Ihr habt keinen Bock aufs Smartphone in der Tasche, wollt aber eure Tour über Strava und Co. teilen? Oder euer Fahrwerks-Setup perfektionieren und den Federweg voll ausnutzen, ohne langes Probieren oder analogen Setup Guides zu folgen? Ob das Mondraker Telemetriesystem MIND zusammen mit der myMondraker App hält, was es verspricht, haben wir für euch herausgefunden.

Mondraker Raze R | 150/130mm Federweg (v/h) | 29” | 13,2 kg | 5.999 € | Hersteller-Website

Mondrakers MIND lässt euch eure Fahrt aufzeichnen und beinhaltet einen leicht verständlichen, mit Videos und Piktogrammen geführten Setup-Guide. Außerdem werden simultan zu den GPS-Koordinaten auch die Fahrwerksbewegungen samt Durchschläge und Airtime-Messung aufgezeichnet. Alles in einem System, an bis jetzt 4 verschiedenen Mondraker-Modellen verbaut und zur Benutzung benötigt ihr nur euer Smartphone und die myMondraker App. Das MIND System beschränkt sich nicht wie andere GPS-Tracker auf die reine Touraufzeichnung, sondern ist so tief mit dem Bike vernetzt, dass ihr nachvollziehen könnt, an welcher Stelle des Trails ihr wie viel Federweg genutzt habt. Oder eben keinen Millimeter davon: Stichwort Airtime! Diese kann im Nachhinein ebenso nachvollzogen werden wie die Federwegsausnutzung an jeder anderen Stelle des Trails. So seht ihr, bei welchem Drop ihr durchgeschlagen seid und welcher Sprung der größte während der Abfahrt war. Getestet haben wir das System im Mondraker Raze R, bei dem das System die Ausnutzung der 150 mm Federweg vorn und 130 mm hinten aufgezeichnet hat.

Wie gut kennt ihr euer Fahrwerk? Welche Daten geben die O-Ringe um Gabel und Dämpfer her? Die Rede ist vom SAG im Stand und maximal genutzten Federweg. Was aber eure Fahrwerkskomponenten unterwegs, zwischen diesen beiden Anschlägen, veranstaltet haben, lässt sich bis auf euer Bauchgefühl nicht wirklich nachvollziehen. Außer ihr nutzt ein Telemetriesystem fürs Fahrwerk, wie den Quarq ShockWiz oder aber das clean und dauerhaft in Mondraker-Bikes integrierte MIND System, das neben Datenaufzeichnung zum Fahrwerk noch viele andere sinnvolle Aufgaben für euch übernimmt. Welche das sind, haben wir nachfolgend für euch in drei Punkte unterteilt: vor, während und nach der Fahrt. Getestet haben wir das Telemetriesystem im Mondraker Raze R, das wir in einer anderen Ausstattung schon im First Ride Test hatten.

Integration im Mondraker-Bike – Where is my MIND?

Die Frage nach dem Mind stellten sich nicht nur die Pixies beim Fight Club Soundtrack, sondern in Zukunft wahrscheinlich auch die meisten Mondraker Besitzer. Denn das MIND System ist sehr unauffällig ins Bike integriert. Der Großteil des Tracking-Moduls und der Aufzeichnungs-Hardware verschwindet von unten im Gabelschaft. Nur die GPS-Antenne mit Magnetfeld-Sensor, die wie ein kleiner Fender aussieht, ragt direkt unter der Gabelkrone sichtbar hervor. Am Casting der Gabel ist außerdem ein Magnet befestigt, der als Gegenstück zum Magnetfeld-Sensor fungiert und so stark ist, dass er euch schon mal das Multitool aus der Hand reißen kann. Am Hinterbau ist ein Rotationssensor auf das Hauptlager der Umlenkwippe geschraubt, der die Drehbewegung misst und daraus den genutzten Federweg ableitet. Die beiden Sensoren vorn und hinten müssen per USB-C geladen werden und halten danach locker ein Bike Wochenende durch.

Der „Fender“ vorn entpuppt sich als GPS-Antenne. Er misst das sich ändernde Magnetfeld und verfügt über 2 Status-LEDs.
Beim Anschrauben des Mudguards heißt es: Multitool gegen Magneto! Der Magnet ist so stark, dass er euch den Inbus aus der Hand nehmen kann.
Am Hinterbau funktioniert die Federwegsmessung via Rotationssensor, der aufs Hauptlager der Wippe geschraubt ist.
Der vordere USB-C Port wird via Bajonettkappe verschlossen …
… , die leider nach Abnehmen lose ist und gut aufbewahrt werden sollte.
Besser: Am hinteren Sensor kommt ein stramm einrastender Clip-Verschluss zum Einsatz.

