Whyte G-160 Works 2016 Test
Letztes Jahr waren wir schon große Fans des G-150 Works der Bikeschmiede Whyte. Und für 2016 haben die geometriebedachten Briten noch mal ordentlich nachgelegt: Das G-160 ist tiefer, länger und weitaus aggressiver – ein richtiges Biest! Eins davon konnten wir für unsere Langzeittest-Flotte ergattern und nach ein paar Stunden auf den Trails ist es Zeit für ein erstes Urteil.
Whyte G-160-Modelle
Das G-160 wird es in zwei verschiedenen Versionen geben: Das Works-Modell, das wir getestet haben, ist der Spitzenkandidat für jedes Rennen und nur mit besten Parts bestückt. Das günstigere RS-Modell soll 3.900 € kosten und kommt mit RockShox Monarch DebonAir RT3 und RockShox Pike RC Boost. 29 mm breite WTB Asym i29 TCS-Laufräder fassen die WTB Vigilante/Riddler-Reifenkombi, die das RS über die Trails tragen sollen. Ein SRAM X1-Antrieb und SRAM Guide R-Bremsen runden das deftige Paket ab. Beide Modellvarianten wird es in den drei Größen Small, Medium und Large geben, wobei die Größenverhältnisse gut gemeint sind – aber dazu später mehr. Unser 180 cm großer Testfahrer lag zwischen den beiden oberen Größen, das kurze Sattelrohr erlaubte ihm, auf die Vollgasqualitäten des größten Rahmens zurückzugreifen.
Ausstattung des Whyte G-160 Works
Federgabel: RockShox Pike RCT3 160mm
Dämpfer: RockShox Monarch Plus Debonair RC3
Schaltung: SRAM XX1
Bremsen: SRAM Guide RSC
Laufräder: SRAM Rail 40
Gewicht: 13,2 kg (Größe L)
Preis: 5.500 € / 3.999 £
An den Anbauteile des Whyte G-160 Works gibt es absolut nichts auszusetzen. Fragt man irgendeinen Racer nach seiner Wunsch-Partliste, wird das Works mit einem Groteil davon aufwarten können. Die RockShox PIKE RCT3 mit 160 mm arbeitet gut mit dem Monarch Plus DebonAir RC3 zusammen, in Kombination mit dem SRAM XO1/XX1-Antrieb bekommt man ein verlässliches Setup.
Wir freuten uns über den 32 mm langen Easton Haven Oversized-Vorbau mit 35-mm-Klemmung und den dazu passenden, 800 mm überspannenden Race Face SIXC Carbon-Lenker (den wir auf 770 mm kürzten). Der SRAM Rail 40-Laufradsatz war, nach einer kurzen Nachzentrierung als Folge der ersten Ausfahrten, eine gute Wahl und die Kombi aus MAXXIS HighRoller II TR 3C MaxxTerra und Minion SS EXO sind bereit für die Stages. SRAMs Guide RSC-Bremsen und die obligatorische RockShox Reverb-Stütze sind nur die Kirschen auf diesem Meisterwerk.
Geometrie des Whyte G-160 Works
Da die heutigen Fahrwerke so gut sind, unterscheidet vor allem die Geometrie ein gutes von einem schlechten Bike. Das Team von Whyte hat sich schon immer damit gerühmt, agile Bikes zu bauen, aber das G-160 ist wirklich ein Ding für sich. In der Größe Large misst das Oberrohr eindrucksvolle 655,9 mm bei einem Radstand von 1.231,7 mm – damit ist es 3,6 cm länger als ein Santa Cruz Nomad in derselben Größe.
