First Look | Custom Dämpfer ELEVENSIX von Push Industries
Die Anforderungen an ein modernes Fahrwerk könnten unterschiedlicher nicht sein. Kaum ein Fahrer gleicht dem anderen, weder in anatomischer noch in fahrerischer Hinsicht. Das macht es für die Hersteller zunehmend schwieriger, Federlemente zu entwickeln, die den unterschiedlichen Einsatzzwecken ausreichend gerecht werden. So gehen immer mehr Anbieter dazu über, vielfach einstellbare Fahrwerke mit teilweise auf den jeweiligen Rahmen angepassten Tunes auf den Markt zu bringen, um den Durchschnitt der Käufer zufrieden zu stellen. Für Fahrer, die sich von der breiten Masse abheben, sei es durch einen besonderen Fahrstil oder aus Gewichtsgründen, ist jedoch ein vorgegebenes Setting nicht immer optimal.
Update Febuar 2016: Wir haben den Dämpfer jetzt 9 Monate gefahren – mehr lest ihr un unserem PUSH ELEVENSIX Test.
Die in Colorado beheimatete Firma PUSH Industries war bisher nur durch das Tuning von Fahrwerken anderer Hersteller bekannt. Die dabei gesammelte Erfahrung floss nun in die Entwicklung eines komplett neuen Dämpfers, welcher sich so exakt wie kein anderer uns bekannter Dämpfer an die jeweiligen Anforderungen an Rahmen und Strecke anpassen lässt. Diese Exklusivität hat allerdings seinen Preis und so ist der ELEVENSIX leider nicht ganz billig.
Mit dem ELEVENSIX (der Name stammt übrigens vom Datum, an dem die Idee für das Projekt entstanden ist) beschreitet man bei PUSH Industries Neuland. Nicht nur, dass es sich dabei um ein komplett eigens entwickeltes und zu 100% selbst hergestelltes Federelement handelt. Man arbeitet als Kunde ab dem Zeitpunkt der Bestellung auch eng mit einem Ingenieur zusammen, der alle Wünsche und Anforderungen in die Fertigung und Abstimmung einfließen lässt. Nach der Endmontage von Hand wird jeder Dämpfer im Vakuum entlüftet, auf den Prüfstand gebracht und schließlich exakt nach den Kundenvorgaben auf Fahrergewicht, Fahrstil und Übersetzungsverhältnis angepaßt. Trotz dieses enorm hohen Aufwands liest sich für viele von uns der Verkaufspreis von 1200 $ (umgerechnet 1080,- €) wie ein schlechter Scherz, aber wer den Wert einer Maßanfertigung und einer perfekten Individialabstimmung zu schätzen weiß, für den ist dies sicher zweitrangig.
Herzstück und einzigartiges Feature des Dämpfers ist die Möglichkeit, über zwei oben liegende Ventile zwei komplett getrennte Setups fahren zu können. Mittels eins stabilen Hebels kann man im laufenden Betrieb zwischen den beiden Einstellungen wechseln. So könnte man sich zwei unterschiedliche Setups für up- und downhill oder für unterschiedliche Geländearten, wie z. B. Bikepark und technisch verwurzelt, einrichten – die Möglichkeiten sind vielfältig. Ohne große Einstellorgien ist es nun möglich, seinem Hinterbau in Sekundenschnelle einen völlig unterschiedlichen Charakter zu verleihen.
An den beiden unabhängigen Dämpfungskreisläufen lassen sich jeweils die Zugstufe (werkzeuglos) sowie High und Low Speed Druckstufe Einstellen. Um eine perfekte Abstimmung zu ermöglichen, werden an den Ventilen für Zug- und Low Speed Druckstufe parabolische Nadeln verwendet. Überraschenderweise verbaut PUSH Industries am ELEVENSIX keine Titanfedern. Stattdessen verwendet man Ultraleichtfedern aus dem Hause Hyperco, welche in Schritten von 2,8 Nm erhältlich sind. Die Ingenieure waren bezüglich der Materialeigenschaften von Titan etwas skeptisch und so entschied man sich für den Einsatz dieser hochbelastbaren Stahlfedern. Diese sind in der Mitte deutlich weiter gewickelt, was eine Verformung verhindern und Verschleiß minimieren soll.
Durch die Verwendung neuartiger Druckstufenventile erhält der Dämpfer eine abweichende Charakteristik wodurch er eine schier unglaubliche Traktion und Kontrolle vermittelt wird. Eine großzügige Menge an Maxima Dämpferöl und ein großer stickstoffgefüllter Ausgleichsbehälter sorgen dafür, dass die Performance auch auf langen Abfahrten stets gleich bleibt.
Jeder Dämpfer wird mit einer umfassenden Bedienungsanleitung, jeweils abgestimmt auf Bike und Fahrer ausgeliefert. Unseren Testdämpfer haben wir speziell auf das Yeti SB6C abstimmen lassen. Das Bike befindet sich aktuell in unserem Langzeittest, wo es sich auf ausgedehnten Touren und so manchen Rennläufen der EWS beweisen muss.
Das von uns ermittelte Gewicht des Dämpfers beträgt exakt 875g. Damit ist er zwar für einen Stahlfederdämpfer verhältnismäßig leicht, aber immer noch 471g schwerer als der Fox FLOAT X, den er ersetzen muss. Ein derartiges High End Bauteil ist natürlich kein Produkt für die breite Masse, was ein Blick auf die Kompatibilitätsliste zusätzlich unterstreicht: Mojo HD, Niner WFO, Santa Cruz Butcher, Santa Cruz Nomad, Yeti SB66 und Yeti SB6C sind Bikes, denen man nicht unbedingt alle Tage auf dem Trail begegnet.
Update Febuar 2016: Wir haben den Dämpfer jetzt 9 Monate gefahren – mehr lest ihr un unserem PUSH ELEVENSIX Test.
Der exorbitant hohe Einstandspreis von umgerechnet 1080,- € trägt dazu ein Übriges bei. Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass der Performancegewinn durch diesen Dämpfer um ein Vielfaches höher ausfallen könnte als der, den ein ebenfalls im vierstelligen Preisbereich angesiedelter Carbonlaufradsatz je wird bieten können. In den kommenden Wochen und Monaten wird der Dämpfer ausreichend Gelegenheit haben, diese Vermutung in der Praxis zu bestätigen. In einer der nächsten Ausgaben findet ihr hierzu einen ausführlichen Testbericht.
Text und Bilder: Trev Worsey
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