Zum Aufladen wird von Mondraker ein passendes Ladegerät mit Doppelport und 1,5m langen Kabeln mitgeliefert, mit dem ihr gut die beiden Sensoren erreichen könnt. Alternativ ist auch eine Powerbank möglich, falls ihr keinen Stromanschluss im Bike-Keller habt. Außerdem ist im Lieferumfang ein kleiner USB-C Stick enthalten, mit dem ihr das System resetten könnt.

Vor der Fahrt mit MIND

Fahrwerks-Setup

Verbindung erfolgreich. Seid ihr in Reichweite, verbindet sich das Bike mit dem Smartphone problemlos.
Houston, we have contact! Leuchten beide LEDs am Fender kurz grün auf, ist die Verbindung erfolgreich.

Vor der (ersten) Fahrt mit dem neuen Bike steht wie üblich das Fahrwerks-Setup an: Denn was bringt euch schon das beste Bike, wenn es nicht richtig auf euer Gewicht und euren Fahrstil angepasst ist? Hierbei nimmt euch die myMondraker App sinnvoll und unmissverständlich an die Hand. Ihr gebt lediglich euer Gewicht ein und wählt euren Fahrstil zwischen Comfort, Standard oder Racing aus. Daraufhin liefert die App den zu fahrenden Luftdruck, die Compression- und die Rebound-Einstellung in Klicks und zeigt euch per animierten Piktogrammen, wie ihr diese Einstellungen an Gabel und Dämpfer richtig vornehmen müsst. Die Piktogramme entsprechen dabei genau den verbauten Federelementen – so kann nichts schiefgehen.

Egal wie tief ihr in die Fahrwerks-Materie einsteigen wollt, das MIND System nimmt euch mit dem digitalen Setup-Guide an die Hand.

An Gabel und Dämpfer wird von der Luftdruckeinstellung …
… über die Compression- …
… bis zur Rebound-Einstellung alles in animierten Piktogrammen in der App dargestellt.

Anschließend möchte das System die korrekte SAG-Einstellung überprüfen, dazu empfiehlt es sich, zu zweit zu sein: Der Fahrer stellt sich fahrfertig aufs Bike, während der Partner am Smartphone „Einstellung überprüfen“ bestätigt. Die LEDs zeigen euch im Folgenden an, ob ihr mehr (weißes Licht) oder weniger (rotes Licht) Luftdruck benötigt. Wenn alles passt, leuchten beide grün. Außerdem ermöglicht euch das System eure „Dynamic Ride Height“ herauszubekommen, also den Negativfederweg in Bewegung. Um diesen zu messen, startet einfach eine kurze Aufzeichnung und rollt eine ebene Strecke entlang. Als Start- und Endpunkt könnt ihr jeweils einmal kräftig die Federung komprimieren – der aufgezeichnete Abschnitt dazwischen spiegelt eure Dynamic Riding Height wider. Egal wie tief ihr in die Fahrwerks-Materie einsteigen wollt – oder schon drinsteckt–, das MIND System begleitet euch beim Finden eurer optimalen Einstellung. Außerdem bietet es Technik-Laien, die noch nie eine Dämpferpumpe in der Hand hatten, sowie Neu- und Wiedereinsteigern ein gutes Basis-Setup, mit dem man direkt raus auf die Trails und es im Laufe der Zeit weiter verfeinern – top. Wer aus einem analogen Setup-Guide lernen möchte, worauf es ankommt, findet hier alle wichtigen Infos.

Während der Fahrt

GPS-Aufzeichnung

Wollt ihr eine Fahrt mit dem MIND System tracken, benötigt ihr unterwegs nicht zwangsläufig ein Smartphone, allerdings zum Starten der Aufzeichnung. Nach dem Start können einige Sekunden vergehen, während ein GPS-Signal ermittelt wird. In der Zeit könnt ihr schon mal das Smartphone wegpacken, Handschuhe anziehen und auf ein schnelles grünes Blinken am „Fender“ warten – dann beginnt die Aufzeichnung! Habt ihr das Handy dabei, könnt ihr die Fahrt unterwegs pausieren oder beenden, um unterschiedliche Abschnitte getrennt voneinander aufzuzeichnen. Wurde die Fahrt beendet, wird sie auf dem Bike gespeichert und muss zur Ansicht aufs Smartphone heruntergeladen werden – ob on Trail oder zuhause, bleibt euch überlassen. Stellt jedoch sicher, dass ihr eine stabile Internet-Verbindung habt, damit keine Daten beim Übertragen verloren gehen.