Schon das Vorgängermodell G-150 war ein großes Bike. Also setzten wir uns mit Whyte-Designer Ian Alexander zusammen, um herauszufinden, warum sie es noch länger gemacht haben: „Wir dachten eigentlich, dass wir 2015 mit dem G-150 schon radikal genug gewesen wären und die Ergebnisse beider Megavalanche sprachen für uns. Aber sechs Monate sind im Endurobike-Design ein kurzer Zeitraum. Als wir die Spezifikationen der Komponenten unserer Zulieferer für 2016 sahen, stellten wir fest, dass 160 mm der absolute Standard bei Endurobikes geworden sind. Von Easton kommt außerdem mit 32 mm Länge der kürzeste Vorbau, den man mit einer 35-mm-Klemmung bauen kann.“
Das wusste das Team von Whyte auch zu nutzen. Ian erzählt: „Wir schafften also mehr Platz an der Front für die längere Gabel und verbauten mit dem Easton einen 18 mm kürzeren Vorbau als zuvor. Dadurch behielten wir die Cockpitlänge bei, obwohl wir das Steuerrohr 20 mm nach vorne verschoben. Das machte das Bike länger, während die allgemeine Fahrerposition mehr oder weniger gleich blieb. Der 800 mm breite Lenker und die Reduzierung des Steuerwinkels um etwa 1° schafften ein noch stabileres Setup für steile Sektionen und machten das Bike in meinen Augen noch ein bisschen besser als zuvor.“
Größe | S | M | L |
---|---|---|---|
Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° |
Sitzwinkel | 74,7° | 74,5° | 74,3° |
Oberrohrlänge | 607,6 mm | 636,6 mm | 655,9 mm |
Steuerrohrlänge | 95 mm | 110 mm | 120 mm |
Sattelrohrlänge | 406,4 mm | 431,8 mm | 457,2 mm |
Tretlagerabsenkung | 342,5 mm | 342,5 mm | 342,5 mm |
Kettenstrebenlänge | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Radstand | 1181,7 mm | 1211,7 mm | 1231,7 mm |
Stack | 593 mm | 607 mm | 616 mm |
Reach | 455 mm | 479 mm | 495 mm |
Fahrwerkseinstellung
Das Whyte G-160 nutzt den Quad-4-Hinterbau von Whyte, der sich bei vorherigen Modellen als sehr wartungsarm erwies. Mit einem Hebelverhältnis von 3:1 könnte man meinen, dass die Lager ordentlich was abbekommen, das wird allerdings durch die lebenslange Lagergarantie von Whyte aufgefangen.
Nach einer ersten Abfahrt war klar, dass die RockShox PIKE bei 20 % SAG (82 psi bei 80 kg Fahrergewicht) etwas Rückgrat vermissen ließ und bei harten Bremsungen abtauchte. Wir verbauten 2 Bottomless Tokens und erhielten so eine perfekte Gabel. Mit 180 psi ist der Monarch Plus DebonAir bei 30 % SAG sehr feinfühlig und die lineare Federungskennlinie bietet einen Wahnsinnsgrip, indem sie das Hinterrad stets am Boden festnagelt. Auch wenn das einiges an Sicherheit gibt, wirkt der regressive Hinterbau einem spritzigen, agilen Fahrstil etwas entgegen, weswegen wir 5 Bottomless-Ringe in den Dämpfer einbauten, um der Geschichte etwas mehr Pepp zu verleihen. Trotzdem gefällt uns ein lineares Fahrwerk gut, weil es leichteren Fahrern erlaubt, den gesamten Federweg zu nutzen, während schwerere Fahrer die Progression mit dem Einbau von Volumenspacern schnell anpassen können.
Veränderungen am Langzeittestbike
Das Whyte G-160 Works wird einen harten Winter im Tweed Valley in Schottland durchleben müssen, wo seine Lager so einiges abbekommen werden. Unser UK-Redakteur Trev Worsey hat bereits damit begonnen, Kilometer auf dem Bike zu sammeln und ein Gefühl für sein Handling bekommen. Die einzigen Änderungen, die zum Serienbike gemacht wurden, waren das Kürzen des Lenkers auf 770 mm und der Tausch der eher sommerlichen Reifenkombination aus MAXXIS HighRoller II/Ardent SS mit den matschfräsenden MAXXIS Shorty 2,3, die bei 1,5–1,6 bar die besten Allround-Winterreifen auf dem Markt sind. Ein Freebie Mudguard soll dabei helfen, den Matsch auf den Trails und aus Trevs Augen zu halten.
