Nun, wo die EWS in vollem Gange ist, wollten wir doch mal sehen, was Irland bei seinem Debüt als Gastgeber der zweiten Runde im Mai so zu bieten hat. Wir fanden nicht nur unberührte Schönheit in der Natur und einige der schönsten Trails und Landschaften die man sich vorstellen kann, sondern auch unglaublich freundliche Leute. Was können die potentiellen Teilnehmer der Nummer Eins unter den Enduro-Rennserien bei dieser besonderen zweiten Runde erwarten? Hier erfahrt ihr es:
Nach 40 min. Autofahrt von Dublin in Richtung Süden erreichten wir das beschauliche Dorf Glenealy, wo wir von Irlands EWS-Organisator Niall Davis abgeholt wurden – einem entspannten, bescheidenen Typen, der das große Ziel verfolgt, diesem Teil von Irland zu einem dauerhaften Platz auf der Mountainbike-Weltkarte zu verhelfen. Niall kam mit seinen Kumpels Hugh und Davey. Gemeinsam mit ihnen durften wir einen Tag lang spicken, wie die Stages und Transfers beim geplanten großen Rennen aussehen werden. Wir können hier natürlich nicht verraten, wo genau die Stages sind, aber eins können wir sagen: der Tag war der Hammer!
Zuerst also zu den Transfers, was erwartet uns da? Das ist ziemlich leicht zu erklären: Zumeist wird ein einfacher konstanter Anstieg genutzt (nicht immer von ganz unten), der etwa 40 min. dauert. Es handelt sich hier um einen netten, einfachen Forstweg, der insgesamt etwa bis zur 400 Höhenmeter-Marke reicht und nicht allzu viele steile Passagen hat, die in die Beine gehen. Nichtdestotrotz, bei sieben Stages an einem Tag werden die letzten Meter des Anstiegs zur letzten Stage schon ein Kampf werden. Da ich von Haus aus Baumpfleger bin, war ich beim Weg hinauf fasziniert von der Tatsache, dass es hier jede Menge alte Eukalyptusbäume gibt – eine Seltenheit in diesen Breitengraden. Sonst eher in Australien beheimatet, verleihen sie der Gegend hier ein besonderes exotisches Flair – als sei man irgendwo richtig weit weg von zu Hause.
Da wir unsere Irlandtour so vollgepackt hatten, hatten wir nur für zwei der sieben Stages Zeit – wir schafften es aber trotzdem, viel zu spielen und den Lehm so richtig aufzuwühlen. Wir testeten die Stages 2 und 7 und die waren alles andere als eine Enttäuschung! Stage 2 besteht am Anfang vor allem aus absurd großen Felsbrocken, aber nach diesen ersten kniffligen 200 Metern sieht es ganz anders aus. Zwischen den Brocken ist jetzt, nach dem für die Trails das wild wuchernde Heidekraut gerodet wurde, der reine schwarze Torf zu sehen. Dort, wo die Stage schneller wird, verlagert sich das Fels-Torf-Verhältnis deutlich zugunsten des Torfs und die Steine werden weniger und kleiner – aber sie können einen immer noch unvorbereitet erwischen!
Jenseits der Forststraße wird’s noch schneller, einige Brocken liegen herum und es wird singletrailmäßiger – schneller und steiler. Als nächstes kommen ein paar rutschige Kurven, die das fahrerische Können auf schmierigem Untergrund testen. Es empfiehlt sich, eine nach der anderen ruhig zu nehmen, um die Geschwindigkeit bis zur nachfolgenden flachen Tretpassage zu halten – hier ist die Fitness dein Freund. Dann geht es in noch mehr heftigen flachen Kurven den Hügel runter bis zum Ende der etwa fünfminütigen Stage.