Bis ein GPS-Signal gefunden wird, kann schon mal eine halbe Minute vergehen.
Danach blinken die LEDs schnell grün und es wird aufgezeichnet. Los geht’s!

Nach der Fahrt

Uphill mit Gabel und Dämpfer im Lockout in der Statistiken-Ansicht über die Federelemente …
… und in der Gesamtübersicht mit den üblichen Daten für Tracking-Apps und zusätzlich Durchschläge, Airtime sowie Nutzung des Federwegs vorn und hinten.

Fahrwerks- und Trail-Analyse mit Mondrakers MIND System

Nach der Fahrt ist üblicherweise vor der Fahrt. Mit MIND ist nach der Fahrt vor der Fahrwerksanalyse – sofern man interessiert daran ist. Nachdem man seine Tour vom Bike heruntergeladen hat, kann man sie in der App auf dem Handy oder im Großformat auf der Browser-App mymondraker.com am Computer darstellen lassen. Die Aufzeichnung funktioniert ohne Unterbrechung und umfangreich: Strecke, Dauer, Höhenmeter und Durchschnittstempo sollten bekannte Parameter aus anderen Tracking-Apps sein. Hier jedoch kommen der maximal genutzte Federweg vorn und hinten hinzu plus die Anzahl der Sprünge und Durchschläge während der Aufzeichnung. Federleicht: Durch die Erkennung der Sprünge und das kleine Symbol mit den Flügeln auf der Karte lässt sich nachvollziehen, um welche Stelle des Trails es sich handelt! Die Airtime und Sprungweitenmessung funktionieren gut und bieten Erkenntnisse, die man sonst nicht hätte, wie den genutzten Federweg in der Landung. Außerdem bietet die Funktion Anreiz, um Vergleiche mit den Kumpels aufzustellen, wer am längsten und weitesten in der Luft war.

Das System macht keine Verbesserungsvorschläge wie rein aufs Fahrwerk spezialisierte Systeme, es stellt lediglich den Ist-Zustand dar.

Die Airtime-Aufzeichnung bietet gute Erkenntnisse … für den Bike-Talk beim Post-Ride-Bier: Die Flugphase dauerte in diesem Beispiel 0,6 Sekunden für gute 7 Meter, die Landung brachte den Dämpfer bis auf Anschlag und die Gabel federte 144 mm weit ein. Wenn mehrere aus der Crew mit MIND unterwegs sind, lässt sich gut vergleichen.

Im Vergleich zu anderen Telemetriesystemen scheint die Federwegskurve allerdings vom System relativ stark geglättet zu sein. Zudem lässt sich die Federwegsmessung nicht in Abhängigkeit der Zeit darstellen, weshalb man beispielsweise nicht über den Faktor Zeit feststellen kann, ob das Fahrwerk verhärtet. Dahingegen lassen sich die Extreme gut ablesen, also wo auf dem Trail Sprünge oder Durchschläge passiert sind, was deutlich beim optimalen Fahrwerks-Setup unterstützen kann. Das System selbst macht dabei keine Verbesserungsvorschläge wie etwa rein aufs Fahrwerk spezialisierte Systeme, sondern stellt lediglich den Ist-Zustand dar. Was ihr daraus ablest und für eure Einstellung interpretiert, bleibt euch überlassen. Es bleibt notwendig, sich grob mit der Fahrwerkstechnik am Mountainbike auseinanderzusetzen, um richtige Maßnahmen aus der Aufzeichnung ableiten zu können. Das System lädt in jedem Fall spielerisch zum Probieren und Vergleichen verschiedener Setups ein und bietet mit der Airtime-Messung Gesprächsstoff am Stammtisch. Es kann eher als Add-on zur präzisen GPS-Aufzeichnung verstanden werden, anstatt als reinrassiges Telemetriesystem, das eigenständig Setups und Verbesserungen vorschlägt. Wer Lust auf ein neues Bike hat und Mondraker schon im Blick hatte, kann vom MIND-System nur profitieren.