Erster Fahreindruck des Whyte G-160 Works
Trev hat in der ersten Woche bereits 160 km auf dem G-160 verbracht, hier ist sein erster Eindruck: „Sofort beim Aufsitzen wurden die eindrucksvollen Dimensionen des Whyte G-160 offensichtlich. Das geräumige Oberrohr und der 800 mm breite Lenker machte in Kombination mit dem 32-mm-Vorbau klar, dass das hier ein Bike für wilde Action ist! Obwohl ich eher Hobbitbeine habe, war die Überstandshöhe auch beim Large-Rahmen völlig ausreichend. Die Sitzposition fühlte sich zum Treten sowohl effizient als auch komfortabel an.“
Beim Fahren schaltet man den Monarch Plus auf „Firm Compression“ und kann so das G-160 effizient den Berg hochtreten. Es ist kein Sprinter oder Bergauf-Meister (diejenigen, die danach suchen, währen mit dem T-130 besser beraten), die Waldwege klettert es aber ohne Murren. Beim Anstieg ist der Quad-4-Hinterbau sehr aktiv, weswegen wir den Dämpfer auf „Firm“ schalten würden, um mit dem G-160 auch bei längeren Ausfahrten entspannt zu bleiben. Die Sitzposition dabei ist angenehm und aufrecht, der 74,5°-Sitzwinkel macht das Treten effizient.
Am Gipfel angekommen, wechselt man am Monarch wieder auf den „Downhill-Modus“ und verwandelt das G-160 von einem stetigen Kletterer in ein wildes Abfahrtstier. Langer Hauptrahmen und Radstand machen das Bike super stabil bei dem obligatorischen Vollgas und ermöglichen leichte Gewichtswechsel, ohne den Schwerpunkt oder das Gleichgewicht zu verlieren. Man muss durch den langen Reach seinen Fahrstil etwas anpassen, eine Gewichtung des Vorderrads bringt aber mordsmäßigen Grip und damit eine präzise und intuitive Lenkung mit sich. Die geringe Überstandshöhe erlaubt es, das Bike in Kurven zu drücken und zum Carven tiefer damit zu gehen, als man es erwarten würde. Scharfe Kurven und aggressives Bremsen quittierten die Rail 40-Laufräder mit einem „Ping“, die Speichenspannung wird demnach bald zu justieren sein.
Natürlich ist es ein langes Bike, aber die 425 mm kurzen Kettenstreben erlauben es euch, durch enge Kurven zu driften oder wie auf Schienen zu fahren, ganz nach Belieben. Der lineare Quad-4-Hinterbau bietet eine Menge Grip, beißt sich geradezu im Boden fest und findet auch das letzte Quäntchen Halt. Beim Wechsel von steilen, langsameren und technischen Trails auf schnelle Downhills zeigt sich, dass der lineare Hinterbau es etwas schwierig macht, das Bike über Wurzeln und Steine zu lupfen und in Highspeed-Kurven zu drücken. Dem ist durch den Einbau von günstigen Volumenspacern schnell Abhilfe zu schaffen, was das Bike übrigens gleichzeitig für eine größere Spanne an Fahrergewichten zugänglich macht. Beim Einbau der Spacer in den Dämpfer sollte man die Druckstufe etwas erhöhen. Bisher hat Trev fünf Spacer verbaut, gegebenenfalls wird er bis zu acht nutzen. Schwerere Fahrer mit aggressivem Fahrstil sollten ausprobieren, ob ihnen ein Dämpfer mit etwas erhöhter Druckstufe besser passt.
Beim Handling hat Whyte gute Arbeit geleistet: Für ein Racebike liegt es hervorragend auf der Strecke, braucht aber einiges an Geschwindigkeit, um richtig zu funktionieren. Der ultrakurze Vorbau und der breite Lenker erlauben es einem, verrückte Lines zu wählen, ohne groß nachzudenken, während der Lenkwinkel von 65° alles unter Kontrolle hält, falls man sich mal überschätzt.
Trev ist jedenfalls schon jetzt guter Dinge: „Ich freue mich darauf, das Bike durch eine geschäftige Rennsaison 2016 zu fahren und bin gespannt, wie die Lager mit lebenslanger Garantie den harten Winter überstehen. Nach 160 km ist das natürlich etwas verfrüht, aber ich bin vom G-160 wirklich beeindruckt und bin gespannt, wie es sich mit dem Plus an Druckstufe auf unterschiedlichem Terrain schlägt.“
Weitere Infos zum G-160 gibt’s auf der Whyte Webseite.
Wie sich das Whyte und die anderen Bikes unserer Langzeittest Flotte schlagen, könnt ihr in der Langzeittest-Timeline verfolgen.
Text: Trev Worsey Bilder: Trev Worsey and Catherine Smith
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