Teilnehmerbericht: RidingStyle Family Event in Saalbach
Was war das schön damals. Mit guten Freunden haben wir uns in winzigen Zelten in den legendären Bikeparks der Alpen breit gemacht. Da, wo sie richtige Berge und fette Sessellifte hatten. Die verschwitzten Protektoren hingen vom Zeltmast, es gab Dosenfraß vom Campingkocher und Energieriegel die schon seit dem letzten Trip unter dem Autositz lagen. Getrunken wurde Instantkaffee aber hauptsächlich Bier, herrlich gekühlt durch den Fluss hinter dem Zeltplatz. Vier Tage später war das Wort „verwahrlost“ neu definiert, das Wort Spass aber auch.
Jetzt sind wir erwachsen geworden, die einen mehr die anderen weniger. Wir haben jetzt Jobs, Ehefrauen und Kinder. Dadurch hat sich aber nicht so viel geändert, denn unseren besseren Hälften haben wir den Sport den wir so lieben schnell näher bringen können. Und auch die Zwerge haben schon eigene Bikes, mit Vollfederung! Was hätten wir als Kinder nicht alles dafür gegeben.
Ausserdem stehen jetzt keine zerbombten, notdürftig mit Panzertape und Kabelbindern reparierten Gebraucht-Schnäppchen im WG Zimmer. Stattdessen findet sich in der Garage eine Auswahl von Rädern aus denen kein Öl tropft und keine Farbe abplatzt.
Jetzt müssen wir in unserer doch etwas spärlichen Freizeit nur noch zum Berg kommen. Das Ridingstyle Family Event in Saalbach bietet dazu die optimalen Vorraussetzungen:
Berge: check!
Liftkarte die sogar die Worldcupstrecke in Leogang mit einschliesst: Ja!
Fettes Hotel: Auch da!
Kinderbetreuung: Jetzt klingts nach Urlaub!
Sauna mit Whirlpool und Outdoor pool: Purer Luxus!
Frühstücksbuffet mit Eiern und knusprigem Bacon: Ja, tatsächlich!
Kostenloser Waschservice für Bikeklamotten: Was jetzt, sowas gibts?
Schuhe an der Rezeption abgeben und am nächsten morgen trocken wieder abholen: komm schon, jetzt hört´s aber auf!
David, seines Zeichens Propain-Chef, ist auch mit Family am Start. Der Anhänger hinter dem firmeneigenem Pickup Truck ist gerappelt voll mit brandneuen Testbikes. Die Verleihbedingungen sind dabei ungeahnt kulant. Bei anderen Herstellern darf man die edlen Vorführdownhiller auch gerne mal über den Parkplatz rollen, wenn man sie nicht schmutzig macht. Propain ist so großzügig, dass manche Teilnehmer erst gar kein Rad mitgenommen haben.
Aber genug der Einleitung. Es ist ca. 4 Uhr nachmittags als wir in Saalbach ankommen. Das bedeutet die Lifte sind noch etwas mehr als eine Stunde offen. Die Milka line führt direkt am Hotel vorbei. Das ist sehr gut, denn ich habe keine Ahnung wo ich hin soll.
Die Strecke ist aber mit schönen Anliegern und flowigen Tables ein guter Anfang. Beginner wie meine Frau können sie entspannt fahren ohne vor zu grossen Mutproben zu stehen. Wer schon länger dabei ist lässt das Gas stehen und drückt sich aus dem Table bis weit in die nächste Kurve hinein.
Mein Ziel ist aber die X-Line mit Start auf dem Gipfel des Berges gegenüber. Oben angekommen ist es sieben Grad kälter als im Tal. Die X-Line ist so lang, dass die topmoderne Gondel sogar eine Mittelstation hat und auf einer Abfahrt spult man mehr Kilometer und erst recht Höhenmeter ab, als in manch einem mitteldeutschen Bikepark an einem Wochenende.
Auf der Strecke selbst wechseln sich dann immer wieder flowige Anliegerpassagen im offenen Gelände mit technischen, engeren Stücken durch den Wald ab.
Meine Frau ist derweil beim Yoga Kurs mit Ridingstyle Coach Solveig. Die ist ihres Zeichens professionelle Yoga Lehrerin und leitet den Kurs mit dem selben ansteckendem Elan mit dem sie auch ihre Fahrradkurse durch führt.
Am nächsten Tag schliesse ich mich dann dem Ridingstyle Kurs mit Boss Fabian an. Natürlich kann er mir nichts mehr beibringen und ich weiss sowieso alles besser, schliesslich habe ich alle elf Teile von „New World Disorder“ schon gesehen aber ich gebe der Sache mal eine Chance. Ein paar Grundübungen später weiss ich dann auch warum das Untersteuern seit Jahren an mir klebt. Ich habe mein Gewicht zu weit hinten und kann mein Bike besser in die Kurve drücken, wenn ich den Ellbogen raus drehe.
Zugegeben: das ist nicht mein erster Kurs bei ihm. Und obwohl ich früher so halb erfolgreich Rennen gefahren bin, komme ich erst jetzt mit seinen dezenten Hinweisen meiner Wunschvorstellung näher. In Kurven fährt man erst dann schnell genug, wenn der Lenker am Boden schleift und des driftende Heck riesige Wolken aufgewirbelter Erde in die jubelnden Zuschauermassen schleudert.
Die Kinderbetreuung findet zum Grossteil auf dem Pumptrack im Nachbarort statt. Coach Basti, der sich wenige Tage vor dem Camp die Hand gebrochen hatte, übernimmt den absoluten Grundkurs. Das Fahren auf dem Pumptrack erweist sich als ideal, da man dort spielerisch die Basics lernt, dabei aber nicht ewig weit in die Berge fahren muss. Den Kleinen schien es zu gefallen.
Ridingstyle: Family Event Saalbach – Kids on Pumptrack from RidingStyle on Vimeo.
Der letzte Tag hält noch ein besonderes Schmankerl bereit. Johannes Gauder von NACONA.DE bietet eine Photosession auf der Milka-Line an. Das Foto, das er von Fabian schiesst, der auch in beratender Funktion mitgekommen ist, wird später als Foto des Tages auf Mtb-News.de landen. Mein eigenes Photo stelle ich lieber nicht auf Facebook, am Ende denken die Leute noch ich könnte fahren. Das Bild von meiner Frau, auf dem sie satt in der Kurve liegt werde ich aber bei der nächsten Urlaubsplanung zu verwenden wissen.
Ich könnte natürlich noch viel mehr zu unserem kleinen Kurzurlaub erzählen. Zum Beispiel wie eine Kuh, die gefühlt so gross war wie ein Haus, quer auf dem Trail lag und mir so näher gebracht hat warum der Trail wohl Milka-Line heisst. Das Problem ist nur, ich soll mich hier kurz fassen. Und so war auch das Family Event viel zu kurz gefasst und so ist leider auch die Big-5 Tour mit über 5000 Tiefenmetern hinten runter gefallen. Allerdings ruft nach dem Berg jetzt die Pflicht. Erwachsen werden: hat alles seine Vor- und Nachteile. Schöne Grüße, euer Thomas.
Mehr Informationen auf ridingstyle.de
Text: Thomas Kowall | Bilder: nacona.de & ridingstyle.de
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