Kona Precept 150 – Enduro zum Spartarif im Test
Für 2016 hat Kona eine neue Produktlinie angekündigt: Mit seinem stark abfallenden Oberrohr und der langen Front in Verbindung mit einem kurzen Vorbau versucht das Precept 150 gar nicht erst, seine Ähnlichkeit zum bewährten Process 153 zu verbergen. Vom Hersteller wird das Precept als günstiges Bike fürs Grobe angekündigt. Wer wäre also besser dafür geeignet, ihm auf den bereits herbstlichen Trails auf den Zahn zu fühlen als unser Mann fürs Grobe, UK-Redakteur Jim Buchanan?
Das Precept 150 ist kein Bike, das auf den ersten Blick das Herz schneller schlagen lässt. Auf den zweiten Blick kann es jedoch mit seinen klaren Linien und dem frischen, in orange, blau und schwarz gehaltenen Design durchaus überzeugen. Bei näherer Betrachtung wird auch klar, dass zum Glück bei der Ausstattung nicht um jeden Preis gespart wurde. Diese ist zwar nicht unbedingt edel, aber immerhin komplett und so erhält man mit dem Precept ein Bike, mit dem man sofort loslegen kann, ohne erst eine Unsumme auszugeben. Dass das Gewicht dabei etwas höher ausfällt, versteht sich von selbst. Mit 15,8 kg wirkt das Bike mit seinem wuchtigen Alurohrsatz extrem robust und unzerstörbar. Dieser Eindruck wird von Kona durch eine lebenslange Garantie für den Erstbesitzer noch zusätzlich verstärkt.
Geometrie: Kona Precept 150
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Oberrohrlänge | 567 mm | 591 mm | 620 mm | 648 mm |
Kettenstreben | 425 mm | 425 mm | 425 mm | 425 mm |
Lenkwinkel | 66.5° | 66.5° | 66.5° | 66.5° |
Sitzwinkel | 76.0° | 75.0° | 75.0° | 75.0° |
BB drop | 10 mm | 10 mm | 10 mm | 10 mm |
Sitzrohr | 395 mm | 415 mm | 440 mm | 465 mm |
Reach | 416 mm | 435 mm | 460 mm | 485 mm |
Stack | 487 mm | 596 mm | 605 mm | 610 mm |
Spezifikation: Kona Precept 150
Die Komponentenauswahl stand zweifelsfrei unter dem Motto „gut und günstig“ und so sucht man Modellbezeichnungen wie XT oder XTR am Precept vergeblich. Doch die namenlosen Shimano-Bremsen mit den 203-mm-Scheiben stehen in puncto Bremskraft ihren höherwertigen Cousinen in nichts nach, sie wiegen nur etwas mehr.
Beim Antrieb haben wir es mit einer 2×10-Variante mit Bashring und einem Satz SRAM S1000-Kurbeln zu tun. Ergänzt wird diese Kombination durch eine 11/36-Kassette am Hinterrad, das mittels einer 142×12-Steckachse fixiert wird. Die Felgen stammen von WTB und der Rest der Anbauteile wie Lenker, Vorbau, Griffe und Sattel des Kona kommt aus dem eigenen Haus. Die Verlegung der Züge und Leitungen erfolgt außen am Rahmen, was den Wartungsaufwand erfreulich gering hält. Die externe Leitung der verstellbaren Sattelstütze, einer KS ETen R mit 100 mm Hub, verläuft unter dem Oberrohr. Wie man sieht, hat das Precept alles, was man von einem robusten Endurobike erwarten kann.
- Gabel: RockShox Sektor Solo Air 150 mm
- Dämpfer: RockShox Monarch RT
- Antrieb: SRAM X7
- Bremsen: Shimano
- Sattelstütze: KS Eten R
- Reifen: MAXXIS High Roller II 2.40
- Laufradgröße: 27.5″
- Naben: Shimano Deore
- Felgen: WTB SX25
- Preis: 2.299 €
Der erste Eindruck
Schon auf den ersten Metern auf dem Parkplatz wird klar, dass es sich bei Konas Swinger Independent Platform um ein sehr ausgereiftes Federungskonzept handelt. Der Monarch RT tut dabei, was er soll. Er spricht in der offenen Position äußerst sensibel an und verhärtet in der Climb-Position spürbar. Dabei harmonieren er und die Gabel, eine 150 mm RockShox Sektor, perfekt mit der langen Geometrie und sofort erwächst ein erster Eindruck, der geprägt ist von Vertrauen und Zuverlässigkeit. Dieses Gefühl sucht man leider auf anderen, oft doppelt so teuren Bikes manchmal vergeblich. Bei einer Körpergröße von 1,77 m passt der Rahmen in Größe L für mich perfekt. Auch in Sachen Reach gibt es am Precept für mich nichts auszusetzen. Im Gegenteil ist das Kona gerade auf ausgedehnten Touren eines der komfortabelsten Bikes, das ich seit Langem gefahren bin.
