Wennschon, dennschon! Nach dem Motto stellt Continental für 2022 kein Update vor, sondern eine komplett neue Reifen-Generation. Die Gravity-Range enthält 5 völlig neu entwickelte Reifen sowie 3 Karkassen und Gummimischungen. Hier findet ihr alle wichtigen Infos, einen Überblick über die Varianten und einen ersten Fahreindruck.

Der Reifenhersteller Continental ist den meisten ein Begriff, seine Modelle sind im Straßenverkehr und Motorsport stark verankert. Doch trotz der finanziellen Mittel, dem enormen Wissen über die Kunst des Gummimischens und dem eigenen Testlabor ist der Durchbruch in der Mountainbike-Welt ausgeblieben – zumindest bislang. Die bekanntesten Continental-Modelle Kaiser und Baron waren auch laut Continental nicht mehr konkurrenzfähig und sind teilweise seit mehr als 10 Jahren ohne nennenswerte Änderungen auf dem Markt.

Mit der Vorstellung einer gesamten Gravity-Range packt der deutsche Reifenhersteller die Sache nun an, und zwar richtig. Das neue Line-up wurde von Grund auf frisch entwickelt und getestet und ersetzt die bisherigen Gravity-Modelle vollständig. Da die Entwicklung eines Mountainbike-Reifens im Labor nicht sehr gut simuliert werden kann – anders als z. B. bei Modellen für die Straße –, wurde viel Feedback von professionellen Athleten wie den Atherton-Geschwistern eingeholt. Durch diese Zusammenarbeit entstanden 5 neue Modelle, 3 unterschiedliche Karkassen und 3 Gummimischungen. Verfügbar sind die Reifen in den beiden gängigsten Laufradgrößen 29” und 27,5”. Der Großteil der Pneus ist in 2,4” Breite erhältlich, wobei gewisse Varianten auch in 2,6” verfügbar sind und das Line-up dadurch stolze 42 Reifen beinhaltet. Durch diese Vielfalt soll es den perfekten Reifen für jeden Einsatzzweck und jedes Bike geben, egal ob euch eine Schlammschlacht, lockerer Waldboden, oder loses Geröll erwartet.Die Preise starten bei 59,95 € und variieren je nach Gummimischung und Karkasse.

Die neuen Continental-Reifen: Xynotal, Kryptotal, Argotal und Hydrotal

Die neuen Continental-Reifen erkennt man an ihrem diamantartigen Muster auf der Seitenwand. Statt vieler Beschriftungen stehen da neben dem Hersteller nur der kryptische Reifenname und drei Symbole zur Beschreibung des Einsatzzwecks, der Karkasse und der Gummimischung. Sie sind nach Bodenbeschaffenheit eingeteilt: Xynotal für harten Untergrund, Kryptotal für gemischte Verhältnisse, Argotal für losen Untergrund und Hydrotal für Matsch.

Xynotal

Der Xynotal wurde für harten und steinigen Untergrund entwickelt. Durch seine angeschrägten Stollen soll er einen niedrigen Rollwiderstand besitzen und dauerhaften Kontakt mit dem Boden gewährleisten. Außerdem hat er ein hohes Maß an positivem Profil – das soll viel Kontaktfläche auf hartem Untergrund gewährleisten.

Kryptotal

Der Kryptotal-Reifen gilt als Allrounder im Line-up und ist der einzige Reifen im Conti-Portfolio, der speziell für Vorder- oder Hinterrad entwickelt wurde.

Kryptotal FR (Vorderreifen)

Das Stollenprofil des Kryptotal FR wurde für Vorderrad-spezifische Manöver optimiert: Der Pneu soll viel Stabilität, Kontrollierbarkeit und Lenkreaktion bieten.

Kryptotal RE (Hinterreifen)

Der Kryptotal RE bietet eine Mischung aus verschieden hohen Stollen und offenen Flächen. Angestrebt wurde die richtige Balance zwischen guten Rolleigenschaften und ausgeprägten Kanten. Das soll für viel Bremspower, Grip und Stabilität sorgen.

Argotal

Der Argotal-Reifen eignet sich laut Conti besonders für losen Untergrund wie losen Waldboden oder Staub. Durch sein offenes Profil soll er eine hohe Selbstreinigung besitzen, die verstärkten Seitenstollen sollen ein Extra an Kurvenstabilität und Grip bringen.

Hydrotal

Der Hydrotal wurde für nasse und matschige Bedingungen designt. Das offene Profil legt den Fokus auf Selbstreinigung und die verstärkten Seitenstollen sollen erhöhte Kurvenstabilität bringen. Sie sind speziell für Downhill-Rennen gedacht und deshalb auch nur mit der DH-Karkasse und der Supersoft-Gummimischung erhältlich.

Die neuen Karkassen von Continental

Continental hat für das neue Reifen-Line-up drei Karkassen entwickelt: Trail, Enduro und DH. Die Markierung auf den Reifen ist mit drei Sechsecken dargestellt. Je weiter diese Sechsecke ausgefüllt sind, desto robuster ist die Karkasse. Aber natürlich steigt dadurch auch das Gewicht. Alle drei Karkassen sind Tubeless-ready und auch für E-Bikes zugelassen.

DH

Die DH-Karkasse besteht aus 110 TPI-Material: Es ist 6-lagig unter der Lauffläche und 4-lagig an den Seiten. Um den Reifen vor Durchschlägen zu schützen und die Seitenwände zusätzlich zu stabilisieren, sind sie mit Apex-Stabilisierung ausgestattet. Reifen mit DH-Karkasse sind primär für Bikes mit 170 mm bis 200 mm Federweg gedacht.

