Das erste SCOTT Ransom hat das Mountainbiken revolutioniert. Was heute von jedem modernen Endurobike erwartet wird, war 2006 noch der Next Level Shit. Jahrelang war das Ransom aus dem Portfolio der Schweizer verschwunden. Nun legt SCOTT das Ransom in Form eines long travel 29ers neu auf. Kann das neue Scott Ransom 900 Tuned wieder eine ganze Bike-Kategorie prägen?
Vor knapp 13 Jahren hatte SCOTT das erste Ransom vorgestellt und die Bikewelt auf den Kopf gestellt. Durch einen konsequenten Leichtbau und den auf Knopfdruck reduzierbaren Federweg kletterte das Bike trotz massig Federweg verdammt gut und sollte Gegensätze ohne Kompromisse vereinen. Auch heute noch finden sich diese grundlegenden Ideen im neuen SCOTT Ransom wieder. Allen voran das variable TwinLoc-Fahrwerk mit einer Remote.
Mit 29” Reifen und bis zu 170 mm variablem Federweg soll es für jeden Trail das richtige Setup geben. Deshalb haben wir mit dem 7.599 € teuren Bike lange Touren in den Alpen und im Mittelgebirge unternommen, unzählige Laps im Bikepark gemeistert und auf einigen waschechten Endurostages die Reifen zum Glühen gebracht.
Das Scott Ransom 900 Tuned im Detail
In Sachen Design hat das neue SCOTT Ransom mit seinem ursprünglichen Namensgeber nicht mehr viel gemeinsam. Stattdessen basiert die Rahmenplattform auf den aktuellen Spark- und Genius-Modellen, die bereits zu den leichtesten Bikes ihrer Klasse gehören. Auch das Ransom wurde wieder super leicht gehalten und soll trotzdem ähnliche Steifigkeitswerte wie der Downhiller Gambler erreichen. Durch intelligente Faserüberlagerungen und Verstärkungen ist der bisher steifste Carbonrahmen aus dem Hause Scott entstanden. Das Ransom nimmt Reifen mit maximal 29” x 2,6” auf. Dank des Flipchips ist es aber auch mit 27.5+ Reifen und entsprechenden Laufrädern kompatibel. Der Horst-Link-Hinterbau liefert wie die FOX 36-Gabel 170 mm Federweg. Die Entwickler haben viel Wert auf eine aufgeräumt Optik gelegt und verstecken deshalb alle Kabel und Züge im Inneren des Rahmens. Der geriffelte und durchdachte Kettenstrebenschutz und die Kettenführung eliminieren alle Geräusche von der Kette. Ganz leise ist das Ransom aber dennoch nicht, da mindestens einer der zahlreichen Züge gerne klappert und auch die Zugführung am Hauptlager nicht immer an Ort und Stelle bleibt.
In Zukunft wird immer mehr Elektronik in unseren Bikes zum Einsatz kommen. Das SCOTT Ransom ist bereits darauf vorbereitet. Sowohl die elektronische Di2-Schaltung von Shimano als auch das neue elektronische Fahrwerk von FOX können am Ransom montiert werden.
Die Ausstattung des Scott Ransom 900 Tuned
Federgabel FOX 36 FLOAT Factory FIT4 170 mm
Dämpfer FOX NUDE TR 170 mm
Bremsen SRAM CODE RSC
Schaltung SRAM X01 Eagle
Sattelstütze Fox Transfer 150 mm
Vorbau/Lenker Syncros Hixon iC Rise Carbon 780 mm
Laufradsatz Syncros Revelstoke 1.5
Reifen MAXXIS Minion DHF 29″/27,5″ x 2,6″
Preis 7.599 €
Konsequenter Leichtbau lautet die Devise beim 13,19 kg schweren SCOTT Ransom in der Tuned Top-Ausstattung. Allen voran steht das futuristische Syncros Hixon iC-Cockpit, bei dem Vorbau und Lenker aus einem Guss gefertigt sind. Die Carbonkonstruktion mit 780 mm Lenkerbreite soll gegenüber einer normalen Kombination aus Lenker und Vorbau bis zu 100 g Gewicht einsparen, beschränkt den Fahrer aber ein wenig in den Einstellmöglichkeiten.