Als nächstes war Stage 7 dran, die letzte aber ultimative Herausforderung für Fahrer, Zuschauer und Fotografen. Zu Beginn ist das hier ordentlicher, torfiger und felsiger Dowhill, mit einigen fiesen Abschnitten, die das fahrerische Können austesten, vielen Sprüngen und Pumps über Felsbrocken, die man nehmen muss, um die notwendige Geschwindigkeit zu halten. Der Trail windet sich nach unten durch das idyllische offene Gelände, das mit lichten alten Kiefern bewachsen ist. Man kommt in schnellen Flow, nimmt eine Kurve nach der anderen auf dem Torf, dazwischen das ein oder andere anspruchsvolle Steinfeld mit Drops und schwierigen Linien. Dieser Abschnitt, bekannt unter dem Namen ‚Emerald Expressway‘ ist einfach geil von oben bis unten – eine der besten Stages, die ich je gefahren bin. Im nächsten Abschnitt des Trails jagt ein gebauter Anlieger den anderen, ebenso Sprünge in Anlieger über Böschungen, Rinnen und wurzelige Passagen zwischen engstehenden Bäumen. So geht es ewig weiter, und unser Grinsen wurde immer breiter dabei. Der Trail geht immer noch weiter, typisches Waldzeug, hängende Kurven, schwierig, aber super, wir konnten gar nicht genug kriegen. Auch diese Stage dauert etwa 5 min. – das Team hat bei Stages Zwei und Sieben wirklich alles aus dem Hügel rausgeholt.
Die große Frage, die sich sicher viele Racer stellen werden, ist die nach den richtigen Reifen. Hier wird es vor allem aufs Wetter ankommen. Man darf nicht vergessen, wir fuhren hier nahezu jungfräuliche Trails runter, daher funktionierten Trailreifen an diesem Tag super. Die ganz schnellen Racer, die diese Trails mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit runterrippen werden, können bei trockenem Wetter definitiv mit härteren, schnellrollenden DH Reifen fahren. Wenn es aber regnet, ist das hier eine ganz andere Geschichte und man sollte auf Schlammreifen setzen, wenn man nicht ins Gestrüpp schlittern will. Außerdem zu bedenken: Wenn es schüttet und hier hunderte von Leuten runterfahren wird das eine ziemliche Sauerei und es werden versteckte lose Felsbrocken auftauchen. Meine Prognose ist, dass diese beiden Stages bei jedem Wetter ein paar Opfer fordern werden und dass die ruhigsten und mutigsten Fahrer an diesem Tag die besten Zeiten einfahren werden.
Nach unser großartigen Fahrt über 20 der fürs Rennen vorgesehenen 50 km verabschiedeten wir uns von dem supertalentierten jungen Davey und dem Veteran Hugh und zogen uns in eines der großartigen Lokale des Ortes zurück, um mit Niall ein wenig darüber zu plaudern, wie genau er an diesen Punkt seiner Karriere als Rennorganisator gelandet ist.
Niall, was für einen Bike- und Racing-Hintergrund hast du genau?
Ziemlich viel Downhill, ich fing an, World Cup-Rennen zu fahren, aber dann hatte ich einen schweren Sturz, der mich für längere Zeit vom Bike holte. Dann begann ich mit XC-Rennen, bis auf World Cup-Niveau. Dann hab ich so ein paar Zwischensachen gemacht, wie zum Beispiel das Megavalanche und bin dann schließlich bei Enduro gelandet, wo ich immer so um den 40. Platz bei EWS-Rennen lag. Wir organisieren schon länger Rennen und auch solche Sachen wie Bikeverleih, Fahrtechniktraining und geführte Touren – mit meiner Website www.biking.ie
Wann hast du zum ersten Mal darüber nachgedacht, dass man hier ein EWS Event machen könnte?
Als die EWS angekündigt wurde, warfen wir schon unseren Hut in den Ring, sozusagen, einfach um von Anfang an deutlich zu machen, dass wir Interesse hätten. Es gibt natürlich eine Menge toller Veranstaltungsorte überall auf der Welt. Ich denke auch, dass wir hier etwas oberhalb unserer Liga spielen, wenn man bedenkt, dass Deutschland, die Schweiz und Österreich noch kein Rennen hatten, aber wir sind ziemlich stolz darauf, dass wir eins veranstalten. Die Gelegenheit hat sich einfach ergeben, ich denke mal, ich denke mal, es passte gut mit Schottland, und mit den Teams und den Medien auch.
Wie viel Zeit musst du da im Moment so reinstecken?
Ein großer Teil der Arbeit fällt relativ frühzeitig an, vor Weihnachten hatten wir viel zu tun damit, den ganzen Kram zu organisieren, aber so langsam fügt sich alles zusammen. Es wird natürlich noch hektisch werden und ein Vollzeitjob ist es auch jetzt noch.
Was würdest du sagen, was bietet dieser Ort den EWS Racern, das anders ist als bei allen anderen Stopps?
