht reicht von 40 g bis über 300 g pro Stück. Die Breite der Inserts ist dabei sehr ähnlich und die Differenz kommt hauptsächlich durch die unterschiedliche Dichte – und damit Festigkeit – des Materials. Auch der Preis hat eine große Spannweite: Die teuersten Inserts im Test kosten knapp 180 €, während unsere DIY-Lösung auf gerade einmal 14 € kommt. Neben dem Test der Montage und auf dem Trail haben wir auch im Testlabor den Durchschlagschutz der Inserts getestet. Je höher die Fallhöhe des Gewichts, die einen Durchschlag verursacht, desto besser schützt das Insert eure Reifen und Laufräder.

Reifen-Insert Gewicht pro Paar Breite x Höhe Preis pro Paar
Baumarkt Fugenschnur (Zum Test) 82 g 50 mm x 50 mm 14,04 €
CushCore PRO (Zum Test) 442 g 53 mm x 22 mm 179,95 €
PTN R-Evolution (Zum Test) 220 g 53 mm x 39 mm 95,00 €
Rimpact PRO V2 (Zum Test) 286 g 52 mm x 30 mm 107,99 €
Technomousse Red Poison Evo (Zum Test) 606 g 51 mm x 30 mm 179,98 €

So haben wir die 5 Inserts getestet

Wie eben erwähnt, haben wir den Test in drei Teile gegliedert: Werkstatt, Labor und Trails. In der Werkstatt haben wir die Inserts auf die Laufräder gezogen, herausgefunden, wo die Unterschiede bei der Montage liegen, und getestet, welche besonders schwer auf die Felge gehen. Für den Labortest waren wir zu Besuch beim deutschen Reifenexperten Schwalbe, um die Inserts im hauseigenen Prüflabor auf Durchschlagschutz zu testen. Dazu haben wir die Inserts auf eine Test-Felge aus Stahl montiert und unseren Big Betty-Testreifen mit Super Gravity-Karkasse mit einem konstanten Druck von 1,5 bar darübergezogen. Ein Gewicht von 19 kg wurde dann mit einer harten Kante aus steigender Höhe fallen gelassen. Je größer die Fallhöhe, bei der ein Schnitt im Mantel infolge eines Durchschlags erzeugt wurde, desto besser schützt das Insert. Wir könnten hier Kraft, Energie oder so einige weitere Dinge ausrechnen, die durch das Gewicht mit der Fallhöhe auf den Reifen wirken. Doch dieses Gehirnjogging ersparen wir euch und vergleichen stattdessen die Fallhöhen des Gewichts. Der Rollwiderstand ändert sich mit den verschiedenen Inserts so gut wie gar nicht – vorausgesetzt, man fährt alle mit dem gleichen Druck. Aus diesem Grund sind die Werte für den Rollwiderstand hier nicht aufgeführt.

Ein Praxistest, bei dem wir den Inserts auf dem Trail auf den Zahn fühlen, darf natürlich auch nicht fehlen. Um uns dabei auf den Einfluss der Inserts auf das Fahrverhalten konzentrieren zu können, haben wir die Test-Runs alle auf dem gleichen Bike (für jeden Tester) mit gleichen Laufrädern und Reifen durchgeführt: Die eingesetzten Flow MK4-Laufräder von Stan’s bestehen aus sorgenfreiem Alu und sind für den harten Enduro-Einsatz gemacht – perfekt für unseren Test. Bei den Reifen haben wir auf Schwalbe gesetzt, mit der beliebten Kombination aus Magic Mary an der Front und Big Betty am Heck. Beide Reifen haben die robuste Super Gravity-Karkasse, die für den Einsatz mit Tire Inserts eine realistische Reifen- und Karkassenwahl darstellt. Denn eine dünnere Karkasse macht mit Inserts wenig Sinn und ihr solltet hier immer erst einen gewissen Pannenschutz von eurem Reifen einfordern, bevor ihr an Inserts denkt. So bekommt ihr mit geringerem Zusatzgewicht einen ähnlichen Durchschlagschutz und zusätzlich noch Schnittschutz.

Um einen möglichst direkten Vergleich der Inserts zu bekommen, haben wir Back-to-back-Runs auf unserem Test-Track durchgeführt, der mit schnellen Anliegern, großen Sprüngen, roughen Steinfeldern und rutschigen Wurzeln alles zu bieten hatte, was Bike, Fahrer und vor allem die Inserts an die Grenzen bringen kann. Bei allen fünf Inserts sind wir mit unseren Körpergewichten zwischen 70 und 75 kg einen Druck von 1,4 bar an der Front und 1,6 bar am Heck gefahren. Als Referenz haben wir zudem noch Laps ohne Inserts angesetzt, bei denen wir den Reifendruck dann die meiste Zeit auf 1,6 bar vorne und 1,8 bar hinten erhöht haben.