Der neu entwickelte Syncros Revelstoke 1.5 Laufradsatz ist aus Aluminium und soll so auch verpatzte Lines bei niedrigem Reifendruck überleben. Geschaltet wird mit SRAM X01 Eagle, gebremst wird mit SRAM CODE RSC. Und für ausreichend Traktion sollen MAXXIS Minion DHF-Reifen in 29” x 2.6” Breite sorgen.
Die Geometrie das Scott Ransom
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 420 mm | 440 mm | 470 mm | 500 mm |
Oberrohr | 571 mm | 604 mm | 635 mm | 671 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 100 mm | 115 mm | 130 mm |
Lenkwinkel | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° |
Sitzwinkel | 75° | 75° | 75° | 75° |
Kettenstrebe | 438 mm | 438 mm | 438 mm | 438 mm |
Tretlagerabsenkung | 22 mm | 22 mm | 22 mm | 22 mm |
Radstand | 1183 mm | 1216 mm | 1249 mm | 1289 mm |
Reach | 406 mm | 440 mm | 467 mm | 500 mm |
Stack | 614 mm | 614 mm | 628 mm | 641 mm |
TwinLoc und Ramp-Adjust
Ob bergauf oder bergab, verblockt oder flowig, schnell oder langsam – mit dem TwinLoc-System und dem Ramp-Adjust-Dämpfer soll das neue SCOTT Ransom immer den richtigen Fahrmodus für die jeweilige Situation bieten. Twin-wer? Rampa-was? Bei so vielen Einstellmöglichkeiten kann man leicht durcheinander kommen…
Mit dem TwinLoc lassen sich drei Fahrmodi (Lockout, Traction Control und Descend) per Lenkerfernbedienung wählen. Sie beeinflussen die Druckstufe der Gabel und den Federweg des Hinterbaus. Im Lockout-Mode sind Dämpfer und Gabel blockiert und das Ransom wird dadurch super effizient. Steht der Hebel auf Traction Control, wird die Druckstufe der Gabel deutlich straffer und der Dämpfer so progressiv, dass der Hinterbau nur noch 120 mm Federweg zur Verfügung stellt. Dadurch ändert sich auch die dynamische Geometrie des Ransom. Mit angehobenem Tretlager, steilerem Sitz- und Lenkwinkel und weniger Federweg wird das Ransom zum leichtfüßigen Trailbike. Im Descend-Mode kann das SCOTT Ransom sein volles Downhill-Potenzial mit 170 mm Federweg vorne und hinten ausspielen.
Doch es bleibt nicht bei diesen drei Modi. Im offenen Descend-Modus lässt sich an einem Hebel am Dämpfer zudem die Progression des Dämpfers einstellen. Möglich machen das insgesamt drei Positiv-Luftkammern des speziell für SCOTT entwickelten FOX NUDE TR EVOL-Dämpfers.
Das Scott Ransom 900 Tuned auf dem Trail
Geht es bergauf, sitzt der Fahrer in einer leicht gestreckten aber nicht zu extremen Position auf dem Bike. Allerdings sorgt der ausgeprägte Knick im Sitzrohr dafür, dass große Fahrer sehr weit über dem Hinterrad sitzen und von hinten pedalieren. Abhilfe schafft da der Griff zum TwinLoc-Hebel. Im Traction Control Modus verringert sich der Federweg auf 120 mm. Durch den geringeren SAG wird der Sitzwinkel spürbar steiler und die Tretposition effektiver. So klettert das SCOTT Ransom mit viel Traktion auch steile Rampen und verwinkelte oder verblockte Trails gut bergauf. Dabei gibt der Hinterbau an Hindernissen gerade genug Federweg frei, um die Traktion nicht abreißen zu lassen – ohne zu wippen oder spürbar ineffizient zu sein. Im Lockout-Modus ist das Fahrwerk komplett gesperrt. Das macht wegen der geringen Traktion aber nur auf Asphalt Sinn und kann uns auf dem Forstweg nicht überzeugen.