Manual auf dem Trail…
… und in der Probe-Aufzeichnung um den Block. Gemeinsamkeit: Die Gabel ist komplett ausgefedert, während der Dämpfer arbeitet.

Connectivity und Anbindung von MIND

Die myMondraker App funktioniert gut und fehlerfrei, für die Nutzung wird auch nicht zwangsläufig eine Internetverbindung benötigt. Es genügt, wenn ihr WiFi an der Stelle habt, an der das Rad abgestellt wird, um die aufgezeichnete Fahrt downzuloaden – also auch im Ausland ohne teures Roaming. Das MIND System lässt es außerdem zu, die Aufzeichnung direkt über die myMondraker App via Strava oder Facebook zu teilen. Dabei kann die Fahrt am Anfang und Ende um beliebig lange Teile gekürzt werden. So kriegt ihr den Zeitfresser
vom Handschuhe anziehen und Handy einpacken locker raus und versaut euch nicht den Schnitt. Für Connectivity-Freaks könnte zusätzlich noch die Verbindung zu einem Pulsmesser interessant sein, allerdings ist das bislang nicht möglich.

Das Teilen einer Aktivität via Strava funktioniert problemlos mit einem Klick.

Verfügbarkeit des Mondraker MIND Systems

Das Mondraker MIND System ist nur an Mondraker-Bikes fest verbaut erhältlich und kann nicht separat erworben oder nachgerüstet werden. Bis jetzt steckt das System in 4 Modellen der spanischen Bike-Schmiede: Summum Carbon, Foxy Carbon, Raze und im E-Mountainbike Crafty Carbon. Vom langhubigen Downhiller bis zum E-Bike ist also alles vertreten, was die Vielseitigkeit des Systems verdeutlicht. Die Bikes, die mit dem MIND System ausgestattet kommen, bewegen sich im Preisrahmen von 5.499 € für das Foxy Carbon R bis 12.999 € für das Crafty Carbon RR SL E-Mountainbike. Das Crafty Carbon XR hatten wir bereits im Test. Vor allem auch im E-MTB Bereich, wo durch ein erhöhtes Systemgewicht und zum Teil besondere Fahrwerkskomponenten andere Herausforderungen ans Setup gestellt werden, trägt das System zur Simplifizierung bei.

Vor allem im E-MTB Bereich, wo durch ein erhöhtes Systemgewicht und zum Teil besondere Fahrwerkskomponenten andere Herausforderungen ans Setup gestellt werden, trägt das MIND System zur Simplifizierung bei.

Das MIND System integriert sinnvoll ins Bike, was andere Hersteller extern versucht haben, und verknüpft mehrere Funktionen miteinander. Während das Basis-Setup und die Tour-Aufzeichnung Einsteiger abholt, die das Setup nahezu spielerisch unter Anleitung der App durchführen können, ist die Airtime-Messung und das Deuten von Durchschlägen eher etwas für Fortgeschrittene. MIND macht in jedem Fall den Einstieg in die immer komplizierter werdende Bike- und Fahrwerks-Welt einfacher und ermöglicht allen ein gutes Setup ohne Vorwissen.


Mehr Infos findet ihr unter mondraker.com und die Browser-App unter mymondraker.com


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Text: Julian Schwede Fotos: Peter Walker, Mondraker

Über den Autor

Julian Schwede

Juli ist es gewohnt, mit großen Kalibern umzugehen. Er schraubt nicht nur gerne an seinem Bike, sondern hat nach seiner Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker an der Königsklasse der Kraftfahrzeuge – Omnibussen – getüftelt und gewerkelt. Als ihm die Entwicklung auf Elektroantriebe im Großformat zu langsam ging, hat er technische BWL studiert und nebenher Tische aus Carbon gebaut. Während sein Dirtbike aus dicken Alu Rohren geschweißt ist, besteht sein Fully ebenfalls aus den schwarzen Fasern und hat ihn schon auf einige Gipfel gebracht. Doch auch angeseilt erklimmt er Berge gern über Klettersteige oder senkrecht an der Wand. Mittlerweile fährt er statt seinem eigenen Bike fast nur noch Bikes aus dem Office-Keller und testet sie auf Leib und Lenker. Neben Bike Reviews kümmert Juli sich auch um das tägliche Newsgeschäft und bezeichnet sich selbst als rasenden Reporter “Carlos Columbus”.