Das hier ist auf jeden Fall das völlige Gegenteil von dem was man sonst so kennt – die alpinen offenen Bergtrails in Frankreich und anderswo, wo man Höhendifferenzen von 10.000 m zurücklegt. Solche Berge haben wir hier nicht, aber ich glaube, die meisten Racer haben zu Hause auch keinen Sessellift vor der Tür. Ich denke, unser Ziel ist es, zu zeigen, was Enduro für die Iren bedeutet, und ich glaube das gilt auch für die meisten Fahrer. Wir sehen die kleineren Berge als eine Stärke dieses Veranstaltungsorts, wir möchten, dass sie voll mit Zuschauern werden, die dann richtig nah am Geschehen dran sein können. Wir hoffen, dass die Racer Spaß daran haben, denn das hat man ja nicht so oft, wenn man Rennen irgendwo draußen in der Pampa fährt wo dann vielleicht zwei, drei Leute an der Ziellinie stehen. Die Hügel hier werden voller Publikum sein, und ich denke, das ist etwas Einzigartiges hier, dass man so viele Stages in so einem relativ kleinen Gebiet hat.
Was würdest du sagen, wie sieht es hier mit Übernachtungs- und Ausgehmöglichkeiten aus?
Gut. Wicklow ist ziemlich nah, da gibt es eine Menge große Hotels, aber auch viele Bed & Breakfasts wo die Leute übernachten können. Wicklow wird definitiv das Zentrum sein. Bray Town ist auch nicht weit, etwa eine halbe Stunde. Wicklow und Bray Town, ich denke da wird die Action sein. Wir planen auch ein paar Abendevents, vor allem auch für die Zuschauer. Die Locals stehen auch sehr hinter uns.
Hat die EWS versucht, die Gestaltung der Trails maßgeblich zu bestimmen?
Man hat da ziemlich freie Hand, aber sie beraten einen zum Format und natürlich haben sie ein bisschen Einfluss darauf, wie die Dinge laufen. Aber sie hatten kein Problem damit, dass wir einen Tag und sieben Stages machen wollten, wir mussten nur eine reine Rennzeit von mindestens 25 Minuten sicherstellen. Wir haben 25–30 Minuten anvisiert. Natürlich könnten wir sie veräppeln indem wir den Hügel ‚melken‘ und jede Stage wieder nach oben führen lassen. Was wir versucht haben, ist alle Trails so downhillmäßig wie möglich zu gestalten, so wie man sie bei einem Sonntagsausflug auch gern fahren würde. Die EWS war da sehr kooperativ, sie haben sich zurückgehalten und uns machen lassen. Man sollte auch erwähnen, dass sie sich komplett um die Anmeldungen kümmern, was uns das Leben sehr viel leichter macht.
Gab es Hindernisse, die ihr überwinden musstet, größere Probleme?
Es ging alles ziemlich glatt, toi toi toi. Schließlich ist es ein Rennen mit 400 Leuten, es ist Enduro, natürlich macht da die ganze Festivalatmosphäre und die Expo ein bisschen Arbeit, aber es lief echt ok bisher.
Gibt es hier in der Gegend noch andere Events von Weltrang?
Das ist auf jeden Fall das größte MTB-Event, es gibt die Tour of Ireland, die findet aber auf der Straße statt und ist was ganz anderes. Letztes Jahr hatten wir hier die Mountainbike Marathon-EM und daraus haben wir viel gelernt. Es war toll, weil man viele Kontakte knüpft und wenn man so ein großes Event veranstaltet hat, dann kann man das auch auf das andere Format anwenden.
Wie war die Zusammenarbeit mit der örtlichen Tourismusbehörde?
Sehr hilfreich, sie standen wirklich hinter uns. Wir hätten gern mehr Unterstützung von der nationalen Tourismusbehörde gehabt – aber die bekommt man nicht so leicht. Ich schätze mal, es ist halt immer noch eine Nischensportart, im Vergleich zu sowas wie Golf.
Ihr seid vermutlich ein ziemlich kleines Team?
Ja wir sind zehn Leute, die sich um alle Events kümmern. Für die eigentliche Durchführung brauchen wir ungefähr 120 Leute am Tag, aber das läuft hauptsächlich auf freiwilliger Basis. Wir suchen immer noch nach Ordnern, die uns aushelfen – das darf man nicht unterschätzen, ohne die sieht man am Ende echt alt aus.
So sieht es also aus. In zwei Monaten wird der Zirkus, der sich EWS nennt, auf die grüne Insel kommen, und wir wünschen allen Beteiligten viel Glück und Erfolg für ihre Anstrengungen, und freuen uns schon darauf zu sehen, wie gut es laufen wird.
Text: Jim Buchanan | Bilder: Doc Ward
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