In Sachen Reach und Stack haben die Entwickler dem Ransom keine extremen Maße aufgedrückt, sodass man als Fahrer weder zu gestreckt noch zu gedrungen auf dem Ransom steht. Dafür hat das Ransom ein niedriges Tretlager und mit 64,5° einen relativ flachen Lenkwinkel erhalten. Das integriert den Fahrer gut im Bike und platziert ihn zentral zwischen den Rädern. Vor allem im Traction Control-Modus sorgt das für eine ausgewogene Druckverteilung und viel Grip an beiden Rädern in Kurven. Im Descend-Modus versackt der Dämpfer tiefer im Federweg, wodurch sich das Ransom in der Ebene etwas hecklastig fährt. Im steileren Gelände bietet das aber wiederum viel Sicherheit und sorgt für eine gute Lastverteilung.
Ein Schweizer Taschenmesser ist nicht die beste Waffe für eine Endurorennen-Messerstecherei, dafür das ultimative Tool für jegliche Art von Abenteuer!
Die 2,6” breiten MAXXIS Minion DHF-Reifen bieten unter den meisten Bedingungen viel Grip und sorgen für ordentlich Selbstvertrauen. Bei extrem schlammigen oder sehr staubigen Bedingungen können sie sich jedoch nicht so gut in den Untergrund graben und vermitteln dann ein schwammiges Fahrgefühl.
Ist der TwinLoc in der Descend-Position, stehen noch immer zwei Fahrmodi zur Wahl. Mit dem Ramp-Adjust-Hebel in der linearen Einstellung reagiert der Hinterbau sensibel auf Wurzeln, Steine und Kanten. Auch auf der Bremse generieren Hinterbau und Reifen im offenen Modus viel Traktion. Das merkt man besonders auf technischen Trails und bei niedrigen Geschwindigkeiten.
In der progressiven Einstellung wird eine der Luftkammern abgetrennt und somit das Volumen des Dämpfers reduziert, ähnlich wie bei der Verwendung von Spacern. Der Unterschied zum linearen Modus ist vor allem auf schnellen Bikeparkstrecken mit vielen Kompressionen, Sprüngen und Anliegern spürbar. Durch die zusätzliche Progression steht das Ransom etwas höher im Federweg und kann dadurch schnell aufeinanderfolgende Schläge sowie Bremswellen besser absorbieren. Aus Highspeed-Kompressionen und Anliegern poppt man in dieser Dämpfereinstellung mit viel Speed und kontrolliert heraus.
Wird es sehr schnell und technisch anspruchsvoller, lässt das Ransom Laufruhe missen. Trotz des vielen Federwegs ist „Draufhalten“ im verblockten Terrain leider auch mit linearem Dämpfer keine echte Option. Zum Charakter des Bikes passt ein aktiver Fahrstil deutlich besser: Denn nicht zuletzt aufgrund des geringen Gewichts überspringt man Hindernisse mit Leichtigkeit oder schlängelt sich mit dem wendigen Bike präzise durch einen Rockgarden.
Fazit
Das neue SCOTT Ransom legt mit einigen Superlativen und cleveren Features die Messlatte hoch. Leider schafft das Bike es nicht, die Gegensätze von ultimativer Uphill- und Downhill-Performance kompromisslos miteinander zu vereinen. Enduro-Racer, Bikepark-Ballermänner und -frauen, sowie Highspeed-Junkies werden Laufruhe und ein etwas schluckfreudigeres Fahrwerk vermissen. Wer hingegen auf der Suche nach einem vielseitigen, leichtfüßigen und vor Federweg-Reserven strotzenden Bike ist, wird mit dem Ransom auf Trailabenteuern jeglicher Couleur seine Offenbarung finden. Vielleicht nicht in Rekordzeit, aber dafür mit rekordverdächtigem Fahrspaß!
Stärken
– Gewicht
– breiter Einsatzbereich
– top Ausstattung
Schwächen
– teilweise laute Züge
– am Limit weniger Laufruhig als andere
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