Enduro

Die Enduro-Karkasse besteht ebenfalls aus 110 TPI-Material. Allerdings ist sie mit drei Lagen unter der Lauffläche und zwei Lagen an der Seite nur halb so dick wie die DH-Karkasse. Dafür ist eine zusätzliche Schicht Gewebe eingearbeitet, die vor Schnitten schützen soll. Auch die Enduro-Karkasse verfügt über die Apex-Stabilisierung. Reifen mit Enduro-Karkasse eignen sich vor allem für Bikes mit 140 mm bis 170 mm Federweg.

Trail

Die Trail-Karkasse ähnelt in ihrem Aufbau stark der Enduro-Karkasse. Sie ist zwar aus 60 TPI-Material aufgebaut, arbeitet aber genauso mit drei Lagen unter der Lauffläche und zwei Lagen an der Seite. Auch die zusätzliche Gewebeschicht als Schnittschutz findet man hier, jedoch keine Apex-Stabilisierung der Seitenwände. Reifen mit Trail-Karkasse richten sich primär an Fahrer von Bikes mit 140 mm bis 170 mm Federweg.

Die unterschiedlichen Gummimischungen von Continental

Auch bei den Gummimischungen hat man bei Continental die Wahl zwischen drei Optionen: Endurance, Soft und Supersoft. Die Mischung hängt dabei immer von der Karkasse ab: Reifen mit Trail-Karkasse sind in der Endurance-Mischung erhältlich, Reifen mit Enduro-Karkasse in der Soft-Mischung und Reifen in der DH-Karkasse wahlweise in Soft oder Supersoft. Die Markierung auf den Reifen ist ebenfalls mit Symbolen versehen und ähnelt der Markierung der Karkasse: Je weiter das Symbol ausgefüllt ist, desto weicher ist die Gummimischung. Wie die Namen und Kombinationen mit Karkassen vermuten lassen, soll die Supersoft-Mischung den meisten Grip mit dem höchsten Rollwiderstand bieten. Die Soft-Mischung wagt die Balance zwischen den beiden Eigenschaften und die Endurance-Mischung liefert den geringsten Rollwiderstand, aber auch den wenigsten Grip.

Eine Übersicht über alle verfügbaren Varianten des Continental Gravity-Line-ups

Unser erster Test der Continental Kryptotal FR- und RE-Reifen

Wir hatten bereits die Chance, den neuen Allround-Reifen Kryptotal im Rahmen eines Pressecamps zu fahren. Dafür waren wir für einen Tag im Dyfi-Bikepark in Wales und konnten die Trails auf unterschiedlichen Atherton-Bikes unsicher machen. Dabei sind wir den Kryptotal FR- und RE-Reifen in der Supersoft-Gummimischung mit DH-Karkasse in einer Breite von 2,4” gefahren. Im Laufe des Tages haben wir uns auf einen Reifendruck von 24 psi an der Front und 26 psi am Heck runtergearbeitet, was in etwa dem Luftdruck entspricht, den wir bei MAXXIS Downhill- oder Schwalbe Super Downhill-Karkassen fahren würden. Zu berücksichtigen war auch der sehr harte und steinige Untergrund im Dyfi-Bikepark, der durch seine fiesen Steinkanten ohnehin einen höheren Luftdruck erfordert hat.

Auf der einen Seite windet sich eine grobe Straße den Berg hoch, auf der anderen schlängeln sich die geilen Trails des Dyfi-Bikeparks wieder runter.
Stilecht geht es mit dem Land Rover Defender zum Eingang des Bikeparks.

Trotz einiger haariger Momente – in denen wir uns sicher waren, dass jetzt gleich das unbeliebte Zischen zu hören sein würde – haben die Reifen den Tag unbehelligt überstanden. Auch große Kompressionen und Anlieger mit hohen Kurvenkräften hat der Kryptotal – mit genanntem Druck – ohne Burping hingenommen. Bringt man die Reifen dennoch zum Ausbrechen, passiert das berechenbar und gleichmäßig. Man kann also immer gezielt reagieren. Für einen genaueren Fahreindruck haben die wenigen Abfahrten auf einem uns bislang unbekannten Bike leider nicht gereicht. Wir sind allerdings schon mit den neuen Reifen auf unseren heimischen Teststrecken unterwegs, um euch zeitnah einen ehrlichen und präzisen Testeindruck und Vergleiche liefern zu können.

Der steinige Untergrund im Bikepark war kein leichtes Unterfangen für Reifen. Aber wir waren ja nicht zum Spaß dort. ;)
Unter dem Trail-Namen „50 Hits“ können wir uns vermutlich alle etwas vorstellen und die unzähligen Kompressionen und Anlieger haben einen guten ersten Eindruck geliefert.
Downhill-Bikes und Party-Laps waren Tagesprogramm.

Unser Fazit zum neuen Continental Gravity-Line-up

Mit dem neuen Gravity-Line-up versucht Continental den Wiedereinstieg in die MTB-Welt. Die neuen Reifen sind in Einsatzgebiete unterteilt und liefern zusammen mit den Gummimischungen und Karkassen ein stimmiges Gesamtpaket. Durch die Namensgebung der Karkassen und Gummimischungen findet man leicht den richtigen Pneu, obwohl der eigentliche Modellname erst mal kurz verwirrend ist. Auf dem Trail sind die Reifen vielversprechend – unser erster Eindruck ist durchaus positiv!

Weitere Infos findet ihr unter www.continental-reifen.de.


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Text: Simon Kohler, Peter Walker Fotos: Peter Walker, Moonhead Media