Montage der Reifen-Inserts – Zwischen anstrengend und super anstrengend

Es dürfte inzwischen kein großes Geheimnis mehr sein, aber eine Sache ist sicher: Reifen-Inserts aufzuziehen ist harte Arbeit. Zum einen sitzen die Inserts oft sehr eng auf der Felge und allein das Insert auf das Laufrad draufzuziehen, kann schweißtreibend sein. Zudem muss man die Reifanwulst unter das Insert friemeln, damit sie sauber im Felgenbett sitzt. Nur so kann man den Reifen über das Insert auf die Felge bekommen. Besonders mit Reifen mit robuster Karkasse ist das keine leichte Aufgabe – am besten, ihr sucht euch einen Freund, der euch bei der Montage helfen kann, und macht es nicht kurz bevor es losgehen soll. Keiner der getesteten Inserts ging wirklich leicht auf die Felge und im Verlauf des Tests sind uns so acht Reifenheber abgebrochen. CushCore und Technonmousse sind durch ihr dichteres Material nur wenig dehnbar und bereits deshalb nicht leicht auf die Laufräder zu bekommen. PTN und Rimpact sind zwar nicht sonderlich schwer, dafür macht es aber ihr großes Volumen schwierig, die Reifenwulst richtig darunter zu bekommen. Allein die Baumarkt-Lösung bereitete kaum Probleme bei der Montage. Kleiner Pro-Tipp: Viele Hersteller haben eine detaillierte Anleitung auf ihrer Website, teilweise mit Video. Keiner baut zwar gerne nach Ikea-Anleitung, aber ihr spart euch dadurch viel Stress und Schweiß.

Die Inserts auf die Laufräder zu ziehen, ist eine schweißtreibende Angelegenheit.

Aber Achtung! Zum Verbauen von Inserts sind spezielle Ventile nötig, die Öffnungen zur Seite haben, sodass das Insert nicht den Luftfluss blockiert. Zudem solltet ihr etwas mehr Tubeless-Milch als üblich verwenden, da es durch das Insert mehr Fläche im Reifen gibt, die von der Milch benetzt wird. Zuletzt ist es noch hilfreich – wie beim normalen Tubeless-Setup auch – einen Kompressor oder eine Booster-Pumpe zu verwenden. Dadurch kommt schneller viel Luft in den Reifen und er setzt sich leichter in die Felge. Die einfachste Methode ist hier die Verwendung eines Booster-Kanisters. So müsst ihr nicht eine komplett neue Pumpe kaufen, erspart euch Stress beim Aufpumpen und könnt ihn im Gegensatz zu einem Kompressor auch easy auf den nächsten Bike-Trip mitnehmen. Uns haben die Airshot-Kanister das Leben auf jeden Fall deutlich erleichtert.

Durchschlagschutz – Schont eure Felgen und eure Nerven

Der zusätzliche Durchschlagschutz, den Reifen-Inserts euren Reifen verleihen, schützt euch nicht nur vor teuren Totalschäden, es hilft auch, dass ihr die Bike-Session nicht vorzeitig abbrechen müsst, weil ihr euer Laufrad zerlegt habt. Das heißt natürlich nicht, dass Inserts euch eine Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-Frei-Karte geben – sind die Kräfte groß genug, wird jedes Laufrad irgendwann den Geist aufgeben. Aber selbst wenn ihr eine Reifenpanne bekommt, könnt ihr mit Insert immerhin noch mit ruhigerem Gewissen zurückrollen. Der Labortest hat uns klar gezeigt: Irgendwann kommt alles Material ans Limit und selbst der feste Schaumstoff der Inserts wird dann einfach durchschnitten. Hier haben sich direkt große Unterschiede im Testfeld gezeigt. Generell kann man aber sagen: Je schwerer das Insert, desto besser ist der Durchschlagschutz. So bietet das massive Technomousse mit einer Fallhöhe von 720 mm mit einigem Abstand den besten Schutz. Der 40 g leichte Baumarkt-Insert hat leider keinerlei Schutzwirkung gezeigt und mit einer Fallhöhe von gerade einmal 510 mm den exakt gleichen Wert wie der Big Betty Super Gravity-Reifen ohne Insert. Der Labortest hat aber auch bewiesen, dass ein Upgrade der Reifen-Karkasse ein riesiges Plus an Durchschlagschutz bietet, denn der gleiche Big Betty Reifen mit Super Trail-Karkasse hat gerade einmal eine Fallhöhe von 330 mm ausgehalten.

Hersteller Durchschlaghöhe
Baumarkt 510 mm
CushCore 665 mm
PTN 630 mm
Rimpact 630 mm
Technomousse 720 mm
Big Betty Super Gravity 510 mm
Big Betty Super Trail 330 mm

Ciao Burping – Mehr Seitenwandstabilität durch Reifen-Inserts

Ein weiterer Effekt von Inserts – der wohl am meisten für schwere Fahrer, Berm-Cutter oder Brap-Champions interessant sein wird – ist: Durch die breite Form der Inserts wird die Seitenwand der Reifen stabilisiert, sodass dieser nicht so schnell aus dem Felgenbett rutscht. Aber selbst wenn ihr nicht regelmäßig Reifen abzieht, profitiert ihr davon. Denn durch die stabilisierte Seitenwand walgt der Reifen unter Belastung weniger, was euch ein direkteres Fahrgefühl in schnellen Anliegern oder starken Kompressionen gibt. In diesen Situationen fühlt sich der Reifen schlicht weniger schwammig an. So ist es auch mit niedrigem Luftdruck kein Problem, durch Berms durchzuheizen.