Das Kona Precept 150 auf dem Trail
Hier zeigen sich die Federelemente des Precept von ihrer effektiven Seite. Sie reagieren bereits auf kleinste Unebenheiten sehr sensibel und auch, wenn die Sektor-Gabel Geräusche von sich gibt wie ein Asthmapatient, so tut dies ihrer Schluckfreude keinen Abbruch. Besonders kleine und mittlere Schläge werden sowohl von der Gabel als auch vom Dämpfer im Heck hervorragend antizipiert, was dem Bike ein fast spielerisches Handling beschert. Vom eingangs erwähnten Mehrgewicht merkt man im Fahrbetrieb so gut wie nichts. Geht es steil bergauf, schaltet man in den kleinsten Gang und betätigt den Climb Switch am Dämpfer – der Rest ist pures Staunen, welche Steigungen mit diesem Gerät möglich sind. Das liegt natürlich auch an der 2-fach-Schaltung, die eine andere Übersetzungsbandbreite bereithält als der gewohnte 11-fach-Antrieb. Die geringe Länge (35 mm) des Vorbaus wird durch das lange Oberrohr (620 mm) ausgezeichnet kompensiert, sodass der gute MAXXIS HighRoller II am Vorderrad stets über ausreichend Grip verfügt.
Einschränkungen
Bergab öffnet man den Dämpfer, schaltet vorne auf das große Kettenblatt und versenkt die Sattelstütze … oder versucht es zumindest, denn an diesem Punkt stoßen wir auf ein erstes echtes Problem. Leider kann die Einsteigersattelstütze aus dem Hause KS in keinster Weise mit der tadellosen Funktion der restlichen Komponenten mithalten. Das Modell an unserem Testbike brauchte zum Einfahren rund 2 s und zum Ausfahren sogar noch länger. Eine entsetzlich lange Zeit, gerade wenn man an die spontane Reaktion der Remotestützen anderer Hersteller gewöhnt ist. Davon abgesehen ist eine Stütze mit lediglich 100 mm Hub an einem Bike mit derart steil abfallendem Oberrohr sowieso ein schlechter Witz und so musste auf steilen Abfahrten auch stets noch der Schnellspanner zu Hilfe genommen werden.
Auf der Abfahrt
Auch auf schnellen Passagen schlägt sich das Kona Precept 150 ganz hervorragend. Dabei ist es nicht nur für gerade Strecken optimiert, sondern bleibt auch in Kurven stets kontrolliert und gelassen – ein Umstand, der zu gleichen Teilen den guten Reifen (MAXXIS HighRoller II), dem kurzen Vorbau und der langen Rahmengeometrie mit ihrem tiefen Schwerpunkt zuzurechnen ist. Nur wenn man mit Vollspeed in absolut unwegsames Gelände einbiegt, macht sich die geringe Verdrehsteifigkeit der Sektor etwas unangenehm bemerkbar. Fixiert man im Stand das Vorderrad zwischen den Beinen und bewegt den Lenker hin und her, kann man diesen Effekt sehr gut nachstellen. Aber das ist dann schon Jammern auf hohem Niveau, denn man darf schließlich nicht vergessen, dass man hier auf einem absoluten Einsteigerbike sitzt, bei dessen Preis man von einer FOX 36 leider nur träumen kann. Der Dämpfer dagegen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Stoisch schluckt er alles, was ihm in den Weg kommt und sorgt auch selbst in gröbsten Bremswellen für einen agilen Hinterbau und somit für ein sicheres Fahrgefühl.
Empfohlene Änderungen
Würde mir ein Precept 150 gehören, dann würde ich noch vor der ersten Ausfahrt die Kettenstreben mit Lackschutzfolie überziehen. Da serienmäßig keine Kettenführung verbaut ist und auch sonst nichts die wild um sich schlagende Kette im Zaum hält, war das ständige Klappern unüberhörbar und die Kettenstrebe war schon nach kürzester Zeit von unzähligen Steinschlägen und Lackabplatzern übersät. Erstaunlicherweise hat man bei Kona an dieses Problem keinen Gedanken verschwendet.
Anschließend müsste ich SOFORT die völlig unzureichende Sattelstütze gegen ein brauchbareres Modell mit 125 oder 150 mm Verstellweg ersetzen. Auch den 2-fach-Antrieb würde ich auf eine 1-fach-Variante umrüsten. Zwar bietet die Variante mit zwei Kettenblättern gerade in steilen Anstiegen gewisse Vorteile, doch sitzt bei diesem Bike der Umwerfer derart nah am Hinterrad, dass dieser völlig ungeschützt dem Beschuss von Schlamm und Steinen ausgesetzt ist. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis es hier zu einem Defekt kommt.
Der ersten größeren Änderung würde schließlich die Gabel zum Opfer fallen, die auf ruppigen Strecken schnell an ihre Grenzen kommt. Ansonsten funktionieren Bike und Komponenten tadellos und alles erfüllt seinen Zweck.
Fazit
Alles in allem bin ich mit der Alltagstauglichkeit des Kona Precept 150 sehr zufrieden.
Wer auf der Suche nach einem haltbaren Einsteigerbike ist, mit dem man es auch bergab richtig krachen lassen kann, der macht mit diesem Gefährt nichts verkehrt. Bei Kona ist man der Meinung, das Precept 150 sei ein günstiges Bike für den harten Einsatz – und was soll ich sagen? Damit treffen sie den Nagel ziemlich genau auf den Kopf.
Für mehr Informationen zum Kona Precept 150, besucht einfach die Kona Website
Text: Jim Buchanan Bilder: Doc Ward
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