Volumenspacer für die Reifen – Der Einfluss der Luftkammer im Reifen

Ein offensichtlicher Effekt von Reifen-Inserts ist, dass man einen niedrigeren Luftdruck fahren kann. Weniger offensichtlich ist aber, dass durch das Volumen des Inserts im Reifen das Luftvolumen verringert wird und dadurch auch das Dämpfungsverhalten des Reifens progressiver wird. Im Prinzip macht man mit dem Reifen so das Gleiche wie mit seiner Gabel, wenn man Volumenspacer hineinpackt: Durch das geringere Luftvolumen und den geringeren Druck, den man fahren kann, wird die Luftkammer sensibler für kleine Schläge – der Reifen filtert die feinen Vibrationen des Trails also direkt heraus. Das bringt zusätzlichen Komfort und macht es weniger anstrengend für die Hände. Das ist auch der Grund, warum wir immer dazu raten würden, Inserts sowohl vorne als auch hinten zu fahren. Kommt dann auf dem Trail allerdings ein größerer Schlag, sinkt man nicht so weit ein. Das hilft zusätzlich dem Durchschlagschutz und gibt vergrößerte Stabilität in Kompressionen. Selbst wenn ihr den gleichen Druck fahrt, wird sich das Fahrgefühl mit und ohne Insert also spürbar unterscheiden. Das liegt zum Teil an der Dämpfung und Stoßabsorbierung des Inserts selbst, zum Teil aber auch an dem verkleinerten Luftvolumen im Reifen. Dadurch fahrt ihr weniger Ping-Pong-mäßig in schnellen Stein- oder Wurzelpassagen und euer Bike hat deutlich mehr Laufruhe, wodurch ihr wiederum mit mehr Selbstvertrauen fahren könnt.

Rollwiderstand und Gewicht – Das sind die Nachteile von Inserts

Einen Nachteil, den Reifen-Inserts ohne Zweifel mit sich bringen, ist das zusätzliche Gewicht. Auf dem Trail konnten wir allerdings trotz der höheren rotierenden Masse keine Unterschiede in Sachen Agilität feststellen. Allerdings wird durch den niedrigeren Druck, den man mit Inserts fahren kann, auch der Rollwiderstand der Reifen erhöht – wenn auch der Luftdruck eine deutlich geringere Rolle spielt als die Gummimischung eurer Reifen. Eine weitere Sache, die man im Hinterkopf behalten sollte, ist, dass man mit Inserts zwar weniger schnell Platten bekommt. Wenn es aber doch so weit ist, dass das Loch so groß ist, dass alle Tubeless-Plugs der Welt nicht mehr helfen, und ihr einen Schlauch in den Reifen ziehen müsst, kann das mit einem Insert im Reifen ein ziemlich stressiges Unterfangen werden.

Was bringen Reifen-Inserts – Die Erkenntnisse aus dem Test

Wenn es um den Nutzen von Reifen-Inserts geht, ist natürlich der Schutz von Reifen und Felge ein Riesending. Aber darüber hinaus bringen sie noch einige weitere Vorteile. Die zusätzliche Seitenwandstabilität lässt euch niedrigere Drücke in euren Reifen fahren und das gibt euch wiederum mehr Traktion, da sich der Reifen besser dem Untergrund anschmiegen kann. Zudem dämpfen sie feine Vibrationen, was euch dann mehr Kontrolle über das Bike gibt und Kraft einspart. Insgesamt bedeuten (fast) alle Inserts ein Plus an Abfahrts-Performance, man muss sich aber natürlich immer bewusst sein, dass sie auch zusätzliches Gewicht und mehr rotierende Masse mit sich bringen.

Der beste Reifen-Insert: Rimpact PRO V2

Alle Reifen-Inserts im Test haben einen deutlichen Einfluss auf das Fahrverhalten und verbessern die Abfahrts-Performance spürbar. Doch das Insert, das den besten Mix aus Durchschlagschutz, Trail-Performance und Gewicht liefert, ist der Rimpact PRO V2. Mit nur geringem Extragewicht bringt er euch ein Plus an Komfort, Stabilität und Traktion auf den Trails, das fast mit den Schwergewichten im Test mithalten kann. Ein Boost für euer Selbstvertrauen und ein verdienter Testsieg!


Alle Inserts im Test: Baumarkt Fugenschnur (Zum Test) | CushCore PRO (Zum Test) | PTN R-Evolution (Zum Test) | Rimpact PRO V2 (Zum Test) | Technomousse Red Poison Evo (Zum Test)


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Text: Simon Kohler Fotos: Mike Hunger

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“